Der liberale Beobachter, Und Berks, Momgomery und Schuylkill Camtties allgemeiner Anzeiger. Ne«lÄ i N ü, HZenn. Gedruckt und berausgegeben vonArnold Puwe l! e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnul - Straße. Jahrg. R 2, ganze Nnn». »51. Muttersorge Verderben weissagend stieg der Mor gen des 5. Februars, im Jahre 178 A, über der reizenden Stadt Messina auf. Die vorausgegangenen Tage waren schon unheilvoll durch die wilden Spuren ver schiedener Erderschütterungen. Gleich dem allgewaltigen Dröhnen des Donners durch weite Gebirgsschluchten, brüllte das Meer mit seinen auftosenden Wassermas sen. Die Fische waren aus den Tiefen zur Oberfläche geschleudert. Schiffs trümmer schwammen auf den Fluchen. Bäume lagen von zerstörenden Windstös sen entwurzelt. Dächer wurden durch den Sturmhauch von den Häusern abgerissen. Pestartige, tiefgelbe Nebel füllten Alles an. Ein giftiger Thau ließ abwelken Frucht und Gras. Die Thiere starben vor Hunger. Die Menschen übten Buße auf öffentlichen Plätzen und in den Kir ch?«. Biltprozessionen zogen in feierli cher Andacht durch die Straßen. Man fastete und bereitete sich vor auf den jüng sten Tag. Regengüsse, wie Sündflulh gewasser, brachen jetzt herein Man ver nahm ein Zittern und Gähren im Erden grunde. Die ungeheuren Festungsmau ern spalteten sich plötzlich im weitesten Risse. Der Boden wankte. Entsetzen faßte die Einwohner. Die Furcht gab ihnen Flügel. Alles stürmte nach dem Meeresgestade hin, um dort vielleicht die Stätte der Rettung zu finden. Als hörte man das Wiehern der Hölle, so krachten die Erdstöße, und die Erde öffne te sich und Menschen und Häuser u. Thiere sielen in den Abgrund, aus dem hochrothe Flammen aufloderten. Schauerlich war's in diesem Gräuel der Verwüstung! Die Nacht, eine zweite egvptlsche Fin sterniß, breitete den Todesmantel über die Gegend aus. Das Erdbeben wuchs, die Qual vermehrte sich, und Verzweif lungsgeheul wehklagte durch die Trüm mer des Elends. In einem der schönsten Pallaste Messina'S, der den Hafen be grenzte, sah man um diese Zeit, in der Gattin des Marchese di Spedara ein Bild des gräßlichsten Wehes! Sie lag zu Bette sehr krank, und ihr Söhnchen, ihr einziges Kind, lag neben ihr in der Wiege. Es schlief im schönsten Traume der Unschuld, und konnte noch nicht empfin den und verstehen, waö Grauenvolles sich über ihm zusammenzog! Die Mutter beugte sich oft über das Kind und küßte ihm die Augen wach, und das Kind streck te nach ihr die Aermchen aus. Aber die Unglückliche legte das weinende Knäblein auf die warmen Kissen zurück und sprang nach dem Fenster. Wie eine Verglast lag auf ihr der Gedanke an das nahe Verderben. Sie schrie laut und lauter und bang und bänger meerwärts in die Nacht hinaus. Sie winkte mit weißen Tüchern, doch Niemand sah sie, Niemand konnte sie hören. Ihr Gatte war auch nicht da! Welche Bilder, mit schwarzen Wernichtungsfarbeu, umflatterten ihre Seele! „Wo ist mein Gatte?" jam merte sie; „hat ihn das Meer verschlun gen ?" fragte sie. „Hat ihn von der Erde die Flamme schon verzehrt?" rief sie und kehrte zu ihrem Kinde zurück und warf sich über die Wiege mit aufgelöstem Haar und krampfhaft gerungenen Hän den. Das Kind weinte bitterlich. Das Erdbeben klang gräßlich. Hagelschauer schlugen die Fenster durch. Der Sturm verwehte das Licht in dem Zimmer noch. Da lag die Mutter und betete«inbrünstig und drückte das Keruzbild auf den bren nenden Mund. Sie sah ihr Kind nicht mehr. Die Nacht hielt es ihr bedeckt. Sie siel in Ohnmacht und sank bewußtlos neben der Wiege hin. „Leonore! Leonore! " rief plötzlich ei nes Mannes Stimme von der Treppe her. Rette dich, mein Weib! sonst sind wir Alle verloren !" Marchese di Spedara trat ein. Es war ihr Gatte. Er taumelte durch durch den Saal, und konnte erst nach langem Umhertasten das geliebte Weib auffinden. Die Furcht gab ihm Riesenkraft. Er umfaßte sein Weib, und als könnte er fliegen, so schnell, so muthig stürzte er mit der ge liebten Beute die Treppen hinunter und ins Freie. Das HauS wankte schon lei se. Leonore war gerettet ! Am Meeresgestade lagen einige Baum stämme dicht nebeneinander im Grase. Marchese di Spedara fand dieselben, als ein Blitzstrahl die Luft erhellte. Darauf legte der Gatte sorgsam sein Weib und trocknete ihr den Schweiß von der Stirne. Sie lag bewußtlos Di Spedara richte te den dankbarsten Blick zum Himmel in mitten der todtbringenden Ereignisse, froh in der Seele, seine Leonore gerettet zu haben. Die Ungewitter zogen von allen Sei ten mehr und mehr zusammen. Hohler und dumpfer rauschte das Meer. Die Die Blitze glühten wie Schlangengeringel durch die Luft. Die Sturmglocken teten von allen noch stehenden Thürmen. Aus weitgedehnten Schlünden der Erde kochten Schwefelflammen hervor, und wie Gespenster schlichen die verjagten Einwoh ner Messina's scheu von Ort zu Ort, und fragten bange nach Dem und Jenem, ob er noch lebe? und bekreuzten sich und be teten. Leonoren weckten das Getümmel und die Regengüsse aus der Betäubung, wel che wie ein sanfter kühlender Fittig auf ihren kranken Sinnen lag. „Bedecket mich, ihr Hügel, stürzt über mich, ihr Berge!" so hörte sie jammernd aus ver trockneten Menschenkehlen die Bitten ausschreien, und wandte den Blick auf die erste Häuserreihe Messina's hin. „Wo ist mein Gatte? Wo ist mein Kind, ach ! mein einziges Kind ?" rief sie und stierte hinüber nach ihrer Wohnung, die vom Leuchten der neben in Brand stehenden Pallaste schauerlich erhellt stand. Sie streckte sehnsüchtig die Hände schnell em por, und stand auf und wollte davon ei len. „Mein Gatte! Mein Kind!" klag te sie fort und fort, und übertönte, im tiefsten Schmerze des erwachten Mutter gefühles, das Gellen und Zischen der Win de. „Dein Gatte bleibt ja bei dir, gute trauernde Leonore!" sprach jetzt mitleids voll di Spedara und umarmte sanft trö stend die Weinende. „Du hier?" klang ihr Wort. „Ja du bist es wirklich! rief sie entzückt und schmiegte sich an seine Brust mit zartestem Flehen: „Sei Du mein Schutz in dieser Trübsal und mein Stab in diesen Gefahren! Gott helfe dir und mir!" Sie schwieg und sah prüfend umher, und, wähnend ihr Kind sei auch geflüchtet und schlummere seit wärts in den grünen Halmen, erbat sie sich vom Bater ihr Söhnchen, daß sie es selbst an der Mutterbrust schirme, wie die Henne ihre Jungen beschützt. Di Spedara stand stumm, blieb starr und wie versteinert. „Du sprichst nicht, Gatte!" redete das von den bängsten Ahnungen durchzitterte Weib ihn an, „du gibst das Kind .mir nicht! Gib es es mir doch, der feuchte Boden könnte ihm schaden!"—„„Der feuchte Boden schadet ihm nichts, das Kind ist ja nicht hier! Weib! Leonore! Höre! Antworte: Hast du das Kind denn nicht —Noch war dieses Wort, das entsetzliche, seinem Munde uicht ganz verklungen, und schon flog von Geißelschlägen der Angst getrie ben, Leonore nach ihrer Wohnung. Der Gatte floh ihr nach, um sie zu rückzubannen von dem sichtbarsten Unter gange. Der Pallast lag schon bald zer trümmert. —Leonore wollte der Gefahr nicht achten, sie wollte retten den Sohn, oder mit ihm sterben. Sie entwand sich freimüthig dem Arme ihres Mannes, warf die Thüren weit zurück und stürmte die Marmorstufen hinauf, und sah von Flammen schon die Wiege des Kindes umzückt. Der Schercken hielt sie halb ge lähmt. Sie schleppte sich mühsam nach der Wiege, riß den Kleinen heraus, um schlang ihn »nit beiden Händen und woll- "Lvillig zu loben und obne Lurchr zu tadeln." Dienstag den IS. November, 18S«. te flüchtig wie ein gejagtes Reh, zurück zu ihrem Gatten. Da donnerten Erbstöße und donnerten wieder. Die Treppe lag schon in Trümmern vor ihren Füßen und, o Gott! —die Ar me versank —denn es spaltete sich die Er de ! „Mein Kind!" rief sie und lag mit demselben in der Tiefe. Di Spedara sah die Versinkende. Doch die Mutter mit dem Kinde, die edelsinnigste Gattin, war verloren! Wahnsinnsnächte sanken auf di Spe dara's Seele herab. Er streckte die Hand nach Weib und Kind aus und fand sie auf Erden nie mehr. W. P. Stztg. Indische Eifersucht. Die Europäer, die nach Ostindien kom men, knüpfen dort meist mit eingebornen Mädchen Verhältnisse an, die, bis auf die kirchliche Weihe, ganz und gar einer Ehe gleichen, wenn die Herren vielleicht auch in Europa Frau und Kinder zurückgelas sen haben. Ein Herr Tempe stand mit einer schönen Hindu auch in einem solchen zärtlichen Verhältnisse, und er kam des halb in die größte Verlegenheit, als er ei nes Tages die Nachricht erhielt, daß seine Frau aus England angekommen sei. Er mußte sich entschließen, diesen Umstand der Geliebten mitzutheilen und sie zu ver mögen, sein Haus zu verlassen. Das Mädchen gerieth darüber in die größte Verzweiflung und beruhigte sich erst, als Tempe ihr den Vorschlag machte, ihr ein Häuschen in der Nähe seiner Wohnung einzuräumen und seiner Frau nichts zu sagen wer sie sei. Die Frau kam an, und es vergingen mehrere Wochen. Ei nes Tages ging sie in der Nähe ihres Hauses spazieren und bemerkte das nied liche Häuschen, das ihre Nebenbuhlerin bewohnte. Da ihr Niemand sagte, wem dasselbe gehöre, so nahm sie sich vor, hin einzugehen. Sie wurde von einer jun gen schönen Hindu, die ihren Namen nannte, mit einiger Verlegenheit, doch freundlich aufgenommen. Es gefiel ihr sowohl, daß sie wiederzukommen versprach. Schon am nächsten Tage besuchte sie das Häuschen wieder, und verließ es erst spät am Abend. In ihrem Bette fühlte sie sich bald unwohl. Man schickte nach ei nem Arzte, der ein bebenkliches Gesicht machte, und sagte, sie müsse von einer giftigen Beere oder Wurzel gegessen ha ben.—Die Frau gestand darauf ihren Besuch in dem Häuschen, und sie sprach noch, als die Bewohnerin desselben, Ma rie, hereinstürzte. —„Glaubst du, Karl," begann diese sogleich, „daß ich deine Liebe überleben und sie auf eine andere über tragen sehen konnte? Das vermag ich nicht. Ich vermied die Versuchung Bö ses zu thun, und hielt mich fern von allen Menschen. Das Schicksal führte deine Frau in meine Wohnung und ich mußte die Gelegenheit benutzen, welche die Göt ter meiner Väter mir boten. Ich ver giftete sie.—NichtS kann sie retten, in einer halben Stunde wird sie eine Leiche sein. Vielleicht drohet man mir, aber Niemand vermag etwas über mich; ich werde die Frau nur wenige Augenblicke überleben. Ich jammere nicht, wie sie, obschon ich gleichen Schmerz fühle. Du verstießest mich Karl; wer triumphiret nun?" Eine Stunde später stand Tem pe neben den Leichen seiner Frau und sei ner Geliebten, und er ist nie wieder heiter geworden. Seine Haare erbleichten vor der Zeit und er kehrte mit seinem Schmerz sobald als möglich nach Europa zurück. Jll. Unt.-Blatt. Die (Spanische Novelle.) Kürzlich wurde vor dem Gerichtshof von Estremadura folgender Fall verhan delt : In Medellin, in einem Hause von schlechtem Anschein, soll Ferdinand Cortez geboren worden sein. Die Einwohner zeigen ek noch mit Stolz den Fremden, und unter den Hidalgos, deren Güter von der Guadiana bewässert werden rüh men sich viele der Verwandschaft mit dem Eroberer von Mexiko. Einer der reichsten von diesen, Namens Hernando Hernandez de San Pedro y Bachamonde y Penna Fulgida, war ei ner jener alten Spanier, wie nur wenige mehr in jetziger Zeit angetroffen werden. - Obgleich er die ganze Welt durchzogen Halle, so bewahrte er doch alle Züge des Nationalcharakters in ihrerßeinheit. De gen und Mantel begleiteten ihn überall wie sein Schatten. Er hatte sein Glück in Amerika gesucht und war dann, als die Provinzen von Neuspanien sich von dem Mutterlande getrennt hatten, nach Estre madura zurückgekehrt, und brachte Geld und eine junge, edle, schöne und leiden schaftliche Gefährtin mit. Donna Engracia Loyabanes war un ter der glühenden Sonne der Tropenlän der geboren, und vereinte mit der schein baren Ruhe der Creolen den ganzen Un gestüm ihrer Wünsche. Sie hegte einen tiefen Respekt vor dem langen Schnurr barte des Don Hernando Hernandez, al lein sie liebte ihn nicht, wenn sie gleich sehr das Bedürfniß fühlte zu lieben. Ih re Wahl blieb nicht lange zweifelhaft. Sie hatte in der Kirche einen Franzosen erblickt; ihre Angen waren sich begegnet, und indem sie die Wachsamkeit ihres Gat ten zu täuschen wußte, gelang es ihr, den Geliebten in ihr Haus eiuzuführen. Dies Beginnen war gefährlich: allein wer wollte Klugheit von Liebenden erwarten? Das hieße, nach dem spanischenSprichwort Birnen von einer Ulme fordern, oder ei ne Katze mit drei Pfoten suchen. Der junge Franzose war übrigens so unbeson nen, wie die meisten seiner Nation. Don Hernando Hernandez wußte bald daß er betrogen war, allein es war ihm unmöglich, die Schuldigen zu ertappen, und er mußte daher dem Zufall den Be weis seiner Schmach, sowie die Gelegen heit sich zu rächen, überlassen. In einer Rächt, als Donna Engracia dem Geliebten ihres Herzens den Eintritt gestatte hatte, traf es sich, daß dieser in einem Ausbruch der Zärtlichkeit die Na men verwechselte und ausrief: „Wie schön bist du, meine Judith!" Ha! rief diese, wie aus einem ängstlichen Traume erwachend, du kennst also eine Judith ? .. du liebst sie, treuloser Verräther! Um sonst versuchte es ihr Geliebter, sich zu rechtfertigen; sie hörte ihn nicht an und erhitzte sich bei seiner Vertheidigung im mer mehr, bis sie zur heftigen Wuth ge langt war und ihre Stimme durch das ganze Haus erschallen ließ, obgleich der Herr Gemahl im Nebenzimmer schlief. Don Hernando Hernandez erwachte und schlug an die Thür und befahl zu öffnen. Es bedurfte nichts mehr als die se Stimme, um Donna Engracia zur Be sinnung zurückzubringen. Wo sollte sie ihren Liebhaber verbergen? Zur Flucht wollte sich kein Ausweg zeigen. Nur ein Teppich lag in einem Winkel des Zimmers; man hatte ihn zusammen gerollt, damit die Funken des Brasero keinen Schaden brächten. Dies war der einzige Ausweg. In einigen Secunden war der junge Mensch hineingewickelt, und während ihr Gatte mit dem Degen gefäße an die Thür schlug, rief Donna Engracia mit dem Ausdruck des Schrek kens in einem fort: Zu Hülfe! zu Hül fe! ' Unterdeß war die Thür den Anstren gungen Don Hernando'S gewichen. —Senor, sprach die junge Frau, ich bin von Dieben aufgeweckt worden, wel che durch das Gitter am Fenster einbre chen wollten. Es ist nicht sicher in die sem Hause; rufen Sie Ihre Leute, durch suchen Sie den Garten und die Umge gend, Sie werden die Uebelthäter gewiß finden. Hernandez that, als ob er ihr glaubte, und sprach: Seid Ihr auch gewiß, daß sie nicht wirklich in'S Zimmer eingedrun- Laufende Rummer 12. gen sind? Könnten sie sich nicht irgend wo verborgen haben? Nein, nein ! erwiederte die junge Frau, es ist Niemand hier als Ihr und ich. Und wo sollten sie sich wohl in diesem Zimmer versteckt halten ? Ihr habt recht Senora, sprach der Mann, indem er den Fuß auf den zusammengerollten Teppich setzte. Seine wilden Blicke verriethen, was er zu verbergen suchte. Ihr habt recht man könnte sich hier nicht verstecken. Jedoch als Godi in Aranjuez von dem Volke verfolgt wurde und sich auf den Boden des Hauses flüch tete, verbarg er sich in eine Art von Tep pich, wie dieser hier, und entkam so wäh reN zwei Tagen den Nachstellungen sei« ner Feinde. Ja, wenn ich nur da gewe sen wäre! Und was hättet Ihr gethan ? Jch hätte Alles mit der Spitze meines Degens untersucht. Allein hier ist daS nicht nothwendig; nicht wahr, Senora? Und indem er das sagte, stieß er einige Male mit dem Degen in den Teppich. Sogleich hörte man ein schmerzhaftes Wimmern ; allein Hernando that als ver nähme er es nicht, und sprach ironisch : „Jetzt will ich den Spitzbuben aufsuchen." Kaum war er aus dem Zimmer, als die Frau die Thüre hinter sich schloß. Sie rollte den Teppich auseinander und fand den jungen Franzosen mit drei De genstichen in der Brust, und ein Blut strom stürzte aus dem Munde. Verge bens wollte sie, neben ihm knieend, dem Blute Einhalt thun, es rann in einem fort; der Sterbende wollte sprechen, al lein er konnte nur einige Worte hervor bringen : „Ihr hattet Unrecht. . „Ju dith" ist der Name meiner Schwester . . ich sterbe —aber ich liebe Euch . ." Noch einmal hob er die Augen nach ihr, und schloß sie dann auf immer. Einige Stun den blieb sie bei dem Leichnam ; als dieser aber ganz kalt war, so begriff sie wohl, daß jede Hülfe überflüssig sei, und faßte einen raschen Entschluß. Da sie nun ih ren Geliebten nicht mehr zu retten ver mochte, so wollte sie wenigstens ihn rä chen. Nachdem sie den Todten wieder in den Teppich gehüllt, ihre Haare geordnet und eine ruhigere Miene angenommen hatte, klopfte sie an die Thür ihres Gatten. „Kommt heraus," sprach sie, „mir scheint, daß ihr einen Christen getödtet habt. Mein Zimmer ist mitßlut überschwemmt." Ist er todt Sennora? desto besser! so laßt mich schlafen. Man wird Euch als den Thäter ver-> folgen. Ich habe nur den Liebhaber meiner Frau getödtet, und habe das Recht dazu. Lasset mich schlafen. Ich protestire gegen solche Verläum dung; ich habe keinen Liebhaber; wenn ich einen hätte, so würdet Ihr auch mich tödten müssen. Kennt Ihr so schlecht die Gesetze? Uebrigens, fuhr die Frau fort, waö liegt Euch daran, daß man einen Todten in eurem Hause finde und die Gerechtig keit sich in unsere Sache mische ? der Kör per muß fort. Er ist mir zu schwer, erwiederte Don Hernando. Ich will Euch helfen. Und sie banden hierauf den Teppich mit Stricken zusammen und trugen ihn noch während der Nacht zum Ufer der Guadiana, die an ihrem Garten vorbei floß. Nachdem sie noch Steine, um ihn zu beschweren, hinzugefügt hatten, ver senkten sie ihn in den Strom, wo er am tiefsten war. Von diesem Augenblick an bemühte sich Donna Engracia, ihren Gatten das Vorgefallene vergessen zu machen. Man weiß, wie groß die Macht der Schönen ist. Eine Frau besitzt unendliche Hülfs mittel, wenn es zu betrügen oder zu ver führen gilt. Kaum waren daher einige Monate verflossen, als Don Hernando