Und Berts, Montgomery und Schuyltill Caunties allgemeiner Anzeige^^ MeaV i n g, Renn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Pnwell e, in der Süd lilen Straße, Zwilchen der Franklin- lind CkcsiMl - S liatie. Jahrg. I«, ganze Nnm. tNS. PcdinAUtt.qci, : Der Niberillc erscheint jeden Dienstag auf einen, großen - Bogen nur schönen vettern gedruckt. Der LubseriptionS - Preis ist Ein Thaler des Jahr?, welcher in halbjährlicher I Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres ni(lit bezablt, dem werden TI 50 angerechnet. Für kürzere Zeit als <> Monate wird kein Unterschreiber angenommen, nnd etwaige 'Aufkündigungen werden nur I dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subftriptione'-Termins geschehen nnd gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein» I gerückt, ttnterfchreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen gestehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterfchreiber. Briefe und dergl. müssen postfrei eingesandt werden. Der Qsterabottd. Erzählung von Wilhelm Walther. (Fortsei.'»»-,.) Der Fremde machte eine Bewegung it dem Fuße, daß der Sporn klang, wo nch die Frau in ihrer Betrachtung ge ört wurde. Sie blickte auf, stutzte, da e ihn sah, ohne jedoch zu erschrecken, und rich mit der Linken die Haare aus dem je sichte. Dann erhob sie sich, ihn mit >ren tiefliegenden, aber noch klarcn Au en immer aufmerksamer betrachtend, ahm den schirm von der Lampe weg, nd giiff nach einem Stuhle. Es wird auch hente nichts mit dem O erlamme, murmelte sie, und winkte ihm zu nehmen. Setzt Euch, Herr' ne arme Flau, wie ich, kann Euch keinen essern Stuhl bieten; setzt Euch! Ich iußte wohl, daß Ihr kommen würdet, a er heute —es ist wunderbar! Wie, kenut Ihr mich denn? fragte er staunt und blieb stehen. Setzt Euch, Herr Graf, fuhr sie fort, )n kopfschüttelnd betrachtend. Ich trug 'uch, da Ihr ein Kind wäret, sehr oft uf diesen Armen ; das ist aber schon lan e, und ich sehe wohl, die Jahre haben hart mitgespielt. Setzt Euch ! Ich ar Kammeijnngser bei Eurer seligen Kutter, Herr Graf. Freilich, die Zeiten aben sich geändert; man wird alt —und,! >aö ich sagen wollte —wie kommt eö, daß hr am späten Abende mich besucht ? > verhard und Liese sind nach dem Oster- ! mer; wenn Ihr aber warten wollt, bis L ihrer Rückkehr, so sollen sie Euch den taffee kochen. Ich weiß nicht, ob etwas a ist... Schon gut; laßt nur Euren Kaffee, ntgegnete er mit hartem Tone und uahm )latz. Ihr kennt ohne Zweifel einen Namens Wilden? Nicht, daß ich wußte Ich meine einen Ouacksalber, der sich Doktor nennen läßt. Ach, so ja, den kenne ich allerdings, md auch Ihr kennt ihn, Herr Graf, oder licht? sagte die Alte, ihn mit einem for chenden Blicke ansehend. Ich hörte von seinen Quacksalbereien. Nein, Herr Graf, nein. Ihr wißt mehr >on ihm, erwiderte sie lebhaft und stand Hn ihrem Sitze auf. Doch ehe wir da »n sprechen, will ich sehen, ob Jemand ruf dem Flur ist. So redend, ging sie aus der Kammer. Fhr ganzes Benehmen, zeugte von einer Festigkeit, die sein Erstaunen erregte, liach ihrer Rückkehr nahn, sie den frühern Platz wieder ein. Es stört uns Niemand, und ich bin froh )arüber, fuhr sie fort und sah ihn mit vehmuthigem Ernste an. Ihr fraget nich nach jenem Manne; hat er Euch be ucht? Er ist ein Taugenichts, aber ich ?enne einen, der es noch mehr ist, Herr. Zhr seht mich böse an und dcnkt vielleicht, ch spräche nicht so, wie es sich gebührt in )er Anwesenheit eines so vornehmen Man nes, wie Ihr seid. Da mögt Ihr Recht haben aber in Einem Stücke sind wir zlle gleich, der Reiche wie der Arme Und dieses ist, daßwir alle sterben müssen. Und wenn ich Euch so betrackte, mit Eu- todtblassen, hageren Gesichte, bann, Herr Graf, muß ich Euch sagen, Ihr seid nahe dem viereckigen Loche, worein sie uns niedellassen—wider Wissen und Willen— >och ich vergaß mich, Ihr kommt in den Keller hinter der Kapelle. Was heißt das? fuhr er heftig auf. Zch bin nicht gekommen, um Euer Ge schwätz zu hören. Es ist wahr, entgegnete sie nach einer Pause, die reichen Herren mögen nichts )avon hören. Nun, das war's auch nicht, wovon ich sprechen wollte. Sagt mir kurz, was der Mensch mit Such gesprochen hat; ich weiß, daß es mich betrifft. Ganz recht, eö geht Euch an. Ihr verdct Euch erinnern, daß Ihr einst Vor mund über ein Kind wäret; es stand Euch m Wege Herr, und so riefet Ihr jenen Menschen zu Eurem Beistände, und dieser Beistand brachte Euren Mündel dem Gra be nahe. Habt Ihr'S vergessen? Weiter, weiter! Nun gut, ich sehe, Ihr habt es nicht vergessen. Ihr wisset also auch, was Margarethe that, und wie Euer Mündel später in die Fremde ging, nicht wahr? Ich begreife, daß Ihr und jener Elen de so etwas ersonnen habt, in der Hoff nung, mich zu täuschen. —Bei diesen Wor ten sah er die Alte mit einem Wuthblicke an. So meint Ihr, es wäre eine Lüge? fragte sie erstaunt. Ja, so meine ich, entgegnete er, sprang auf, riß ein Terzerol auS der Seitenta sche, spannte den Hahn und richtete es nach dem Kopfe der Alten. Bekenne mir auf der Stelle, fuhr er foit, und seine Augen funkelten wie die eineS Tigers be kenne mir, daß Du eine Lügnerin bist, o der bei Gott, ich schieße Dir durch die Hirnschale! Die Frau bot in diesem Augenblicke ein merkwüldigiS Bild dar. Der Ellbogen ihres linken Armes rü hrte auf dem Tische, während ihre beiden Hände zusammengefügt waren, wie beim Gebete. Ihr beinahe silbergraueS Haar, nicht eingeengt durch eine Haube, floß in zwei wellenförmigen Abtheilungen bis auf die Brust und gewählte de» vollen Ue berblick ihres kräftigen, wenn auch hagern und runzeligen Gesichtes, daS mit einer leichten Rothe bedtcktwar. Ein Lächcln spielte um ihre eingesunkenen Lippen ; ih re Augen blickten klar und unverwandt in das von Wuth entstellte todtbleiche Ge sicht des Grafen. Sie blieb in sitzender Stellung, und nichts verrieth an ihr auch nur einen Schimmer von Furcht; sie schwieg. Diese Ruhe erschreckte ihn. Nun sprecht, fuhr er nach einer Weile fort und seine Stimme zitterte. Bekennt, daß ihr gelogen habt, und Ihr sollt erfah ren, wie ich Eure Aufrichtigkeit belohnen werde; wenn aber nicht, so macht Eure Rechnung, denn ich bin nicht der Mann, der umsonst droht. Zwei Thränen rollten über ihre hohlen Wangen, die sie mit dem Rücken der Hand abwischte. Sie blickte ihn ruhig an, oh ne die Todeswaffe vor ihrer Stirn zu be achten, ohne seine wildrollenden, mit Blut unterlaufenen Augen zu scheuen. Bis weilen schüttelte sie den Kopf, schwieg a ber fortwahrend. Zum Henker, sprecht! O, ich will sprechen! Es sind viele, viele Jahre, da wäret Ihr noch ein Kind, Eure Wangen blüheten wie Rosen, Eure Stirn war weiß, wie der Schnee. Ihr lachtet freundlich, wenn ich Euch auf den Arm nahm, und nach dem Garten ging, wo die Blumen standen. Ich lehrte Euch beten, und als Ihr das Vaterunser könn tet, da schenkte ich Euch einen rothen Ap fel. Denkt Ihr noch daran? Es waren gute Tage, und Ihr wäret rein von Her zen. Was soll das? murmelte cr; aber die Hand, worin er das Terzerol hielt, sank allmählig. Und an einem andern Tage, fuhr sie fort, ohne seine Frage zu beachten, spieltet Ihr am Rande eines Teiches und wolltet eine Wasserlilie pflückcn. Nimm dich in Acht, Graf Ferdinand ! rief ich, eben aus dem Stalle kommend, wo ich die Kühe angebunden hatte. Ihr aber hörtet nicht, beugtet Euch hinüber, und sielet ins Was ser. Wie der Blitz sprang ich hin, zog Euch heraus und trug Euch in meine Kammer, wo Ihr bald wieder zu Euch kä met. Wisset Ihr noch, was Ihr damals sagtet ? Liebe Marie, sagtet Ihr, ich will auch immer brav sein; erzähle nur nicht meiner Mutter, daß ich in'S Wasser gefal len bin. Und ich versprach es, und eure Mutter erfuhr es nicht. Ein anderes Mal, fuhr sie nach einer Weile fort, während er düster hin und her sah, kam ein Betteljunge auf den Schloßplatz und weinte vor Hunger. Da "'willig zu loben und ohne Fnrchr zu tadeln." Dienstag dem 87. Februar, SSW. liefet Ihr in die Speisekammer, holtet ei neu Kuch.ii und gabt ihm diesen, wah rend Ihr vor Mitleid weintet. Ich freu te mich Eures Thuns und wisset Ihr noch, ivaS ich sagte ? —lch sprach zu «Luch : Selig sind die Barmherzigen, denn auch sie weiden Barmherzigkeit erlangen ! Ja, es waun gute Tage, setzte sie hinzu. Ihr hieltet nur Gott vor Augen. Es lag etwas in diesen Weiten, was ihn erschreckte, aber nicht rührte. Fast unwillkürlich legte er daö Pistol auf den und begann auf- und abzugehen in der Kammer. Sie aber blickte still vor sich hin, und ihre Erinnerung ries ein Bild nach dem andern aus ferner Vergangenheit. Bis weilen lächelte sie und schüttelte den .Kopf, als siele ihr etwas Kindisches ein; gleich darauf aber zog eS wie ein dufterer Schatten über ihr Gesicht; sie schrak zu sammen und ward todtbleich. Ich sah Euch, begann sie wieder, als Ihr zwanzig oder noch mehr Jahr haben mochtet. Da wäret Ihr ein H.-rr von ernstem Wesen, daö Gegentheil von Eu rem Bruder, der immer lachte und sein Geld mit vollen Händen wegwarf. Der gute Herr, er war mitleidig, er gab so gern den Armen, aber er war auch Einer von denen, die ihren Geldbeutel für uner gründlich halten. ES ging schlecht mit ihm, seine Frau starb, und cr kränkelte, weil er deü Guten zu viel gethan hatte, wie man zu sagen pflegt. Als sein En de nahete, rief cr Euch an sein Bett und bat mit Th.änen, Ihr möchtet seinem Kinde ein frommer und gütiger Vater werden, und daö verspracht Ihr ihm mit einem Handschlage. Und dieses Kind! man konnte nichts Schöneres sehen ; eS glich auf ein Haar seiner gottessürchtigen Mutter und war freundlich, wie ein En gel. Die Erinnerung an dieses Kind brach te eine seltsame Veränderung in ihre Zuge. Bisher hatte sie ruhig dagesessen; jetzt aber sprang sie auf, als ob ein elek trischer Schlag ihr Gebein durchzuckt hat te. Ihre früher so ruhige und sanfte Miene gewann den Ausdruck einer unbe schreiblichen Wildheit; ihre Augen flamm ten, ihre Stirn ward dunkelroth, ihr gan zer Korper zitterte. Nun, sprecht Herr! rief sie mit einer vor Wuth zitternden Stimme, die schauer lich in dem oden Hause wiedertönte, was habt ihr mit dem Kinde gemacht, mit dem Engel, der keinen Wurm beleidigte ? Was that eS Euch, daß Ihr eS umbringen woll tct? Ihr steht da, und Eure Augen fun keln, und Ihr greift zu dem Todeswerk zeuge auf dem Tische. Wohlan ! braucht eS, ich fürchte Euch nicht. Schießt mich nieder wie einen Hund; aber daö letzte Wort, waS über meine Lippen kommt, wird die Frage sein : Was habt Ihr mir dem Kinde gemacht? Voll Erstaunen sah er auf diese Frau, die seine Drohungen verachtete. Einen Augenblick kämpfte sein Stolz, mit der Schuld im Herzen; er wollte ihr Trotz bieten ; aber gleich darauf fühlte er, daß jene Worte nur ein Wiederhall derer wa ren, die jeden Tag in seinem Gewissen tönten, und er schwieg, sank auf den Stuhl und drückte den Kopf in die rechte Hand. Die Frau betrachtete ihn, und ihre Aufgeregtheit nahm ab. Glaubt mir, fuhr sie nach einer Weile fort, dieses Kind lebt noch, es muß leben, wird zurrücktommen und vor Euer An gesicht treten und fordern, waö ihm ge bührt. Dann aber verhärtet nicht lan ger Euer Herz, sondern reicht ihm die Hand der Sühne; dann macht wieder gut, was Ihr verschuldet. Meint Ihr, fragte er leise, eS lebe noch und werde zurückkommen ? Bei Gott, so denke ich! Als Marga rethe mir den letzten Brief schrieb, war der Knabe in Goslar, bei einem Geistli chen, dir ihn studiren ließ, und seitdem mögen etwa neun Jahre vergangen sein. Später hörte ich von einer Frau, daß Margarethe gestorben, und ihr Pflegling, nach Göttingen gezogen sei. Habt Ihr dem Wilsen einige Briefe jener Frau mitgetheilt? Nein, Herr; zwar sprach er davon, al lein ich gab sie ihm nicht. Gleichwohl hattet Ihr auf sein Zure den beschlossen, vor Gericht gegen mich zu zeugen. Nein, Hcrr! entgegnete sie und blickte ihn wehmüthig an, während Thränen ih re Augen netzten; ich werde nie gegen Euch vor Gericht zeugen. Aber, wenn Ihr nicht zu mir gekommen wäret, ich hätte noch vor meinem Ende, einen Gang nach dem Schlosse gemacht und mit Euch gesprochen. Weßhalb verschobt Ihr diesen Gang ? Ich will'S Euch sagen: wenn ich den Ort wiedersähe, wo einst Eure frommen Eltern lebten, und wo ich frohe und trau rige Tage gehabt, so dachte ich, müßte mein Herz brechen, wenn ich alle Verän derungen .... nun, es ist nicht gut, da rüber viel zu sagen, Herr. Es sollte mein letzter Gang sein, aber ich schcuete mich vor ihm, Da man uweß nicht weiß, wann die letzte Uhr schlägt, so sprach ich mit jenem Menschen über die Sache, und gab ihm zu verstehen, cr möge Euch sa gen, was Euch zu wissen nöthig sei. Ja wohl, und der Schuft benutzte Eu re Offenherzigkeit! ich begreife das! Gebt mir die Briefe! Sie nahm ein Kästchen vom Schranke öffnete es und reichte ihm ein Paquer Briefe, die sorgfältig mit einer Schnur umwickelt waren. Er wollte es eben in die Tasche stecken, als cr eine seltsame Veränderung auf dem Gesichte der Alten wahrnahm. Einen Augenblick schwankte sie hin und her, fiel neben dem Stuhle nieder, seufzte und l.eß den Kopf sinken. Er hob sie auf und sah mit einer Bestür zung die schwer zu schildern wäre, wie der Tod seine bleiche Farbe auf ihre Züge malte; ihre Augen blickten ihn starr und gläsern an und brachen ; ihr Mund öffne te sich, ihre Hände waren eiskalt; er nahm sie und legre sie auf ihr Bett. Jetzt fühlte er selbst einen kalten Schau-, er durch sein Gebein rieseln. Alles war still, wie im Grabe, selbst die Thiere schienen zu schlummern die Oellawpe brannte matt und warf einen trüben un gewissen Schimmer, auf daS erdfahle Ge- ficht der Todten und ihren dürftigen! HauSrath. Seine Beängstigung mehrte sich, während ein kalter Schweiß ihm auf die Stirne trat, er wußte nicht, waS er an fangen sollte. Vielleicht ist's nur eine Ohnmacht, dachte er und begannn nach Wasser zu suchen, um ihr Gesicht zu benetzen. Er fand es neben dein Heerde, und ging da mit an 's Bett; als er aber zufällig ihre Stirn berührte, fühlte cr, daß sie kalt sei. In diesem Augenblicke vernahm er ei nen schweren Tritt auf dem Flure, und gleich darauf trat ein Mann polternd in die Kammer. Sein Gesicht war glühend roth, seine Augen funkelten, und er keuch te, wie Jemand, der eine schwere Arbeit verrichtet. Es war der Quacksalber. Kaum war der Tag angebrochen, als ein Bedienter vor Alfreds Bett trat und ihn mit dem Ersuchen weckte, schnell zum Herrn zu kommen. Vor dem Kranken zimmer angekommen, flüsterte der Diener: Hier ist es; ich brauche Sie nickt anzu melden, denn der Herr liegt im Fieber. Er wollte die Thür öffnen; Alfred hielt ihn zurück. Einen Augenblick Geduld, sagte er in hohem Grade beklommen, denn dieses un erwartet schnelle Zusammentreffen mit sei nem Feinde konnte für ihn entscheidend werden ; er fühlte es, daß er alle Regun gen des Hasses, der Rache und der ver letzten Ehrliebe tief verbergen müsse in den Grund des Herzens. Jetzt, dachte er, darf ich nur den Arzt sehen lassen; erst wenn Kraft und Bewußtsein zurück- Lanfeiidr Nummer L 7. .gekehrt sind, trete ich vor ihn, als der be raubte und mißhandelte Neffe. Trotz dieses Entschlusses fühlte er ei neu brenncnden Ingrimm, den er nicht meistern konnte. Er trat ins Zimmer; es war matt erhellt vom ersten Tages schimmer und von einer Ampel in der Glasglocke. Auf dem schneeweißen Bette dessen seidene Vorhange weit zurückge schlagen waren, lag eine hagere, bleichgel be Gestalt ; nur auf den Wangenhöhlen schimmerte eine leichte Rothe, die das Fie ber hervorgelockt, und die Augen, tiefge sunkcn, rollten flammend in ihren Kreisen der Graf war es, der reiche nnd stolze Graf, mitten im Glänze eines rafsi'nirten LuxuS, daS Bild deS tiefsten Elends, daö Opfer eines nagenden Schmerzes und ge wiß von keinem Bettler beneidet! Und neben ihm stand in aller Kraft der Ju gendfrische, mit dem schönen und blühen den Angesichte, auf dem eben jetzt ein Strahl der Morgensanne leuchtete, der Mißhandelte und Verstoßene, bebend die abgezehrte Hand in der seinen haltend und die PulSschiäge zählend, die immer rascher auf einander folgten. Der Kran ke, im Strudel des wildesten Paroxiömuö, sah oann und wann mit einem unsichern Blicke auf den Arzt ; bisweilen schien es, als durchzucke ihn eine schreckliche Idee, dann lachte er laut auf, oder schauerte zu sammen, wie vor dein Anblicke einer furcht erregenden Gestalt; bisweilen wollte er die Hände falten und schien um etwas bitten zu wollen ; sein Jdeengang nahm jeden Augenblick eine andere Richtung. Nachdem er eine Weile still gelegek», richtete er plötzlich einen durchdringenden Blick auf Alfred. Wie, und du hast nicht genug, sagte er voll Jnngrimlns. Sind hundert Gold stücke nicht genug für einen Schurken? Nicht? Habe ich die Frau getödtet? O, schäme Dich, Mensch! Ich habe ihn nicht vergiftet—er lebt, Gott sei Dank, er lebt! Noch mehr? Wirklich? —Fort mit dir! fort! Dann war er mit Einem Satze aus dem Bette, sprang keuchend und mit rollenden Augen auf Alfred zu, klammerte seine glühenden Hände um des sen HalS mit einer Kraft, die nur das Fie ber ihn: geben konnte, und wollte ihn er würgen. Der Auftritt hatte etwas Ent setzliches. Die hagere, fast nackte Ge stalt, mit emporgesträubtem Haare und schäumendem Munde, die krallenaitigen Finger im Kampfe gegen daö junge Le ben, daö alle Kraft gegen dieses Ungethüm aufbieten mußte! Doch schnell erlosch die Flamme der Wuth ; der Kranke siel nach einem zweiten Angriffe zu Boden, und verlor das Bewußtsein. —Schon in der U niversitatsstadt hatteAlsred mehrere glück liche Euren an Fieberkranken gemacht; er fand jedoch, daß der gegenwärtige Fall, außergewöhnliche Mittel beanspruche, und nach einigem Bedenken versuchte er sie. Die Wirkung war rasch ; der Kranke ge langte wieder zum Bewußtsein und ward ruhiger. Jedoch kehrten im Laufe deS TageS die Fieberphantasien mehrere Ma le zurück, sie waren aber schwächer als die früheren. Dann und wann erschüt terten ihn gräßliche Erinnerungen, und er sprach Worte, die Alfred bald zum Mit leiden, bald aber auch zum Abscheu beweg ten. Selten verließ Julie das Kranken bett. Man sollte glauben, sagte sie leise, während der Kranke unruhig schlummer te, die Erinnerung an etwas Schreckliches drücke meinen Vater, wenn man nicht wüßte, daß solche Ideeen auch die Schuld losesten in der Fieberhitze, peinigen. Es ist sehr oft der Fall, erwiederte Alfred, sie forschend ansehend ; indeß wä re eS wohlgethan, den Bedienten zu ent fernen, wenn der Graf phantasirt. O, fürchten Sie nichts, Peter kennt meinen Vater seit beinahe dreißig Jahren. (Fortsetzung folgt.) Die Bevölkerung des Philad. Armen hauses beträgt jetzt über 2400 Personen.