Oer Liberale Beobachter, Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger. N c ÄiN g, Denn. Gedruckt und herausgegeben vonArn old PuweU e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chcsnut - Straße Jahrg. 12, ganze Nnm. SN». Die verhängnißvolle Ttunde (Schluß.) Zu jener Zeit sprach man in Edinburg viel von dem Verschwinden des Sir Har vey, geheimen Sekretärs des Herzogs von Argyle; bevor er seine unheilbringende Reise unternahm hatte er sich mit einer jungen und reichen Erbin aus der Pro vinz Lothian verlobt. Miß Duncau er wartete mir Sehnsucht die Rückkehr ih res Geliebten, um ihr Schicksal mit dem seinigen zu vereinigen; allein seine Ent fernung und das allgemein verbreitete Ge rücht von seinem Tode hatte alle Heiraths-1 Projekte niedergeschlagen, und Sir Har vey's Familie in tiefe Trauer versenkt. Da die Sendung womit man ihn be auftragt hatte, vollkommen erfüllt war, so vermuthete man, daß er auf seiner Rückreise ermordet worden sei, denn die Ereignisse dieser Art waren in jenen Zei ten bürgerlicher Kriege so häusig daß man sich mit diesem Vorfalle bald nicht mehr beschäftigte. Wir müssen einen Zeitraum von!! Jah ren übergehen, während welchem sich mit unsern vorgeführten Personen nichtSMerk würdigeS ereignete. Gregory, anderer Verbrechen wegen verhaftet, endete sein Leben auf dem Schaffotte. Seit langer Zeit war Mac Hirton vergessen; seine Gläubiger halten nach fruchtloser An wendung aller Mittel, um Nachrichten von ihm zu erhalten, endlich dasjenige zum Opfer gebracht, was man von einem so zahlungsunfähigen Schuldner hoffen konn te; man war daher sehr erstaunt, als man ihn eines TageS mit einem zahlreichen Gefolge und in einer prächtigen Equipa ge zurückkommen und in der Stadt die Lebensweise fortsetzen sah, die er in den Tagen seines früheren Wohlstandes führ te. Dieses Wiederaufkommen war leicht zu erklären. Ehemals von gierigen Glä ubigern verfolgt, hatte, sich Mac Hirton, im Besitze einer schwachen, auf Zinsen ge legten Summe, die er wie er sagte in baa rem Gelde einzuziehen wußte, auf einem Fahrzeuge eingeschifft, das nach Indien unter Segel ging ; dort hatten glückliche Unternehmungen seine Kapitalien in kur zer Zeit verhundertfacht, und ihm ein noch beträchtlicheres Vermögen erworben, als jenes war, welches er in früherer Zeit so thöricht verschwendet hatte. In dieser Erzählung war nur ein Punkt, dessen Ge nauigkeit etwas bezweifelt werden konnte; dieses war nämlich die Art und Weise, wie Mac Hirton sich die zum Einkaufe seiner ersten Handelsartikel nöthige Summe ver schafft hatte; und jene, die den Anfang dieser Geschichte gelesen haben, werden ohne Zweifel die Beweggründe leicht er kennen, die ihn vermochten, über jene Epo che seines Lebens einen dichten Schleier zu werfen. Nachdem er seine Angelegenheiten in Ordnung gebracht und alle seine Schul den abgetragen hatte, beschäftigte sich Mac Hirton, der in der Meinung wieder ge hoben und durch die Erfahrung seines früheren Lebens belehrt war, mit dem Vorhaben, eine Ehe zu schließen, die da zu dienen konnte, sein glänzendes LooS noch fester zu begründen. Miß Duncan war damals im vollen Glänze ihrer Schön heit ; eine Menge Seufzender warb um ihre Hand. Bis dahin hatte das An denken an Harvey sie alle verdrängt; als aber Mac Hirton als Freier auftrat, be wiesen die Verwandten der jungen Schott länderin, die eine so reiche Parthie verfehlt zu sehen besorgten, ihr so überzeugend, daö Harvey nicht mehr am Leben sei, und drangen so sehr in sie, daß sie endlich in eine Verbindung willigte, die sie keine glückliche Zukunft ahnen ließ. Indessen war, obwohl das Glück Mac Hirton fort während mit seinen Gunstbezeugungen überhäufte, sein Herz dennoch nicht ruhig. Die Erinnerung an das Verbrechen zu dessen Vollendung er beigetragen hatte trübte alle seine Augenblicke; die Vor würfe seines Gewissens, die vorangehende Strafe VeL Schuldigen, verfolgten ihnal- ler Orten; uud sei es die Wirkung einer! zum Wahnsinn gereizten Einbildungs kraft oder die Erfüllung der himmlischen Rache, jede Nacht, wenn es Lwei Uhr schlug, erschien der Schatten, Harvey's seinem Mörder im Traume: Mac Hirton befand sich dann wieder in Gregory s Hütte ließ sich von den Anerbietungen des grimmigen Schleichhändlers verblenden. Nun trat das blutige Gespenst ihm ent gegen, warf ihm sein Verbrechen vor und verkündete ihm, daß es ihn zwei Stunden vor seinem Tode von seinem Ende benach richtigen wolle. In kaltem Schweiße ba dend erwachte Mac Hirton dann plötzlich indem er ein durchdringendes Geschrei aus stieß. Man mußte, um seine heftige Un ruhe und seinen Schrecken zu mildern, sein Gemach erhellen, und einer seinerDie ner mußte bei ihm bleiben bis er wieder eingeschlafen war. Bisweilen hatte er es versucht wach zu bleiben um dieser schreck lichen Erscheinung zu entgehen ; allein es war vergebens; sobald die Glocke der Wanduhren die zweite Stunde nach Mit ternacht verkündete, verzerrten sich plötz lich seine Züge, seine Augen wurden starr und in diesem Augenblicke war es leicht zu sehen, daß ein schrecklicher phantastischer Gegenstand bei ihm diese Art Blendwerk verursachte. Als die Zeit seiner Verbindung mit Miß Duncan herannahte, empfahl Mac Hirton seiner Dienerschaft nachdrückliche Verschwiegenheit über seine nächtlichen Anwandlungen die er einem großen Schre cken zuschrieb, den er in seiner Jugend ge habt halte. Den Tag vor der Hochzeit wurde bei ihm ein prächtiges Gastmahl, und hierauf ein Ball, welcher die ganze Nacht dauern sollte, gehalten. Den nämlichen Tag versammelte der alte Georg, der treue Diener Mac Hirtons, und der ihm un ter allen am meisten zugethan war, seine Kameraden um sich. Meine Freunde, sagte er zu ihnen, ihr kennet alle, wie ich die Krankheit, mit welcher unser Herr be haftet ist; was ihr aber vielleicht nicht bemerkt habt, ist, daß jene Unfälle sich immer um zwei Uhr Nachts einstellen. Ihr könnt Euch vorstellen, in welche Ver legenheit es ihn setzen müßte, wenn etwas dergleichen während des Balls vorsiele. Nun habe ich mir so meine Gedanken ge macht, ich habe zu mir gesagt: es ist augenscheinlich, daß bei unserm Herrn sein Gehirn allein krank ist ; ohne Zweifel er innert ihn die zweite Stunde an irgend ein fürchterliches Ereigniß. Man muß also, wenn der Ball so recht im Gange ist, und sobald es 1 Uhr geschlagen hat, alle Pendeluhren um zwei Stunden vor rücken, ohne daß Jemand es bemerkt, durch diese Täuschung wird unser Herr glauben, die verhängnißvolle Stunde sei schon lange vorüber, und es sind zehne gegen eines zu wetten, daß er die Nacht auf die ruhigste Weise von der Welt zu bringen wird. Die Kameraden Georgs gaben seinem Einfall ihren vollen Beifall und versprachen, dabei zu thun, was er wünsche. Das Gastmal war vorüber, man ging in den Tanzsaal; schon hatten die Musi kanten das Zeichen zum Anfange gegeben und Mac Hirton suchte, neben seiner jun< gen Verlobten sitzend, durch seine liebko sende Sprache den scheuen Kaltsinn derje nigen zu bekämpfen, die seine Gattin wer den sollte. Es war nahe an Mitternacht Ein Diener kömmt herein, und meldet Mac Hirton, daß ein Fremder ihn einen Augenblick allein zu sprechen wünsche. Dieser steht auf und geht in das ansto ßende Zimmer, ein Fremder erwartete ihn, er geht ohne Mißtrauen auf ihn zu ; mit geräuschlosem Schritte tritt auch der Un bekannte ihm entgegen, öffnet seinen wei ten ihn einhüllenden Mantel.—Mac Hir ton stößt einen Schrei aus; er hat sein Schlachtopfer erkannt; es ist Harvey, es sind die Züge, welche daS Gewissen in sein Herz eingegraben hat, sie sind blaßgelb wie am Tage der Ermordung, dieses "Lvillig zu loben und okne Furcht zu tadeln." Dienstag den 2S. März, I BSI. Kleid, dieses Plaid, er erkennt sie, sie sind mir Blut bespritzt. Unbeweglich vor Schrecken, erwartet der Schuldige sein Ur theil. Mac Hirton, sagte das Gespenst in feierlichem Tone, ich bin treu meinem Wor te ; ich habe versprochen, dir zwei Stun den vor deinem Tode davon Kunde zu ge ben ; es ist Mitternacht .... um 2 Uhr . . . . ich erwarte dich .... Mac Hirton erhob seine Augen; das Gespenst war verschwunden. Bestürzt geht er in den Saal zurück ; seine Blässe, seine Verwir rung fällt allen Anwesenden auf: verge bens umringt, vergebens befragt man ihn, er gibt nur einsilbige Antwort; seine Hände scheinen einen schreckbaren Gegen stand zurückzustoßen, der sich beständig vor ihm aufstellt. Mehr als eine Stun de geht in dieser Bewegung hin wovon Niemand etwas begreifen kann. Man sing an zu besorgen, daß er geistesver wirrt sei. Endlich ermannt er sich tritt auS der ihn umgebenden Menge vor, sieht auf die Pendeluhr und ruft freudig aus; bald 3 Uhr; ich bin gerettet; die Vorhersagung ist nicht in Erfüllung gegangen. Allein diese verrätherische Aufregung plötzlich un terdrückend erzählt er eine Fabel, entschul digt sich bei den Gästen wegen des ihnen verursachten Schreckens, und schreibt den außerordentlichen Zustand, worin man ihn gesehen, einer plötzlichen Unpäßlichkeit zu. Die Nacht geht zu Ende fügte er bei; ich glaube daß es Zeit ist, den Kontrakt zu unterzeichnen; er liegt in meinem Kabi nett ; ich will ihn holen. Indem er dieö sagt, geht er voll Gedanken über den Vor fall hinaus und quält seinen Geist um die Erscheinung Sir Harvey's auf eine Weise zu erklären. Schon ist er an sei nem Kabinete, seineHand dreht den Schlü ssel; aber kaum hat er die Thüre geöffnet als vom Hintergrunde des Zimmers her ein Pistolenschuß ihn an die Stirne trifft, j Der Unglückliche wankt; er will um Hül- fe rufen, allein seine Kräfte verlassen ihn er fällt und stirbt. In demselben Augen blicke verkündet die Uhr in seinem Kabi nete die zweite Stunde nach Mitternacht; diese Uhr allein war nicht vorgerichtet wor- den. Niemals kam daS Geheimniß seines ! Todes an den Tag; nur erfuhr man nach ! einiger Zeit daß Sir Harvey, von einer ! langen Reise zurückgekommen, Miß Dun can seine ehemalige Verlobte, geheirathet i habe; und oft erzählte er, ohne Jemand zu nennen, seinen Freunden wie er in einer Hütte, in Schottland beraubt worden und auf eine fast wunderbare Weise der Wuth seiner Mörder entronnen sei. Der Bauer auf der Eisenbahn. An einem nebligen Februar-Abend saß im Gasthof zum Hirsch in der Hauptstadt von Schwaben ein gutmüthiger Schwarz wälder Bauer, der sich seinen Schoppen gut schmecken ließ. Wie er sagte, hatte er in der Stadt Eßlingen noch Geschäfte zu verrichten und fragte daher einen Kell ner, ob er ihm keine passende Gelegenheit dahin wüßte. „Ihr könnt auf der Eisenbahn ganz schnell hinkommen," sagte der Kellner. „Ist es auch sicher auf der Eisenbahn? fragte der Bauer, „und was kostet's ?" „Man fährt auf der Eisenbahn siche rer als mit dem Eilwagen," antwortete der-Gefragte, „und es kostet von hier nach Eßlingen in der ersten Klasse nur 3V Krenzer. Ueberdies kann man es sich in den Waggons so bequem machen, wie hier im Zimmer." Unser Bauer war zufrieden mit dieser Empfehlung ; er läßt sich ausführlich den Bahnhof beschreiben und macht sich auf den Weg dahin. Um ja recht sicher zu gehen, frägt er auf der Straße einen ihm Begegnenden: „Könne Se mir net sage, wo der Bahn hof ischt?" „Wenn Ihr mir vier Batzen gebt," antwortete der Fremde, „dann will ich Euch hinführen." „Du Flegel," entgegnete der Bauer und ging weiter. Auf einmal dreht sich der Fremde wie der um, und geht auf den Schwarzwälder zu und sagt: „Es war blos Spaß ; ich will Euch den Bahnhof umsonst zeigen." Mit diesen Worten führt er den Bau ern schnurstracks vor das nicht weit ent fernte Theater. „Hier ist der Bahnhof sagte der Spaß vogel und ging fort. Unser Bauer sieht sich das Gebäude an und findet, daß der Bahnhof gerade so beschaffen ist, wie ihn der Kellner im Gast hofe beschrieben. Er faßt sich ein Herz, geht an die Kasse und verlangt ohne Wei teres ein Billet auf den Platz, wo man sitzt, wie in der Stube. Daß er nach Eßlingen wollte, sagte er nicht, denn er glaubte, das müsse ihm Jedermann anse hen. Der Cassir gibt ihm daher ein Billet auf's Parterre. Der Schwarz wälder begiebt sich dahin und ist erstaunt von der daselbst herrschenden Pracht und geblendet von dem Glänze der Lampen. So hatte er sich die Eisenhahnwagen doch nicht vorgestellt. Es kamen immer mehr Menschen, bis das ganze Haus gefüllt war. Don Juan wurde gegeben. Schlag 6 Uhr, um welche Zeit auch der Bahnzug nach Eßlingen abgehen sollte, wurde ge klingelt. Unser Bauer dachte, jetzt geht der Zug fort; denn der Kellner hatte ihm ja Alles ganz genau vorhergesagt. Doch der Zug ging nicht fort, sondern das Or chester spielte die Ouvertüre. Endlich ging auch der Vorhang in die Höhe und der Schwarzwälder konnte sich gar nicht genug darüber verwundern, daß auf der Eisenbahn auch Musik und Kömödie ge spielt werde. So oft der Vorhang fiel, glaubte der gute Mann, man sei jetzt an einer Zwischenstation angelangt und ob gleich die Fahrt bereits drei Stunden ge dauert, während ihm jedoch der Kellner sagte, man fahre per Eisenbahn in einer halben Stunde nach Eßlingen, so schöpf te er doch keinen Argwohn, denn es gefiel ihm zu gut und er wäre gern noch drei Stunden länger gefahren. Doch nahm er sich fest vor, daS nächste Mal auch sein Weib und seine Tochter mit nach Stutt gart zu nehmen, damit auch diese einmal eine Fahrt auf der Eisenbahn machen könnten. Nun aber siel der Vorhang zum letzten Mal uud Alles eilte zu den Thüren hinaus und unser Bauer, der jetzt glaubte, in Eßlingen zu sein, wurde von der Menge auf die Straße geschoben. Hier stand er nun wieder in finsterer Nacht und wußte weder Weg noch Steg. Er faßte sich aber ein Herz und fragte einen jungen Stutzer, der neben ihm stand ob er ihm nicht sagen könne, wo der Gast hof zum Schwanen sei. „Hier ist kein Schwan," brüllte der Löwe, daß dem Bauer Angst und bange wurde. Da klopft ihm Jemand auf die Schul ter, er sieht sich um und erblickt zu seiner großen Freude den Wegweiser von heute Abend, der ihm den Bahnhof gezeigt. „Ah, guter Freund, zeigt mir doch den Schwanen!" „Den Schwanen ruft der Spaßvogel verwundert aus. „Ihr seid ja nicht in Eßlingen! als der Vorhang zum zweiten Mal siel, da hättet Ihr aussteigen sollen denn damals hielt der Zug in Eßlingen. Ihr bliebet aber sitzen und seid nun wie der mit retour nach Stuttgart gekom men." UnsremSchwarzwälder blieb nun nichts übrig, als sich in sein Schicksal zu erge ben und seinGasthaus wieder aufzusuchen. Ehe er aber dieses fand, verfluchte er die Eisenbahn tausendmal und schwur, nie wieder darauf zu fahren. W. B. -----SP, ' Der Westenknopf. Walter Scott begegnete einmal in ei ner engen Gasse inEdinburg einem schwer beladenen Wagm, der mit drei Pferden Laufende Nummer bespannt war und fast die ganze Straße versperrte. Der Wagenführer ließ an halten, trat mit dem Hute in der Hand zu dem Baronet und sagte: „Gehen Sie vorüber, während ich das eine Pferd da halten lasse; eS könnte sonst ein Unglück geschehen " —Walter Scott betrachtete den Mann, der so ziemlich in seinem Alter war, graues Haar, einen großen fast vier eckigen Kopf, breite Schultern, schwielige Hände und lebensvolle Augen hatte. „Hast du nicht Jemanden, dem Du Dein Geschirr anvertrauen könntest?" sagteer zu dem Fremden. Dieser pfiff einem jun- Burschen und befahl ihm, mit dem Wa gen an den bewußten Ort zu fahren, in ei ner Stunde würde er zurück sein. „Vor Abend wirst du nicht wieder loskommen," fiel Walter Scott ein.—„Nun, so komme ich Abends," sagte der alte Schotte zu dem Burschen und er folgte dem großen Dichter in das Haus, was dieser in der Stadt besaß und wo er den Fremden mit einem tüchtigen Frühstück tractirte. Nach dem Frühstücke, führte er seinen Gast in sein Arbeitszimmer, in dem sich allerlei merkwürdige Gegenstände in Menge be fanden, ein Halsband der Anna Boleyn, einMeßbuch der Marie Stuart, ein Stuhl, dessen sich Cromwell bedient harte. Er zeigte alles dies, und vieles andere noch dem Fremden, zuletzt öffnete er einen Schrank und brachte aus demselben ein kleines künstlich geschnitztes Kästchen von Cedernholz heraus, das wahrscheinlich ir gend einem Kreuzritter gehört hatte und in dem sich nichts alö ein gewöhnlicher kupferner kleiner Knopf befand. „Das ist das Werthvollste, was ich be sitze," sagte der Dichter, indem er dem Al' ten den Knopf in die Hand gab. John betrachtete ihn von allen Seiten, drehte ihn in der Hand herum, und fand ihn wie jeden andern kupfernen Knopf, nur älter. „Was ist es mit diesem Knop fe?" fragte er endlich. „Das ist der Knopf von der Weste John Trimmers," antwortete Walter Scott. „Der Meinige? mein Knopf, mein Westenkuopf?" fragte der Schotte. „Ja, lieber Freund." Walter Scott nahm seine Reliquie zu rück, schloß sie sorgfältig wieder in daS Kästchen ein und sagte zu dem alten John Trimmer: „Du erkennst mich nicht wieder, aber ich habe dich nicht vergessen, denn ich ver danke mein Vermögen und meinen Ruhm wohl ausschließlich dem Diebstahle, den ich an dir begangen habe. " „Sie haben mich bestohlen ?" /,Ja, diesen Knopf da habe ich dir ent wendet. Vor fünfzig Jahren etwa lern ten wir beide in einer Schule lesen, schrei ben und rechnen. Du warft weiter als ich: ich mochte mir noch sovielMühe geben, es ging alles schwer in meinen Kopf ein, während du den ersten Platz inne hattest und ich dich nicht verdrängen konnte. Das machte mir mehrere schlaflose Nächte. Ich wußte nicht, wie du es anfingst, daß du mich immer übertrafst, bis ich endlich eine Gewohnheit an dir bemerkte. Wenn du deine Aufgabe hersagtest, spielten dei ne Finger stets mit dem untersten Knop fe an deiner Weste; ich bildete mir ein, eine schottische Zauberin oder eine Zigeu nerin habe irgend einen Zauber in diesen Knopf gelegt, und eines Morgens schnitt ich dir den Knopf ab ohne daß du eS be merktest. Als du aufgerufen wurdest, suchten deine Finger den Knopf und fan den ihn nicht; du kamst in Verlegenheit, stottertest und vergaßest, was du gelernt hattest; die Reihe kam an mich, ich über traf dich leicht und erlangte deinen Platz. Ich wurde dadurch in meinem Glauben an die Zauberkraft des Knopfes bestärkt; er hat mich nie verlassen und vielleicht ver danke ich ihm die ersten Erfolge bei mei nen Arbeiten. Später konnte ich wohl einsehen, daß der Zauber die Gewohnheit war, aber der Knopf hat mir doch viel genützt . . du hast mich vergessen, ich aber habe dich nie aus den Augen verloren 5