We» »in s, Venn. Gedruckt und herausgegeben vonAruoid Puwe>l e, in der Süd «ten Straße, zwischen der Franklin- und Ehesnut. Slraße, Jahrg. IN, ganze Nnm. SS7. Sedmgungen : Der Niber.llr Vroll.iclltrr erscheint jeden Dienstag auf eine,., großen Lupen.,l - Bogen mit schönen Lettern .gedruckt. Der LubfcriptionS - Preis' ist Ein Thäler des welcher in kalbiäl.. 11.1.e Vorausbezahlung erbeten wird. Wer .m Laufe des Zahres nicht bezalllt, de», werden HI 5,„ angerechnet. Für kürzere Zeit als L Monate w.rd kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündiaunaen werden >n.c dann angenommen, wenn sie einen Monat vor 'Ablauf des Lub,er.pt, ge,chel,en und gleichzeitig alle Rückstände abbezal.lt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den aewöhnlichen Breis ein gerückt. Unker,chreibern in hiesiger Ltadr wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post ober Träger, auf Kosten der Unterschreiber. Briefe und 'dergl. müssen postfr e i eingesandt werden Die Vestalin Azulia. Eine Skizze a»6 dem Goldlande (Schluß.) Eine Woche war seitdem verflossen. Das Dorf der Minen schien gänzlich ver ändert, besonders was die Beschäftigung seiner Bewohner betraf. Die mexikani schen Frauenzimmer—Weiber der Arbei ter —waren in ihren festverwahrten Häu sern verschlossen, und die Männer, einige fünfzig an der Zahl, paradirten am west lichen AbHange des Hügels, als erwarteten sie einen feindlichen Besuch. Diese be fremdende Erscheinung klärte sich bald auf. Eine unermeßliche Staubwolke kam rollend herab an einem tiefen Arroyo der Mim bres, und zugleich erschallte von dorther ein betäubendes Geheul. Am Fuße des Abhanges, wo der Sand aufhörte und Kupfererz begann, brach sich die Wolke und enthüllte zahlreiche Reihen indianischer Reiter, die im gestreckten Galopp heran brausten. Alle trugen auf ihren Köpfen ein spiziges Paar Büffelhörner oder an dere Zeichen wilder Thiere, und Ueberreste der zottigen Häute hingen an ihren Rü cken hetab. Der übrige Theil ihrer Kör per war mit verschiedenen Farben bemalt. Bollständig bewaffnet mit Musketen, Speeren, Vogen und Pfeilen und unge wöhnlich stark an Zahl, war der erste Stoß ihres Angriffes furchtbar. Der verzwei felte Muth der Amerikaner würde vielleicht dieser Gefahr gewachsen gewesen sein, wenn nicht ein anderer zahlloser Trupp ih re Flanken und ihren Rücken angefallen hätte, während weiter rückwärts das Jam mergeschrei der Weiber und Kinder in je dem Gebäude des Dorfes allgemeine Plün derung ankündigte. Binnen wenigen Mi nuten war das Treffen vorüber und die Vertheidiger der Mine meistens erschlagen. Die Ueberlebenden wurden einem noch schrecklicheren Schicksal vorbehalten, die Männer zur blutigen Opferung, und die Weiber zu lebenslänglicher Sklaverei. So sind die Kriegsgebräuche der grausa men Apachen! Man setzte die Gefangenen auf Pferde und Maulthiere und führte sie eiligst über das Mimbresgebirge. Am vierten Tage sie das riefe Thal des Pietro » und hielten vor der spiralen „Butte" neben ! dem Höhlentempel, in welchem das ewige Sonnenfeuer der Azteken brannte. Hier wurden die Weiber und Kinder unter die Sieger vertheilt und ein ungeheurer Schei terhaufen für die amerikanischen Männer errichtet. Jedes der unglücklichen Opfer band man an einen abgesonderten Pfahl, worauf der Henker mit einem brennenden Holzstücke den leicht entzündbaren Hau fen von dürren Sträuchen ansteckte. Ei- ne prasselnde Feuersäule loderte in der Mitte auf und breitete sich schnell bis zum Rande aus. Dann stieß die versammelte Menge, unter der sich die heilige Priester schaft befand, ein so teuflisches Jubelge heul aus, daß es die Klippen der benachbar ten Berge zu erschüttern schien. Alfred Ellis warf einen Abschiedsblick *gegen den Himmel, der so hell und blau schimmerte, wie in den Tagen I benjahre. Er dachte an seine verwittwete Mutter und liebevoll lächelnde Schwester weit, weit entfernt in Charleston, am entlegenen Meere, und sagte zu sich selbst : „O verfluchter Dämon der gelben Minen, l du hast mich hierher gebracht und die ein zigen Herzen gebrochen, welche mich jemals liebten!" „Sprich nicht so !" rief eine Stimme in zärtlichem Tone. Die Worte schallten in seiner eigenen theuren Sprache an sein Ohr ; der verzweifelnde Jüngling faßte ei nen schwachen Hoffnungsstrahl und richte te seinen Blick auf die dunkle, wilde Menge sah aber nichts als abschreckende Züge, in denen sich Rachsucht und unaussprechlicher Haß malte. Seine Ohren müssen ihn ge täuscht haben,— es konnte nicht sein, und doch kannte er die Stimme nur zu gut. Sie hatte unter den Wällen von Pecos seiner Seele den warmen Hauch von Tau send Schwüren zugewispert. Aber es Wer Liberale Beobachter Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger. / blieb ihm zu Betrachtungen keine Zeit üb rig. Die rochen Flammen krochen auf ihn zu,—er fühlte bereits die Annäherung ihrer sengenden Hitze. Mehrere seiner Unglücksgenossen loderten schon hell auf, jedesmal kündigte ein allgemeines Geheul an, wenn einer in Brand gerieth. Der Wind blies von der Seite, an welcher sich Ellis befand ; dies gab ihm Frist, obgleich nur auf einen Augenblick. „Es konnte die Vestalin nicht sein," sagte der junge Mann laut. „Sie hat mich vergessen, oder liebte mich vielleicht nie!" „Sprich nicht so!" rief nochmals die Stimme und setzte sogleich hinzu : Sie ist nahe, die Dich retten oder das Feuer mit Dir theilen wilZ!" Ellis schaute nochmals umher, unter schied aber nur durch den verdunkelnden Rauch die wildgierigen Gestalten der nack ten Apachen. Im nächsten Augenblicke wirbelte der Wind ein wenig in anderer Richtung und die Flamme flackerte ihm ins Gesicht. „Azulia!" schrie er mit einer Stimme voll Entsetzen und Flehen. „Ein Wunder! ein Wunder! rief es durchdringend wie Trompetengeschmetter in indianischer Sprache. „Ein Wun der ! der Sonnengott gebietet und muß sein Opfer lebend haben!" „Und die letzte Tochter Montezuma's stürzte durch den heulenden Kreis, und hieb mit einem Beil das Opfer los vom Pfahle. Diese That rief tiefes Erstau nen unter den Wilden hervor, das sich schnell in zornige Unzufriedenheit verwan delte. „Der ist der Häuptling der Goldgräber und muß deßhalb brennen !" brüllten hundert Hälse, und hundert Tomahawk s erhoben sich, um ihn zu Boden zu schlagen. „Habt ihr das Wunder nicht gesehen ? Er rief meinen Namen !" sagte die blasse Priesterin als dringende Gegenrede. Die se Einsprache machte großen Eindruck auf diese unwissenden und abergläubischen Kin der der Wüste- ~E6 ist wahr! Es ist wahr!" riefen Viele vor Erstaunen und Ehrfurcht. Eine Person jedoch, und zwar die wich tigste und bedeutendste von Allen, war nicht überzeugt. Ein plötzlicher Gedanke schien den grauhaarigen Priester Velasco zu durchzucken. „Sie lebte früher eiumal in dem Hausteines Amerikaners zu Pecos," sagte der alte Mann und schüttelte trau rig den Kopf. „Dann mögen sie einander schon gesehen haben!" heulten die Apachen, und einige setzten hinzu: „Bielleicht sind sie in ein ander verliebt, —wir verbrennen sie lieber beide!" „Verbrennt sie Beide!" erschallte das wilde Geschrei, aller Hoffnung den Todes stoß gebend; denn die blutdürstigen dräng ten sich zugleich vor, um ihre mörderische Absicht auszuführen. Doch jetzt kam die Natur selbst gleichsam aus Erbarmen —rettend zu Hülfe. Ein dumpfes Dröhnen ließ sich in den be nachbarten Bergen vernehmen —ein leich ter Stoß eines Erdbebens rollte vorüber und brach einen riesenhaften schwarzen Fel sen vom Gipfel der großen „Butte" in der Mitte des großen Thals. Krachend stürzt er herab und erschlug mehrere In dianer, die dicht dabei standen. Ein Schrei des Entsetzens und der Angst brach aus allen Herzen der versammelten unge heuren Menge hervor. Mit wundervol ler Geistesgegenwart benutzte Azulia die günstige Gelegenheit und rief: „Die Son ne ist zornig über Euch, daß ihr es wagt, Ihrer Tochter ungehorsam zu sein! Be reut—laßt ab,—und sie wird Euch wieder vergeben." Den Wünschen der Vestalin wurde kein weiterer Widerstand entgegengesetzt. Al fred Ellis wurde gerettet und in die hei lige Hierarchie aufgenommen. Einige Nächte später, als die Liebenden allein waren und das ewige Feuer bewach ! ten, theilte Azulia ihrem Bewunderer mit, "Ivillig zu loben und ohne Lurcht zu tadeln." Dienstag den «. Juni, I8S«. welches Schicksal Bill Weaver und seine > Trapper-Gesellschaft getroffen habe, de-! Ren wir in einem früheren Bilde erwähn ten. Nachdem sie aus dem schwarzen San de des Pietro ganze Maulthierladungen Gold gegraben hatten, wurden sie imSchla fe von den rachsüchtigen Apachen überfal len und auf den Kohlen ihres eigenen La gerfeuers gebraten ! Um schließlich unsere kurze Erzählung zu enden-—einige Monate nach der bluti gen Niedermetzelung der Goldgräber in den Mimbres-Bergen brach ein Morgen an. Der alte Priester stand spät auf und als er in den Tempel trat, fand er das ewige Feuer in seiner letzten „Estruffa" erloschen—die Wächter fort und alle Ju welen, die seit Jahrhunderten gesammelt worden waren, auf immer unwiederbring lich gestohlen auS den Fächern der heili gen Sonnenkiste! Alfred Ellis und Azu lia, die letzte Tochter der Montezumas, hatten in der vorhergegangenen Nacht das Wächteramt gehabt. Eben so vermißte man einige der schnellsten Maulthiere aus dem Thale. So lautet die Legende der Gebirgstrap per, und wird von ihnen so fest geglaubt, daß eS selbst die Kühnsten ihres verwege nen Schlages nie mehr wagen, in den dü stern Canons des Pietro weder Biber noch Gold zu suchen. Aber die Uankee-Boys werden in kurzer Zeit diesen Weg einschla gen und dann, hoffentlich auch schon eher, wird man diese wahre Erzählung lesen. Der Schwur des Pascha. Die Heilighaltung des Schwures ist ei ner der bemerkenswerthesten Züge im Cha rakter der Türken. Hier spricht sich der Ernst und die Würde des Muselmannes am stärksten aus. Gewiß, es gibt unter den Türken, wie überall, Verräther und Schurken, aber Wortbrüchigkeit findet man bei ihnen nicht, wie oft unter den Chri sten. Es geht mit der Loyalität der Tür ken wie mit der Gastfreundschaft des Ara bers, sie ist sprichwörtlich erblich geworden, sie wurzelt im Boden und Cultus und zeigt sich vorzugsweise bei den Feindschaften, daß sie über die Schwächen des menschli chen Herzens erhaben sind. Hat ein Muselmann einmal seinen Schutz versprochen, so ist sein Wort un verbrüchlich, und der Haß und das Inte resse würden vergeblich ihre Beredtsamkeit aufbieten, um dieses Band zu lösen; doch auch dann, wenn ein Türke geschworen hat, sich zu rächen, so kann keine Macht der Er de ihn von Erfüllung seines Willens zu rückhalten, oder die Kraft seines Schwu res mindern. Ein tragisches Ereigniß, das während meines Aufenthaltes im Ori ent sich zutrug, kann als blutiger Beweis dieses türkischen Nationalzuges dienen. Ich mußte mich von Constantinopel nach Salonichi begeben und machte diese Reise auf türkische Art, d. h. zu Pferde unter der Begleitung eines Tataren. Ganz besondere Firmane empfahlen mich hin reichend an Mustapha den Pascha von Sa lonichi, ein Mann von vielem Einfluß bei der hohen Pforte und Liebling des Sul tans. Ein armenischer Bankier in Constanti nopel hatte mir auch einen Creditbrief für einen seiner Landsleute mitgegeben, der gewöhnlich in Mielnik wohnte, einem gro ßen Flecken auf der Straße nach Saloni chi. In der Türkei sind die Wechsel- und Handelshäuser Monopole der Armenier, und ein Engländer, der lange in der Tür kei gelebt hat, bringt eine eben so genaue Kenntniß der armenischen Sitten nach London, ols hätte er Jahre lang in Asien, zu Erzerum oder an den Ufern des Eu phrat gelebt. So wie ich nach Mielnik kam, ließ ich mir das Haus Paskal'S, des Armeniers, zeigen. Anfangs wollte er mich nicht an nehmen, was mich nicht wenig überraschte, doch nachdem er meinen Brief gelesen hatte, wurde er zugänglicher und ließ mich herein führen. Ich fand in Paskal einen Mann von gesetztem Alter, mit einer ernsten, zer- streuten Miene, ziemlich melancholisch,denn er ließ von Zeit zu Zeit tiefe Seufzer hö ren, und selbst im Aeußern herrschte der Kummer, der ihn im Geheimen verzeh ren mochte, so sichtbar vor, daß ich gleich bei meinem ersten Besuche überzeugt war, es müsse ihn ein häusliches Unglück be troffen haben, so daß ich gleich bei meiner ersten Unterhaltung mich vielfach wegen der Lästigkeit meines Besuches entschul digte. Du haft Recht und Unrecht mit deinen Vermuthungen, sagte mir der Armenier darauf; meine Familie ist gesund und wohl, Gott sei gedankt, aber morgen muß mein Freund sterben. Diese Antwort war berechnet, meine Neugierde aufzuregen, sogleich legte ich eine so lebhafte Theilnahme an dem Un glück seines Freundes in Worten und Ge berden an den Tag, daß er nicht anstand, mit der größten Ausführlichkeit das Er eigniß zu erzählen, das ihn so tief beugte. Im Januar 1838 fanden Kaufleute, die in kurzen Tagereisen von Mielnik nach Salonichi giugen, in einiger Entfer nung von ersterer Stadt die Leichname zweier ermordeter Menschen, von denen der eine offenbar ein Mann von hohem Stan de, der andere ein Tatar gewesen war. Der erstere war mit einer Pistolenkugel, die ihm die Brust durchbohrt hatte, der treue Tatar aber, wahrscheinlich in der Vertheidigung seines Herrn, mit mehrern Hieben des Vataghan getödlet worden. Ihre Leichen waren völlig entkleidet, man hatte ihnen nur den Fez und das Unter gewand gelassen ; ihre Pferde fand man nicht weit davon, ihres Gepäckes beraubt, in der Ebene. Bei dem Anblick der Leichen hielten die Kaufleute es für besser, um den Verdacht des Mordes nicht auf sich zu laden, sie nach Mielnik zu bringen und den Mord anzuzeigen. Sie singen daher die Pfer de ein, beluden sie mit den Leichnamen und kehrten nach Mielnik zurück, wo der Aga ihre Aussage zu Protocoll nahm und die Ermordeten in der Hauptmoschee ausstellte, um ihren Namen zu entdecken. Nun wollte der Zufall, daß Mustapha Pascha denselben Tag in Mielnik erwar tet wurde, und der Aga glaubte, er dürfe vor der Ankunft seines Vorgesetzten keine Nachforschungen anstellen, die Mörder zu ergreifen. Sobald Mustapha in dieTho re von Mielnik trat, erfuhr er von der auf geregten Volksmasse die Kunde des entsetz lichen Vorfalls, doch Niemand konnte ihm die Namen nennen, man sprach nur von den Leichnamen, die den Blicken der Men ge in der großen Moschee ausgestellt wa ren. Mustapha, erzürnt über diese That, wandte sein Pferd nach dem heiligen Orte, stieg ab und trat, von einer ungeheuren Volksmenge umgeben, in das Gebäude. Mitten im Tempel sah man, auf einen Teppich, das Antlitz verhüllt, die Füße nach Osten gewandt, die beiden Gemorde ten ; sie lagen auf den Rücken, einer ge gen den andern. Mustapha näherte sich langsam, doch als er sich auf die Kniee niedergelassen, um ihre Züge besser zu erkennen, stieß er plötz lich einen Schrei des Entsetzens aus, rauf, te sich den Bart, warf sich auf dem Bo den des Gebäudes nieder und blieb, die Stirne gegen die Erde gedrückt, in einem unbeweglichen, lautlosen Schmerz versun ken. Nach einer langen Pause, während wel cher Niemand ihn zu unterbrechen wagte, erheb er sich ; sein Gesicht war bleich doch streng und ruhig, wie wenn die Ruhe ei nes festen Entschlusses die Heftigkeit des Schmerzes gebrochen Härte. Letzt beugte er sich noch einmal über die beiden Gemor deten, ergriff die Hand des ihm zunächst liegenden Leichnams und rief mit einem Blick zum Himmel : O Seid Mohamed! als Du beim Ue bergange über den Balkan mein Leben ge gen die Wuth der Russen beschütztest, schwor ich, Du solltest mir von jetzt an ein Bruder sein, und jüngst gelobte ich bei Laufende Nummer tl Allah und seinem heiligen Propheten, daß unter meiner Regierung kein Verbrechen ungestraft bleiben sollte-! Diesen Schwur wiederhole ich in Deinem Namen und bei Deinem Leichnam ! Ich werde Deine Mör der bis in die unbekanntesten Gegenden der Erde verfolgen ; ich werde ihr Blut tropfenweise zur Sühne des Verbrechens vergießen lassen, ihre Augen sollen den Geiern zur Speise dienen und ihr Fleisch von den Schakals zerrissen werden, ihre Gebeine bleichen in den Stürmen des Him mels. Eher soll der Sarg meines Vaters entehrt werden, ehe ich meine Gelübde, meine Schwüre vergesse! O Seid, o mein Bruder ! Du hörst mich ! Ich habe gespro chen ! Mustapha warf noch einen letzten Blick auf den Mann, den er so sehr geliebt, und entfernte sich aus der Moschee, ohne ein Wort, eine Geberde ferner hinzuzufügen. Seine einzige Sorge war von jetzt an, nichts zu unterlassen, um die Spuren der Mörder auf ihrer Flucht aufzufinden und er versprach eine Belohnung von 20 Beu teln Jedem, der ihm die ersten Anzeigen über den Ort ihres Aufenthaltes geben, könnte. Während dieser Nachforschun gen hielt er sich im Hause Sereski's, eineS reichen Armeniers, auf, wo er gewöhnlich während seiner Anwesenheit in Mielnik wohnte, zog sich in seine innersten Gemä cher zurück und überließ sich drei Tage und drei Nächte lang dem bittersten Schmerze. Man erfuhr jetzt in der Stadt, daß der Ermordete, Seid Mohamed, der innigste Freund Mustapha's gewesen, der als Cou rier von der Pforte nach Salonichi mit De peschen und 400,VOl) Piastern öffentlicher Gelder an den Pascha geschickt worden war. Seid Mohamed war am Nachmit tag in Mielnik angekommen und von ei nigen Bewohnern in dem Bade gesehen worden, von wo aus er sich in die Moschee begeben hatte, um sein Gebet zu verrichten. Nicht ohne Grund vermuthete man, daß er das Opfer einiger albanischen Räuber geworden sei, die schon seit einiger Zeit die Umgebung unsicher machten, so daß, den Lehren des orientalischen Fatalismus entgegen, die die Unmöglichkeit behaupten, dem Verhängnisse zu entgehen, wenigTür ken ohne eine starke militärischeEskorte den gefährlichen Weg nach Salonichi wagten. Nach drei Tagen der Trauer erhielt end lich Sereski, der Armenier, Zutritt zu dem Pascha, der sich über die Mittel und We ge berathschlagen zu wollen schien, die nö thig wären die Schuldigen zu ergreifen. Der Armenier theilte zwar allen Zorn, al len Schmerz seines Gastes, und suchte ihn durch Erhebung und Lobpreisungen der Tugenden Seids zu trösten ; zugleich aber suchte er für sich selbst den Platz zu ge winnen, den der Verstorbene in Musta pha's Vertrauen besessen. Doch so bereitwillig der Pascha war, seiner ihm erwiesenen Freudschaft Gerech tigkeit wiederfahren zulassen, so wenig, wojlte er von seinem Vorhaben ablassen und forderte den Armenier selbst auf, ihm zur Aufsindung der Mörder behülflich zu sein. Als die ersten Schritte geschehen waren, überließ sich Mustapha seinen trü ben Gedanken. In diesem träumenden, halb wachem Zustande öffuete sich der persische Teppich, welcher den Eingang des Zimmers verhüll te, und eine kleine, feenartige Gestalt schritt furchtlos in die Höhle des verwundeten Löwen, in ihren Händen einen großen Korb mit Blumen tragend, die ein gestick ter Schleier bedeckte. Es war Irene, die Tochter Sereski's, deren natürliche An muth nicht ohne Einfluß auf den Pascha war. Bor sechs Jahren, als die Frau des Armeniers Joshua während der Geburt dieses Kindes gestorben, hatte sich Musta pha gerade im Hause des Armeniers be funden, und dieser Umstand trug nicht we nig dazu bei, seine Gunst dem Vater und dem Kinde zu gewinnen. sSchluß folgt.)