Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, May 15, 1849, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger.
N e iL. ViN g, Denn. Gedruckt und berausgegcben von Arnold Pnwe l! e, in der Sud 6ren Straße, zwischen der Franklin- und Chrsnuc - Straße.
Jahrg. I». ganze Nun».
ö?>edingttngen : Der ralt' Ijroll.'lciltrr erftlieint jeden Dienstag aus einen, großen Superial--Bogen mit schönen vettern gekrackt. Der Lnl'scriptionS - Preis ist Ein Thaler des Jal>rs, welcher in halbjährlicher
> Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres niclu bezahlt, dem werden Hl 5» angerechnet. Für kürzere Zeit als (5 Monate wud kein Unterschreibet angenommen, und etwaige Auskündigungen werden nur
I dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Lubseriptions-Ternnns geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und sür den gewöhnlichen Preis ein»
t gerückt. Unterschreiben, in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterfchreiber. Briefe und dergl. müssen postfrei eingesandt werden.
Netteltmi; in Peitinften.
»Aus den Sagen am Lcchrain,"
Schüre die Kohlen zusammen, Hans
rhomas, schalt die Mutter, und leg ein
ichtenes Scheitle nach, das kann nicht
Haden. Der Ofen darf nicht erkalten,
zenn draußen die Sonne nicht mehr ein
eitzt. Der Ofen ist das Herz der Stn
e, wenn's da fein warm ist, dann gibt
» ein ruhriges, lustiges Leben. Rückt
»,ger zusammen auf der Bank und laßt'S
Rch Wohlbehagen am Klrchtagfeierabend,
?-'S war genug zu schaffen, für daS
Iwrger.de Fest, für unseren lieben Kiich
ve>h! Schon hängt am Thurmfenster
l>as roth und weiße.Fähnlein herab, des
Kachäus zerrissenes WammS. Ihr müßt
wissen, daß dazumal, als unser Herr Je-
Qis den sündigen Zollner vom Baum He
iabsteigen hieß, hat dieser sich in der freu
digen Hast sein rothes Gewaad zerrissen,
ihm das Hemd aus dem Nisse sah
Darum lieset man auch morgen das E
»angelium vom Malchaus i u Hochamte,
And hängt ein solches Fähnlein auv,
Zetzt ist die Arbeit gethan, Schiff »nd
Geschirr ist blank, die Nndeln geboren,
aS Bierfaß angezapft. Der Hr. .-.i:<ei)-
)g kann hereinspazieren, der liebwerthe
)ast.
Nichte jetzt die Gabe zur Hand für
en Nachtwächter, Luzeile, ein Dutzend
tüchlein, ein tüchtig Stück Brod und ei
e frische Maaß Bier, damit er einen fe
!ii Trunk dazu thun möge. DaS ist
m einmal so Brauch am Kirchweihabend
nd geschieht, damit seine Kehle glatter
Nd geläufiger werde und er desto schöner
ie Stunden ansinge.—Es mag aber noch
ne Weile dauern, bis er bei uns anklopft
nd bettelt, und damit ihr mir nicht ein
hlafet, will ich Euch eins ver,ählen. —
Schieb den Docht höher am Lämple, Mau-
seid still, und horchet aus; weil'.-
ven Kirchtag ist, will ich Euch die Ge
chichte vom Betteltanz sagen.
WaS man so nennt wißt ihr Alle, aber
licht warum' der Brauch den Namen er
alten. Du lachst so heimlich. Luzeile,
u junges Ding, und freust cich auf den
Montag, die Nachkirchweih, weil da der
auch für dich gegeigt wird.
Du bist noch ein halbes Kind, und es
»acht dir Spaß, wenn ein stockfremder
Dube kommt, und dich für ein paar Stun
den deö von mir loSbettelt,
um eine Schnur voll gesalzener Breyen,
nd einen MittagStrunk, den er mir zum
danke schicken muß, weil ich dich mit ihm
Mi Tanze gehen lassen. —Sieh oie Mau-
an, die macht ein trübesGesicht wen»
nan vom Betteltanze redet; sie weiß
vohl warum. Ihr Liebster hat da das
)recht, die nächste beste, die noch keinen
Lüben hat, zum Betteltanz zu führen,
md sie muß geduldig auf ihn warten, bis
Mi Abend.—Das lst nun einmal so ein
herkommen, ein Privilegium für euch jnn
ze Fählen, ein Aergerniß für Bräute und
iiebste, eine Lust für die leichtfertigen
Mannsbilder.
Also vom Betteltanz müßt Ihr wissen,
>aß er bereits vor viel hundert Jahren
war, bei uns im Peitingerdors.
i)ermalen hieß er aber der „Ehrensprung"
md es war dabei gehalten, wie heutigen
Tages, Alle Mädel, die noch an keinen
VubeV. gebunden waren, harrten an der
liachkirchweih nach der Messe bis einer kä
ue, und sie zum Tauze in die Schenke hol
e, zu dem sie sonst nicht durften. Da
nalen, als wir Peitinger gerade recht für
rehm thaten mit dem Marktbrief und uu
erm Wappen, saß ein wohlhäbiger Bau
r auf dem Hofe „zum Bären" genannt,
m Weiler Luttenbach, oben seitab von
ler Springgadnerstraße. Ihr wißt Alle,
oie rar es ist, wenn die entfernten Leute
>er Einöden und Niedhöfe zum Dorfe
ommen. Selten gehen sie herab zum
Gottesdienst, noch seltener zur Schenke,
her die Kirchweih bringt alle lustigen
Zursche zusammen, von den abgelegens
ten Weilern und Höfen; sie fahren mit
)ren Mädeln in s Dorf, und lagern die
zwei Tage im Wirthshaus?. Hat nun
eine Niederm keinen Buben, so ist sie
freilich übel dran, denn der Weg ist zu
weit, um sie zum Betteltanze zu holen,
und so vn sitzen sie die lustigsten Tage
trübselig daheim.
Ab/r deö Bärenbauern Töchterlein da-
M'.ls, Mariele hiess es, war gar nicht im
geringsten traurig am Klrchweihmontage
früh, und lachte in einem fort, als sie sich
jetzt daS gute Höß anzog, den fein-tuche
nenßock, das seidene, rosenfarbige Goller,
und als sie die dicken, silbernen Schnür
ketten ins Mieder wand. Sie wußte er
stens, daß ihr das Lachen ganz schön stund,
denn sie war ein sauberes Ding, zart wie
ein wächsernes Jesukind, weiß und roth
wie Aepselbiüthe, und hatte l).'lleS, weiches
Haar, wie Frauenfäden. Ueberdies lach
te eine innige Lust und ein Biolein Scha
densreude aus ihr; diese und die E>tel
keit. verdreben euch Mädeln qar schnell
den Koos. Sie wußte zweitens, das; des
reichen Fridhöilers Sohn von Haslach,
der Sälrel Jora kommen werthe, sie zum
Ehrensprung abzuholen, und daß sich
rob May r.' Linretl) araere. die Dirne, mit
welcher Ler Hansjürg sonst ging.
Der HaSlacher Bauerssohn war aber
der reiebste Bube, auf viele Stunden im
Umkreis, er selber aber obendrein ein feiner
schlancer Gesell, mit krausem Haar, uno
zierlichem Knebelbart. trug sich in Käme
lot und Sammet, wie ein AugSburger
Stadtherr, und wenn er aus seinem feisten
Schimmel anSritt. hatte er Scieseln und
silberne Sporen an, wie der Pfleger von
Schongau. Er war auch lustig dazu, leb
te und ließ leben. Wenn er zum „Egger"
r.rm, dann war das Bier viel zu schlecht,
sür ihn und seine Kompagnei. Die Ka
meraden tranken rothen Tyroler. und er
zahlte mit snnkelbeißen Franenthalern uud
lachte je mehr sie verthaten. Daß
er nebenbei alle saubern Dirnen wohl lei
den konnte, und sie ihn wieder, brauch ich
wohl nicht beizusetzen ; daS reimt ihr jun--
geö Volk euch ohnedem schnell zusammen.
, Am Kirchweihmontag also kam er an
gefahren zu Süttenbach mit einem flotten
Wägele, und zwei ungarischen Gäulen,
und brachte der „Bärin" statt der Bretzen,
wie's Brauch wäre, Lebzelten und Non
nenkrapsen mir, einen ganzen Mehlsack
voll, dazu ein Fäßlein begrüßle das
Mariele gar herrisch uud zuthunlich' setzte
sie auf's Gefährt und rasselte wie der
Wind herein in's Dorf „zum Pinzger,"
wo die Nieder ihre Einkehr haben. Da
ward hoch gelebt und gewirthschaftet- Der
Jürg hielt seinen Tisch frei und ließ dar
aufgehen, was der Brief vermochte. Er
wollte denAndern zeigen, daß er der Sohn
und Vetter sei der Bauern, wrlche die
größte Glocke in unserm Thurm, aus eige
nem Säckel gestiftet hatten, die man an
allen Fasttagen vor dem Gottesdienste so
lange läuten mußte, bis sie von ihren Ho
fen aus hsreingeritten waren. Der Meß
ner mußte da immer spähen, bis er sie
kommen sah, hoch zu Roß. in Scharlach
mänteln und Degen an der Seite- Durch
Uebermuth «nd eigene Zivlstlgkeit'ist spa
ler auch dies uralte, freisame Geschlecht,
verkomme», das auf reichem Erbe saß,
Brief und Wappen führte, wie der Adel,
und von dem man kaum mehr die Stelle
wüßte, wo ihr Haus stund, wären nicht
am Schneidberg außen ein paar Obstbäu
me geblieben von ihrem weiten Anger.
Das Mariele war aber bei dem Wesen,
glückselig und konnte sich nicht satt sehen,
an dem schönen Jürg, der heute ihren
Blumenstrauß am Hute hatte und ihr
Bube war, wenn gleich nur auf wenig
Stunden. Er that auch zärtlich, tauzte
jeden Tanz nur mit ihr und sagte ihr da
bei allerlei Schönes und Liebes, fleißig ihr
einschenkend vom süßen Muskateller, sie
fütternd mit Braten und Eonsekt. Die
geschicktesten SpieUeute hatte er selber be
stellt, und die mußten unausgesetzt fiedeln
und schalmeien' daß es gellte.
"willig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dieustaq den > ». Mai, ISA?».
Da war auch Einer darunter, der hieß
der Geiger Wölsle von Kellershofen, ein
junger, wilder, lebendiger Mensch, der vol
ler Feuer und Geschicklichkeit stak, und der
beste Musikant war in dei ganzen Gegend.
Er Halle beim Klosterorganist von Stein
gaben schier alle Instrumente gelernt; er
blies das Waldhorn und die Schwegel
l,Querpfeife), schlug die Zitter und das
Hackbrett, trommelte auf der Orgel, Alles
gleich gut- DaS Geigen aber verstund er
i aus dem Fundament, und wenn er den
! Bogen rührte, und seine nagelneuen Wei
j fem seine Ländler und Lrngrus prodnzirle.
! dann kam eS den ältesten LeimNedern in
die Füße, alle versteiften Knie rührten sich,
die ganze Menschd >t tanzte. und die Hun
de und Katzen sprangen in Freundschaft
in der Stube herum.
Nun aber wißt ihr» daß die Kellershof
ner Einöde, die Nachbarschaft ist von
Luttenbach, und so kam es denn auch, daß
Oer Wölsle, wenn er nicht zum Aufspiele»
bei umzog und daheim saß', oftmals in d. n
Bärenböfen heinig ircen ging, und dabei
)aS schone Mariele sich viel zu viel ansah.
> >iS in seinem tiefen, heimlichen Gemüth.
! ,'ichtS mehr regierte, als die Liebe zu dem
! inngen Mädel. Die hatte das bald ver
! spurt, und es freute sie die stumme, auS
dauernde Liebe des Musikanten, der ihr
5 KllcS that, was er ihr an den Auge» am
- sah, sie so hoch hielt wie uusere liebe Frau
! anter der Egg. auch gar leicht zufrieden
gestellt war, mit einem freundlichen Wort.
Aber heimlich mußte die Liebschaft betrie
ben werden, denn wenn auch der Bären
bauer, den Wölfle als Gast wohl leiden
mochte, weil er im Winter ganze Abende
lustige Liedelu sang oder siedelte, und ihm
die Langeweile vertrieb, so hätte er ihn doch
nie zum Schwiegersöhne genommen, weil
jener arm und ein SöldnerSkind war, er
aber reich und uralten Herkommens.
Bei linS' wißt ihr wohl, gibts auch Bau
eru, die auf ihren Stammbaum stolz sind,
wie Herren und Grafen.—Ob aber heim
lich oder offen, das galt dem Wölfle gleich»
! er meinte fest, das Mariele habe ihn eben
so lieb, wie er sie, und mit Gottes Hülfe
dachte er es schon zu etwas zu bringen um
sie heimführen zu können, über kurz oder
lang. Darum war er auch fleißig und
säumte nicht, wo etwas zu verdienen war,
obwohl er es früher mit seiner Musik,
kostspielig gegeben, und nur in Klöstern
und Herrenhäusern, vor Prälaten und rei
chen Bürgern anfspielen wollte.
Des Haölachers Versprechen eines gn
ten Lohnes, hatte ihn auch zum Pinzger
auf die Spielbank gerufen; aber als er
vermerkte für wen uuv wozu er spielte, da
überkam den armen Burschen die Eifer»
sucht, und er riß seine Tänze immer wtl
der und verwirrter herab und griff manch
liebes Mal falsch auf der Fiedel, so daß
sich seine Gesellen erst wunderten und dann
spottloü darüber lachten.— Der Jürg und
das Mariele merkten gar wohl deS Wolf«
le innern Grimm und sein bittres Leiden,
aber sie freuten sich darüber und lachten
auch zusammen, daß er eS wohl merken
konnte. Auch that das Mariele noch sehö
ner nUt dem Hans Jürg, nun zum Fleiß,
und der warf einen Thaler,nach den andern
zu deS Geigers Füßen, juchzte und schrie
immer: ,, Spiel' auf, Wölsle, spiel' auf,
einen feinen Achtertanz, einen subtilen
Langaus, den will ich meinem Ehreil
sprungmävel tanzen ! Und wenn'S mir gut
ist' wie ich verhoff', so laß ich die Lisbeth
sitzen und's Mariele bleibt mein Schatz !"
Wie er denn wieder so progelte und jubel
te und das Mädel im Tanze herumschwang
und er ein paarmal gerade vor dem Wölf
le ihr halbverstohlen einen Kuß auf den
Mund drückte, da überlief diesen die Un
geduld, die Wuth und der Zorn, die er
schon Stunden lang dem Mariele zu lieb,
ertragen halte und er sprang auf, faßte
seine Geige und zerschlug sie mir einem
schweren Fluch an der Wand, daß die
' Trümmer davonflogen, warf dem Buben
sein Geld hin und dem Mädel einen einzi
aen Blick, und rann hinaus, sich die Haa
re raufend, lachenv wie ein Narr. -- Der
Jürg und das Mariele lachten auch, tanz
ten noch viel, waren guter Dinge, und erst
spät in der Nacht fuhr der Haslacher mit
dem Mädel heim.
Ein Jahr daraus, müßt ihr wiffen. kam
wie billig der Kirchweibmontag-mit dem
Ehrensprung wieder.—An dem Tage aber
begrub man nach der Messe schnell ein jnn
geS Mädel, das vor zwei Tagen gestorben
war. und das Mädchen war des Bären
Mariele. Man wußte nicht recht, au wel
chem Krank sie verstorben, aber sie war in
kaum einer Woche entsetzlich abgezehrt und
elend verkommen. Böse Leute sagten sich
allerlei in die Ohren, als hätte sie selber
mit einem .nttigen Kraut sich umgebracht,
weil sie aus Liebesgram und Reue, aus
Schmerz und Verzweiflung, halb ver
wirrt geworden. Man machte darum,
nicht viel auS der Begräbnis?, und kaum
die nächsten Nachbarn gingen mit- wenn
gleich der stolze Bauer, die Geistlichkeit
theuer zahlte, daß sie ein Jungfernkiänzl
aus die Bahre legte und sein Kind mit
Glockengeläut, Sang und Posaunenklang
begrub. Aber unter den Posaunenbläsern
ging auch Einer, den der Schulmeister zu
sallig im WirthöhauS getroffen, und ge
schwind zum Dienst gedungen hatte- Es
war ein fahrender Slowak, hatte lange
schwarze Haare, gelbe Haut und graue
Fetzen am Leibe. Der blies die Posaune
am schönsten oder traurigsten, daß Allen
die Augen übergingen. Er aber lachte
immer spöttisch dazu, und kaum war die
Erde über Mariele's Sarg zusammenge
scharrt, so lief er hinunter zum Pinzger,
wo eben der Ehrensprung begonnen hat
te und es lustig herging; der Haslacher
Jürg hielt dort seinen Tan? mit einer
bildschönen Müllerstochter von Lechbrück,
die er in wenigen Tagen Heirathen wollte.
Wie im vorigen Jahre floß Wein und
Bier, das Paar that süß mitsammen und
ranzte, der Jürg warf Frauenthaler aus
I und sang dazu :
„Wenn der Mond so scheint,
Eo lsi'6 hell ans der Welt,
Uuv wenn frische Bub'» tanz n
Krieg'n d'Spiellent a Geld."
Alles wie im vorigen Jahr. Der Zigeu
uermusikaut aber hatte sich auf die Spiel
bank gesetzt und siedelte die erste Stimme
ganz wunderbar schön und immer schöner
uud lustiger. Auf einmal aber, als eben
in der Kirche der Mittag geläutet ward,
mit derselben Glocke, die man bei Marie
les Leiche zog, mir der großen Haslacher
Glocke, da fing eran langsamer und trau
riger zu spielen und dann wieder toll oder
schreiend oder weinend wie ein Kind, ganz
verworren oder unsinnig durch einander.
Alles schaute den Bettelmusikanten an,
der Jürg aber am meisten; der mahnte
ihn ein paar mal ordentlich aufzumachen ;
nichts desto weniger strich der Andere sei
ne närrischen Melodien herab, und lachte
und weinte dazu ohne Aufhören.
Da ward der Haslacher grimmig und
packte den Geiger hart an der Brust, ihn
herabreißend von der Spielbank; die Gei
ge wand er ihm aus der Hand und warf
sie an dieselbe Wand, wo im vorigen Jahr
der Wölfle die seine zerschlagen. Noch
krachte die Fiedel, als er auch schon laut
„Jesus Maria" schrie uud auf den Boden
fiel, blutig und ein Messer in der Brust.
Der Bettelmusikant hatte ihn niederge
stochen und stand nun versteinert, und ließ
sich willig fangen und binden.
Bald kam es heraus, daß der Geiger,
Wölfle war, als welcher, da ihm sein Lieb
untreu geworden, als ein halb Wahnsin
niger auf und davon gegangen war, unter
wilde Leute, zu den spielenden Zigeunern.
So war er, halb von Heimweh getrieben,
unkenntlich und elend, endlich wieder zu
uns nach Peitingen gelaufen, wo er sie die
schlimme Maid, zu Grabe blies, und von
jenem Schlag der zerbrochenen Geige an
Laufende Nummer SB.
Alles erinnert, den falschen hoffährtlgen
Buben erstach. Der Wölfle sollte mit
dem Schwert hingerichtet werden ; da bat
er sichs.als eine Sündergnade auß, daß
man ihm die letzten drei Tage eine Fiedel
gäbe, und da horte er nicht mehr auf zu
spielen und geigte sich selbst hinaus zum
Hochgericht, und als er hinaufsteigen soll
te, riß er alle Saiten mit einem Strich
durch und fiel todt hin.
In derselben Tanzstube hat man Nachts
oft ein seltsames Musiziren gehört, gar
wehmüthig und schön. Den Ehren
sprung nannte man aber von dem Tage
an den Betteltanz und so wird er
wohl heißen, bis es sich ausgetanzt hat,
aus dieser schnöden Welt, und die ewige
Kirchweih im Himmel anfängt.
Aber horchet auf! —der Wächter
ruft; gebt her die Gaben und geht dann
zu Bett »nd betet ein Vaterunser für die
armen Seelen im Fegfeuer Amen!
Auch ein Beitrag zu deut
schen fürstlichen Gottes Gna
den Handlunge n.—Damit unsere
lieben Deutschen in Amerika, eine seelige
Erinnerung an die treffliche Sorge der
liebenswürdigen Vaterliebe, von Seiten
der Frusten Deutschlands bekommen, ver
öffentlichen wir einen Brief des Prinzen
von HessewKassel an den Freiherrn von
Hohendorf, Oberbefehlshaber der hessi
sehen Truppen in Amerika.
Den Bcen Februar 1777.
Baron Hohendorf! Ich erhielt zu
Rom bei meiner Zurückkunft von Neapel
Ihren Brief vom 27. Dezember letzten
Jahres. Ich ersehe daraus mit unaus
sprechlichem Vergnügen, welchen Muth
meine Truppen bei Trenton entfalteten,
und Sie können sich meine Freude den
ken, als ich las, das von Hessen,
welche in dem Gefechte waren, nur Zl)«>
entflohen. Da wären denn gerade 1650
erschlagen, und ich kann nicht genug Ih
rer Klugheit anempfehlen, eine genaue
Liste an meinen Bevollmächtigten in Lon
don zu senden. Diese Vorsicht würde um
so mehr nöthig sein, als die dem englischen
Minister zugesandte Liste aufweist, daß
nur j 155 gefallen seien. Auf diesem
Wege sollte ich Gulden verlie
ren. Nach der Rechnung des Lords von
dei Schatzkammer, würde ich blos 18Z, !5l)
Gulden bekommen, anstatt Gul
den. Sie sehen wohl ein, daß ich in mei
ner Forderung durch einen Rechnungsfeh
ler gekränkt werden soll, und sie werden
daher sich die äußerste Mühe geben zu be
weisen, daß ihre Liste genau ist und seine
unrichtig. Der brittische Hof wendet ein,
daß da lW verwundet seien, für welche
sie nicht den Preis von todten Leuten zu
bezahlen brauchen. Erinnern Sie daran,
daS von Lacedemoniern, welche den
Paß bei Thermopylä vertheidigten, nicht
einer zurrückkam. Ich wäre glücklich,
wenn ich dasselbe von meinen braven Hes
sen sagen konnte. Sagen Sie Major
Mindorf, daß ich außerordentlich unzu
frieden bin, mit feinem Benehmen, weil
er die Mann gerettet habe, welche
von Trenton entflohen. Während des
ganzen Feldzuges sind nicht 10 von seinen
Leuten gefallen. —
Teuflischer Versuch das Leben einer Fa
milie zu zerstören durch eine Höllenma
schine. —Die Neu Aorker Zeitungen, vom
vorletzten Samstag, enthalten folgende
Einzelnheiten eines Versuchs, eine ganze
Familie umzubringen:
Gestern wurde ein Versuch gemacht,
Hrn. Thomas Warner, einen wohlbekann
ten Advokaten dieser Stadt, umzubringen,
welcher jedoch glücklicher Weise fehlschlug,
die Familie aber hatte ein so knappes
Entkommen, wie kaum ein lebendes We
sen vorweisen kann. Am Donnerstag
Nachmittag ging Hr. Warner Geschäfte
halber nach Philadelphia, und spät Abends
desselben Tags kam entweder ein Neger,
oder eine geschwärzte Person, den Hut
weit über die Augen gezogen und ein Tuch