Wer Liberale Äcobaciilcr Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger. Neav i n ü, Denn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut - Straße. Jahrg. 11, ganze Nnm. 5««. Bedingungen: — Der Ailier.lle Aroll.irlrtcr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial - Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Lubscriptions - Preis ist Ein Thaler des Jahrs, welcher in halbjäl» l>tl'er Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lause des lalires niebt bezahlt, dem werden HI 5,«» angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monate wird kein llntersckreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subftriptions-Ternnns geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekaninmackungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preio ein gerückt. 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Tag und Nacht hörte man seine Klagen und die wilden Ausbrücke seiner Verzweiflung, welche aus dem schwarzen Thurme dran gen. In seinem Kerker hatte er nichts als einen runden Tisch von Stein, der in der Mitte stand ; den umlief er von Angst und Wuth getrieben ohne Aufhören und ließ den Daumnagel auf der Steinplattze hinschleifen, bis eine tiefe Rinne davon entstand. Den Stein mit dieser Rinne verwahrt man noch und zeigt ihn in Ko penhagen alö Erinnerung an den Unglück lichen Mann, der die schreckliche Geschichte seiner Leiden damit der Nachwelt überlie fert hat. In einem alten Buche steht geschrieben, daß König Christian, nachdem er mehrere Jahre vor Jammer und Pein dem Wahn sinn nahe gewesen, endlich milder und er gebener geworden sei. Seine Gattin, die ihn zärtlich liebte und alle seine Schicksa le treu mit ihm getheilt hatte, war gestor ben, seine drei Kinder waren von ihm ge trennt, Niemand durfte den gefangenen Fürsten sehen, als ein gefühlloser Kerker meister, der an den Qualen des einst so mächtigen Gebieters sich weidete. O, er würde, hätte Christian noch seine goldene Krone getragen, in Demuth ihm zu Füs sen gefallen sein und seinen leisesten Wink vollzogen haben, denn so machen es die Menschen ; jetzt aber, wo die Hoheit von dem unglücklichen Manne abgefallen war, quälte or ihn, wie er es vermochte. Er ließ ihn hungern und dürsten und gab ihm keine Antwvlt auf alle seine Fragen, als die eine: „Der Reichsrath hat Befehl gegeben, daß Niemand mit dir sprechen soll." So lag der König in einem leben digen Grabe. Er hörte nichts von der Außenwelt, als daö Brausender Mee'es wogen, die an seinen Thurm schlugen ; er konnte keinen Blick in'S Freie thun, denn die eng vergitterten, kleinen Fenster wa nn viel zu hoch; das hohle Echo des wü sten Gemaches gab allein seinen Klagen Antwort, und wenn er die Namen seiner Kinder rief, wenn er aus wüsten Träu men auffuhr, und seine Ritter, seine Gar den und Getreuen vergebens aufforderte ihm zu helfen, folgte diesen Bildern sei ner erhitzten Phantasie meist ein wahnsin niges Lachen und Schreien und Toben, als sei ein wildes Thier im Kerker gefan gen und suchte ihn zu zerbrechen. Ach, der arme Gemarterte hatte nichts als seinen Tisch von Stein, und wenn er in Ver zweiflung vom Boden aufsprang, wenn er genug die Hände gerungen, seine Brust zerschlagen, geweint und geseufzt halte, be gann er wieder den Tisch zu umkreisen und die Rinne mit seinem Daumnagel auszu höhlen, bis er ermattet auf sein Strohla ger sank. Nur wenn er schlief kam Erlösung und Ruhe über ihn. Dann brachen die fünf Ellen dicken Mauern des Thurmes, dann eilte er hinaus in die grüne Insel. Er sah die Bäume und Blumen wieder, die Sonne glänzte über Land und Meer, der duftige Buchwald rauschte auf den Klip pen und unter ihm ankerte seine Kriegs flotte. Sein Heer lagerte am Strande, seine Feinde standen gefesselt vor ihm ; er war wieder König und hielt hoch zu Roß im goldenen Harnisch vor seinem Zelt. Aber ach ! mit der ersten Regung des Er wachens zerflossen diese Träume und nichts blieb wahr, als die nassen, kalten Kerker maueru, an welche er seine heiße Stirn drückte. Er wagte vor Entsetzen nicht die Augen zu öffnen. Allmächtiger Gott! murmelte er unter Thränen die Hände ringend, laß mich nicht verzweifeln. Ich leide entsetzlich, ich trage die Strafe mei ner Sünden, ich verlange meine Krone nicht zurück, aber eiuen Freund gib mir, gib mir ein Wesen, das Erbarmen und Mitleid für mich empfindet, ein Wesen, daS mich liebt und kennt. Aber siehe, wie er die Angen aufschlug - ach ! es stand kein Freund an seinem Lager—aber eine Spinne schwebte von der Hohe des Gewölbes an ihrem feinen Sei denfaden vor sein Gesicht. Einen Augenblick sah König Christian das Thier nachdenkend an, dann kam plötz lich ein Trost in sein betrübtes Herz. — Bist du eS, rief er aus, bist du der Freund, den der Himmel mir sendet! Sei mein Gefährte, höre auf meine Klagen, liebe mich, ich will dich lieben, welche Gestalt du auch tragen magst. O, bleib mir treu, verlaß mich nicht, den Alle verlassen haben ! Von diesem Tage an schloß der Gefan gene mit der Spinne einen Freundscyafls bund. 'Wenn er sie rief, kam sie von der Decke herunter, setzte sich auf seine Hand und hörte stundenlang zu, was er sprach. Die Einsamkeit war jetzt nicht mehr so entsetzlich für ihn, sein Gemüth beruhigte sich, er glaubte daran, daß der Himmel sein Gebet erhört und ein Wesen ihm mit leidig zugesandt hatte, das so sichtlich ihm Wohlwollen bezeugte, und ein dankbares Gefühl, em Gefühl der Hoffnung knüpf te sich daran, daß er nicht vergessen, nicht ganz verstoßen sei, im Himmel und auf Erden. Bald merkte der Kerkermeister, daß der König nicht mehr so qualvoll leide. Er hörte keine Verwünschungen kein Geschrei der Nerzweiflug mehr, und zürnte darüber. Endlich fand er die Ursache heraus und ei- Tages, als er in dem Kerker war, sah er die Spinne vom Gewölbe herunter kom men, um den Arm des Gefangenen zu er warten. Plötzlich sprang er zu, riß sie ain Faden zu Boden und indem er sie mit dem Fuße zeitrar, rief er hohnlachend: ~Fort mit dem Ungeziefer, kein lebendes Wesen außer Dir darf diesen Thurm be wohnen." Kenig Christian schrie jammernd auf und wollte seinem armen Gefährten zu Hülfe eilen, aber es war zu spät. Da faßte ihn eine grimmige Wuth über die Niederträchtigkeit des tückischen Wächters. Er stürzte sich auf ihn, warf ihn zu 80-! den und hätte ihn erwürgt, wenn die Wa chen nicht zu Hülfe geeilt wären. Seit dieser Zeit vermauerte man die Thu-! rrn des Thurms und ließ dem gefangenen Fürsten was er an Nahrung empfing an ! einem Seil hinab. Lange Lahre vergin gen ; endlich wurde er milder behandelt; er durfte hinaus ins Freie, denn er war alt und schwach geworden und hatte kei nen Wunsch mehr, als den Tod. Aber oft erzählte er mit Thränen der Rührung von der Freundschaft seiner Spinne, von dem Trost, den ihre Nähe ihm gebracht, von ihrer Anhänglichkeil und ihrer Klug heit und dem verzweiflungsvollen Schmerz, den der grausame Kerkermeister durch ih ren Tod über ihn gebracht hatte. Ach! rief er dann, dieser Mann hat mir viele Qualen zugefügt, ich verzeihe ihm Alles ; aber den Mord meines einzigen Freundes kann ich ihm nicht verzeihen! Der Bär auf dem Balle. Ein Schwank aus den, teben. Auf einem der großen Bälle der Oper in Paris geschah es an einem Abende in der Faschingzeit. daß sich ein höchst origi neller Bärenführer mit einem großen Bä ren an der Kette einfand. Unser Bär war einer der gebildetsten.der wohlerzogen sten seines alten Geschlechtes, er wackelte "IVillig zu loben und okine Furcht zu tadeln." Dienstag den 2. Juli, majestätisch auf seinen Hinterfüßen daher, l er brummte ganz sanft, fast melodisch er s war galant, artig? mit einem Worte: das Ideal eine? Baren. l Sein Herr ging mit dem gut abgerich l teten Thiere im Saale herum, und Jeder- mann hu'lt den Bären für eine der täusch- l endsten. originellsten Masken, ohne daß es > Jemand auch nur im Entferntesten einfiel > den Bären für einen wirklichen zu halten- l Herr von Laballe trat mit seinem rauhaa« l rigeu Gefährten in eine Ouadlille. er und l der Bär tanzten manifique, grande chaine, i doS a dos, Oueue de Chat, alles ging vor- i trefflich, der Bär tanzte wie Monsieur ! A retin. t Gegen drei Uhr Morgens uahte ein > weiblicher Domino in Rosaseide sich unse l rem Laballe, scherzte mit ihm, neckte ihn ließ ihn eine kleine weiße Hand, eine bezau- l bernde Taille und durch die Maske ein paar l allerliebste, schwarze, feurige Augen sehen. > Laballe war entzückt.- i Ich lade dich ein. mit mir zn souj)!ren, ? sagte der Domino endlich mit feiner Sil j ! beistimme.— ! Mit tausendFreuden, entgegneteLadalle, aber ich habe da meinen Freund, den ich i ! nicht verlassen kann. Schlechte Anörede. sagte der Domino, ! noch ein Mal. willst du oder willst du nicht. - sonst gehe ich und du siehst mich nicht mehr wieder. j Laballe überlegte, ein kühner Gedanke ' j blitzte durch seinen Kopf, er natim seinen Bären führte ihn an eine Loge, schob ihn hinein, machte die Thüre zu und folgte dem verführerischen Domino. Der Bär, allein in der Loge, lehnte sich auf die Brüstung und betrachtete das tol le Treiben des Balles mit philosophischem ! Gleichmuthe. Von Zeit zu Zeit bemerkte eine Maske im Saale den unbeweglichen j Träumer in der Loge, bonmotiinke darun, j ter und warf ihm einen Witz zu ; den der Bär aber gänzlich zu ignoriren schien. Kurz und gut. der Bär blieb in der Lege, nachdenkend wie ein Philosoph ! mehr Philosoph als Bär. Allein bald leuchteten die ersten Strahlen des Morgens bei den Saalfenstern das Orchester beendete die letzte Ouadnlle, die MaSken verloren sich und der Ball war aus. Die Logenschließerin, die ihre gewöhn liche Tour machte, um die Logenthüren zu schließen und nach ihnen zn sehen, ob sich ' Niemand mehr in den Logen befände, trat auch in No. !7, wo der Bär war : Daß die Leute doch gar nicht nach Hause wollen, brummte sie für sich, dann sagte sie ganz ! artig : Mein Herr, es wird setz zugeschlos j sen wollen sie die Loge verlassen halten sie mich nicht länger auf. dcun ich falle vor Müdigkeit fast um. — Da diese höfliche Anrede ohne Wirkung blieb, so klopfte ihm die Logenschließerin auf die Schulter und sagte nachdrücklich: Mein Herr! seien sie so gut zu gehen. Der Bär drehte sich um, sah die Logen schließen« einen Augenblick an und sagte dann nichts als: Hrrumm ! Ja wenn sie Spaß machen wollen, mein Herr, so bleibt mir nichts anderes übrig als den Herrn Polizeikommissär zu holen. Der Bär sagte hierauf wieder nichts, als Hrrumm! Der Commissär mit zwei Polizeiagen ten erschien—Gehen sie mein Herr ! sagte er. was soll dieser Eigensinn.—Wenn die Madam sie schon artig ersucht hat' zu ge hen. so hätten sie gehen und uns nicht un nöthig herausbemühen sollen» wollen sie also gehen? Der Bär. höchst mißvergnügt, das; er in seiner bequemen Lage gestört worden l war. richtete sich hoch auf und sagte sehr verdrießlich zum Hrn.Polizei-Commissär : Hrrumm! Der Spaß, mein Herr! droht der im mer zorniger werdende Commissär, geht zu ? weit, und da sie nicht in Güte weichen wol. len. so selie ich mich genöthigt. Gewalt zu gebrauchen. Zu gleicher Zeit packten die Polizeiagen ten den Strick deS Bären und zogen ihn ohne Wiederstand zur Loge hinaus, zur Treppe l>i»unter.vor das Portal des Thea« ters. Als der Bar vor der Thüre war, lief sogleich einer der Straßenjungen. die vor den Thealern die Industrie des Con tremarque Verkaufs, des Nachhauseleuch tenö ?e. betreiben, helbei und rief: Befeh len sie einen Fiaker ?—He Fiaker !—Der Fiaker fährt vor. der Kutscher tritt an den Schlag. zieht den Hur ab und fragt : Wo befehlen sie, daß ich sie hinfahren soll er fragt zweimal, dreimal, der Bär ant wortete nicht.—da tritt der Polizeicommis sär an ihn heram und sagt: Mein Herr, sie wollen ihre Adresse ange ben, sie verweigern jede Antwort, sie wol len die Obrigkeit verhöhnen, sie sind mir verdächtig und werden sich jetzt bequemen, mit mir gehen. Meine Herren, fährt er zu den Polizeiagenten fort, bemächtigen sie sich dieses Herrn und führen sie ihn auf die Polizei Präfectur. Unser Bär wird gepackt, in den Fiaker geschoben, die Agenten setzten sich zu ihm und der Wagen rollte fort. Zwei Minuten später kehrt Laballe von seinem interessanten Rendezvous zurück ; —athemloS kommt er an daS Theater, das so eben geschlossen wird. Erlauben sie nur einen Augenblick, sagt er zu dem Portier, ich muß noch hinein, ich habe noch einen guten Freund darinnen. Es ist schon Alles leer, mein Herr. Wie. er erwartet mich in einer Loge. Der ist gefunden, es war ein Herr in ei' ner Bärenniaske aber sehr unartig- sehr unartig—man hat ihn fortgeführt. Mein Gott, wohin? rief Laballe eiblas send. Auf die Polizeipra'fektur, mein Herr! Indessen hat der Jnspektionskommis sär den Bären verhören wollen, dieser sagt nichts als : Hrrumm ! er befiehlt ihm die Maske abzulegen, der Inquisit ge horcht nicht, da packen ihn die Polizeiagen ten, um s-e mit Gewalt herabzureißen, aber der Bär giebt dem ersten eine Ohr feige, daß er auf den Commissar stiegt, und in einem Augenblicke Commissar, A genten, Tisch, Dintenfässer und Akten, pele-mele auf der Erde liegen. , Auf das Hülfegeschrei stürzten die ! Gensdarmen mit gefälltem Bajonett ge gen den frechen Rebellen herein, der Bär reißt seinen Rachen auf und brüllt ein furchtbares Hrrrummm! aber in diesem kritischen Augenblicke tritt auch Laballe mit dem BaU-Cvmmissär herein, der Bär wird, wie er seinen Herrn sieht, sanft wie ein Lamm—springt auf ihn, umarmt ihn, indem er ihm seine großen Pfoten auf die Schultern legt und sein Gesicht leckt, — große Erkennungsscene! Commissar, A genten und Gensdarmen sind gerührt, was bei der Polizei eine Seltenheit ist ; und nach einigen Erklärungen und Trink geldern fährt Laballe mit feinem treuen Bären nach Hause. Laballe hat uns später est versichert, daß sein Bär viel anhänglicher ist, als der Rosa-Domino. Der einsame König. In der Gegend von Schloß Rudolfseck lebt im Wolke noch die Sage von einem Herrscher, der im Alterthum das umlie gende Land sein eigen nannte und auf je nem Schlosse seinen Sitz hatte. Mit ihm, dem „einsamen König", bringt die Sage eine Nixe in Verbindung, die noch den kleinen See unmittelbar beim Schlosse be wohnt. Auch erinnert ein alter Holz schnitt, der im Schlosse aufbewahrt wird, an die Sage. Man sieht auf dem Bilde im Bordergrunde die schöne Nixe, die mit halbem Leibe aus der geheimnißvollen Fluth emportaucht; um sie wogen seltsa me Wasserblumen und phantastisch ver schlungene Schilfhalme, die das Schloß, welches im Hintergrunde emporragt, fast Laufende Nummer ÄS. völlig verdecken. Von den Thürmen mit» Zinnen, die man da sieht, ist nichts mehr vorhanden ; das Schloß hat ein neueres ,'lnsehen; aus der alten Zeit ist nichts üb rig geblieben, als der kleine See und sei ne schöne Bewohnerin, wie die Sage be hauptet. Die schöne Seebewohnerin war ur sprünglich eiu Wesen gleich uns, und mir ihr Unglück wollte, daß sie zur Nixe wer den mußte. Das Schloß, wie es der alte Holzschnitt darstellt, bewohnte vor mehr als tausend Jahren ein Herr, oder, wie ihn die Sage nennt, ein König, dem alleS Land gehörte, welches man vom höchsten Thurme des Schlosses übersehen konnte. Aber er war ein harter, menschenfeindlicher Herr, den seine Unterthanen nur fürchten konnten, und zwar um so mehr, weil es jedermann bekannt war, daß er in geheim nißvollen zauberischen Künsten wohl be wandert und geübt war. Wer einmal unglücklich genug war, sich sein Mißfal len oder Haß zuzuziehen, der konnte sich im Voraus als ein Opfer seiner Rache betrachten. Er stammte nicht aus diesem Lande, sondern war aus der Ferne hier her gekommen und hatte dem frühern Herrn die Herrschaft abgekauft. Hätten nun die Unterthanen auch im Uebrigen nicht schon Ursache gehabt, den neuen Herrn zu scheuen und zu fürchten, so mach ten sie mit der Zeit eine Erfahrung, die schon genügend sein konnte, um sie mit Grauen zu erfüllen. Als er ins Land kam, war er bereits ein hochbejahrter Mann, eisgraue Lacken umgaben sein Haupt und ein ebenso verblichener Bart wogte bis auf den Gürtel herab; man konnt' ihm mindestens ein Alter von neun zig lahren beimessen. Aber die Kinder, die ihn in solcher Gestalt hatten die Herr schaft übernehmen sehen, erwuchsen und wurden selber zu alterschwachen Greisen, während er noch immer mit der alten Kraft unter ihnen wandelte und herrschte; die Kinder und Kindeskinder jener Lente, die ihm zuerst gehuldigt hatten, wurden wieder alt und starben, ein Geschlecht nach dem andern wuchs heran und verstarb, aber immer waltete, wie im Anfang, der harte düstere Herr, ganz mit demselben Ansehn, welches er zu Anfang gezeigt hat te. War er ein Wesen von dieser Welt und ein Mensch wie die andern? und welch Mittel besaß er dann, sich Jahrhunderte lang zu erhalten, während um ihn her Geschlechter aufwuchsen, blühten und star ben ? Ein zweiter bedenklicher Umstand erfüll te die Lente ebenfalls mit Furcht und Ent setzen. Man hatte nämlich längst bemerkt, daß die Dienstleute des Herrn und über haupt alle, die um seine Person waren, so gesund und kräftig sie auch immer auf's Schloß kamen, doch in seiner Nähe bald bleich wurden und endlich starben. Nie mand hatt' am Ende noch Lust ihm zu dienen, und nur der ungewöhnlich hohe Gehalt (denn freigebig war er in Allem, was seinen eigenen Nutzen betraf,) ver mochte noch den und jenen, sich in seinem Dienste zu opfern. Lange Zeit verging, eh' man den Grund jener schlimmen Er scheinung erfuhr, denn die Furcht versie gelte den Mund jedes Betheiligten: bis endlich Einer, der noch bei Zeiten dem Schicksal, welches seine Genossen traf, durch die Flucht entging, es wagte, das Räthsel zu losen. Die Eröffnungen, die dieser Mann machte, gingen dann schnell von Mund zu Mund, bis alle damit ver traut waren. Die Sache verhielt sich wie folgt. Es existirt ein Geheimniß, jetzt vielleicht niemand mehr bewußt, in dessen Besitz aber noch im vorigen Jahrhundert mancher Chemiker war, und welches darin besteht, daß man aus dem Blut eines Menschen eine Leuchte bereitet und anzündet, welche so lange fortbrennt, als der Mensch lebt aus dessen Blut sie bereitet ist ; und stets harmonirt sie mit dem Gemüthszustande desselben: flackert bald wild und unruhig,