Neading, Mnn. Gedruckt und herausgegeben von Aru o l d Puwe l! e, iu der Sud 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut - Straße. Jahrg. Z I, ganze Nnm. S«?». OedittHUttgen : Der Niber.llr I!colmclilrr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial - Bogen mit scbonen Vettern gedruckt. Der - Preis ist Ein Thaler des lahrS, welcher in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nilbt bezahlt, dem werden Hl 5,t» angerechnet. Für kürzere Zeit als l', Monate wird kein Unterschreibe? angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie einen Monat vor ?lblaus des Eubseriptions-Terinins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein» gerückt, llntcrschreibern in hiesiger Etadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen gestehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. Briese und dergl. müssen postfrei eingesandt werden. Die (Hründttng vvn Peking. Eine Erzählung von Friedrich Münch. sGchlnß.Z Und ohne Nutzanwendung für uns ist auch nicht die Geschichte vom Thurmbau in Babel erzählt. Wahrscheinlich eS Män ner gewesen, deren Sprache Gott der Herr verwirrte, —und er that recht! daran; denn die hätten bei der Arbeit daS Maul halten können. Also daran ist unser Fall schon verschieden, daß es dort Männer waren, bei unö aber ist'S eine weibliche Sprachverwirrung, die wir in unserem Peking vorfinden. Nun ist ferner wohl zu scheiden, daß in dem alten Neste Babel AlleS mit Einverstand an-j fing und mit Zerwürfnis! und Zerstreu-! ung endete. So ist denn mit Recht zu folgern, daß, da bei unS umgekehrt mit" Verwirrung angefangen wird, Alles in Einverständniß und Frieden schließen, und es unsern Frauen, hieher geweht gleich' sam aus allen Ecken der Windrose, gelin gen werde, den Bau und Thurm der Einigkeit und des Friedens schließlich zu er richten. Seid nur getrost ihr Brüder, unsere Schönen werden besseren Gebrauch von ihren Zungen zu machen wissen, alö die thörrichten Schwätzer von Babylon. Sie werden für Peking eine Sprache er finden, worüber die gelehrte Welt er stau nen soll, indem sie es redlich vertheilen, was Jede von dem Ihrigen dazn steuern möge,—und wer kann es absagen, daß diese Mundart nicht später durch einen Wölkercongreß zur Weltsprache erhoben und so unser Peking die größte Sprach lehranstalt der ganzen Welt werde? O Leibnitz, ich sehe deine große Idee der Verwirklichung nahe! Der Schmelz, der Guß wird in Peking gemacht werden, da mit die Sprachverwirrung der Mensch heit ende. Jede schlugerechte Predigt hat drei Theile; darum muß ich Euch noch ein Drittes zum Besten geben. Da ist nämlich die rührende Geschichte der drei Männer im Feuerofen, und auch sie steht nicht umsonst für uns an ihrem Platze. Kamen die Männer nicht mit heiler Haut auS der Gluti) ? Und warum ? Weil der Engel neben ihnen stand, der ihnen Kühl ung zuwehte. (Es wird vermuthlich ein weiblicher Engel gewesen sein.) Es wird uns wohl auch manchmal heiß hier wer den ; doch die da draußen sind, sehen das Feuer für schlimmer an, als die mitten darin stehen. — Ich halte mir nämlich auS, daß unsere Friedensengel, welcher Zone sie auch ent sprossen sind, uns tröstend zur Seite ste hen und Kühlung wehen auf die bren nende Stirne. Und es würde unsere eigene Schuld sein, wenn sie es nicht thä ten. Denn da steht auch geschrieben von einem weisen Manne: „ „Ein tugendsam Weib ist eine edle Gabe die dem wird ge geben, der Gott fürchtet," " und eS ist nicht gesagt, daß sie polnisch, oder hollän disch, oder hochdeutsch, oder cherokeesisch sein müsse, oder was sonst, —und dabei hatte es sein Bewenden. —Es lebe Pe king ! ! ! Die Schreckensreife. Ane den Mittheilungen einee Dorfpsirrrere. Von Ludwig Storch. Ihr sollt die Pfarre haben, mein lieber Herr Fidelius, sagte der gnädige Herr sehr herablassend und gütig zu mir, nachdem derselbe meine unterthänige Supplikation anzuhören geruht hatte. Ihr sollt die erledigte Stelle bekommen; doch es ist jeher in unserer altadlichen und berühm ten Familie Sitte und Gebrauch gewesen, daß die Herren Candidaten und Hofmei ster unseres Hauses, sobald wir dieselben, kraft unseres Patronatrechtes, versorgten, irgend eine weibliche Person aus unserer Dienerschaft als Ehegenossin in die Pfar re führten. Denn wir lieben, Allen, die uns treu gedient, mit gutem Lohn zu ver gelten und die Leute für ihr ganzes Le ben so zu betten, daß sie uns Dank wissen. Die Bauernsöhne, welche sich durch stu- Der Liberale Beobachter Und Berks, Montgomery und Schuylkill Camtties allgemeiner Anzeiger. diren zur Gelehrsamkeit eines Schulmei sters hinauf gearbeitet haben, werden nie in unsern Dörfern angestellt, sie erkiesen sich denn die noch ledige Tochter des ver storbenen Schulmeisters, des Pfarrers, Försters, ein hübsches Dienstmädchen aus unserm Schloß, oder sonst ein Kind, an dessen guter Versorgung uns gelegen ist. So halten wir's ebenfalls mit unsern Förstern, Schloßverwaltern Aufsehern, Kammerdienern, Kutschern, und natür lich ebenso mit den Herrn Eandidaten, welche wir zu unsern Pastoren zu promo viren gedenken- Ihr habt unserm Hau se nun treue Dienste geleistet, mein wer ther Herr Fidelius, Ihr sollt die Pfarre haben, wie schon gesagt; doch müßt ihr Euch baldigst nach einer Ehehälfte in dem Kreise umsehen, den ich bezeichnet habe. Da ich Euch nun kenne und wohl weiß, Ihr habt Euch auf diesem Feld des menschlichen Lebens, auf welchem ihr bei solchem Veranlaß wandeln sollt, trotz Eu res vorgeschrittenen männlichen Alters noch keine Erfahrungen gesammelt, so will ich es gern übernehmen, für Euch zu wählen. Unter allen heirathsfähigen Mädchen in unserm Kreise ist Lorchen, daS Kammermädchen meiner gnädigen Frau Mutter, für Erich am passendsten. Sie ist jung, hübsch, rasch, versteht die Wirthschaft zu führen, und wird Eure Melancholie mit ihren Scherzen trefflich verbannen. Der gnädige Herr geruhte hier seiner inhaltschweren Rede ein Ziel zu sehen; ich fühlte an der brennenden Hitze in meinem Gesichte, daß mir daö Blut wäh rend des letzten Theils derselben stark zu Kopfe gestiegen war, und machte ver-' wirrt einen tiefen Bückling. Obgleich ich eigentlich nicht wußte waS ich darauf erwiedern sollte, so war eS doch meine Schuldigkeit zu antworten, und auf's Gerathewohl sing ich an : Dero aller gnädigste Huld und Fürsorge ergreift mich so mächtig, doß ich nicht Worte fin den kann, meinen unterthänigsten Dank auszusprechen. Ich seufzte tief auf, als ich meine Worte, obgleich mit öfterem Häsiren uud argen? stottern, doch so zier lich hervorgebracht hatte. Schon gut, schon gut, mein lieber Herr Kandidat, sagte der gnädige Herr über die Maßen freundlich, erspart Euch den Dank; es ist mir genug, daß ihr so vernünftig meine gute Absicht erkennt, und auf meinen Vorschlag eingeht. Wir wollen darum die Sache gleich in Rich tigkeit bringen. —Er schellte. Jungfer Lorchcn soll sogleich kommen! rief er den» eintretenden Diener zu, und ich begann, ohne daß ich es wollte, noch verhindern konnte, am ganzen Leibe wie ein Espen laub zu zittern, im Gesichte war ich aber eiskalt und also gewiß todtenblaß gewor den. Der gnädige Herr mußte es mir wohl ansehen, denn er sagte mit einer beruhig enden Stimme: laßt Euch'S nicht angst sein, ehrlicher Fidelius: es ist kein Hals brechend Stück Arbeit, sich eine Frau an-, zuschaffen, und übrigens will ich ja für Euch das Wort führen. Drum nur ge trost. Es ist bald abgemacht. Dieser huldreichen Worte ungeachtet, und auch aller Beruhigungsgründe, wel che ich aus der Philosophie, so ich fleißig studirte, beizuziehen mich bestrebte, unge achtet, fuhr ich wie ein Schulknabe zu sammen, wenn ihn der Prezeptor auf ei ner Sünde ertappt, als Lorchen, flink und munter wie eine Bachstelze in'S Zimmer hüpfte. Ich verbeugte mich, so tief eS meine kurzen, unter den Knien festgebun denen Beinkleider nur erlaubten; konnte aber der langen Zeit halber, welche diese Reverenz einnahm, nicht bemerken, ob Jungfer Lorchen selbigen Gruß erwieder te. Fernerhin konnte ich vor großer Scham auch kein Auge mehr aufschlagen ; denn der gnädige Herr begann allsobald ein Langes und BreiteS zu reden von meiner guten Bestallung, häuslichen Ein richtung und meinem sehnlichen Verlan- "Lpillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln." Dienstag den 27. August, gen, in den heiligen Stand der Ehe zu treten, und wie ich, aus allzugroßer Schamhaftigkeit, ihm gar sehr angelegen hätte, für mich den Freier bei ihr zu ma chen. Er schloß damit, daß er Lorchen bei der Hand nahm, ihr gar freundlich in's Antlitz blickte und sie fragte: Nun, Kind, sage uns, ob du gesonnen bist, seine sehnlichen Wünsche zu erfüllen und sein ehelich Weib zu werden ? Ich blinzelte etwas seitwärts nach Lor chen hin und sah, wie sie einen tiefen Knix machte und ihr Gesichtchen von der Sonne der Freundlichkeit überstrahlt war. Wenn Euer Gnaden befehlen und der Herr da mir gewogen ist, so wäre ich wohl nicht abgeneigt,—sagte sie lachend, und mir lief es siedend heiß zun, Rücken hinab. Nun, so reicht Euch die Hände, sagte der gnädige Herr, und Ihr mein werther Fidclins, gebt Euerer schönen Braut den VerlobungSkuß! Meine Gebeine erbebten ob dieser An muthung; dergleichen war mir noch nie, selbst nicht einmal im Schlafe beigekom men ; ich hätte mir auch nicht vorgestellt, daß es bis dahin kommen würde, und mir graußte wo das hinaus sollte. Wä re der gnädige Herr nicht zugegen gewe sen, so hätte ich mir wohl ein Herz ge faßt, denn Lorchen war wirklich ein aller liebstes, niedliches Mädchen ; wie in aller Welt sollte ich aber in Beisein meines gnädigen Herrn Patrons solches mit ge hörigem, respektmäßigem Anstände aus führen ! Wenn ich es nur vorher auf meinem Dachstübchen für mich einen Tag lang hätte probiren können, so wie ich jedesmal zu thun pflegte, ehe ich den Predigtstuhl betrat, um die Andächtige Gemeinde durch meinen Vortrag zu er bauen, oder wenn ich zur Theegesellschaft der Frau Baronin-Mutter gezogen wur de.—Eh' ich aber mit meinen Zweifeln darübrr in Ordnung kam, bemerkte ich, daß Lorchen sich meiner Hand bemächtigt hatte, und mir ihr zuckersüßes Händchen gerade unter meine Augen hielt. Nun, was wird's Fidelius ? rief der gnädige Herr, und in einer völligen Gei stesabwesenheit, bückte ich mich, allen Respekt vergessend, und—that, wie der Herr befohlen hatte. Als ich wieder zu mir selber kam, stat tete unS sofort der Herr Baron seine Glückwünsche ab, ich verbeugte mich sub missest und stammelte her, wovon ich aber selbst nichts mehr weiß. Lorchen selbst hatte mich beim Arm ge nommen, machte eine recht niedliche Ver beugung und sagte: Gnädiger Herr ich bin Zeitlebens Dero ergebenste Dienerin. Schon gut, liebes Lorchen! ich will mich schon zuweilen bei Dir zu Gaste bit ten, —rief der Herr Baron lachend, und das klang mir doch ein wenig sonderbar. Wir schritten über die Schwelle hinaus, und obgleich Lorchen mit mir zu liebäu geln begann, so konnte ich doch nicht un terlassen, mancherlei philosophische Be trachtungen über den schnellen Wechsel alles Irdischen anzustellen. Vor einer guten halben Stunde war ich als ein hoffnungsloser armer Eandidat in das Zimmer hinein gegangen, und wie reich ging ich wieder heraus! als ein wohlbe stallter Pfarrherr und Bräutigam eines runden kleinen niedlichen Mädchens. Der wichtigste Schritt meines Lebens war ge than, vor dem mir's im Geheimen stets gegraußt hatte. Der Mensch ist nicht geschaffen, daß er allein sei, hatte ich mir oft gesagt, und dein seliger braver Vater hatte deine gute ehrbare Mutter zum Weibe. Aber wie eine Frau bekommen? das war mir eine stets schwer zu lösende Frage gewesen. Inzwischen halte ich mich doch über diesen Punkt mit dem ge meinen Sprichworte getröstet: Mit dem Amte kommt auch die Frau; und sich da der Herr hatte mir wunderbar geholfen. Schnell war mit dem Amte die Frau ge worden; ich war über den gefährlichen Abgrund hingeschlüpft, ohne ihn recht zu bemerken. Hätte ich vier Wochen früher gewußt was heute hatte geschehen sollen und nun wirklich geschehen war, ich hätte ja weder Speise und Trank zu mir neh men, noch Nachtö meiner Ruhe pflegen, noch meinen Studien mit der gehörigen Attention obliegen, noch meinen Schola ren den Unterricht mit Sorgfalt ertheilen können, und am letzten Sonntag, wo ich zu aller Zuhörer Erbauung eine Sal bungsvolle Predigt hielt, hätte ich gewiß zur ewigen Schande umgeworfen, was mich vielleicht gar um die schöne Pfarrei hätte bringen können. —Nun sah ich erst ein, wie weise der Herr gehandelt hatte, diese Sache in kürzester Frist abzuthun, und wie vielen Dank ich ihm schuldig war. Was meine Braut nun selbst betraf, so war sie eine sehr heitere, ja lustige Jungfer, machte mit meinen Zöglingen, manchmal auch mit größeren Leuten, gar possirliche Sprünge, trällerte und hüpfte durch's Haus, scherzte mit dem gnädigen Herrn, wie mit ihres Gleichen und hing Allen gern was an. Das Letztere war mir zu verschiedenen Malen wiederfahren und ich ging ihr deßhalb aus dem Wege. Früher hatte mir hinsichtlich ihrer wohl beigchen können, daß sie für eine Pfarr frau doch etwas zu ausgelassen und den Freuden dieser Welt allzusehr ergeben sei, um dem weiblichen Theil der Gemeinde als ein gutes Muster vorzuleuchten ; nun aber philosophirte ich sehr vernünftig, daß mir der gnädige Herr auf der Welt keine passendere Frau hätte wählen kön nen. Mir fiel nämlich bei, daß wie mir aus der Experimentalphisik wohl bekannt, gleiche Pole sich abstoßen, ungleiche sich aber anziehen, und einige sehr geistreiche Psychologen das Verhältniß als Grund typus des gesammten WeltorganißmuS, und folglich auch der Menschen, aufgefun den und gründlich dargestellt, und es kam mir sehr wahrscheinlich vor, daß eine Frau, welche gleich mir den ganzen Tag in Büchern studire, und über die Lösuug der großen Probleme in den Wissenschaf ten grübele, die Wirthschaft zu Grunde gehen lassen und auch mich niemals aujM znheitern im Stande sein würde. Wie ganz anders war dies bei Lorchen der Fall! Mein Pfarrhaus verödete gewiß nicht, wenn sie es bewohnte, und ich habe ja die Menschen gar lieb und freute mich mit den Fröhlichen, wenn ich mich dessen auch nicht so auSthuen und mich mit ihnen ab geben kann. Ich war jetzt so recht herz innig froh, daß ich ein so schönes, wir recht vortheilhaftes und meiner Individu alität so angemessenes Loos aus dem gros sen Glückstopfe gezogen und mir das schmucke Lorchen erworben hatte. Ich dachte auch schon an unsere häusliche Ein richtung und wie ich meine Bibliothek aufstellen, und wie viele Bienenstöcke ich gleich von Anfang unter meinem Fenster placiren wolle. Alles dies und noch viel Anderes dachte ich bei mir, was ich aber nicht erzählen mag; vergaß jedoch, was ich nachher mit Schrecken inne wurde, mit meinem lieben Lorchen auch nur ein einziges Wörtchen zu sprechen. Meine künftige Hälfte zog mich, mir selbst unbewußt, auf das Zimmer der gnä digen Frau, der Gemahlin des Herrn Baron, und präsentirte uns als Braut paar, eine sehr wichtige und unerläßliche Höflichkeitsformel, die ich im Trubel mei ner Gedanken gewiß gänzlich vergessen oder über die Gebühr hinausgeschoben haben würde, hätte Lorchen nicht jetzt schon angefangen, statt meiner zu sorgen und zu handeln. Die gnädige Frau machte ein essigsaures Gesicht, als sie uns ihren kalten, kurzen Glückswunsch sagte, und schien über unsere Verbindung keine sonderliche Freude zu haben. Ich wußte nicht, woher daö kam. denn ich hatte den Respekt gegen sie nie aus den Augen ge setzt, und sie war mir sonst sehr freund lich gewesen. Von da ging'S zur gnädigen Frau Laufende Nummer ss. Mutter, Lorchens eigentlicher Gebieterin. Da war nun die Freude groß. Kaum hatte Lorchen ein paar Worte fallen las sen, aus welchen sich allenfalls unser Ver hältniß ahnen ließ, so schlug die gnädige alte Frau Baronin die Hände zusammen, trippelte mit den Füßcn und rief: Ei, Ihr lieben Leutchen, das ist ja herzig! Gratulire tausendmal! und der Johann muß uns sogleich eine Flasche Franzwein aus dem Keller holen! es wurde nun viel über Oeconomie gesprochen und die gnä dige Frau rieth mir, mich bald mit einer guten Schafzucht zu versehen, bot mir auch einige Böcke von ihrer eigenen Heerde, die ihrem Vorgeben nach den Me rinos nicht aus dem Wege gingen, für billigen Preis an, und ermahnte mein. Lorchen auch zum fleißigen Flachsbau; denn, sagte sie, Woll uud Lein halten warm und rein und putzen gar fein. Als wir uns bestens empfohlen und wieder entfernt hatten, zog mich Lorchcn in ihr trautes Zimmerchen, welches ich noch nie zuvor betreten hatte, so lange ich auch schon das hochadelige Haus be wohnte. Aber sage mir nur, begann Lorchen in einem recht ärgerlichen Tone, bist du denn stumm geworden? Ich dächte doch, einer Braut müßte man mehr zu sagen haben, als ein Paar dummen Kindern, und mit ihnen höre ich dich immer zum Ueberfluß parliren und raisonniren. Führ ich dich nicht herum wie des hochseligen gnädigen Herrn Perrückenstock auf den Boden? Durch diese Rede sowohl, als durch daS vertrauliche unerhörte Du wie mich, seit ich aus Tertia gerückt war, niemand wieder genannt, ganz bestürzt, erwiederte ich: Holdselige Jungfer Lorchen, wenn Sie nur bedenken wollten, wie mir Alles so plötzlich gekommen ist, wie ich mich aber im Herzen erfreue, daß Sie nun meine Braut Was Sie? rief Lorchen spöttisch. E ben weil wir ein Brautpaar sind, nennen wir uns Dn. In vierzehn Tagen ist ja unsere Hochzeit und Du wirst mich doch nicht als Deine Frau „Sie" nennen wol len ? In vierzehn Tagen schon? fragte ich erstaunt. Ei freilich, versetzte Lorchen; übermor gen werden wir zum erstenmale aufgebo ten, über acht Tage zun, andern und in vierzehn Tagen zum dritten und letzten Mal; selbigen Sonntag thust Du Dei ne Antrittspredigt und wir feiern Hochzeit. Nun liebste Jungfer Braut, biö dahin wollen wir unö noch Sie nennen. ES kommt mir vor, als schicke es sich nicht recht, gleich allzuvertraut mit einander umzugehen. Dabei drehte ich verlegen an irgend etwas, welches ich, um nur meinen sehr lästigen Händen etwas zu schaffen zu machen, in derAngst hinter dem blüthenweißen allerliebsten Bettchen mei ner Braut hervorgezupft hatte, neben welchem ich saß und wo dasselbe hinter dein Stuhle, dem Bettgestelle und der Wand eingeklemmt war. Wenn andere dabei sind, magst Du mich immerhin noch Sie nennen, sagte Lorchcn, sobald wir aber unter vier Au gen zusammen verweilen, dutzen wir uns. So machen's alle Liebende und so will ich'S auch gehalten haben. Unterdessen sah ich zu meinem Erstaunen, daß ich ein Taschentuch deö gnädigen Herrn durch die Finger zog, denn bei einer Wendung leuchtete mir das in einem Zipfel gestickte hochadelige Wappen mit Hochdero Na« menszug, in die Augen. Lorchen mochte mir wohl ansehen, daß ich eben nicht das klügste Gesicht machte, sie riß mir deßhalb das Tuch aus der Hand und verwies mir mein ungalantes Benehmen, so daß ich, um nur nicht zu Schanden zu werden, mich genöthigt sah, ihr ein Schmätzchen auf die Wange zu geben, welches mir auch wirklich besser abging, als in Gegen wart des gnädigen Herrn. Siehe da, als ich Lorchen in die Augen sah, vergoß sie ein paar Thränchen und