Der Liberale Beobachter, Und Berks, Momgomery und Schuylkill Canmies allgemeiner Anzeiger. 55 eaÄi N ü, Penn. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Puwe ll e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut - Straße. Jahrg. 12, gan;e Rnm. SM». (Aue dein Jllustr. Unteehaltungs-Blacce.) Der Postillion. Novelle. (Fortsetzung.) „Nichts für ungut, Herr Postillion ! stotterte der kleine Bote, mit halbem Ath em.—Die Gaste saßen heute gar zu lange und hatten das Heimgehen vergessen." Am heiligen Abend. Die Sabath schänder! murmelte die Alte. „Dann stak ich eine Viertelstunde in der hohlen Grenzeiche," fuhr der Knabe fort, „der Wolkenbruch hätte mich sonst zum See hinunter geschwemmt, und her mußte ich, die Jungfer hat's befohlen, und wenn ich den Herrn Wilms auch Här te vom Bett aufklopfen müssen. „Und was giebt's denn so gar Wichti ges?" fragte Wilm." Doch was von ihm kommt, ist ja immerdar wasßesonde res und mir sehr Willkommenes. Der Knabe lächelte schalkhaft und kramte dann in breiten Worten seine Botschaft aus. Die Tochter des Schenk wirths ließe ihrem Freunde anbefehlen, auf keinen Fall morgen ihr Haus zu be suchen obgleich Musik und Tanz stattsiin den würde. Sie warnte ihn überhaupt, sich in ihrer Nähe, am Tage sehen zu las sen, weil der Müller Wolf mit fürchterli chen Flüchen geschworen, ihn niederzu schlagen, sobald er nur wiederum einen Blick zwischen den Liebenden aufgefangen. Dagegen erlaube sie ihm, morgen spät nach II Uhr Nachts in dem Schlacht Hau se der Schenke sie zu erwarten, rieth ihm jedoch im Haus Camisol und auf dem Waldwege zu ihr zu kommen. Zuletzt ließe sie noch auf das dringendste bitten, überall dem Müller aus dem Wege zu gehen denn sie träume jetzt nichts wie Schreckensgeschichten von Wilm und dem Wolf, und hätte sogar letzte Nacht deut lich gesehen, wie der Goliath ihren Her zensfreund ergriffen und mitten zwischen seine brausenden Mühlräder geworfen. Zu Anfang des langen Berichtes war der Postillion recht verdrießlich und trau rig geworden. Bei der Mitte wurde sein Gesicht heiter und Freudenrosen auf den vollen Wangen verriethen, wie seine Ein bildungskraft bei dem Gedanken an die nächtliche Zusammenkunft lebendig ward ; am Schlüsse gar jauchzte er laut auf, und rief zu der Alten gewandt: „Sieht sie, Mutter, daß das reiche Mädchen den armen Wilm nicht zum Be sten hat, hört sie, wie sich das reiche und schönste Mädchen am Berge quält um den armen Wilm, und sich ängstigt, daß ihm ein Grobian einmal eine Tracht auf zählte. O, wenn's um ihretwillen wäre hielt der Wilm ja gern selbst den Rücken hin! Aber sie, Mutter Ilse, soll nun nicht wieder solch verläumderisch Zeug schwatzen, leider denkt sie ja immer von allen Menschen das Böseste." In ausgelassener Freudigkeit steckte er dem Buben ein kleines Silberstück zu, versprach ihm mehr und recht viel, wenn er treu und verschwiegen bleibe, hing ihm dann wieder die nasse Decke über, und trieb ihn hinaus, damit seine Abwesenheit uicht zum Verräther würde und das liebe Stelldichein zu nichte machen möchte. „Wilm," sagte die Alte, als er träl lernd zurückkam, „die Geschichte mit der Schenkwirthstochter nimmt mir den letz ten raren Schlaf. Ich meinte die Kin derspielerei wäre ans, seit du zum Hause zogst, jetzt höre ich, sie soll ernst werden, aber Gespenster stehen vor dei nem Hochzeitsbett, und zwischen dir und der Jungfer Line liegt ein schwarzer Schlund, finster wie ein Grab und tiefer wie der See. Kehre um, Junge! Nimm Mutterrath an ! Was kann aus euch werden und wann darfst du ans Freien denken?" „Denken ist erlaubt, Mutter!" ant wortete der Postillion leichthin, indem er sein Pfeifchen anzündete, „darf man doch ohne Sünden an den Himmel denken und selbst an den Herrgott und alle seine Herrlichkeit. Wenn man sich liebt, da denkt man überhaupt nicht viel, nicht an Morgen und Uebermorgen, da hat man genug daran daß man weiß, man wird geliebt, und wer denkt, wahrhaftig, da meine ich, der liebt nicht so recht, wie ein solch Mädel wie die Line geliebt sein muß. Gott sorgt für die Vögelein und das ! Wild im Walde, er hat mich aus dem hohlen Baume in dieses Haus gebracht, und hat mich aus der Hirtenjacke in das blaue Wams gehoben, da wird er auch schon wissen, wo das Holz wächst, aus dem der Meister Tischler mein Hochzeits betl fertigen soll." Die Alte stützte ihre dünnen Ellenbo gen auf die Knie, und legte ihr langes l Kinn auf beide Hände, und starrte so i mit trüben Augen in den Schein der ! Lampe. „Auf Gott vertraut, gut gebaut!" ! murrte sie vor sich hin. „Der Loofs fluchte immer und ging um die Kirche, darum fraß ihn der Seegeist. Ja, ein ! Wunder wars, so gut wie das, was ! der Herr that an Lazarus, daß das zarte, splitternackte Kind nicht umgekommen in der alten Eiche, und kein Fuchs es ange bissen, kein Wolf zerrissen in der langen Frühlingsnacht. Aber doppelt hüte dich darum vor dem Wolfe in Menschenge stalt !" setzte sie dann ängstlich auffah rend hinzu. „Ich kenne den wüsten Müller lange Jahre, er glaubt an kei nen Gott und an keine Hölle, an ihm ist kein gutes Haar, und er hat manches schwache Menschenkind mit in sein Sün denleben gerissen. Sie sagen, er freit um deinen Schatz; Wilm, sieh dich vor! Es wäre doch gar zu schrecklich, wenn der Vater dem Sohne ans Leben käme, und so seinen Sünden die höllische Krone auf. setzte." „Was sagt ihr da?" fuhr der Postil lion auf,, faselt sie im Fieber, und muß ich den Bader holen!" „Es ist heraus und einmal mußt du es doch wissen," versetzte die Alte, indem sie ermattet vom vielen Reden den Kopf an die Lehne zurück legte. „Ja, Wilm, von Anfang her stand's fest in mir und ich hätt's Sakrament darauf nehmen wollen, der reiche Wolf ist dir näher ver wandt als er je gewünscht." „Nein! Nein !" rief der junge Bursche entsetzt und ließ die Pfeife fallen. „Re de sie nicht weiter, Mutter-" „Er hielt immer freche Dirnen in sei nem Dienst, seit er aus dem Kriege kam," fuhr das Weib mitleidlos fort, ohne auf den erblichenen zitternden Pflegesohn zu achten; da trug der geizige Unmensch das Kind früh vor Tage in die hohle Ei che, daß es umkomme, und so seine Schan de mitnehmen oder der Gemeinde zur Last fallen sollte. O, ich sehe ihn noch, als wäre es jetzt, wie die Holzfäller um den Baum standen, an dem sie schon die Axt gelegt, wie sie erschrocken, als es drin nen weinte, und wie sie vor Schreck alle verstummt da standen, als der alte Förster das weiße, nackte Kindlein aus dem Bau me hervor hob. Das ganze Dorf lief zusammen, aber Keiner wollte sich des armen Würmchens erbarmen, nicht der Herr Pastor, nicht der Schulmeister, da sprach mans dem Hirten zu für geringes Kostgeld, und ich nahm dich in meine Schürze, und freuete mich über das schö ne Knäbchen, das seine kalten Händchen sofort in meine Brust klammerte. Der Wolf aber stand dabei, und lachte wie ein Höllengeist in seinen Rothbart hinein und sprach höhnisch : „Lege sie e5 ihrem Vieh unter, Frau Ilse, vielleicht verspei sen es die Bestien zum Frühstück, und dann ist die Gemeinde die Last los, einen fremden Heckenprinzen groß zu ziehen." Eine Dirne in der Mühle starb drei Ta ge nachher ohne Doktors Hülfe, und eS ging ein Gerücht in der ganzen Gegend die Kohlengräber hätten gerade in der Nacht, wie alles das geschah, den Müller mit der Büchse auf dem Nacken zu meh reren Malen durch das Holz streifen sehen wo die hohle Tiche nicht fern stand. A- "IVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln." Dienstag den 2R Jannar, I 5 »I ber Jeder fürchtet den Wütherich und Keiner wagte was zu erzählen." „Nein, nein, es ist nicht, Mutter; Es kann, es darf nicht sein. Es wäre ent setzlich, und so hart wird mich Gott nicht strafen !"' schrie Wilm, und stürzte hinaus vor die Hütte, und warf sich auf die nas se Erde, und richtete mit gefalteten Hän den wie ein Verzweifelnder seine starren Augen zu dem Vollmonde auf, der eben über den schwarzen, fortziehenden Wol kenballen glänzend heraufstieg. Die Al te aber plapperte immerfort in der Hüt te, als hätte sie des Fliehenden Entfer nung nicht bemerkt, und wenn der Blick in daß goldene, milde Himmelslicht die Angst in der Brust des Jünglings zu sänftigen begann, so warfen ihn die dum pfen Hexensprüche, die zu ihm heraus tönten, immer wieder zurück in die Hölle, die er so plötzlich um sich fühlte, seit die Pflegemutter den als Vater genannt, den der Knabe schon mit Grauen angesehen und den der ganze Gau als einen von Jedermann gefürchteten Popanz betrach tete. „Der leichte Sinn, die schöne Mitgift der Jugend, hatte am andern Morgen die schwarzen Dämonen der Schreckens nacht verscheucht; Wilms gesunder Ver stand sah in den Bekenntnissen nur die gehaltlosen Träumereien einer fieber kranken, vom Schicksale stiefmütterlich be handelten Greisin, und der schöne Som mertag, die wohlthätige Kühle, die nach dem Gewitter aus dem Walde und den Thälern ihn anhauchte, verwischte vol lends jeden Eindruck von gestern. Wie konnte der sein Vater sein, der ihn noch in den jüngsten Tagen so barsch und feindselig behandelt hatte? Kannte er doch aus des Postmeisters Hause, der ein glücklicher Familienvater war, die Vater liebe, die Vatersorgsalt in den schönsten Bildern, und halte oft die kleinen Buben und Dirnen um das Glück beneidet, ei ! nen Vater zu kennen, von ihm geschätzt und geliebkoset zu werden. Mutter Ilse schien ermattet von der Furcht und dem angestrengten Reden der schlaflosen Nacht, sie war einsilbig und schlief auch viel noch am Tage; so überließ er sich ungestört ben Vorträu men der nahen glücklichen Nacht, ging als die Sonntagsglocke rief, zur Kirche, und trieb die Zeit nachher hinab durch stille Hausarbeit reinigte den kleinen Gar ten am Hirtenhause, besserte das alte zerbrochene Hausgeräth aus, und war recht inniglich vergnügt, daß er in seiner Einsamkeit dabei ohne Unterbrechung an seine Line denken konnte, und kosen durf te mit dem schönen Bilde so recht nach Verlangen. Die Nacht kam, Mondhell und still, wie eine fromme Mutter, welche ihre gu ten Kinder im warmen Schooße einwiegt. Er zog ein dunkles Bauernwams an, setzte die Pelzmütze welche noch vom Va ter Loofs da war, auf den dunklen Lok kenkopf, schnitt sich am Hagen einen der ben Wanderstock, und eilte mit freudig schlagendem Herzen seinem Ziele zu. Anfangs blieb er auf der Heerstraße, als ihm aber ein Haufen Reiter, welche laut in die Nacht hinein lärmten und fluchten, im Galopp entgegen kam, ge dachte er des erhaltenen Befehls seiner Trauten, und bog ab in den Wald, und wandrte auf einem wohlbekannten Fuß steige der einsamen Schenke zu, deren Hintergebäude ihm bald am Rande des Holzes sichtbar wurden. Behutsam nä herte er sich durch den abgetriebenen Platz, auf dem nur noch hie und da ein alter Baumstamm Schatten gab, der Schutzwand des Gehöftes. Da bewegte sich etwas im Mondscheine, und kaum hatte er noch Zeit, unbemerkt hinter ei nen dunklen Baumstamm zu flüchten. ES war der Wirth selbst. Vater Martin, der langsam an ihm vorüber schritt ; deutlich sah er im Mondscheine, daß er ein Gewehr auf der Schulter trug, dessen blinkender Lauf dem Versteckten nützlich wurde, da sein Schimmer ihm weithin den Gang des Alten verrieth. Was wollte der Vater noch so spät im Freien? War sein Liebesgang verrathen? —Nein, antworte das sehnsüchtige Herz. Viele Diebereien und Raubthaten waren in den letzten Jahren in der Gegend vorgekom men; gewiß hatte der Sonntag heute vielerlei Fremde in die Stadt gelockt; der brave umsichtige Hausvarer machte sicher die Runde um sein Gebiet, nachzuschauen ob nichts Verdächtiges in der Nähe wall te und er sorglos sein Haus schließen dürfte. —So sein Bangen beschwichtigend näherte Wilm sich nach einer Weile der der Schutzwand, überstieg sie an einer niedrigen Stelle, und befand sich glück lich zwischen den Stallgebäuden im Hofe, wo im fernsten Winkel das Schlachthaus sich zeigte, dessen geöffnete Thür ihm die Vorsorge seines geliebten Mädchens kund that. Vom Hause her klang noch dum pfes Geräusch, und Lichter schimmerten noch; so schlüpfte er im Scharten der Ställe zu dem bestimmten Orte, und trat in das Schlachthaus. Einsam und leer war das Versteck, recht heimlich und still; durch eine große, offene Luke siel das volle Mondlicht hinein, und beschien den derben Schlachttisch in der Mitte und die Eimer und Kübel, die an den Wänden herum standen. Der junge Bursche setz te sich auf den blanken Tisch, und horchte aufmerksam, um bei irgend einem Ge räusch einen dunkeln Winkel gewinnen zu können. Die Ungeduld schlug in allen seinen Pulsen, die Minuten wurden ihm zu Stunden, und das Mädchen blieb auch wirklich gar lange aus. Ein Heimchen zirpte eintönig in dem nahen Backofen, ein Eulenruf scholl von der nächsten Ei che herüber, und immer befangener wur de das Gemüth des Jünglings, so daß er erschreckt zusammenschoß, als jetzt der Hund herein rauschte, ihn murrend be willkommte und dann wieder zum Pfört chen sprang, an welchem das schlanke Mädchen im Nachtkleide erschien, und hef tig bewegt sich in seine geöffneten Arme warf. „Armer Wilm," sagte sie mit verhal tener Stimme, wie lange wird dir die Zeit geworden sein, und ich meinte schon, ich würde dich gar nicht sehen dürfen, da der Vater mich hinauf ins Bett geschickt." „So waren keine Gäste mehr da?" fragte der Postillion verwundert. „O es ist noch nicht leer im Gastzim mer," antwortete Line, aber der Spiritus stieg ihnen zu arg in den Kopf, und da mochte der besorgte Vater es vielleicht für gut achten, die Weibsleute fern zu halten. Welch ein Abend war das, Wilm!" fuhr sie fort, indem sie sich neben ihn auf den niedern Tisch setzte, und ihren vollen Arm um seinen Nacken legte. „O Wilm, ich möchte fort mit dir in die weite Welt, und sollten wir betteln gehen mitsammen, denn wüstes Leben am Sonntage kann dem Himniel nicht gefallen, und mit Grauen bin ich mitten dazwischen ohne Schuld und ohne Willen."—Sie erzählte nun, wie zuerst das junge Volk auf dem Saale getanzt, sie aber mit dem vertrete nen Fuße alle Bewerber zurückgewiesen; doch später wäre im Gastzimmer rechts der Tumult erst recht losgegangen. Die reichen Kornhändler und Meiersleute vom Nachbarlande wären alle zusammen ge wesen und hätten das Würfelbrett so arg getrieben, wie sie es noch nie gesehen. Jeder Wurf hätte eine Hand voll Silber« thaler gegolten, und wenn die Münze zu Ende gegangen, wäre ein Fuder Waizen oder das beste Stück im Stalle ar»f den Wurf gesetzt worden. Unter Allen hät te aber der lange Tom Steinecke das wunderbarste Glück gehabt. „Der Tom, dessen Vater sie vor acht Tagen zu Grabe trugen ?" fragte Wilm mit Erstaunen. „Ach! wer doch einen Vater beweinen dürfte," setzte er weh müthig hinzu. „Das ist ein recht schlechter Mensch," entgegnete das Mädchen heftig, „aber Laufende Nummer 21. der Apfel fällt nicht weit vom Stamme. Und daß die Schlechten solch ein Glück haben können ! Alles Geld was auf dem Tische klang, steckt in den Taschen des blassen Tom, sür zehn Fuder Frucht ha ben ihm die Kornhändler Papier geben müssen, ehe sie sich schimpfend entfernten und es hätte Prügel dabei abgesetzt wenn nicht der Müller Wolf immer auf Toms seine Seite getreten wäre, obgleich er selbst ebenfalls viel Geld zugesetzt. Jetzt sitzt der lange Tom noch mit dem Wolf und einem Paar Andern, und Alle schei nen im Zechen und Spielen den Tag er warten zu wollen. Der kleine Heinrich sagte aber, sie wären Alle so angetrun ken, daß sie die Stube nicht verlassen würden, und wir ohne Sorgen sein dürf ten. Der Postillion drängte die innere Be wegung zurück, die bei dem Namen des gefürchteten Müllers in ihm aufgestiegen war. „Lassen wir die Taugenichtse," sprach er, die Geliebte fest an sich drückend, spre chen wir nur von uns, Line; wie lange hast du mir nicht die Hand geboten, und wie wird es noch werden mit dir und mir." „Gut," sagte das das Mädchen fest, „wahrhaftig gut, Wilm, denn es kann nicht so bleiben. Seit du fort bist, und so selten einsprichst, weil der Müller dir giftige und auch der Vater seinetwegen scheele Blicke zuwirft, bin ich fremd im Hause geworden, und wüßtest du ein Plätzchen für uns, weit weg, je weiter, je lieber, ich schnürte mein Bündel und folg te dir bis über die letzten Berge hinaus." ~Und müßtest hungern vielleicht und daß Gewohnte entbehren? Nein, wer an so etwas dächte, *hätte dich nimmer lieb gehabt!" antwortete Wilm bewegt, aber mit der Stimme innerer Freude. „Versuch's, und du wirst sehen, wie lieb dich die Line hat," entgegnete sie in niglich.—„Und wir sollten's gleich thun," setzte sie lebhafter hinzu, „da wir's am Ende doch thun müssen, wollen wir uns nicht im Unglück verzehren und abhär men."—„Weil der Rothkopf ernst macht mit seiner Freierei," siel Wilm erbittert ein.—„Er thut's, aber da fürchtet sich die Line nicht," sprach sie rasch, „lieber auf den Kirchhof als in die Mühle! Vor dem Pastor kann man kein Mädchen zwingen ihr Ja zu sprechen, und, Wilm, so wahr der Mond uns bescheint, ehe dein Mädchen des verruchten Müllers Weib würde, ehe spränge sie in den See und gäbe sich den Fischen zum Fraß. Wilm antwortete nicht, aber selbst er starkt an des Mädchens Festigkeit umsing er die Braut fester und preßte sie vor in nerem Entzücken bebend an sein Herz. Sie sprachen nichts mehr, aber ihre Lip pen hingen fest zusammen, und höher wogte der volle, kaum bedeckte Busen des Mädchens an des geliebten MannesSchul ter, und er faßte die langen Flechten ih res schönen Haars und zog leise ihr schö nes Köpfchen zurück und bedeckte mit sei nen Küssen Stirn, Wangen, Mund und Hals des glühenden, Alles vergessenden Kindes, und fester klammerte sie sich an ihn, wie auf nimmer von sich zu lassen. Da murrte plötzlich der Hund am Pförtchen, Line sprang hin, und sogleich erschrocken zurück. „Birg dich so tief du kannst, um Gotteswillen!" stammelte sie mit Todesangst. „Es kommen Leute auf den Hof. Wenn Alles still ist kehre ich zurück." So schlüpfte sie leicht seitwärts an den Ställen hin, und wie eisiges Wasser fuhr es über den erhitzten Mann, als er hor chend die Stimme des Müllers in dem Hofe vernahm. Schnell besonnen sah er sich nach einem RettungSplatze um. Ein hohler Schlachttrog stand mit seinev Höhlung nach innen schräg an die Wand gelehnt in einem Winkel, den das Mond licht nicht beschien. Er kroch dahinter, und von der Wanne völlig bedeckt fand er sich dem fremden Auge entzogen, mit dem Vortheile, aus seinem Dunkel Alleö