Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, April 02, 1850, Image 1

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    NeaA i n g, Penn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Pulve l! e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Ckesnut - Straße
Jahrg. ZI, ganze Nnin. 348.
: Der liberale ZZrob.icllttr erscheint jeden Dienstag aus einem großen Luperial - Bogen mir schönen vettern gedruckt. Der Lubfcriptions, Preis ist Ein Thaler des Jahrs, welcher IN halbjährlttl'.-r
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, dem werden Hl 50 angerechnet. Für kürzere Zeit als « Monate wird kein linrerschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen «erden nur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor 'Ablauf des Subs.riprions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ei,«
gerückt. ' Unterschreibern in hiesiger Ltadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träg"', auf Kosten der Unterschreibe,. Briefe und dcrgl. müssen postfrei eingesandt werden.
Aus Sibirie n. Ein Brief aus
Aakutsch erzählt: Die Colonie Wensch
naje Laba war der Schauplatz einer trau-
rigen Begebenheit. Drei Männer, Bia-!
lohorski, Demitry und Sebaniew gingen!
auf die Jagd in den großen Wald zu La-1
ba und fanden da zwei junge Bären, vie
sie mit sich in ihre Wohnung nahmen. ES
vergingen drei Tage und die jungen Bä-,
ren singen bereits an, sich an die Menschen
zu gewöhnen, als man in der Nacht deS
vierten Tages im Dorfe ein fürchterliches
Geheul vernahm. Die sibirischen Dörfer
sind stets von hohen Pallisaden umgeben ;
die Einwohner traten in jener Nacht er
schrocken aus ihren Hütten und sahen mit
Entsetzen das Haus deS BialohorSki von
einer Schaar Bären umgeben, die wüthend
heulten. Die Ansiedler holten ihre Waf
fen ; einer zog die Sturmglocke. Die Ko
saken der Garnison stiegen zu Pferde und
erschienen auf ihrem Sammelplätze. Alle
Ansiedler rückten gegen die Feinde und der
Kampf begann mit Flintenschüssen; die
Bären vertheidigten sich tapfer und fielen
entschlossen über die Menschen her.. Der
Kampf war schrecklich und man konnte der
wüthenden Bestien nicht anders Herr wer-!
den, als daß man das Haus in Brand
steckte. Die Flammen vertrieben sie.
Acht Bären blieben auf dem Platze, aber
auch fünf Menschen verloren ihr Leben
und dreißig wurden verwundet.
DeS iß ja uz enjal!—Zwei Ek
kensteher, Lude und Wappich mit Namen,
begegneten einander auf der Königsstraße
in Berlin. Höre mal, Wappich, sagte
Lude, komm' und jenieße eenen Kümmel
mit mich, ick lade Dir in!
Wappich.—Allabunöhr, Lude, ick »ehe
mit!
Beide gingen nun auch gleich in einen
nahen Schnapsladen und Lude ließ Hwei
große Kümmel bringen. Als dieselben
vertilgt waren, sagte Lude: Wappich jetzt
bezahle, und dann schieben wir wieder ab.
Wappich.—Wie, ick soll bezahlen? Du
hast mir ja injeladen!
Lude. —Allerdings. —lck habe Dir in
jeladen, weil ick keen Geld nich bei mich
habe.
Wappich. —Na nu, des is nich übel, ick
Rhabe ooch nischt, was fange wir abersch
Mjetzt an?
Lude.—Wir trinken noch eenige.
Wappich.- Wie so, noch eenige trinken ?
Jlobst Du, ick wollte mir hier festsaufen?
Lude.—Ne, kunträr im Jejentheil, wir
saufen uns los, denn da wir nich bezahlen
können, werden wir jedenfalls 'rausje
schmissen. Ob se unö nu vor zwee oder
zehn 'rausschmeißen, des is janz enjal!
Entdeckte Untreue.- Vor dem
Criminalgerichte in Berlin wurde kürzlich
ein Rechtsfall verhandelt, welcher allgemei
ne Theilnahme erregte. Ein Baumeister
stattete einem ihm befreundeten Beamten
einen Besuch ab. Der Letztere ist nicht
sogleich anwesend und der Erstere wartet
die Rückkehr des Freundes in dessen Woh
nung ab. Unterdeß bringt der Briefträ
ger einen an den Beamten gerichteten
Brief. Der Baumeister nimmt denselben
in Empfang, erkennt aber zu seiner gro
ßen Ueberraschung in der Adresse die Hand
schrift seiner eigenen Frau. Er erbricht
deßhalb den Brief und entdeckt aus dem
Inhalte ein Verhältniß, von welchem er
keine Ahntmg gehabt. Er klagte auf den
Grund dieses Briefes auf Ehescheidung.
Der Beamte dagegen denuncirte bei dem
Criminalgerichte wegen eigenmächtiger Er
brechung fremder Briefe, und daS Gericht
sah sich genöthigt, den Angeklagten dem
Buchstaben des Gesetzes zufolge zu einer
dreitägigen Gefängnißstrafe zu verurtei
len. Der Vertheidiger hatte sich vergeb
lich bemüht, die Handlung des Eheman
nes als einen Ausfluß der dem Manne ge
bührenden HauSzucht und den Brief als
Eigenthum des Mannes darzustellen, da
das von der Frau benutzte Papier :c. vom
Schreibepulte desMannes genommen war.
KrotinuS, der nordische Räuberhaupt-
Der Liberale ücobacliler
Und Berks, Momgomery und Schuylkiil Cauimes allgemeiner Anzeiger
mann.— ES wird von ihm Folgendes er
zählt : Krotinus ist der Beschützer und
Beförderer des Schmuggelhandels auf der
ganzen russisch-preußischen Grenze. Die
Gränzbewohner sind ihm alle Unterthan.
Die russischen Soldaten sind seine besten
Freunde,denn derZchmuggelhandel bringt
reiche Ernten. Seine Bande soll 6t)l>
Man» stark sein. Wo er hinkommt, ist
er ein lieber Gast, denn er bringt Geld.
So war er in einem Dorfe bei einem Tan
zvergnügen nahe daran, von zwei Genöd'-
armen gefangen zu werden. Doch, wie
diese eintraten, ertönte die Fiedel zum
Tanze, Juchheisa sixum, und die Mädels
um die Polizei herum. Ist den Herren
nicht gefällig ein Tänzchen zu machen?-
Wir haben schon lange nicht die Ehre ge
habt. So wurde den Gensd armen von
dem Haufen Mädels Schach geboten; so
waren die GenSd'armen gefangen, indeß
Krotinus mit einem neckischen „Gehabt
Euch wohl, Ihr Herren, auf baldigeSWie
dcrschen !" wie der Wind durchs geöffnete
Fenster davonflog, und die MadelS riefen:
~Komm bald wieder, Krotine, komm bald
wieder!" Die preußischen Grenzbewoh
ner gehen für ihn bereitwillig durch Feu
er und Wasser. Er schafft ihnen Brod,
während sie sonst bei der Grenzsperre im
Elend leben mußten. Auch gute Lehren
weiß KroUn mit Nachdruck zu -geben.
Ein Forst Candidat wurde wegen seines
hochfahrenden und tyrannischen Beneh
menö bei ihm angeklagt. Eines Tages,
als der Candidat in den Wald reitet, er
blickt er einen Mann, der seine Doppel
büchse auf ihn anlegt. Halt! donnert er
dem Candidaten zu, ich bin Krotinus.
Steig' er vom Pferde, sonst jage ich ihm
eine Kugel durch den Kopf. Der Candi
dat steigt erschrocken vom Pferde, Kretin
hält ihm sein Betragen vor und schließt
mit der Warnung: Bessere er sich, für
diesmal kommt er mit dem Schreck davon ;
höre ich von ihm wieder Schlechtes, dann
wird'ö schärfer kommen. Jetzt mache er
sich davon. Der Candidat hatte nichts
Eiligeres zu thun, als sich wieder zu Pfer
de zu setzen und davon zu reiten.
Bei seiner Bande hat Krotinus einen
furchtbaren Respekt Er hält aber auch
strenge Zucht. Einen von seinen Leuten,
der gestohlen hatte, ließ er an einem Bau
me aufhängen und darunter eine Tafel
mit der Warnung setzen: ~So straft
Krotin den Dieb." Solche Leute sind
die Produkte einer unnatürlichen Grenz
sperre. Krotin öffnet die Grenze was die
Diplomatie nicht vermag. Darum hat er
solchen Anhang, während er sonst als ge
meint'lßauber längst im Zuchthause wäre.
Die Spielhöhle.
i - Etwas später als. ein Jahr nach der
Periode, da wiederwärtige Verhältnisse —
hauptsächlich das Resultat meiner eigenen
unüberlegtenThorheiten—mich nöthigten,
!in die Reihen der londoner Polizeibeam
ten zu treten, als das einzige Mittel mei
l nen Lebensunterhalt zu verdienen, zog ich
die Aufmerksamkeit einer der Polizeichefs
auf mich, und zwar durch die meinerseits
bewiesene List und Künheit, wodurch eine
Bande Betrüger entdeckt und festgenom
men wurde, welche durch einen künstlich
angelegten Plan, ein bedeutendes Hand
lungshaus in London beschwindelt hatte.
Der Polizeichef ließ mich rufen, und
nach einer längeren Conversation drückte
er mir nicht allein seine vollkommene Zu
friedenheit in dieser Sache aus, sondern
er deutete mir auch an, daß er mich viel
leicht bald in einem Geschäfte nöthig ha
ben würde, welche große Gewandtheit
und Entschlossenheit erfordere.
Ich glaube sie schon früher gesehen zu
haben bemerkte er mit einem bedeutungs
vollen Lächeln, als sie eine andere Stel
lung, verschieden von ihrer jetzigen, ein
nahmen. —Seien sie übrigens ohne Sor
ge ; ich verlange nicht unnöthigerweise in
anderer Leute Geheimnisse einzudringen.
Williams ist ihr Name, welcher genugsam
in allen gesellschaftlichen Klassen bekannt
"IVillig zu loben und okne Lurchr zu radeln."
Dienstag den L. Aprii, RBS».
ist, jedoch—fügte er mit einem ironischen
Lächeln hinzu, kann ich mich irren. Je
denfalls ist die Empfehlung des Gentle
mans, welcher ihnen zu ihrem jetzigen
Posten verhalf, hinreichende Bürgschaft,
daß man ihnen nichts Schlimmeres als
Leichtsinn und Thorheit zur Last legen
kann. Ich habe weder das Recht noch
Lust, weiter in die Sache zu dringen.
Morgen jedoch werde ich sie höchst wahr
scheinlich rufen lassen.
Beim Zuhausegehen gedachte ich der
Bemerkungen des Chefs, konnte mir je
doch unmöglich erklären, schon irgendwo
und in einer andern Sphäre des Lebens
mit ihm zusammen gekommen zu sein.
Meine Frau jedoch, welcher ich das Ge
sagte mittheilte, bemerkte, daß er mich
vielleicht in Doncaster beim Wettrennen
gesehen habe. Sei dem, wie ihm wolle;
ich hatte jedenfalls keine Neigung, mich
weiter darüber zu unterhalten.
Drei Tage verflossen, bervor ich die er
wartete Vorladung erhielt. Ich begab
mich sogleich zum Polizeichef, und war
angenehm überrascht, daß ich sofort mit
einer Mission beauftragt werden sollte,
wodurch die schlauesten und besten Beam
ten sich beehrt gefühlt haben würden.
Hier ist eine schriftliche Beschreibung sol
cher Personen, welche zu dieser Bande
von Betrügern, Fälschern und Schwind
lern gehören, sagte der Chef, und schloß
dann seine Instruktionen mit folgenden
Worten: Es wird ihre Aufgabe sein,
ihre geheimen Schlupfwinkel auszufinden
und zwar so, daß man auf gerichtliche
Weise gegen ihre schändlichen Laster ver
fahren kau. Es sind durchtriebene Schur
ken und es erfordert große Ausdauer ih
rer habhaft zu werden. Einer ihrer jüng
sten Opfer ist der junge Herr Merton,
ein Sohn der Lady Everton. Ihre Ex
cellenz hat unsern Beistand verlangt, um
ihn wo möglich noch aus dem Verderben
zu ziehen, worein er sich bereits gestürzt
hat. Gehen sie diesen Nachmittag um
5> Uhr zu ihr, natürlich in Civilkleidung,
und empfangen sie die Instruktionen,
welche sie im Stande ist, ihnen in Betreff
dieser Angelegenheit zu geben. Verges
sen sie nicht, mir persönlich Bericht zu
erstatten, und jeder Beistand, dessen sie
etwa benöthigt sein .sollten, wird ihnen
geleistet werden.
Ich eilte nach Hause, und nachdem ich
mich sorgfältig angekleidet hatte, begab
ich mich zu der Wohnung der Lady Ever
ton. Ich wurde sorglich in den Salon
eingeführt, wo die Lady und deren Toch
ter, ein bildschönes Mädchen, meine An
kunft erwarteten. Lady Everton schien
über mein Aeußeres höchst befremdet, da
sie sich unter einem Polizeibeamten eine
andere Figur vorgestellt haben mochte und
erst dann, als ich ihr die Note überreich
te, welche der Chef mir gegeben, gewann
ich ihr Zutrauen, und sie redete mich mit
einer gewissen Höflichkeit an.
Setzen sie sich Herr Williams, sagte
die Lady, indem sie mir einen Stuhl an
wies. Dieses Billet benachrichtigt mich,
daß sie dazu ersehen sind, meinen Sohn
aus der verderblichen Lage zu ziehen, wo
rein er sich unalücklichei weise gestürzt hat.
Ihre Excellenz fuhr fort und gab mir
in Kürze folgende Auskunft: Nach Ver
lauf weniger Wochen, nachdem HerrMer
ton Major geworden war, gerieth er un
ter Betrüger. Eine unbegrenzte Leiden
schaft für das Spiel schien sich seiner
gänzlich bemächtigt zu haben, und es ver
ging fast kein Tag und keine Nacht, wo
er nicht sein sieches Leben beim Spiel zu
gebracht hätte. Seinem Glauber. zufol
ge schien sich das Schicksal gegen ihn ver
schworen zu haben; es war jedoch nichts
anderes als Betrügerei, und er hatte nicht
allein alles baareS Geld vergeudet, wel
ches er geerbt, sondern auch noch große
Summen anßerdem, welche seine nachgie
bige Mutter ihm gegeben, so wie auch
Wechsel und Obligationen bis zu einem
enormen Betrage, ausgestellt.
Der Urheber in dieser Sache »var ein
gewisser Sanford, ein Mann von einneh
mendem und elegantem Aeußern, und er
war der Anführer der Bande, die ich aus
findig machen sollte. Es ist auffallend,
daß Herr Merton in die Ehre dieses Me
nschen unbegrenztes Zutrauen hatte, und
sogar nach dem, als er von ihm und sei
nerßande betrogen und beschwindelt war,
traute er den Rathschlägen dieses Böse
wichts.
Mit gespannter Aufmerksamkeit, und
großem Interesse hörte ich die Mitthei
lungen der Lady Everton an.
Nachdem ich den Damen anempfohlen
hatte, unsere Eonversation, so wie über
haupt alles übrige, vor Herrn Merton
geheim zu halten, empfahl ich mich, da
ich nunmehr mit Instruktionen versehen
war, wonach ich, wie ich hoffte, mit Er
folg handeln konnte. Beim Abschiede
von Lady Everton sagte ich ihr, daß ich
sie schriftlich durch die Post von dem For
tgange meines Unternehmens benachrichti
gen wolle, weil meine persönliche Auf
wartung Aufmerksamkeit und Argwohn
erregen könnte.
Wenn er es wäre! dachte ich, indem
ich fortging. Der bloße Gedanke hatte
das Blut in meinen Adern mit doppelter
Schnelligkeit durchströmen machen. Wen,
wie ich vermuthe, dieser Sanford, der
Schurke Cardon ist, dann muß ich trium
phirend aus dieser Sache hervorgehen.
In diesem Falle braucht Lady Everton
mich nicht durch Geldversprechungen zu
animiren, ich werde auch ohne dieses mit
Muth und Beharrlichkeit handeln. Ge
be der Himmel nur, daß ich mich nicht täu
sche, alsdann steht der Feind und Rächer
dir gegenüber.
Sanford war, wie ich hörte, gewöhn
lich in der italienischen Oper während des
BalletS anwesend, die Loge welche er ge
wöhnlich einnahm war von der Polizei in
deren Notizbuch bezeichnet; und da ich
aus dem Theaterzettel ersah, daß an je-
nem Abende ein sehr populäres Stück zur
! Aufführung kam, beschloß ich hinzugehen.
! Einige Minuten nach zehn Uhr kam
ich im Theater an, gerade beim Begin-
neu des Ballets. Ich blickte nach der
Loge, wo ich meinen Mann zu finden
hatte, aber sie war leer. Bald wurde
ich jedoch angenehm enttäuscht. Kaum
waren fünf Minuten vergangen, alsCar
don mit einer triumphirenden Miene, und
mit einem aristokratisch aussehenden blas
sen jungen Manne die Loge betrat. In
Letzterem erkannte ich sogleich den jungen
Merton, da derselbe eine auffallendeAehn
lichkeit mit dem Portrait hatte, welches
sich in dem Salon der Lady Everton be
fand. Sogleich beschloß ich ans Werk
zu gehen. Einen Augenblick inne hal
tend, um mich der aufgeregten Gefühle
zu bemächtigen, welche mir der Anblick
dieses Schurken verursachte, durch den
auch ich so vieles gelitten, ging ich auf die
entgegengesetzte Seite, und betrat mit ei
nem festen Schritt die Loge. Cardon
hatte mir den Rücken gekehrt, und ich
klopfte ihm leise auf die Schulter. Schnell
drehte er sich um, und als wäre er aus
den Wolken gefallen, so bestürzt und ver
legen schien er, mich vor sich zu sehen.
Mein Aeußeres schien jedoch ruhig, und
die ihm dargebotene Hand schien unsere
frühere Freundschaft erneuern zu wollen.
Williams! stammelte er endlich, indem
er die ihm dargebotene Hand leise erfaß
te, wer hätte geglaubt sie hier zu sehen?
Sie gewiß nicht, da sie einen alten
FreUnd begaffen, als wäre ich ein Unge
heuer, das sie verschlingen wollte. In
der That.
Still ! Reden wir ein ander Mal da
von. Ein alter Freund, fügte er als
Antwort zu Merton's erstaunten Blicken
hinzu. In einem Augenblick kehren wir
zurück.
Nun Williams, was bedeutet alles die
ses» sagte Cardon, sich wiederfassend,
als wir allein waren, ich hörte, sie hätten
sich gänzlich von uns zurückgezogen; und
doch, waS soll ich sagen?
Laufende Rummer S 2.
Ruinirt, verloren ! Niemand sollte die
ses besser wissen, denn sie.
Mein guler Freund, sie bilden sich doch
nicht ein ; daß —
Ganz und gar nicht, mein lieber Car
don. Ich war gänzlich verloren Glück
licherweise aber ist mein guter alter On
kel Pasgrove—todt! unterbrach er mich,
und fügte dann begierig hinzu, und sie
sind sein Erbe! Ich gratulire mein wer
ther Freund. Dies ist in der That eine
günstige Umgestaltung des Schicksals.
Sehr wahr; aber das Spiel habe ich
gänzlich aufgegeben. Für mich gibt eS
keine Karten und Würfel mehr. Ich
habe meiner Frau versprochen, keine Kar
ten mehr anzurühren. —
Sehr gut, vollkommen Recht, erwider
te er mit hämischen Blicken. Aber kom
men sie, ich will sie mit Herrn Merton
bekannt machen, und ich versichere sie, er
ist ein höchst achtbarer junger Mann.
AproposWilliams, fügte er in einem ein
schmeichelnden Tone hinzu, Familien und
anderer Ursachen halber, die ich späterhin
mittheilen werde, ist mein jetziger Name
Sanford.
Ja wohl vergessen sie es nicht. Aber
gehen wir, bevor das Ballet zu Ende ist.
Ich wurde in gehorigerForm beiHerrn
Merton eingeführt als ein alter und ge
schätzter Freund, den er—Sanfrod —seit
vielen Monaten nicht gesehen hatte. Beim
Schlüsse des Ballets machte Sanford den
Vorschlag, uns nach dem europäischen
Kaffeehause zu begeben, welches gerade
dem Theater gegenüber war. Der Vor
schlag wurde angenommen, und wir ver
ließen die Loge. Oben an der Treppe
stießen wir auf den Commissär, welcher
auch im Begriff war, das Theater zu ver
lassen. Auf Herrn Merton's Gruß mach
te er eine kurze Verbeugung, und mit ei
nem Blick übersah er uns, ohne jedoch
das geringste Anzeichen von Interesse zu
verrathen. Schon glaubte ich, daß er
mich in meiner andern Kleidung nicht er
kannt habe; nachdem er aber einige
Schritte voraus war, sah er sich um. Er
warf mir einen schnellen und durchdrin
den Blick zu, welcher Begeisterung und
Erstaunen verrieth, aber er wußte nicht,
wie wenig ich der Ermunterung bedurfte,
um mich in meinem Unternehmen zu be
eifern.
Sanford ließ mehrere Flaschen Wein
kommen, und zeigte sich während des Ge
sprächs sehr unterhaltend und witzig. Um
halb nach 12 Uhr schlug er vor, uns weg
zu begeben. Dieses wurde höchst willig
von Merton angenommen, welcher schon
während der letzten Stunde Zeichen der
Ungeduld an den Tag legte.
Sie werden uns begleiten Williams?
sagte Sanford, indem wir aufstanden.
Ich glaube, es ist keine Sünde zuzusehen,
wenn andere spielen?
Durchaus nicht; aber fordern sie mich
nicht zum Spielen auf.
Gewiß nicht; fügte er mit einem son
derbaren Lächeln hinzu.
Ihre Tugend soll nicht in Versuchung
gerathen. Bald kamen wir vor der Thür
eines stillen respectabel aussehenden Hau
ses an, in einer der Straßen, welche vom
Strand führte. Ein leises Klopfen von
Sanford wurde sogleich gehört; dann
flüsterte er ein Paßwort durchs Schlüs
selloch, und wir wurden eingelassen.
Wir gingen die Treppe hinauf bis zum
ersten Stockwerk, die Läden waren fest
zugemacht, so daß man von der Straße
aus unmöglich merken konnte, was da
rinnen vorging. Der Salon war brilli
ant erleuchtet: ein Roulette-Tisch, Kar
ten und Würfel waren in voller Beschäf
tigung ; Weine und Getränke aller Art
waren im Ueberfluß vorhanden. ES wa
ren ungefähr ein halbes Dutzend Perso
nen anwesend, außer der Bande vonSpie
lern, welche aus ungefähr zwölf gutge
kleideten Personen bestand. Da ich erst
kurze Zeit in London war, so durfte ich
nicht befürchten, daß diese interessante G
esellschaft mich erkennen würde. Nichts