Oer Liberale Beobachter, Und Berks, Momgomery und Schnylkill Cannties allgemeiner Anzeiger. ZK eildi n g, Mnn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Süd kten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut - Straße. Jahrg. ganze Nun». Ss». (Aue vem Jllustr. Unterhaltnnge-Blatte.) Der Postillion Novelle. sFortseyniig.) Der Postknecht war indessen mit seinem bestaubten Gespann vor der Schenke ange langt, hatte sein Posthorn sinken lassen, stieg von, Sattel, grüßte.treuherzig die Zechbrüder und rief dem Stallbuben zu, Brod und Wassereimer für die Thiere, für sich einen Krug Bier zu bringen, und setzte sich dann, die müden Hengste sich selbst überlassend, dicht an die Hausthür auf die beschattete Ruhebank, indem er die schlanken Glieder behaglich dehnte. Es war ein junger besonders wohlgebau ter Bursche; das lederne Beinkleid und das blaue Wams mit dem Silberschilde am Arme stand ihm gar zu gut, die Züge seines Gesichts waren regelmäßig und die feingebogene Nase unter den großen dun keln Augen gab ihm etwas besonders zwi schen den meist flachen, nichtssagenden Physiognomien dieses Landstrichs, und auch sei» dunkles, dichtes Kopfhaar und der keimende Schwarzbart stachen gegen den Hellern Haarwuchs ab, der hier den Land leuten gewöhnlich war. „Was ist denn in dich gefahren, Wilm," rief der Wirth hinüber, ohne vom Tische aufzustehen, „daß du mit einer so trübse ligen Musik zu uns herziehst, als wollrest du meinem Hause den Jammer mitbrin gen ? Solch' plärrende Gäste sieht kein Krugvater gern, denn sie tragen Unheil unter das Dach." „Wie kann er fragen, Vater?" ant wortete der Angerufene. „Hört er denn nicht das Todtenglöcklein im Dorfe? dort tragen sie vielleicht einen guten Nachbar in das letzte, einsame Bett, woraus kein guter Morgen weckt; da gedenkt man auf der Stelle der bleichen Frau, die hin terdrein geht, und der weinenden Kinder, die mit Grauen den schwarzen Kasten in das dunkle Loch versenken sehen, und ei nem jeden guten Christen fällt dann sein letztes Stündlein bei, denn er richtet ein Bittwort an den Herrn über Leben und Tod. Und darum habe denn ich, weil mir nicht gleich ein gutes Wort einfiel, mein Gebet in den Himmel hinauf gebla sen." „Närrischer Junge du!" schmunzelte der Wirth. „Für diesmal hättest du dein Sterbelied sparen können. Sie be gruben den alten wassersüchtigen Matz Steineke. Ihm hat der Tod Erlösung gebracht, vom langen Uebel, und sein ein ziger Erbe, dxr lange Tom, wird dem Bater sicherlich keinen Thränenguß nach schicken, sondern lieber die harten Thaler zählen, die der alteGeizhals ihm nachgelas sen, und die er nun ohne Aufseher jm Kruge und am Würfelbrette in die Welt spediren kann, wo sie lustiger klingen als in des Alten Ledersäcke." „Ich beneide ihn nicht," antwortete der Postillion zuLZoden schauend, „wenn es so ist, wie er sagt Vater." „Und doch könnte dir's nicht schaden, theilte der Tom mit dir seine Erbschaft," versetzte der Wirth mit scharfer Betonung. Der Postillion seufzte recht hörbar, streichelte und klopfte den dicken Kopf der riesigen silbergrauenßulldogge die freund lich zu ihm getreten war und das lange Hängemaul ihm auf das lederne Bein kleid gedrückt hatte. „Dir mangelt nichts, alter Nero!" sagte er leise, dem treuher zigen Hunde einige Reste Weißbrod aus der Tasche suchend, und sah sich zugleich nach der Thür um wie ein Dürstender. Der Müller schien von innerer Unruhe gequält, seit der Postillion so nahe am Hause Posto gefaßt, und als die Schenk tochter mit dem Kruge flink heraustrat, hielt es ihn nicht länger auf seinem Platze unter dem Baume. „Grüß ihn Gott, Wilm, sprach die von der Natur wohl beschenkte Dirne, indem sie das Deckelglas vor den Postillion hin setzte, und mit der Linken die langen blon den Haarflechten auf den Nacken zurück warf, um ihn mit den hellen Augen recht freundlich anschauen zu können. Er ist lange nicht vorgekehrt," setzte sie schmol lend hinzu, „nimmt wohl jetzt seinen Col lege« immer die Touren zur Stadt ab, weil es ihm dort besser gefällt, als wie hier in den Bergen." „Danke schön, Jungfer Line für den Gruß," erwiederte der Bursch und seine Augen funkelten wie Silbergluth zu ihr hinauf. „Freilich ging der Dienst im mer dort hinaus zwischen dem Gesund brunnen und der Stadt, und als ich letzte Nacht vorüber fuhr, lag sie noch sanft auf dem Ohr; der Mund brannte mir, sie mit ihrem Leibstückchen zu wecken, aber ich zwang die Lust zurück, denn sie hätte grollen können weil ich sie im Schlaf verstört. Ja unser eins weiß es ja am besten wie wohl der Schlaf thut." „Hätte nur immer blasen sollen, Wilm" fiel das Mädchen ihm ins Wort. „Wenn man Musik gehört, träumt sich's nachher desto süßer. Und nicht einmal zum Schei benschießen ist er gewesen; mir dem Tan zen war's freilich nicht viel, denn ich hat te mir bei dem Heu auf dem Rechen den Fuß übertreten." Man sah dem Burschen an, wie lieb ihm die Nachricht war, und wie er sich Zwang anthat, nicht aufzujauchzen, oder der Dirne an den Hals zu springen. „Sonnabends," sagte er stammelnd vor innerer Bewegung und mir Backen, die vor Röthe springen wollten, „Sonna bends geht mein Urlaub an. Der Herr hat mir drei volle Tage geschenkt, und da wird's mir erlaubt sein, bei allen guten Freunden vorzusprechen, und wenn'sGlück wollte, daß Sonntag hier im weißen Bär Musik wäre und ihr Fuß nicht mehr schmerzte, so könnte auch einmal wieder ein lustiger Schleifer das Herz erfreuen und dem Wilm ein rares Fest geben." „Vielleicht gehts bis da," antwortete die Dirne und ihr blühendes Gesicht schien von der Vorfreude lieblicher geworden und sie streckte die Hand aus, als wolle sie dem flinken Tänzer das Versprechen besiegeln, da trat der Müller dicht an die Bank und fast mitten zwischen die jungen Leute hinein, und wie von einer Otter be rührt fuhr daö Mädchen zurück, und ging nach einem recht bösen Blicke auf den Störer in das Haus. „Tanzen will er, Junker Hohlbaum fragte der Müller hämisch. „Man sollt meinen, das Hängen auf den harten Mäh ren hätte seine Gliedmaßen längst zu steif gemacht, um sich auf die Tanztenne und zwischen die jungen Mädels zu wagen." „Jeder springt auf seiner Sohle, und warum nennt Ihr mich nicht bei meinem rechten Namen?" fragte der Postillion ernst zurück. Weiß er doch so gut wie ich, was im Kirchenbuche steht. „Wilm von dem hohlen Baume!" ant wortete pathetisch der Fuchsbart; ein recht vornehmer Name. Klingt fast adelig, wie die Herrn von dem Sattel oder von Hagen. Er thut sich wohl ordentlich da rauf zu gute. Wenn man nur nicht wüßte, daß selbst sein einziges Erbstück, der hohle Baum, von dem er sich nennt, noch vor seiner Taufe unter der Axt ge fallen, und so sein Lehn und Schloß, ehe er mündig, in das Kamin gewandert, und im Rauche aufgestiegen. „Da ist mir's gegangen, wie manchem wirklichen Edelmann? in der Kriegszeit," sagte der Postknecht gutmüthig. „Mag er mich immerhin foppen, ist er doch der reiche Herr Wolf von der Neumühle. Wir armen Schlucker sind es gewohnt, den Herrschasten zum Spaß zu stehen, wenn's bei ihnen schlecht Wetter ist, oder im Wirthshause ihnen die Kost verbrannt schmeckte." „Was will er damit sagen?" fuhr der Müller auf, seine Faust ballte sich un willkührlich. „Wo ist schlecht Wetter für mich und wer hat mir in der Schenke die Kost verbrannt? Stichelt er, so soll ja die Kreuz" „Wer meinte ihn?" fiel der schwarzäu gige Bursche lächelnd ein. „Es gilt die "Lvillig zu loben und okne Furcht zu tadeln." Dienstag den RA. Januar, Herrschaften in der Extrapost. Ich wünschte ihm hoch Wasser und immer vol le Säcke vor seinem Mühlthore. Mein Krug ist leer, und der Heinrich hat die Pferde getränkt, darum ruft's mich wei ter, damit die braven Thiere und ich vor Nacht auf die Streu kommen. Gott be fohlen." So stand er auf, und drehete dem feindseligen, verstimmten Müller den Rücken, und reichte der Tochter des Wirths ein kleines Silberstück für die Zeche in das Fenster, wobei eö den wachsamen gen des Aufpassers ungewiß blieb, ob die Finger der jungen Leutchen nicht auf eine gewisse mysteriöse Weise in Berührung gekommen. Der leuchtende Blick, mit welchem der Bursche dann seinen Sattel gaul bestieg,machte dieVermuthung wahr scheinlicher, ebenfalls der heitere Ton, mit welchem er im Fortreiten dem Schenkwirth sein: „Gute Nacht, Vater Martin !" zurief. Dann setzte er sein blankes Horn an den frischen Mund, bies nach lustiger Melodie das bekannte Lied: Ich wollte mal fahren in's Heu! und verschwand bald hinter der nächsten Baumgruppe. „Was hast denn du mit dem Burschen Wolf?" fragte der als der Müller zur Linde angekommen war, und wie im bittersten Groll den Rest in sei nem Glase hinunterstürzte. „Das scheint ja schwarzer Ernst und wer dein Gesicht ansieht, das röther glüht wie dein Bart, müßte fast meinen, du Grauschimmel wä rest eifersüchtig auf den armen Schlucker, weil ihm die Jungfer Martin freundlich zugterunken." „Der Junge hat ein Franzosengesicht," grollte der Müller mit wirklicher Wuth im Blicke, und ich säße lieber allein mit ten im Höllenseuer als neben so einem Gesichte in Abrahams Schooße. Siehst, da schießt ja wieder die Weihe nach mei ner Mühle hinüber, setzte er rasch abbre chend hinzu, die mir schon so manche Ente vom Hofe geholt. Gieb mir deine Ku ! Gelbüchse, Gevatter, vielleicht thue ich auf ! dem Heimwege einen gnten Schuß nach > ihr." Der Schenkwirth sah ihn starr und ! fragend an, stand aber ohne Entgegnung auf, und ging mit ihm in das Haus, sei nen Wunsch zu gewähren. . Der Vierte in der Gesellschaft, der bis jetzt dem Allem stumm zugesehen, jedoch brav sich eingeschenkt, war seines Stan des ein Hausschlachter, ein kleiner wanstiger Kerl, mit einem Höcker und ei nem bausbackigen Gnomenkopfe. Er rückte näher zum Nachbar und sein Voll mondshaupt auf beide nackte Arme gestützt fragte er mit sichtbarer Scheu : „Warum tobt denn der tolle Wolf nun wieder so arg, Rephahn, was will er mit seinem Franzosenhaß ? Seit zwanzig Jahren turbiren ja die fremden Blauröcke kein deutsches Kind mehr und die böse Fran zosenzeit ist einem nur noch wie im Trau me vor dem Gedächtniß. Wenn man den ungeschlachten breiten Kerl toben hört ohne Ursache, sollte man meinen, der Toll wurm stäche ihn und man hätte Grund sich zu salviren." „Gut spassen ist nie mit ihm gewesen," antwortete der Arbeitsmann, und wenn ihm so wie heute die Galle im Blute ru mort, so gehe ihm Jeder aus dem Wege. Was den Postknecht betrifft, so läßt sich sein Zorn an den Fingern abzählen. Der Rothbart wirbt um die Martin drin nen, und will auf seine alten Tage noch eine frische Müllerin in seiner Mühle ha ben. Nun ist der Wilm hier an den Bergen aufgewachsen, und alle Mädel, die mit ihm gespielt in der Sandkuhle und mit ihm Erdbeeren gesucht im Holze sind versessen auf den Schwarzkopf, seit er daß fürstliche Jäckchen trägt. Was den Numero Zwei, den Franzo senhaß angeht, so mag der Wolf dabei wohl größer Recht haben und weniger den alten Gecken spielen als bei Numero Eins. Man sagt, als die Franzmänner zuerst hier ins Land gekommen, hätten sie gerade ihm besonders übel mitgespielt. Eine halbe Compagnie von den ziegelfar bigen Husaren, die am .Ohr die Zöpfe in Blei gewickelt trugen, fielen in seine Müh le, uud kehrten das Oberste zu unterst. Der handfeste Wolf wehrte sich brav; da haben sie ihn fast lahm geschlagen und dann an seinen eigenen Bettpfosten gebunden, wo er zusehen mußte, wie die Halunken Frau und Magd auf den Tod gemißhandelt und ihm zuletzt das Mühl- Haus über dem Kopfe angebrannt, daß die braven Nachbarn ihn kaum aus dem Feuer zu retten vermochten. Die Frau starb bald hernach, und er ging fort unter das preußische Fußvolk, und mag man chen Franzosenkopf eingeschlagen haben zur wohlverdienten Vergeltung. Als es dort schief ging, kam er wieder ins Land, hatte schwer Geld mitgebracht, woher wußte Niemand und er sagte nichts davon, es ging das Gerede, er hätte eine Kriegs kasse im Felde erwischt. Da baute er sich die Mühle neu auf, und—nun, das Weitere weißt du so gut wie ich, Bruder Schweinestecher." „Ich wollte, er wäre nicht so rabiat," flüsterte der Schlachter. „Er könnte uns Alle mit seinem wilden Wesen in's Un glück bringen." Der Müller mit dem Gewehr trat jetzt wieder ins Freie. „Bedenk was ich dir gesagt, Gevatter," sprach er mir seiner lauttönenden rauhen Stimme zumSchenk wirth, indem er die Heerstraße betrat. „Dein Wort habe ich, das Dirnchen muß schon, und daß mir nicht wieder eine schwarzhaarige Hummel meinen Bienen stock verderben soll, dafür bin -ich jetzt Mann genug geworden. Hüte dich Ge vatter, der Wolf läßt sich keine Nase hen, am wenigsten von Jemanden, den er in der Tasche hat, wie dich." Der Schenkwirt!) kam ganz timide un ter die Linde zurück. „Sollet ihm das Gewehr nicht gegeben haben," flüsterte der Bucklichte. „Wenn er den Postknecht unterwegs trifft, könnte es ihm eine schlechte Affaire geben, wobei auch unsere Köpfe zum Wackeln kämen." „Possen," murrte der Wirth und dreh te die Mütze rundum auf dem Kahlkopfe. ~Da 6 macht mir keine Sorgen, wenn der Weißbär nur nicht seine Augen auf mein Linel geworfen, u. ich ihm im Rausche nur nicht das Kind zugesagt. Doch gesche hen ist für immer geschehen, und das Geld bleibt beieinander. Für den Wilm bangt mir nicht, der ist schmr weit voraus, und trotz feines Grimmes ist der Wolf viel zu gescheid, sich um nichts Blankes an einem herrschaftlichen Nocke und Wappen zu vergreifen, er müßte ihm denn im Walde und dicht an einem Kohlenschachte begeg nen, wo das geschossene Wild und sein Grab nur einen Schritt weit von einan der lägen." Es waren mehrere Tage später, als ein heftiges Gewitter, von Sturm und Regengüssen begleitet, in derselben Ge geng tobte und vorzüglich einer kleinen elenden Hütte den Untergang zu dräuen schien, welche am Ende eines Dorfes zwi schen vier alten gekrümmten Zwergeichen versteckt lag. D'rinnen saß ein altes, von Gicht zusammengebogenes Weib in einem zerrissenen, mit schmutzigem Leder beschlagenen Lehnstuhle, und stieß bei je dem Krachen der Balken und Knarren der Wände ein Stoßgebet aus, und sank bei jedem Donnerschlage mit einem Angst rufe zum Knäuel zusammen. Die Alte durfte sich freuen, nicht eini ge Jahrhunderte früher in dieser Gestalt auf Erden gewandelt zu haben, denn ihr roth umrändertes Augenpaar, der weite zahnlose, blaulippige Mund, über welchen einzelne Barthaare, den Schnurren eines Katers gleich, sich sehen ließen, und ihre ganze widrige Häßlichkeit hätten sie jeden falls als das Musterbild einer Teufels buhlin zum heißen Hexentode verdammt. Ein auffallendes Gegenbild zu der Alten erschuf der junge Mensch, welcher ihr ge gegenüber saß, der hübsche Postillion, der Laufende Rummer 2«. im Hauskostüm, in reinlichen Hemdär meln und dem nackten Halse seine kräfti ge Jugendschöne noch deutlicher zeigte, als in dem steifen Diensthabit. Unbe kümmert um das Wetter rauchte er behag lich aus einem kleinen Pfeifchen uud klim perte spielend mit einem halben Dutzend blanker Guldenstücke, die auf dem Tische lagen und im trüben Lampenlichte doppelt lockend schimmerten. „Es geht schon vorüber, Mutter Ilse, und zieht zum See hinunter," sagte er gutmüthig tröstend. „Solch Spektakel hat unser ein s hundertmal erlebt und noch dazu im Freien, wo die himmlischen Paukenschläge das Menschenohr ganz an ders anfallen. Und was hilft das Zagen und Wimmern? Gott schickt solch Wet ter so gut wie den Sonnenschein, und er ist überall dabei. Wer ein ruhiges Ge wissen hat, kann ruhig zusehen." „Hu! —schüttelte die Alte, —eben solch Wetter wars, als sie den Loofs vom See hier herein trugen. Eben solch Wetter wars, als die Mühle brannte nnd die Franzosen um den Brand tanzten, daß es von hieraus im Dunkel aussah, als feiere der Gottseibeiuns mit seinem Heere den Ostersabath. Wilm, spotte nicht, solch Wetter hat hier herein immerdar recht Böses gebracht." „Bin ich damit gemeint oder das blan ke Geld hier, das Euch die Brodsorge auf einige Wochen wieder abnimmt?" fragte der Postillion lächelnd zurück. „Du bist ein gutes Kind und sammelst Kehlen auf meinem Haupte,"—antwor tete die Alte, die dürre, gelbe Hand nach ihm ausstreckend ; —„aber dafür sollst du dich auch hüten und wahren, daß ich dich noch lange habe, denn ich könnte ja nicht einmal das Brod suchen vor den Thüren, und in meinem Winkel brächte mir ohne Lohn keine Menschenseele einen Trunk aus dem Brunnen herein. Oh, die Men schen sind unbarmherzig und steinhart ge worden in dieser schweren Zeit." „Sagt nicht so, Mutter Ilse," versetz te der junge Bursche. „Es giebt wie sonst Böse und Gute, und die Guten werden weicher, wenn sie selbst das Unglück ge schmeckt haben. Habt Ihr denn die Line vergessen von der Bärenschenke, die Euch doch manches Labsal durch den kleinen Heinrich hat zustecken lassen, wenn meine Pfennige nicht reichten? „Gottes Segen über das gute Kind !" stöhnte die Alte, „aber auch sie soll sich wahren, denn als sie zuletzt hier vorsprach lag ein schwarzes Flortuch halb über ih rem Gesichte, da sie doch im Strohhute ging, und das bedeutet schwere Schicksale und den Sarg ins Haus. Nicht Jeder mann sieht so etwas, —und wer's sieht dem machts Pein und nicht Freude." Ein flammender Blitz machte das gan ze Gemach tageshell und gleich darauf rasselte ein Donner durch die Berge hin, als wollte er ihre Urbäume allzumal bre chen. Die Alte schrie laut auf, der Po stillion selbst sah sich nach dem Fenster un willkührlich um, und da schien ihm eine weißliche Gestalt außen sich zu bewegen, und zugleich klopfte eine Hand an die kleine Fensterscheibe. „Das ist der böse Feind !" kreischte die Alte. „Bleib sitzen, öffne nicht, Wilm! setzte sie ängstlich hinzu. Dein Geld hat einen gar zu gierigen Bettler gelockt, in solcher Nacht wandelt kein Christenkind oder wer GuteS im Sinne hat!" Der Postillion war dennoch zum Fen ster getreten und hatte gefragt und Ant wort erhalten. „Sieht sie, daß sie nicht immer recht hat!" sprach er froh, indem er den inneren Riegel von der Thür schob. Ein Liebesbote ist's, der Heinrich von der Schenke, die Taube fürchtet das Wetter nicht! Und herein trat der kleine Stall bube, in eine helle Pferdedecke wie in ei nen spanischen Mantel gewickelt, aus der er, gleichwie ein buntes Vögelein durch das gebrochene Ei, hervorhuschte. folgtz