Meil V i n tz, Penn. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Pnwell e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Chesnur - Straße Jahrg. I I , ganze Nun«. SS2. Scdingungen: Der Nilierale IZevliacilter erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial - Bogen mir schonen vettern gedruckt. Der Subscriptions - Preis ist Ein Thaler des Jahrs, welcher in halbjährl'^l.r Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nickt bezablt, dem werden HI 5» angerechnet. Für kürzere Zeit als « Monate wird kein llnterschreiber angenommen, und etwaige 'Aufkündigungen werden »uc dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Lubstriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein gerückt. Unterschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der llnterschreiber. Briese und dergl. müssen postfrei eingesandt werden. John Mills, der Mormone, und sein Kampf mit Colonel Tnrk. Als die Mormonen sich imJahre 1833, in Missouri niederließen, war ein junger Enthusiast, mit Namen John Mills, ei ner ihrer begabtesten und beliebtesten Pr ediger. Wo immer hin eine Versamm lung, bei der er predigen sollte, berufen wurde, da erschienen zahlreiche Schaaren der Heiligen, so groß war der Ruf seines Namens unter ihnen. Um diese Zeit hatte sich eine zahlreiche, gewaltige Bande von Lynchers zur Ver treibung oder Vertilgung der Mormonen gebildet, deren Haupt Colonel Türk war, einer der gefährlichsten, verzweifeltsten Menschen, die Missouri oder vielleicht ir gend ein Land der Erde noch je hervorge bracht hat Mehrere Mormonen waren getheert und gefedert, mehrere mir langen knotigen Hickories geschlagen worden, bis sie vor Schmerzen und Blutverlust beina he den Geist aufgaben—andere wurden mit Gewalt um ihr ganzes Vermögen und in einem einzigen Tage an den Bet telstab gebracht, während wieder andere ein besseres Loos traf, indem sie wie wilde Thiere auf den Prairien erbarmungslos gehetzt und dann niedergeschossen wurden. Endlich sollte die Reihe auch an den Pre diger Mills kommen, den Türk unter al len Mormonen am wüthendsten haßte, und Letzterer bot alle seine Anhänger auf, > um Jagd auf ihn zu machen. Es war eine ungewöhnlich kalte Nacht in der Mitte des Winters I8l»3, der Himmel war unbewölkt, der Vollmond schien im hellsten Glänze herab, aber die Erde lag kalt und traurig da im freund-- lichen Lichte, wie ein weites Grab; eine dichte Schneedecke umhüllte Wald und Prairie und der Nordwind heulte einen schauerlichen Klagegesang über sie hin. Es war eine Nacht, in der Niemand selbst einem Diebe oder Morder ein Obdach in cinem Winkel seines Hauses verjagen möchte und in welcher Jeder, der eine He imath halte, sich gerne behaglich am Feuer ! seines eigenen Heerdes wärmte. Allein trotz der grimmigen Kälte, trotz heulenden Windes hatten eine Anzahl Menschen ihre Wohnungen verlassen und sich in einem großenßlockhause, ungefähr dreihundert Flards vom Missouriflusse, der damals von cinem Ufer zum andern zugefroren war, versammelt, um daselbst Gottesdienst zu halten. Niemand wird wohl erst fragen, welcher Sekte sie ange hörten. Kein Fanatiker eines älteren Glaubens würde sich in einer solchenNacht hinausgewagt haben, um eine Kirche zu besuchen ; sie mußten Zeloten einer neuen Ueberzeugung sein, eine neue Idee mußte in ihnen aufgetaucht sein, mußte ihr Herz erwärmt, ihre Einbildungskraft erhitzt haben mit der Glurh desMärtyrerthumS, sonst würden sie den warmen Heerd nicht vertauscht haben mit der eisigen Kälte die ser Nacht. Es waren Mormonen. Die Versammlung bestand aus Männern und Frauen, beinahe in gleicher Anzahl, - und die meisten derErsteren führten eineßüch se mit sich, die sie selbst dann nicht aus der Hand gaben, wenn sie sich zum Ge bet niederknieeten. So groß und drohend war die Gefahr, in der sie beständig schwebten, oder doch zu schweben wähnten, daß sie selbst ihren Gottesdienst nicht un bewaffnet verrichteten. Der Prediger Mills war so eben am erschütterndsten Abschnitte seiner ergrei fenden Rede angelangt und schilderte mit einem seltenen Feuer der Beredsamkeit und mit den glühendsten Farben die Ver folgungen und Leiden, welche noch alle großen Reformatoren des Menschenge schlechts seit der Entstehung desselben bis zur gegenwärtigen Zeit zu erdulden hat ten. Nie noch war er selbst so bewegt gewesen, nie noch hatte er seine Zuhörer zu solcher Begeisterung hingerissen. Sei ne blauen Augen glänzten wie feurige Meteor/, seine Stimme scholl wie eine Posaune, seine Rede ergoß sich über die Der Liberale Beobachter Und Berks, Montgomery und Schuylkill Cauncies allgemeiner Anzeiger, Häupter der Andächtigen, gewaltig wie der Nordstiirm, der über den First des Bethauses'dahinfuhr. Die Seufzer und Thränen der Män ner und der Angstschrei der Frauen be wiesen, welche despotische Gewalt er mit seinerßeredsamkeit über die Zuhörer aus übte. Plötzlich unterbrach ihn der rasch auf einanderfolgende Knall dreier Büchsen, u. unmittelbar darauf stürzten drei Män ner, die draußen Wache gehalten hatten, zur Thür herein und riefen in Todes: angst aus: ~Der Mob! Der Mob! Rettet Euch vor Colonel Turk's Bande! Ninnand vermag die Scene von Angst und Verwirrung zu beschreiben, welche diese Nachricht hervorrief. Mehrere Män ner sprangen aus den Fenstern und flo hen, als würden sie von einer Legion Teufel verfolgt, die Frauen schrieen laut auf, als sehen sie ihre letzte Stunde un aufhaltsam herannahen, und eine plötzli che Betäubung schien unfähig zu machen, auf Flucht zu denken oder Widerstand zu verursachen. Sie hatten aber auch kurze Zeit, um sich auf letzteren vorzubereiten. In wenigen Augenblicken hatte der Mob, mehrere Hnderte an der Zahl, das Ge bäude umringt, und die Mündungen von fünfzig gespannten Flinten und Pistolen blickten drohend zu den Fenstern und zur Thür herein. Allein nicht ein Finger erhob sich zur Vertheidigung—die Angst schien die Mormonen alle in Stein ver wandelt zu haben. Die Heiligen der letz ten Tage waren damals noch nicht durch so viele Verfolgungen zu Veteranen ab gehärtet und die später so berühmt ge wordene Mormonen-Legion existirte da mals blos in der Einbildungskraft ihres Propheten. Jetzt stürmten die Lynchers zur Thür herein, an ihrer Spitze der allgesürchte te, riesige Colonel Türk, und begannen mit den eisernen Ladstöcken ihrer Büch sen wüthend und schonungslos, ohne ir gend eine Rücksicht auf Alter und Ge schlecht, auf die vor Furcht halbtodten Mormonen loszuhauen. Das Geschrei und die vergeblichen Rufe um Gnade und Hülfe übertäubten das Heulen des Stur mes, der noch immer forttobte. Endlich schrie Colonel Türk seinen Leuten zu: Schafft die Weiber hinaus, haltet die Männer fest und bringt Hickoryruthen und Theer und Federn herein! Und die betrunkene Bande jubelte vor Lust und beeilte sich, die viehischen Befeh le ihres Anführers zu vollziehen. BiS zu diesem Augenblicke war Mills, mit derßibel ihres Propheten in der Hand, auf seinem Platze stehen geblieben, ohne sich zu rühren ; sein Außeres zeugte je doch von einem furchtbaren Kampfe, der in ihm vorging; sein Gesicht war Lei chenblaß, seineLippen krampfhaft geschlos sen, seine Fäuste waren geballt und seine Augen schössen tödtliches Feuer. Plötz lich sprang er mit einem Satze nach dem nächsten Fenster, und trotz zwanzig Ar men, die sich nach ihm ausstreckten, um ihn zu fassen, entkam er glücklich aus dem Hause. Jagt ihm nach —schießt ihn nieder faßt ihn, lebendig oder todt! schrie Türk in der heftigsten Wuth und ermahnte sei ne Leute durch sein eigenes Beispiel zur Verfolgung, indem er wie rasend zur Thür hinausstürmte. Mills floh geraden Wegs auf den Strom zu und eine fast wunderbare Be hendigkeit verschaffte ihm bald einen be deutenden Vorsprung vor seinen Verfol gern. Mehrere der Letzteren feuerten ihre Büchsen nach ihm ab, aber ohne Er folg. Als er den Strom erreicht hatte, bückte er sich einige Augenblicke nieder und schnallte sich inEile ein Paar Schlitt schuhe an die Füße, die er, längst auf ei nen Ueberfall gefaßt, seit dem Zufrieren des Stromes immer bei sich trug; dann betrat er dasEis und flog mit der Schne lligkeit des Windes den zugefrorenen Strom dahin. "TVillig zu loben und obne Furcht zu tadeln." Dienstag den SS». April, I8S4». Hat denn Niemand ein Paar Schlitt schuhe bei sich? schrie Colone! Türk mit einem gräßlichen Fluche und schlug sich bei dem Gedanken, daß ihm sein Todfeind entkommen könne, mit der Faust vor die Stirne. Hier ist ein Paar, antwortete einer aus der Bande, aber mir müßt ihr nicht zumuthen, daß ich sie in einer solchen Nacht auf dem Eise versuchen soll. Schnell her damit—gebt sie mir! rief Türk im Tone brennender Ungeduld aus. Mit diesen Worten riß der Colonel jenem die Schlittschuhe aus der Hand, band sie an seinen Füße« fest und fuhr, mit einem abermaligen Fluche schwörend, er wolle den Scalp des Predigers zurückbringen oder diesem seinen eigenen lassen, auf der Eisdecke hinaus auf die gefährliche Jagd. Kein Muth läßt sich mit der Verwegen heit vergleichen, welche die Rachsucht und Blutgier einflößt. In der Zwischenzeit hatte sich Mills dem entgegengesetzten Ufer genähert, be merkte aber zu seinem größten Erstaunen, daß auch dieses von Bewaffneten besetzt war. Er wußte in einem Augenblick spä ter, was dies zu bedeuten habe. Colo ne! Türk hatte, um das Entkommt« der verfolgten Mormonen zu verhüten, jen seits des Flusses eine Wache zurückgelas sen. Er richtete nun ohne Zögern seinen Lauf stromabwärts, und gleich darauf schössen sämmtliche Bewaffnete ihreßüch sen auf ihn ab, deren Kugeln ihn jedoch der großen Entfernung wegen nicht er reichten. Sie rasselten, ohne ihn zu ver letzen, über die Spiegelfläche des Eises dahin. Dießmal gedenke ich diesen Teufeln noch zu entrinnen, sagte er zu sich selbst und lief nun aus allen Kräften. So flog er einige Zeit fort, als er plötzlich bemerkte, daß ihn Jemand auf dem Eise verfolge. Da ließ er in seiner Eile nach und drehte sich herum, um seinen Verfol ger zu Gesicht zu bekommen. Der Letz tere war jedoch noch zu weit zurück, als daß er ihn hätte erkennen können, und der Mormone betete nun laut, gleichfalls vom Wahnsinn der Rache ergriffen : Ge be Gott, daß es Colonel Türkist, und ich will gerne sterben! Immer näher kann der Verfolger her anbrauser.d wie eine Lawine. Das Ras seln seiner Eisenschuhe übertönte dasHeu len und Toben des Nordsturms, seine ho he Gestalt, von den schimmernden Strah len des Vollmonds erleuchtet, wurde im mer deutlicher, die Umrisse immer schär fer, und bald war er so nahe, daß ihn das scharfe Auge des Mormonen nicht mehr verkennen konnte. Der junge Pre diger hatte seine Annäherung mit der größten Spannug erwartet. Als er aber nun den Erzfeind seiner Glaubensgenos sen erkannte, da brach er in ein' Gelächter aus, das über den erstarrten Strom da hin schallte, und mit der Freude eines höllischen Dämons sah er, wie jener sein Messer aus der Scheide riß. AuchMills zog nun das seine und fuhr, rasch wie der Blitz, zur Seite, um einen Zusammenstoß mit dem heranfliegenden Gegner zu vermeiden, der Beide zu Bo den werfen und einen längern Kampf un möglich machen mußte. Nun begann ein Kampf, der an Aus dauer, Verwegenheit und Geschicklichkeit schwerlich jemals seines Gleichen gehabt hat. Ein Gegner übertraf den andern an Schnelligkeit, Schlauheit u.Gewandt heit, und lange versuchten sie vergeblich, sich gegenseitig irgend einen Vortheil ab zugewinnen. Beide beschrieben die man nigfaltigsten Figuren auf dem Eise, Krei se, Ellipsen, Winkel, Quadrate Parallel ogramme bedeckten die glatte Oberfläche nach allen Richtungen; aber einer zeigte sich als ein ebenso vollendeterSchlittschuh läufer als der andere, und keiner konnte den andern auf einer Blöße ertappen oder sonst einen Vortheil erringen. Zu wie derholten Malen kamen sie auf Stoßwei te nahe, und dann kreuzten sich ihre Mes- fer, wie zwei Blitze, aber keiner erhielt eine tödtiiche Wunde. Die Kälte wurde immer grimmiger, der wüthende Sturm heulte immer schau erlicher, während die beiden Gegner in unzähligen Bendungen den Strom im mer weiter hinab fuhren, wo die Eisdecke dünner wurde und immer lauter unter ihren Füßen zu krachen begann. Endlich faßte der Mormone den Ent schluß, dem Streite ein Ende zu machen und seinen Feind zu vernichten, sollte er auch selbst mit ihm zuGrunde gehen müs sen. Er beschloß, bei der nächsten Be wegung nicht mehr auszuweichen, wie er bisher gethan hatte, sondern dem Lyn cher geradezu entgegen zu rennen; er machte zuerst einen weiten Bogen, um die Geschwindigkeit seines Laufes zu er höhen, und fuhr dann in gerader Linie auf Türk los. Dieser kam ihm eben so rasch entgegen —eine Sekunde später prallten sie aus einander wie zwei feindliche Eometen, und stürzten, sich gegenseitig umklammernd, zusammen. Im Augenblicke ihres Falles borst das Eis unter ihrer Wucht mit be täubendem Krachen, und das von seinen Banden befreite Wasser riß sie wallend und zischend in den tiefen Strudel hinab, der den Verfolger wie den Verfolgten als willkommene Opfer verschlang. Stöhnend unter seiner Last rollte der Strom unaufhaltsam weiter zur fernen See ; die Sterne schienen mild u. freund lich herab auf die winterliche Erde, so schön wie am Tage ihrer Erschaffung nur der eisige Nord stürmte heftiger denn zu vor, und heulte seinen schauerlichsten Kla gegesang dahin über das eisige Grab der beiden Kämpfer, die jetzt friedfertig um schlungen auf dem riefen Grunde des Stromes ruhten. Das Todtenschiff. Am linken Ufer des Vierwaldstätter fees, am Fuße des Bürgenberges, dehnt sich ein liebliches, jedoch einsames Gelän de aus. Ein kleines Dörfchen, eine Ka pelle und einzelne, zetstreute Wohnungen sind die belebtesten Punkte, bei denen das Auge verweilt. Die Verbindung mit dieser Ortschaft ist schwierig und zwar in dem Maaße, als dieselbe zu Lande nur mittelst eines steilen Bergpfades, sonst aber zur See stattfindet. Eine solche Abgeschiedenheit und Beschränktheit auf sich selbst muß natürlicherweise ganz be sonders auf die Eigenthümlichkeit der Le bensweise und des Charakters der dorti gen Bewohner einwirken und diesen den Mangel an vielen Nothwendigkeiten des Daseins oft recht fühlbar machen. Bei sehr vielen Anlässen, namentlich in Fäl len von Krankheiten, wird das Bedürf niß nach den Hülfsmitteln und Einrich tungen größerer Ortschaften sich besonders dringlich herausstellen; denn man findet dort keinen Arzt, höchstens eine Person, welche die Kräuter kennt, nicht aber die Krankheiten oder deren Symptome. Das geschichtlich Wahre, welches der nachste henden Sage zu Grunde liegt, ist ohne Zweifel aus diesen eben nicht beneidens werthen Verhältnissen hervorgegangen. Vor vielen, vielen Jahren —Geschlech- ter sind seitdem dahin gewelkt—lebte in Kersiten ein nicht unbemittelter Mann, Fridli Amstäg genannt. Der Kummer hatte ihn früh alt gemacht, denn dasMiß geschick ging hart mit ihm um und entriß ihm in kurzer Zeitfrist fein Eheweib und alle Kinder bis auf seine Tochter, ein lie benswürdiges Mädchen von achtzehn Ja hren. Der Arme glich einem vom Stur me zerrissenen, niedergedrückten Baume, welcher nur noch einen grünen Ast befitzt. > der Früchte zu erzeugen verspricht. In dem nächsten Sommer, welcher auf sei nen verhängnißvollenVerluft folgte, ging es leidlich mit ihm ; er fand Zerstreuung in der Arbeit und einigen Trost im An blick der herrlichen Natur. Aber beim Anrücken des Spätherbstes, als die Er heiterungen und Genüsse aufhörten und Laufende Nummer die kalte Witterung ihn in die einsame Stube bannte, in welcher selbst der ge ringfügigste Gegenstand ihn an sein Ün glück erinnerte, da wurde er schwermüthig, und endlich in Folge dessen ernstlich krank Ein 'Arzt aus dem zwei Stunden entfern ten Luzern behandelte ihn, und wenn die ser nicht selbst kam und das Nöthige mit brachte, so fuhr die junge Marie in einem leichten Nachen nach der andern Seite de 6 See's und eilte von da nach der Stadt, um Bericht zu erstatten und die Arzneien abzuholen. Marie war eine gute Toch ter, die den Vater recht innig liebte, und sie unterzog sich diesen mühe- und nicht selten gefahrvollen Sendungen mit einer kindlich frommen Hingebung, die eines glücklicheren Looses werth gewesen wäre. Aber hienieden geht es manchmal sonder j bar zu, und es bedarf hie und da, wenn wir sehen, wie Tugend und Unschuld mit Kummer und Elend heimgesucht werden und das Laster im Bollgenuß vonGlücks gürern triumphirt, eines felsenfesten Ver trauens auf die göttliche Vorsehung und eine spätere Vergeltung, um in Glaube und Hoffnung nicht irre zu werden. Es war das letzte Mal, daß Maria nach St. Nikolaus hinaberfahren sollte, denn der Vater begriff, daß die Jahreszeit nicht mehr geeignet sei ein junges Mäd chen allein über Straßen und Land zu schicken, und ein Nachbar hatte ihm ver sprochen, dieses Geschäft künftighin gegen eine gute Entschädigung zu übernehmen. Unglücklicherweise war der Arzt abwe send, als Marie in Luzern anlangte, und als sie nach langem Harren das Nöthige endlich erzielt, war es spät geworden. Auf der Höhe am Tribschen angekommen dun kelte es bereits, denn ein heftiges Schnee gestöber verfinsterte den Rest der Tages helle und ein schneidend kalter Westwind durchbrauste ungestüm die entblätterten Wipfel der Bäume. Das arme Kind eilte heimwärts und zwar mit solcher Hast, daß ihm, ungeachtet des Frostes, der Schweiß in großen Tropfen von derStir ne perlte. Glücklich, jedoch von Anstren gung und Angst niedergedrückt, erreichte es den Nachen. Aber der Gedanke an das wahrscheinlich bangeHarren des kran ken Vaters wirkte elektrisch auf die ge schwundene Kraft, und ohne diese, gegen über der Gefahr, zu würdigen, ohne auf den Gedanken zu kommen: Jemand zum Beistand herbeizurufen, stieß sie das Schiffchen vom Ufer und vertraute sich sammt demselben den treulosen Fluthen an. Die Wellen gingen hoch und verur sachten ain felsigen Gestade eine schäu mende Brandung. Aus der Bucht von Alpnacht her heul te der Sturm und über den See herüber schwebte kein einziger Lichtstrahl, denn Wolken von Schnee schwebten gleich Ge spenstern in raschem Fluge über die to benden Gewässer hin. Die Leute zu St. Niklaus hatten ge sehen, wie das ihnen wohlbekannte Mäd chen dem Nachen zueilte; sie glaubten aber nicht, daß es die Ueberfahrt wagen, sondern wieder zurückkommen und sich bei ihnen schirmen oder wenigstens um Hülfe bewerben würde. Mit Freuden würden sie das eine und anderer zugestanden ha ben ; allein sie irrten sich in ihrer Erwar tung. Marie kam nicht, und als sie angsterfüllt, am Gestade nach ihr suchten, sahen sie mit Entsetzen, daß dieselbe fort sei. Armes Kind! riefen sie händerin gend, nur ein Wunder kann dich retten. Vergebens harte der kranke Vater in der Todesangst auf die Heimkehr der Tochter: Vergebens war sein heißes Fle hen, waren seine Gelübde —Marie kam nicht wieder. Nur einmal—es war um die zwölfte Stunde der Nacht glaubte er zuerst ein rasch wiederholtes Klopfen am Fenster, darauf ihre Stimme, einem langgedehnten Hülferuf ähnlich, zu ver uehmen. In wahnsinniger' Freude stürz te er zum Fenster hin, aber er fühlte nur den kalten Hauch des Sturmes, er hörte nur sein Brüllen und wie er die Fluthen