Der Liberale Beobachter, Und Berks, Montgomery und Schnylkill Cannties allgemeiner Anzeiger. eadi n g, Wenn. Gedruckt und herausgegeben von?lrnold Puwe U e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Chesnnt« Straße. Jahrg. 12. ganze Nnm. Die Sturmnacht. An einem schönen Septembertage des Jahres l K ls> war ich in den Marschen der Friesen, die an der Westküste des Herzogthums Schleswig von Husum bis Tondern nördlich fortziehen. —Marschen nennt man die fetten, fruchtbaren Tief länder, welche von allen Seiten gegen die Meereswogen durch hohe Deiche geschützt werden und zwischen diesen mit reichen, herrlichen Saaten und leuchtenden Wiesen, wie zwischen ungeheuren Festungswänden ruhen. Ein unheimliches Gefühl schleicht den Reisenden, wenn er auf den Kronen dieser hohen Deiche steht, wo zu seiner Linken der Schaum der brandenden Wellen zu ihm heraufspritzt, während er weit über ein sturmgepeitschteö tobendes Meer blickt, und dann zu seiner Rechten die grüne gesegnete Ebene liegt, wo blan ke Rinderschaaren sich im Grase strecken, wo der goldneWeizen in unabsehbaren Fe ldern wogt und die Schafe und Pferde um die Hügel weiden, aufdcnen die Menschen in Glück und Wohlstand, zwischen Blu men und Gebüschen ihre friedlichen Häu ser gebaut haben. Auf der einen Seite segelnde Schiffe, die über schwarze, schlam mige Wasser fahren ; in der salzigen Tie fe Fische, Seehunde und häßliche Rochen, wildschreiende Mövenschwärme darüber; uuf der andern Seite das sonnige Grün, das Menschenleben, der Schrei der Freu de und der Lust. Wenn einer dieser Dei che bräche, wenn es der Sturmstuth ge länge ihn zu durchwühlen oder mit unge heuren Wogen über seine Höhen wegzu stürzen, würde in wenigen Minuten der Segen sich in Fluch, das Leben sich in grausamen Tod umwandeln, die Marsch ein Meer sein, auf dem die Leichen der Menschen und Thiere und die zerstörten Trümmer ihres Glückes wild durcheinan der trieben. Aber wie oft ist dies nicht schon gesche hen ! Wie oft gingen viele tausend Men schen 'Abends froh zu Bette, um nie wie der aufzustehen. Denn dies Meer, wel ches jetzt seine Wellen leise grollend über die strohgestickten Deichbcttungen wälzt, steigt bei Sturmfluthen dreißig bis vier zig Fuß hoch davor empor. Auf hundert Meilen brüllt dann der Wasserberg und schlägt und wäscht mit fürchterlicher Kraft an diese Bollwerke. In früherer Zeit, als sie noch nicht so stark waren wie jetzt, übergoß er sie oft in Zeit weniger Minu ten und wenn der Morgen kam war alles Leben vernichtet. Jetzt geschieht das sel tener ; doch wenn Du in die Marsch hin unterblickst, die von zahllosen Gräben durchschnitten ist, in welchen sich dieWäf ser sammeln und über welche nur die Be wohner der Marsch mit Hülfe feines lan gen Springstockes zu fetzen vermag,wenn Du die Schleusen und künstlichen Werke betrachtest, welche die eindringenden Flu then wieder hinausschaffen, wenn Du siehst, wie naß und weich der Boden ist, und wie die Häuser, welche vereinzelt ü ber die Marsch zerstreut sind, jedes auf einem künstlichen Hügel erbaut, der die Warft genannt wird, umbuschte Inseln aus einem Meere von Gras und Schilf hervorragend, so meinst Du gewiß, es könne der Mensch hier noch jetzt wohl kei ne Nacht ruhig schlafen, ohne fürchten zu müssen, vom Donner der Fluth die an seine Schwelle schlägt, geweckt zu werden. Aber die Bauern in der Marsch sind ein kühnes Geschlecht und so stolz auf ihr reiches Land, daß sie Bewohner der Höh en, der Geest, wie diese genannt werden, mit einer gewissen Geringschätzung be trachten, so daß ein alter Bauer einst zu seinem reiselustigen Sohne sagte: Mein Sohn, dies ist die Marsch, die ganze ü brige Welt ist nur Geest, was willst Du Narr also in s wüste Land hinausgehen? und wie jener Bauer so denken die meisten—lhre Häuser, sind geräumig und von Backsteinen gebaut, zeigen eben sowohl von lhrer Wohlhabenheit, wie von dem Reinlichkeitssinn, welcher Friesen- Sachsen, gleich den Holländern auszeich- net. Die Wände des Zimmers sind glän- j zend weiß, die Decken von Holz mit blau er oder rother Oelfarbe bestrichen, die Fenster mit großen Glasscheiben lassen Helles Licht herein. Alles athmet Sau berkeit und Sorgfalt. Die Tische und Dielen sind so blank gescheuert, die Stüh le mit Kissen und Seegras belegt, Kup- ferstiche in Rahmen hängen an den Wänden, eine Gehäuseuhr, die von Groß vater auf Sohn und Enkel erbte, hat zwischen den Schildereien ihren Platz und im Pesel dem großen Raume, der zur Sommerzeit das Wohn- und Gastzimmer bildet, stehen die mächtigen mit Messing beschlagenen Kisten, welche den Leinen- und Bettenschatz enthalten, oder schöne alte Schränke, mit Holzschnitzwerk bedeckt die Zeugniß geben, daß in früherer Zeit schon die Holzschnittkunst hier wohlbe kannt und geachtet war. So sind die Häuser in der Marsch auf den Warften meist behagliche Gebäude mit langen Fen sterreihen, und man merkt es ihnen nicht an, daß mitten in ihrem Mauerwerk dicke Pfähle tief in der Warft eingerammt sind. Diese Pfähle tragen das Dach des Gebäudes, und sind dazu bestimmtt, daß wenn Sturmfluthen einbrechen und den Steinbau wegschlagen, der ihrer Wuth nicht zu widerstehen vermag, doch die Holzbalken in der Warft wohl stehen blei ben mögen, auch das Dach mit ihnen, auf welches sich die Bewohner retten kön nen, und diese Einrichtung hat schon viel Menschen das Leben erhalten. Aber an Nichts merkt man so sehr, daß man bei einem Volksstamme verweilt, der auf dem Meere heimisch, an dessen Küsten oder Inseln seßhaft ist und eher Schiffe besaß als Häuser, als an den Lagerstätten, denn diese sind noch ganz so eingerichtet wie man sie auf Schiffen findet. In Holz verschlägen an der Wand sind sie ange bracht und werden mit Schiebern zuge schoben so daß man bei Tage nichts da von gewahr wird; wenn der Sturm braus t und das Gebäude ächzt und knarrt, träumeil sie von dem wilden wogenden Element, das ihrer Väter Wiege und er ste Heimath war. Nachmittags saßen wir im Sonnen schein vor dem Hause Jansen's des Lan deshauptmanns, eines wohlhabenden Hof besitzers, denn kein adlicher Herr wohnt hier, kein Vornehmer. Seit uralter Zelt haben hier nur freie und gleiche Leute gelebt, und so tief eingeimpft war von je an die Freiheitöliebe bei den Friesen, daß ihr Wahlspruch hieß: Lieber todt als Sklave! und ihr größter Stolz war es, daß kein Knecht in ihrem Volke geduldet wurde. Der Garten des Hauptmanns zog am AbHange der Warfte hin, wo zwi schen Taxushecken die schönen dunkelro then Levkoyen der Marsch und große farbige Nelken blühten. Vor unS lag die grüne reiche Ebene, der Seewind rauschte über die Deiche durch die kahlge fegten Kronen der Linden und auf dem Tisch brodelte der Theekessel. Dazu stan den aus blauem Porzellangeschirr die Tas sen daneben, und Teller, gefüllt mit fri scher Butter, Waizenbrod weiß wie Son nenlicht, und mit Zuckergebackenem, wie es die friesischen Hausfrauen lecker zu be reiten verstehen. Thee und Kaffee wird vom Morgen bis zum Abend in den Marschen getrun ken, denn das Wasser ist sumpfig und krankmachend, aber abgekocht und zum Thee verwendet, gibt es diesem einen ganz besondern Wohlgeschmack. So sa ßen wir denn, munter sprechend und trin kend ; die freundliche Wirthin hörte nicht auf zu nöthigen ; Peter Jansen aber er zählte vielerlei von dem Leben in der Marsch, von den Winterstürmen, die mit fürchterlicher Gewalt toben, von der Re genzeit im Herbst und Frühjahr, wo die Marsch sich im Schlamm und Wasser auf löst und die Menschen auf ihren Warf ten oft Wochenlang abgeschnitten von der übrigen Welt in den Häusern sitzen, weil die Wege grundlos und nicht betreten sind. "IVillig zu loben und obne Furcilt zu tadeln." Dienstag de« I Oetober, Nur auf den Deichkronen kann man fort kommen, aber es kostet Mühe dahin zu gelangen, und Niemand mag es wagen, in Sturm und Nacht hier zu wandeln, denn mancher Waghalö hat es schon be reut und ist nie wiedergekehrt. Vielleicht that er einen Fehltritt, glitt aus und stürzte in die hohe Fluth, welche unter ihm an den Deichen brandete, vielleicht wehte ihn der Orkan hinunter, oder derNe< bel in dessen stickender Dichtigkeit man zu weilen keine Hand vor den Augen erken nen kann, leitete ihn irre, wenn er etwa mit schwerem Kopf aus dem Wirthshau fe in der Stadt heimkehren wollte. Nach der Sage aber gehen auf diesen Deichen allnächtlich zahllose Gespenster und Ko bolde um, die Sterblichen heimtückisch fas sen und in die brüllende See stoßen. Da reitet ein böser Voigt auf schwarzem Roß, dem das Feuer auS den Nüstern sprüht, und wem er begegnet, der muß hinunter in den Abgrund; da springen seltsame Wesen plötzlich dem Wanderer in den Nacken und er kann sie nicht ab schütteln. Sie decken mit ihren kalten Händen seine Augen zu; er hört ihr schreckliches Gelächter und in wahnsinni ger Angst und Blindheit stürzt er in die Tiefe; oder der Dränger fällt den nächt lichen Pilger an und faßt ihn mit seinen entsetzlichen Armen. Man sieht ihn nicht und noch viel weniger hört man ihn, aber man fühlt sich mit eisernen Ketten umschlungen. Der Dränger will sein Opfer in die hungrig wartendeFluth hin ab schleudern, dies.wehrt und sträubt sich dagegen und geht es an ein Balgen auf Leben und Tod, bis alle Kraft erschöpft ist und der Dränger es ersäuft, oder das gräßliche Wesen mit dem ersten Morgen strahle ablassen und entfliehen muß. Mancher hat so gerungen die ganze Nacht über und ist in Schweiß gebadet endlich mit dem Leben davon gekommen, viele Andere verschwanden auf ewig ; wer aber die Deiche sieht und das Meer davor, das mit der tiefen Ebbe sechs Stunden weit sich zurück zieht und einen grausigen schwarzen Schlammgrund hinterläßt, in den man schaudernd hinaus blickt, bis end lich die Fluth wiederkehrt mit ihrem don nernden Wasscrschall, der wird es dem Volksglauben verzeihen, daß er seine Ge spenster in die wilden Einöden des Vor landes und der Watten bannte, wo sie wimmernd und Erlösung suchend umher irren. Die aufgeklärten Leute glauben frei lich längst nicht mehr daran, so versicher ten uns die Marschleute; der Landes hauptmann aber sagte zuletzt lachend: wenn es auch nicht wahr ist, was das Volk sich erzählt, so glaubt doch, Ihr Herren, es gibt bei uns so viel Noth und Gefahr, angstvolle Nächte und traurige Tage, wie es Leute, welche im sichern Lande wohnen, kaum denken mögen!— Wenn wir Nachts aufwachen in unfern Betten und hören den Sturm heulen, wenn jede Fuge bebt und das Dach knarrt über unsern Köpfen, horchen wir äugstlich auf den Donner der See, den ken an unsere Deiche und falten mit ban gen Sorgen betend unsere Hände. Aber Sie haben seit dem Jahre 1825 keinen Deichbruch gehabt, erwiederte ich. Ist richtig, fuhr er fort, doch er kann in jeder Nacht kommen wo der Nordwest wind die Springfluth gegen unsere kost baren Bollwerke treibt. Wir bauen und bessern daran schon seit Jahrhunderten, allein mit dieser wilden See wird unser Kampf niemals aufhören, denn wer kann sie unthätig machen? Unten am Tisch saß ein alter Mann, ein Schullehrer, wie sie in den Marschen um herziehen von Hof zu Hof, und dort eine Zeit lang einsprechen, und die Kinder un terrichten, biß sie weiter wandern. Der alte Mann mit dünnem weißem Haar und langem faltigen Gesicht, saß unbeweglich fest, ohne an unserm Gespräch Theil zu nehmen. Er trank seinen Thee und hielt die Thonpfeife mit der bunten Posenspit- ze weit ausgestreckt im Munde. Fest stieß er den Rauch in drei dichten Wolken von sich und sagte mit feierlicher Lang samkeit : Keine sündige Berufung Peter Jansen, mach es nicht schlimmer als es ist ; dankt unserm Herrgott im Himmel für die festen, hohen Deiche. Haben nun zwanzig Jahre gehalten, die Deiche, ist mancher Sturm und manche Fluth gegen sie angefahren und konnte nichts ausrich ten mit ihrem Wüthen. Sind zu gut gebaut und zu hoch, werden sorgsam un terhalten und bewacht, werden auch immer stärker gemacht, und fester; muß ein Er tigniß kommen wie es der allmächtige Gott selten in seinem Zorne über die sündige Menschheit zuläßt, ehe es hier zum Aergsten geht. Aber denkt an die Halligen, Peter Jansen, an die armen Leute da draußen, die mitten in der brül lenden See ohne Schutz und Schirm sit zen. Denke wohl daran, erwiederte der Lan deshauptmann. War eine schreckliche Nacht und ihr wäret mitten darin, habt das ganze Elend mit erlebt. Wie war es mit den Halligen? fragte ich begierig. Erzählen sie uns wie es herging, rie fen meine Begleiter. Der alte Mann schien es nicht ungern zu thun. —Sie wissen doch, sagte er, daß wir die kleinen Eilande mitten im Meere vor unserer Küste Halligen nennen ? Sie sind die Reste größerer Landstücke, welche die See nach und nach weggeschlagen und auf ewig versenkt hat; sie wird auch die se Ueberbleibsel sich abholen, denn jähr lich reißt sie Stücke davon los. Jetzt siud noch sechzehn solcher kleinen Eilande übrig, wo Menschen wohnen, meist aber nur eine Familie oder zwei und drei, die ihre Wohnungen und Warften erbaut ha ben und nichts besitzen, als eine Anzahl Schaafe, welche von dem dürftigen Gras wuchs leben. Deiche sind nirgends vor handen, denn die Kosten sind zu groß, man kann sie nicht erhalten. Das Meer steigt bei jeder höheren Fluth über die Hallig hin bis an die Warften hinauf. Trinkwasser gibt eS da nicht, es wird in Gruben auf der Warft gefangen und vom Lande herübergeführt, wenn der Hallig bewohner dann und wann in seinem 800 te zu uns herüber schwimmt, um zu kau fen, was er nöthig hat. Es ist ein elen des, kummervolles Leben, Herr, auf die sen kleinen Inseln, der Tod steht immer vor ihren Thüren, und doch hängen die Menschen mit unendlicher Liebe an dem Fleck der Erde und können nicht von ihm lassen, er ist ihre Wiege und ihr Grab. Da werden die kühnsten Seefahrer auf Erden geboren, die besten Kapitäne kom men von dort. In früheren Zeiten nah men die Holländer keine andere und noch jetzt führen viele die schönsten Schiffe durch das Weltmeer, werden wohlhabend und reich, aber immer wieder kehren sie auf ihre Hallig zurück, wäre es auch nur um da zu sterben. Bei jeder hohen Fluth gehen die Wo gen über die Hallig hin; wenn aber die Sturmfluthen kommen, dringen sie über die zwanzig Fuß hohen Warften in die Häuser, ja wohl bis über die Dächer hin aus, die mit allen Bewohnern dann weg gespült und vernichtet werden. Die Noth solcher Nächte zu beschrei ben, vermag keine menschliche Zunge, fuhr der aite Mann mit leisem Kopsschüt teln fort. Fliehen kann keiner, wohin soll er? Rund umher schäumt und bran det das fürchterliche Meer. Drinnen muß der Mensch bleiben in der engen Wohnung, denn draußen wird er wegge weht. Er kann nichts hören vor dem Heulen und Sausen des Windes, dem Knarren des Hauses und dem Brausen der See, die an seiner Schwelle tobt. Mitten im wilden Aufruhr der Elemente muß er geduldig warten bis die Mauern brechen, die Pfähle umstürzen, welche sein Dach tragen, und sein angstvolles Dasein ihm genommen wird. Wenn Nordwest. Laufende Nummer S. stürm die Springfluth in die Buchten der Frieseninseln treibt, dann schwillt die See wohl -tO Fuß über ihren gewöhnlichen Stand. Alle offenen Ebenen der Frie senlande sind dann unter Wasser; klagend klammert sich der Möve an den Rändern der öden Dünen fest, und selbst die wilde sten Bogel der Nordsee, vor ihrer eige nen Heimath bange, suchen ein Obdach bei den Menschen. Dann zittert das Haus auf der Warft, die Betten bewegen sich, der Grund dröhnt dumpf unter dem Wogenschlag und scheint zu wanken und der arme Halligbewohner blickt bang in das Krachen und Brausen der Nacht hin aus. Betend faltet er mit Weib und Kind die Hände, daß Gott sich erbarme, der einzig ihn erretten kann, betend birgt er seine beste Habe auf dem Boden und flieht dort hinauf, wenn die Wasser durch Wände und Fugen quillen. Wer die Demuth vor Gott nie gefühlt hat, muß solche Nächte erleben. Da würde ein König seine Krone verschenken, und der der Reichste seinen Reichthum und der Stolzeste seine Ordensbänder und Sterne um Erlösung aus solcher Todesnoth. Und sie erlebten eine solche entsetzliche Todesnacht? fragte ich erregt. Ich habe sie erlebt und kann sie nie ver gessen, sagte der Greis. Es war die schreckliche Nacht zum 4. Februar 1825. Seit einigen Wochen war ich damals auf Südo im Hause eines Freundes, und hät te die Halligen gerne verlassen, aber an haltend tobten die Nordweststürme, über deckten die Insel alltäglich mit schäumen den Wogen und führten sie an der Warft empor, zuweilen bis an die Hausschwellen und Thüren, wo sie donnernd anpochten. Kein Boot konnte sich halten, Ebbe und Fluth kamen und gingen ganz außer Ord nung und Regel; doch was den Fremden ängstigt, macht meist den Halligmännern wenig Sorge. Abendö saßen wir guten Muthes um den Tisch, auf welchem der Theekessel dampfte, rauchten und tranken, während die Spinnräder der Weiber schnurrten, erzählten Geschichten von Sturmfluthen und lachten, wenn wir hör ten, wenn zuweilen fremde Schiffe bei Nacht und hohem Meere über die Halli gen hinweggcfahren, wo die Mannschaft an Zauberei glaubte, wenn sie plötzlich dicht neben sich eine hcllcrlcuchtete Stube schaute, das aus dem Grunde der See her aus gehoben auf den Wellen zu schwim men schien. Dann und wann nur wur de das Geplauder unterbrochen, wenn draußen das Brausen und Geheul stärker ward, oder eine mächtige Woge wild über den Warf schlug und an der Mauer des Hauses mit schmetterndem Schlag zer stäubte. Dann sah wohl einer den an dern an und der Faden siel aus der Hand der Mädchen, aber im nächsten Augen blick war der Schreck vorüber. Das Haus war neu und stark, seine Pfosten tief gesenkt und die Warft frei und fest. Am Abend des dritten Februar saßen wir nun auch so beisammen und waren froher gestimmt als je. Denn obwohl es draußen stark wehte und dann und wann in furchtbaren Stößen stürmte, war der Himmel doch hell und klar die Sterne schienen mit silbernem Gefunkel herunter und strahlend goß der volle Mond sein Licht über das unermeßliche Meer aus. Wir sahen davon nichts, denn die Lä den waren dicht vor die Fenster gelegt, aber wir wußten es und hatten die frohe Hoffnung eines Wetterwechsels, der unse re Gefahren beenden mußte. Plötzlich kam ein Weinen aus der Kammer, wo die Kinder schliefen; ein kleines siebenjähri ges Mädchen lief schreiend aus dem Schlaf zu ihrer Mutter und faßte mit beiden Händen das Knie der Frau. Mutter, liebste Mutter rief es jammernd, wir müssen Alle sterben in dieser Nacht, es ist vorbei mit uns, es ist Alles vorbei ! Die Mutter gab dem Kinde einen Schlag auf die Finger und sagte halb lachend, halb erzürnt; Geh schlafen und träume nicht du schnackige Dirne, es