Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, May 21, 1850, Image 1

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    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Montgomery und Sehuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger. <
Wt»lÄ l N A, PtNN. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll e, in der Süd 6ten'Straße, zwischen der Franklin- und Ckesnut - Straße.
Jahrg. 11, ganze Nnn». SSS.
Bedingungen: Der Nlberille llrobatlltcr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Luperial - Bogen mit schönen vettern gedruckt. Der Subseriptions - Preis ist Ein Thaler des Zahrs, welcher in halbjährlicher
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lauft des Jahres nicht bezahlt, dem werden HI 5,» angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monate wird kein Unterschreibe? angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden »uc
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions-Tcrinins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein
gerückt. Unterschreibe?!, in hiesiger Etadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreibe»-. Briefe und dergl. müssen postfrei eingesandt werden.
Clsi, die seltsame Magd.
Aue dem Volksleben der Schwei; von Jere
mias Gotthelf.
(Schluß.)
Er erhielt auf Rede und Klopfen keine
Antwort. Da sprach er: Hör, Elsi, ich
bin da eben in der Montur und auf dem
Weg in den Krieg, und wer weiß, ob du
mich lebendig wieder siehst, einmal wenn
du so thust, gewiß nicht. Komm hervor,
sonst könnte es dich gereuen so lange du '
lebst.-Die Worte drangen Elsi ins Herz,
sie mußte aufstehen und ans Fenster ge-
hen. Da sagte Christen: So kommst
du doch noch; aber jetzt gib mir die Hand
und sag mir, du zürnest mir nicht mehr,
und wenn mich Gott gesund erhält, jo
wollest du mein Weib werden, versprich
mir's.-Elsi gab ihre Hand, aber schwieg.!
Versprichst mir's? fragte Christen. Es
wollte Elsi das Herz abdrücken und lange
fand sie keinen Laut, und erst als Chri-!
sten noch einmal sagte : So red' doch,!
sag' mir, du wollest mich, daß ich auch
weiß woran ich bin, antwortete sie: Ich
kann nicht. —Aber Elsi besinn dich, sagte
Christen, denke, du könntest reuig werden,
sage ja. Ich kann nicht, wiederholte Elsi.
Elsi besinn dich! bat Christen dringend,
sag mir das nicht zum drittenmal; wer
weiß, ob du mir dein Lebtag noch etwas
sagen kannst; sag' ja, um Gotteswillen
bitt' ich dich.—Ein Krampf faßte Elsi's
Brust, endlich hauchte sie: Ich kan nicht.
So sieh, was du gemacht hast ! antwor
tete Christen, und verantworte es dann
vor Gott. Mit diesen Worten stürzte er
fort; Elsi sank bewußtlos zusammen.
Still ging der zweite März über dem
Thale auf. Die meisten Bewohner wa
ren am Abend vorher lange aufgewesen
und hatten' den Abziehenden das Geleit
gegeben, und so begann erst spät des Ta
ges Geräusch. Elsi war betäubt und
ging herum wie ein Schatten an der
Wand. Die Meisterfrau hatte wohl ge
merkt, daß Christen oben am Fenster Ab
schied genommen, aber nichts verstanden.
Sie hoffte, daß sie sich verständigt, und
fühlte Mitleiden mitElsis Aussehen, wel
ches sie der Angst um Christens Leben
zuschrieb. Sie tröstete, so gut sie konn
te und sagte, es sei noch nicht gewiß, daß
es Krieg gebe, vielleicht sei es nur wieder
blinder Lärm. Und wenn schon, so hätte
sie gehört, unter hundert Kugeln treffe
nicht eine einzige, und Christen sei alt ge
nug, um aufzupassen, daß ihn keine tref
fe, und nicht so wie ein Sturm drein
zu rennen, ohne sich zu achten, wohin.
Elsi sollte nur nicht Kummer haben, es
werde nochAlles gut gehen, und ehePsing
sten da sei, könne es eine schöne Hochzeit
geben. Dieser Trost wirkte aber wieder
um umgekehrt, und Elsi begann, ganz ge
gen ihre Gewohnheit, laut auf zu jam
mern. Er kommt nicht wieder, ich weiß
es, und ich bin Schuld daran, rief sie ver
zweiflungsvoll. Aber, mein Gott, hast
du es denn nicht mit ihm abgemacht, und
ihm das Wort gegeben? Er wird doch
expreß deßwegen gekommen sein, und viel
leicht dir noch den Hof lassen verschreiben,
ehe er von Burgdorf ausrückt. Nein!
dig werde ich ihn nicht wiedersehen. Da
schlug die Bäurin die Hände über dem
Kopf zusammen und sagte: Aber, mein
Gott, mein Gott, bist du verrückt, oder
eine Kindesmörderin, oder eine Schinder
stochter! eins von diesen dreien muß sein,
sonst hättest du es nicht übers Herz ge
bracht, einen solchen Burschen von der
Hand zu weisen. Bist eine Schinders
tochter oder eine Kindesmörderin? ich
will es jetzt wissen. Keins von Beiden
bin ich, sagte Elsi, tief verletzt über sol
chen Verdacht; von vornehmen Leuten
bin ich her, wie hier im ganzen Kirchspiel
keine wohnen, und was mein Vater ge
than hat, dessen bin ich nicht schuld. So,
was hat er denn gemacht? fragte die Frau
—er wird Jemanden gemordet haben, o
der falsches Geld gemacht, und ins Zucht
haus gekommen sein. Nein, Frau, sagte
Elfi, ich weiß nicht, warum ihr mir das
Schlimmste ansmnet. Aber Etwas muß
es doch sein, das dir im Wege ist; so we
gen nichts schlägt man einen solchenMann
nicht aus. Vielleicht hat er falsche Schrif
ten gemacht oder wild sich selber gemordet
haben und nicht im Kirchhof begraben
worden sein. Nein, Frau, sagte Elsi, das
ist nicht wahr; er hat Geldstag gemacht
und muß jetzt betteln gehen. Ich will es
gleich heraussagen, sonst meint man, wie
schlecht ich sei, und es wird ohnehin bald
Alles aus sein, und da möchte ich nicht,
daß man mir Schlechtes ins Grab redete.
—Was, geldstaget, und deßwegen willst
du nicht heirachen, du Tropf du ? Und
das darfst du nickt sagen? Je weniger
du hast, einen desto reicher» Mann be
darfst du. Wenn Niemand Heirathen
wollte, in dessen Familie irgend Einer
Geldstag gemacht, denke nur, wie Viele
ledig bleiben müßten, denen das Heira
then so wohl ansticht. O Frau, sagte
Elfi, ihr wißt darum nicht, wer wir ge
wesen sind, und was unser Unglück für
mich war. O, doch nicht etwa unserem
Herrgott seine Geschwister?
O Herr, o Herr, o Mutter, o Mutter!
sie kommen, sie kommen! schrie draußen
ein Kind. Wer? rief die Frau. Die
Franzosen, sie sind schon in Lochbach, oder
doch in Burgdorf; hör', wie sie schießen!
O Christen, o Christen! schrie Elsi; Al
le liefen hinaus. Draußen stand Alles
vor den Häusern, so weit man sehen
konnte, und Pung, Pung, tönte es Schuß
um Schuß dumpf über den Berg her.
Ernst horchten die Männer, bebend stan
den die Weiber, und wo möglich stand je
des neben oder hinter dem Manne, rührte
ihn an, oder legte die Hand in die seine,
und gar manches Weib, das lange dem
Manne kein gutes Wort gegeben, ward
zärtlich und bat: verlaß mich nicht, um
tausend Gotteswillen verlaß mich nicht,
mein Lebtag will ich dir kein böses Wort
mehr geben! Endlich sagte ein alter
Mann am Stecken : Gefährlich ist das
nicht, es ist iHit noch; jenseits der Aar,
wahrscheinlich am Berg. Wenn sie in
Gränchen mustern, hört man das Schie
ßen akkurat so. In Längnau stehen die
Berner und oben auf dem Berge sollen
auch deren sein; in Solothurn wird man
den Franzosen schon heiß machen; daS
sind die Rechten, die Solothurner, beim
Schießen immer die Lustigsten. Das
machte den Weibern wieder Muth, aber
manchem Knaben, der Flinte oder Helle
barde in der Hand auf dem Sprunge zum
Ablauf stand, war der Ausspruch nicht
recht. Wir gehen gleich, sagte Einer;
und sollte es bis Solothurn sein. Wenn
wir alsbald fortmarschiren, so komen wir
vielleicht noch zum rechten Hanptstreit.—
Ihr wartet, befahl der Alte. Wenn Ei
ner hier läuft, der Andere dort, so richtet
man nichts aus, mit einzelnen Tropfen
treibt man kein Mühlrad. Wenn in So
lothurn die Franzosen durchbrechen, dann
ergeht der Sturm, die Glocken rufen, auf
den Hochwachten wird geschossen und die
Feuer brennen, läuft Alles mit einander
in Gottes Namen was Hände und Füße
hat, dann gehts los, und der Franzos
wird erfahren, was es heißt ins Bernbiet
kommen. Bis dahin aber wartet. Das
war manchem wilden Buben nicht recht,
er drückte sich auf die Seite und ver
schwand, und mehr als einer kam nie wie
der. Du glaubst also nicht, das unsere
Leute schon im Kriege seien ? frug bebend
Elsi an des Alten Seile. O nein, sagte
der Alte, die werden wohl erst jetzt von
Burgdorf ausrücken, gegen Fraubrunnen
oder Blätterkinden zu; was für Befehl
sie bekommen, weiß ich nicht. Aber scha
den würde es nichts, wenn Jemand auf
Burgdorf ginge, um da zu hören, was
vorgeht.
Aber in Burgdorf war es nicht viel
besser, als hinten im Heimiswylgraben;
ein Gerücht jagte das andere, eines war
abenteuerlicher als das andere. Die Fra
nzosenfeinde wußten zu erzählen, wie die
"Tvillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag den 2?. Mai, 1
Fremdlinge geschlagen worden, und, wo
nicht todt, doch schon mehr als halbtodt
seien; die Franzosenfreunde wußten das
Umgekehrte; das ganze Bernerheer sei
geschlagen, gefangen oder verrathen, und
predigten laut, man solle sich doch nicht
tvehren, man gewinne nichts damit, als
eine zerschossene oder zerstochene Haut.
So wogten die Gerüchte hin und her, wie
vor einem Gewitter die Wolken durch ein
ander gehen.
Gegen Abend hatte das Schießen auf
gehört, es war ruhig geworden auf der
Landschaft, man hoffte, die Franzosen sei
en in Solothurn gefangen genommen
worden, gleich wie in einer Falle. Elsi
war auch ruhiger geworden auf dieseHoff
nuttg hin. Sie hatte der Bäuerin sagen
müssen, wer si? eigentlich sei, und da hat
te diese wiederum die Hände über dem
Kopf zusammengeschlagen. Von dem
Müller hatte sie gehört, von seinem Thun
und Reichthum, und da ihr nur dieser
recht in die Augen schien, so betrachtete
sie Elsi mit rechtem Respect. Keinem
Menschen hätte sie geglaubt, sagte sie,
daß so eine reiche Müllerstochter sich so
stellen könne, aber daß sie nicht ihr Leb
tag Magd gewesen, das hätte sie ihr doch
gleich anfangs angesehen. Und das, du
Tropflein, hast du ihm nicht sagen dür
fen ? Und wenn dein Vater schon ein
Hudelist, so ist deine Familie doch reich
und vornehm und sonst nichts Unsauberes
darin, und da muß einer Eins gegen das
Andere rechnen. O, wenn ich Christen
doch das nur gleich sagen könnte; du
würdest sehen, das machte ihm nicht nur
nichts aus, er nehme noch den Vater zu
sich, nur daß er von der Gemeinde käme.
Das begehre ich nicht, sagte Elsi, ich be
gehre nicht mehr mit dem Vater zusam
men zu kommen, und Christen kann ich
doch nicht Heirathen, ich will gar nicht hei
rathen nie und nimmermehr. Ich müß
te mir doch meinen Vater vorhalten las
-5 sen oder daß ich arm sei. Ich weiß wohl
wie das Mannevolk ist, und das möchte
ich nicht ertragen. Aber wenn Christen
nur nicht im Zorne thut, was unrecht ist
und den Tod sucht, ich überlebte es nicht.
Du bist ein Tröpflein, sagte die Bäurin,
so etwas nicht sagen ; das tbar nur der
Hochmuth, der dich plagte. Aberwart,
wir wollen ihm morgen Bescheid machen,
es wird wohl der eine oder der andere Al
te seinen Söhnen, die bei den Soldaten
sind, Etwas schicken wollen, Käs oder
Kirschwasser (Branntwein) ; da will ich
dem Christen sagen lassen, es sei daheim
ander Wetter und er solle machen, daß er
sobald als möglich heim käme, aber ge
sund und gerecht. Er wird schon merken,
was gemeint ist. Elsi wollte davon lan
ge nichts hören, klagte, wie reuig sie sei,
daß sie ein Wort gesagt- drohte, sie laufe
fort, jammerte, daß sie nicht schon lange
gestorben, und wenn Christen nur leben
dig heim komme, wolle sie gern auf der
Stelle sterben : Aber heirathen wolle und
könne sie nicht- Die Bäurin ließ sich nicht
irre machen; sie hatte die Heirath im
Kopf, und wenn eine Frau eine Heirat!)
auf dem Korn hat, so ist's schwer, sie da
von abzubringen. Nun ruhte die Bäurin
nicht, bis sie Einen aufgefunden, der mit
Proviant den Soldaten nachgeschickt wur
de von einer sorgsamen Mutter.und schärf
te dem es ein. was er dem Christen zu sa
gen hätte. Was die Bäurin gethan, goß
.Balsam in Elsi's Herz, aber sie gestand es
nicht ein ; sie zankte mit der Bäuerin, und
zankte mit sich, daß sie ihr Geheimniß vor
den Mund gelassen ; sie wußte nicht, sollte
sie bleiben oder gehen; es mochte ihr fast
sein, wie einem Festungskommandanten,
der erst von Vertheidigung bis in den Tod.
von in die Luft sprengen gesprochen, und
dem allgemach die Ueberzeugung kommt,
das trüge nichts ab. und leben bleiben sei
doch besser.
Der dritte März lief ab ohne Kanonen
donner, aber Gerüchte kamen. Freiburg sei
über und Solothurn; die Stadt Büren
fei verbrannt; die Herren wollten dasLand
übergeben ohne Krieg. Dieses Gerücht
entzündete furchtbaren Zorn, so weit es
kam. Da wollten sie doch auch noch dabei
sein, sagten die Bauern, aber erst müßten
die Schelme an den Tanz, die Dinge ver
kauften, welche ihnen nicht gehörten. Ge
gen Abend wollte man Soldaten gesehen
haben, die von Wyningen kommend quer
durch'ö Thal gegangen seien. Die sollten
gesagt haben, sie kämen vom Weißen stein»
und Alles sei aus; die Einen hätten kapi
tulirt, die Andern seien sonst auseinander
gegangen, und die Franzosen würden da
sein, ehe man daran denke.
Dieser Bericht ging mit Blitzesschnelle
durch s ganze Thal und regte Alles auf:
aber wie ein Blitz verschwand er auch; am
Ende wußte man nicht mehr, waren es
eigentliche Soldaten gewesen oder Spion»,
welche das Laud auskundschaften sollten;
denn es seien viele Deutsche bei den Fra
nzosen, hieß es die akkurat gleich redeten,
wie man hier rede und überhaupt beschaf
fen seien, wie andere Menschen- Diese
Nachricht hinterließ nichts, als vermehrte
Unschlüssigkeit; man wußte nicht, sollte
man die ausgerückten Leute zurückerwar
ten,oder sollte man nachrücken. Man stand
umher, packte auf, packte ab, es war acku
rat, als ob es eigens dazu angelegt wäre,
den Volksmuth wirkunstos verpuffen und
verrauchen zu lassen. Der Bursche, der
ausgesandt worden war, kam erst am zwei-'
ten Tage, am 4. März zurück, aber mit
bösem Bescheid. Christen hätte er nicht
finden können, sagte er aus. Es hätte
geheißen, er sei gegen Bätterkinden zu ge
rückt, mit seiner Batterie ; dahin habe er
ihm nickt nach wollen ; es heiße, unüber
legt trappe man in die Franzosen hinein,
wie ei» Hornissennest, und ihre Dragoner
kämen daher, wie in den Lüften; wenn
man meine.sie seien noch eine Stunde weit,
so hätte man sie schon auf dem Hals. Er
habe daher den Gruß in Fraubrunnen ab
gegeben, mit dem Auftrage, ihn dem Chri
sten zuzustellen, wenn man ihn sehe. Zu
rück kämen die Leute aber nicht; sie woll
ten auf die Franzosen warten, heiße es, und
A ndere meinten, man warte nur auf Zuzug
und wolle dann auf die Franzosen, welche
sich nicht ansSolothurn hervorlassen dürf
ten- Bald werde es losgehen, darauf kön'
ne man zählen.
Dieser Bescheid regte Elsi fürchterlich
auf. Also Krieg war's und dahinein war
Christen von Elsi's Nein gejagt, und Nie
mand besänftigte ihn. und die gute Bot
schaft hatte er nicht vernommen; lebendig
sah sie ihn also nicht wieder! Es dräng
te sie. ihm die Botschaft srlbst zu bringen,
aber sie wußte keinen Weg. und fürchtete,
so allein in die Franzosen zu laufen, und die
Bäuerin tröstete sie, der Landsturm werde
allweg bald ergehen da mache sich Alles, da
könne sie mit, sie wolle daheim bleiben;
denn wegen des Viehes könne doch nicht
Alles fort. So werde sie früh genug
kommen ; denn man werde die Sache doch
nicht lassen angehen, bis Alles bei einander
fei.
Alles rüstete sich ; Jeder suchte seine
Waffe sich aus; eine tüchtige zweizinkige
Schoßgabel an langem Stiele, mit welcher
man in der Ernte die Garben ladet, stellte
Elsi sich zur Hand, und wartete mit bren
nender Ungeduld des Aufbruchs.
Am 5. März war's, als der Franzos in s
Land drang, im Lande der Sturm erging,
die Glocken hallten.die Feuer brannten auf
den Hochwachten, die Böller krachten und
der Landsturm aus allen Thälern brach,
der Landsturm, der nicht wußte,was er soll
te, während Niemand daran dachte, was er
mit ihm machen sollte. Aus den nächsten.
Thälern strömte es Burgdorf zu; dort
hieß es. man solle auf Fraubrunnen ; die
Nachricht sei gekommen, daß die Franzosen
von Solothurn aufgebrochen; auf dem
Fraubrunnen Felde sollte geschlagen wer
den; dort warteten die Berner. und na-
Laufende Nmmner 3S
mentlich Füsiliere und Kanoniere aus die
ser Gegend. Der Strom wälzte sich das
Land ab. Kinder. Greife, Weiber bunt
durch einander, an eine Ordnung ward
auch nicht von ferne gedacht,dachte doch sel
ten Jemand daran, was er eigentlich ma
chen sollte vor dem Feinde. Von einem
wunderbaren, fast unerklärlichen Gefühle
getrieben, lief Jeder dem Feinde zu, als ob
es gälte, eine Heerde Schafe aus einem
Acker zu treiben. Das beginnende Schie
ßen minderte die Eile nicht, es schien Jedem
Angst zu sein, er käme zu spät. Unter den
Vordersten war immer Elsi und jeder
Schuß traf ihr Herz, denn sie mußten den
ken. er hat Christen getroffen- So wie sie
auS dem Walde bei Kernenried kamen, er
blickten sie den beginnenden Kampf am
äußersten Ende des Fraubrunner Feldes
gegen Solothurn zu, Kanonen donnerten.
Bataillonsfeuer krachten, sagende Reiter
wurden sichtbar, Rauchmassen wälzten sich
über daß Moos hin. Erstaunt standen
die Landstürmer, sie hatten nie ein Ge»
fecht gesehen, wenigstens unter Hunderten
nicht Einer. Wie das so fürchterlich zu
ging hin und her, und von Weitem wußte
man nicht einmal, wer Feind, wer Freund
war ! Je länger sie zusahen, desto mehr
erstaunten sie, es begann ihnen zu grauen
(grusen) vor dem wilden Feuer mit Flin
ten und Kanonen, und Alles scharfgeladen;
sie fanden, man müsse warten und zusehen,
welchen Weg es gehe ; wenn man da so
auf's Geradewohl zu marschiere, so könne
man unter die Läzen (Unrechten) kommen.
Kein Mensch war da. sie zu ordnen, zu be
geistern, sie rasch in den Feind zu führen.
Es waren in jenen Tagen die Berner mit
heilloser Blindheit geschlagen. Das Feu
er der Soldaten ließ man auf die gräß
lichste Weise erkalten, und wenn s erkaltet
war ob dem langen nutzlosen Stehen,
manchmal lange Zeit ohne Führer, liefen
sie halt auseinander. Das einzige Mal.
wo die Soldaten vorwärts geführt wur
den, statt zurück, erfuhren die Franzosen,
was Schweizerkraft und Muth noch Dato
können, bei Neuenegg erfuhren sie es.—
Elsi ward es himmelangst, als manso
müßig da stand, als gar hier und da eine
Simme laut wurde: ..Ihr guten Leute,
am besten wär's, wir gingen heim, wir
richten da doch nichts aus." —Und wenn
Niemand zu Hülfe wolle, so gehe sie. wo«
für man denn bis hierher gekommen? sag
te Elsi. Wenn sie nur den kürzesten Weg
über's Mooö wüßte. Sie kämen mit. rie
fen einige junge Burschen, und die Masse
verlassend eilten sie auf dem nächsten We
ge Fraubrunnen zu. Als sie dort auf die
Landstraße kamen.war ein hart Gedränge,
eine Verwirrung ohne Gleichen. Mit
Gewalt fast mußte sie sich drängen durch
Bernersoldaten. die auf stan
den und müßig zusahen, wie vorwärts ein
ander Bataillon mit dem Feinde sich schlug.
Auf die wunderbarlichste Weise schlug
man sich vereinzelt mit dem Feinde, oder
wartete geduldig, bis es ihm gefiel, anzu
greifen. Keiner unterstützte den Andern,
höchstens, wenn ein Bataillon vernichtet
war. gab ein anderes zu verstehen, es sei
auch noch da und harre des gleichen
Schicksals. Das Alles sah Elsi im Flug,
und wenn die Soldaten, die sie mit Püf
fen nicht schonte, schimpften und ihr zurie
fen, sie solle heimgehen und Flachs spin«
nen, so sagte sie, wenn sie da stünden wie
die Tröpfe, so müßte das Weibervolk vo
ran, um das Vaterland zu retten, und
wenn sie was nütz' wären, so gingen sie
vorwärts und hülfen den Andern. Elsi
hatte vom Moos weg eine große Linde ge
sehen, und bei derselben sah sie den Rauch
von Kanonen, dorr ihr Christen
sein, dorthin eilte sie mit aller Hast. Als
sie auf die Höhe kam, hinter welcher von
Fraubrunnen her die berühmte Linde liegt
wo die Berner vor bald 500 Jahren die
Gugler schlugen, donnerten die Kanonen
noch, aber Elsi sah wie rechts zwischen