Und Berks, Momgomery und Schuyltill Cauntics allgemeiner Anzeiger^ » e >LV tN g, Mnn Gedruckt und hcrauSgcgcbcn von Arnold Puwcll c, in der End Km, Slrußc, zwischen drr Franklin- u»!> Cl'rSmu - Siraßc Jahrg. >», ga»;e Num. <5l Bedingungen Der B.ilicr.llc z-tvll.'lclitr'r erscheint jeden Dienstag aus einem großen 'Sr uperial - Bogen mit schönen vettern gedruckt. Der LubseriptionS - Preis ist Ein Thaler des Jahrs, welcher in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im i.'ause des Zahres nicht bezahlt, den, werten ?> st> angerechnet. Für kürzere Zeit als V Monate wird lein Unterschreibet angenommen, nnd etwaige 'Auskündigungen werten nur dann angenommen, wenn sie einen Monat vor 'Ablauf des Eubseriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und sür den gewöhnlichen Preis ein gerückt. Umerschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere !Ler>entungen geschehen durch die Post oder Träger, aus Kosten der Unterschreibe»'. Briefe und dergl. müssen post fre i eingesandt werden. <5: in e Nett;> ng. An einem düstern, regnerische» Tage Ves MonatS November 1635 hielt vor der Thür eines Wirthshauses im Dorfe Rueil, )as noch heute an den Park von Malmai 'on grenzt, ein Reisender auf einem schö ben Pferde, in einen großen Mantel ge hüllt. Sein Fllzhut ohne Feder und sein Wamms von schwarzem Tuche, ohne Ban ber und Spitzen, deutete zur Genüge an, )aß er nicht zur Klasse der Rafsinilten ge hörte, welche damals so berühmt waren wegen ihrer Händelsucherei und Geschick lichkeit in Führung des Degens. Aber an seiuem stolzen Blicke, dem in die Höhe gedrehten Schnurrbarte, konnte man leicht errathen, er sei einer von de» unabhängi gen, unruhigen Bürgern, deren Väter die Ligue gebildet und die von der eisernen Hand Richelieu's niedergehalten, noch ein mal auf kurze Zeit in deu Saturnalien der Fronde wieder erscheinen sollten, lim dann vor dem Ruhme des großen Honigs gänz lich zu verschwinden. Sein Roß schien von d«w Ermüdung einer lange» Reise ganz erschöpft zu sein. In den räucherigen Saal deS untern Stockwerks eintretend, befahl der Fremde, man möge für sein Pferd und ein Mit tagessen Sorge tragen. Während der Bereitung des Mahles führte man ihn in eines der besten Zim mer des Hauses ;dort tcocknete und wärm te er sich vor einem hellen Feuer vouFich tenholz. Einige Augenblicke darauf hält ein anderer Reisender, gleichfalls zu Pfer de, vor dem Wirthshause und fragt, ob er etwas zu essen haben könne. Es thut unS sehr leid, war die Antwort der Wirthin, Alles, was wir halten, ist von einem Reisenden in Beschlag genom men worden, der vor Ihnen gekommen lind dem man eben sein Mahl aufträgt Gehen sie hinauf zu ihm, sagte der Ne uangekommene, und fragen sie ihn, ob er mir erlauben will, mit ihm das Mahl zu theilen ; natürlich trage ich die Halste der Kosten. Die Wirthin entledigte sich des ihr ge gebenen Auftrags. Sagen Sie dem Herrn der Sie schickt, erwiederte artig der Bürger, daß ich ihm sehr verbunden sein werde, wenn er mir Gesellschaft leisten will; aber ich sei es gewohnt, die Gäste, die ich einlade, bezahlen zu lassen. Der Andere läßt sich nicht weiter bit ten, geht hinauf und so sitzen denn unsere beiden Reisenden an einem guten Feuer vor einem Mahle, dem sie genügende Eh re anzuthun sich bemühen. Die Unterhaltung war während des Mahles so lebhaft gewesen, als es nur die Neuheit der Bekanntschaft der beiden Es ser erlaubte. Da ward zum Nachtisch ei ne Flasche alten Weines aufgetischt. Dank einigen fröhlich geleerten Gläsern, es begann sich bald ei» gegenseitiges Ver trauen herzustellen; sie unterhielten sich wir alte Freunde, und als die letzten Trop fen der Flasche die Worte zun, vertrau lichsten Tone gestimmt hatten, wandte sich der zweite Reisende an seinen verbindli chen Wirth und machte ihm sein Compli ment über die Mahlzeit. Ohne Zweifel, sagte er zu ihm, sindSie in diesem Wirthshause bekannt ? Ich? nicht im mindesten. Aber wahrscheinlich wohnen Sie in der Umgegend und steigen bisweilen hier ab? Ich komme zum ersten Male hierher: ich bi» aus La Rochelle. Aus La Rochelle, rief der Andere, mit einer Bewegung der Ueberraschung, aus La Rochelle! Und was führt Sie so weit her? Ach mein Gott, eine verdrießliche Ge schichte ! Ich bin von Monsigneur, dem Hrn. Richelieu, hierher entboten. Von Monsigneur, dem Hrn. Richelieu? erwiederte der Andere mit immer schmerz licher werdendem Ausdrucket Aber erlau ben Sie mir eine Frage. Haben Sie je mals mit seiner Eminenz eine unangeneh me Berührung gehabt? Niemals, und meine Rechtfertigung wird weder lang noch schwer sei». Man ! hat in La Rochelle eine heftige Satyre gegen die Verwaltung und die Person des Hrn Richelieu verbreitet, in welcher von Urban Grandier, den Frauen von Lou vain, von Tragödien nnd Versen einer ge wissen Demoiselle, Namens Marion De lorme, die Rede ist. Kur;, ich kenne nicht einmal den Inhalt dieses Buches, den» ich habe eö »icht geleseil. Indessen scheint es irgend einem Unbekannten in die Hände gefallen zn sein und, obgleich ich in meinem Lebe» noch niemals habe et was drucken lasse», hält man mich doch für den Veifasser. Sie wisse», daß i» der Zeit, i» welcher wir leben, Jedermann seine Feinde hat. Und da nun nichts so leicht sicl) verbreitet als die Eiuflüste>li>i geu deS HasseS, so eilte ich auf daS Ge heiß Seiner Eminenz herbei und werde keine Mühe haben, mich vo» ei »er so ab i geschmackten Anklage zu reinigeil. - Der Andere hatte mit der gespannte sten Aufmerksamkeit zugehört: > Und zu welcher Stunde solle» Sie sich im Schlosse einsi'nden? Sechs Uhr Nachmittags. Mein Herr, erwiederte er mit bestürz ter Miene und faßte ihn lebhaft beim Arm, danke» Sie der Gunst des Zufalls, der mich Ihne» verpflichtet hat. De»» auch ich bin zu Monsigneur beschnden, und oh ne allen Zweifel, um Ihnen den Kopf abzuschlagen. Bei diesen Worten stieß der Rocheller einen Schrei des Entsetzens aus. Ja, mei» Herr, fügte jener nachdrück lich hinzu, uin Jhne» den Kopf abzuschla gen. Ich bin der Scharfrichter der Stadt Chartres ; jedesmal, wenn Hr. Richelieu eine geheime Rache auszuüben hat, em pfange ich den Befehl, mich hierherzubc ! geben. Was Sie mir erzählt habe», die , Stunde, zu welcher Sie sich im Schlosse einfinden sollen, Alles trifft zu, um mich ! zu überzeugen, daß Sie das für heute be ! stimmte Opfer sein sollen, aber fürchten l Sie nichts, Sie sollen seiner Rache ent ! gehen. Setzen wir uns wieder zu Pfer- de. Folgen Sie mir und i» wenigen A u' genblicken werde ich die mir von Ihnen erwiesene Artigkeit Ihnen vergelten. Der Rocheller folgte in einem leicht be greiflichen Zustande von Äugst Schon war das Wirthshaus vo» den Arguebusi rer» der Leibwache seiner Eminenz «»ge füllt. Während die Pferde gesattelt »Vul ven, zahlte der arme Bürger schnell und ohne zu feilschen seine Zeche, voll Unge duld, wie ma» denken kann, sich denßlic ken der Leute zu entziehen. In wenigen Minuten haben sie beide das Gehölz von Butard durchschnitte» u»d die Nähe des Schlosses erreicht. Bemerken Sie wohl, sagte zu demßo cheller sein furchtbarer Führer, jenen mit telsten Thurm und ganz obe» daS bogen förmige Fenster, daS an den Mauervor sprung stößt ? Man kann es nur von die ser Stelle cuiö sehen. Dort werden jene unwiderruflichen Ur theile gesprochen und ausgeführt. Wenn die Arbeit meines Amtes vollbracht ist, öffnet sich eine Fallthür, der Körper des Opfers fällt von dieser ungeheuern Höhe in einen mit ungelöschtem Kalke angefüll ten Graben hinab und Alles ist Spurlos beendet. Halten Sie sich hinter der ke verborgen, und wen» Sie in Zeit von einer Stunde ein Licht an diesem Fenster leuchten sehen, so bin ich für Jemand an ders herbestellt. Dann können Sie sich ohne Furcht einfinden; ich verrichte mein Amt nie zweimal an demselben Tage. Aber wenn Sie durch die Eisengitter kein Licht schimmern sehen, sind Sie es, der bestimmt ist, den Commissarien Sei ner Eminenz zu erscheinen. Und dann verlieren Sie keinen Augenblick, benutzen Sie die Dunkelheit der Nacht und die Schnelligkeit Ihres Pferdes, suchen Sie die Grenze zu erreichen und sich dann aus der Ferne zu rechtfertigen. Aber, mein Herr, antwortete der Ro- ""willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln." Dienstag de» 2S. November, cheller, meine Unschuld Glauben Sie mir und thun Sie, was ich Ihnen sage. Herr von Laubardement ist gewiß schon eingetroffen. Vor den Richtern Seiner Eminenz gibt es keinen Unschuldigen. Der Rocheller drückt seinem Tischge nossen und Beschützer so stark seine Dank barkeit auS, als es sein Schrecken und der Gedanke an den Dienst, welchen er ihm leistet, nur erlaubt. Sie N.unen sich. Der Agent Seiner Eminenz reitet in das Thor des Schlosses ein, während der An dere mit unverwandtem Bliäe nach dein verhängnißvollen Thurme schaut. Eine Slunde vergeht, eine Stunde voll Angst lind Schrecken, kein Licht erscheint an dem gothischen Fenster. Den Wink, welchen ihm die gütige Vorsicht gegeben, benutzend, drückt er seinem Thiele dieSpo reu in die Seiten und beeilt sich, F>ank reich zu verlassen, wohin er elst nach dem Tode Seiner Eminenz zueückk.hrre. Bei seiner Rückkehr war sein erster Wunsch, seiilem Befreier seine Dankbar keit zu bezeigen, er lud ihn daher nach dem Wiithö'hause von Rueil ein und der Henker war zum zweiten Male der Gast des geretteten Bürgers. Man zeigt noch heute das Zimmer, wo jenes Mahl stattgefunden hat. Es führt jetzt den Namen „der Saal der guten Hülfe." Jenes Schloß aber hat eine ganz an dere Gestalt bekommen. Die Gefängnis se, in welche der Mal schall von Marillac und so viele andere Opfer gesperrt wur den, die Säle, in welchen die unerbittli chen Richter saßen, die Zimmer, wo ihre Bluturtheile ausgeführt wurden, der Thurm der heimlichen Hinrichtungen, Al les ist verschwunden. Aber die Volkstra dition hat den Namen Malmaison beibe halten. Wvtli und Rettung. Eine wahre Gcschichte. Das Handelshaus Gruit van Stren, war im Beginne des siebzehnten Jahr hunderts einS der angesehensten, reichsten und festbegründetsten in Hamburg. In haber der Handlung war damals Herr Hermann Gruit, der nach dem Tode des Vaters auch den alten Jansen als Erb stück mit übernommen hatte, einen gold treuen Diener des Hauses, mit Leib und Seele, wie sonst dem alten, nun dem jun gen Herrn zugethan, welchen er schon als Kind auf den Knieen geschaukelt hatte. Wenige verstanden das HandelSwesen da maliger Zeit bis in seine äußersten Ver zweigungen so von Grund aus, wie der alte Jansen ; daher galt auch sein Wort in der Schreibstube, wie das deS Herrn selbst. Der dreißigjährige Krieg verheerte seit zwanzig Jahren schon, unser armeS Va terland, durch Raub, Mord und Brand, von einem äußersten Ende zum ander» ; Städte und Dörfer waren verheert zu Hunderten, und verlassen vo» den Bewoh nern, die mit dem Vieh in die Wälderge flohen waren, um sich vor den räuberi schen, blutigen Häuden der gottlosen Lan zenknechte zu retten. Bei diesem allen, und der Unsicherheit der Straßen in alle» Ländern, war es kein Wunder, daß der Handel stockte und vorzüglich der Betrieb ins Innere von Deutschland gelähmt war. Das fühlte man auch im Comptoir des Herrn Hermann Gruit, da schon seit län gerer Zeit viel seltener und weniger be packt die Saumrosse und Frachtwagen vor dem Hause hielten ; und im Hause war's oft Wochen lang so still, wie i» einer Kir che, während eS sonst manchen Tag in und vor dem Hause fast so lebhaft herging, als auf dem großen Markte. Da geschah es eines Morgens, daß nach dem Jansen im Comptoir lange den Kopf geschüttelt und dann noch länger gedan kenvoll von seinen Briefen weg hinauf an die braungetäfelte Zimmerdecke so starr geschaut hatte, als wollte er die Fliegen oben zählen, er sechsmal nacheinander mit seinem Schwanenkicle in das große silberne Tintefaß tunkte, die übervolle Feder ge waltig auf den Tisch stampfte, und da durch den vor ihm liegenden, angefange nen Bnef, von oben bis nnten mit Tinte slecken marmonrt, auf einmal fertig mach te. Herr Hermann, ihm gegenübersit zend, fuhr fast erschrocken vom Sitze auf und sagte: „Ei, Jansen, seid Ihr denn heute, vielleicht zum ersten Male in Eu rem Leben in den Rathvkeller gerathen, und habt von einem spanischen Fäßlei» gekostet ~Nein Herr," antwortete Jansen mürrisch, ~aber so gehts nimmer; bei uns in Deutschland ist'S aus mit dem Gewinn auf gewöhnlichem Wege bei dem verwerterten Kriege. Pol) Blitz und Gustav! was hilft unS unser großes Schiff, das immer wie eine Schnecke sich an der Küste hinwindet, um uns die sündtheuren Waaren, von den geizigen Herreu aus Holland herbeizuholen ? Wir müssen zwauzigfach bezahlen, was wir ein fach aus der elften Hand haben könnten von ihren Nachbarn, den Engländern, und in Amerika selbst. Gebt mir auf ein Jahr das Schiff und so viel Geld und Nürnberger Waaren, als möglich, und laßt mich nach der neuen Welt fahren! Ihr wißt, der alte Jansen war schon zwei mal dort und versteht den Kram. Zwar der alte Herr war auch immer ängstlich, und meinte, es lasse sich ja ohne großes Wagniß schon bei uns was gewinnen ; a ber das ist nun anders geworden, dluin muß manö anders treiben." Da standen die beiden Herren auf, gin gen lange im Zimmer auf und ab und be rathschlagten. Nachdem nun jedes Für und Wider, hinreichend erwogen war, wie es verständigen Männern ziemt, wurde beschlossen, daß Jansen reisen sollte. Vier Wochen später schritt Herr van Stren in seinem Nathsgewande, mit Jansen neben, und zwei schwer bepackten Dienern hinter sich, dem Hafen zu. Die den ganzen Ha fendamm bedeckende Menge Volks, die un ter Musik und Jauchzen, der Zurüstung und Abfarth des großen Handelsschiffes harrte, machte, als Herr Gruit mit Jan sen ehrerbietig, Platz; denn der wackere Mann war geliebt und geachtet von Jung und Alt, Vornehm und Gering. Einige Ralhöherlen, Freunde der Beiden, traten freundlich grüßend herbei, und der Aeltere ein Mann von greisem Haare und Barte, sprach : ~Freund Hermann, Euer Schiff ist schwer bepackt und geladen; Ihr habt doch nicht zuviel gewagt ? denn weit ist der Weg, und gefährlich die Fahrt, und unser Jansen ist eben auch keiner der Jüngsten mehr." Herr Herman zuckte die Achsel und sprach: „Der Jansen hat es auf sich, ihm, seiner Treue, Geschicklich keit und Kenntniß, hab' ich vertraut und alles überlassen." Aber Jansen antwor tete munter: „Laßt Euch nicht anfechten, ihr Herren ! Es ist das drittemal, daß ich die Farth mache, und alle gute Dinge sind ja drei; drum hoffe ich fest, wir sehen uns gesund und freudig wieder; wir haben ja das Sprichwort: Gott verläßt keinen Deutschen, —und den alten Jansen nun einmal gar nicht; drum lebt wohl !" Da donnerte der erste Signalschuß zur Abfahrt, und das Boot, das ihn einneh men sollte, zur Ueberfahrt nach dem Schif fe, war eben gelandet. Der ehrliche Jan sen drückte seinem Herrn noch einmal kräf tig die Hände; ein Paar Thränen träu felten dem alten Knaben in den grauen Bart, und er stieg ein. Die Musik er tönte lebhafter, leicht hingleitend über die spiegelglatte Fläche, langte schnell das Boot am Schiffe an. Die Leiter ward herabgelassen, hinauf stieg Jansen ; schnell ist die Leiter zurückgezogen, eben so schnell der große Anker aufgewunden und das Boot befestigt; und nun donnerte der letzte Kanonenschuß zur Abfahrt, alle Wimpel flaggten, und stolz flog das Schiff dahin, alle Seegel gebläht vom günstigen Winde; vom Verdecke winkte noch einmal Jansen mit dem Tuche das letzte Lebewohl, und bald war das Schiff Laufende Nummer I t dem Auge nicht mehr sichtbar. Die Men ge verlief sich, und die Herren schritten unter freundlichen Gesprächen, ihren Wo hnungen zu. Drei Vierteljahre waren seitdem ver flossen, und weder Jansen kam zurück noch eine Nachricht von ihm,--wohl aber hat ten sich dunkle Gel üchte von deutschen Handelsschiffen, welche in der G.'gend von Neu Amsterdam (in Südamerika) geschei tert wären, verbreitet. Immer bedenkli cher ward die Miene des Herrn Hermann, und immer sorgenvoller seine Stirne. Einen großen Verlust nach dem andern hatte er erlitten, durch den Fall mehrer Handelshäuser, zu Braunschweig, Nürn berg, Augsburg und Ulm, und täglich noch trafen Unglücksbriefe ein. Herr Gruit war eben daran, die Bilanz zu ziehen, (die Rechnung abzuschließen) ; drum war es still wie im Grabe im Comptoir; kaum hörte man' athmen, und nur das leise Schnarren der Federn, der emsig- schrei benden Eommis, die manchmal ängstlich die Augenlieder hoben, ohne ihre Körper stellung zu verändern, wenn ein schwerer Seufzer des Herrn Gruit, wie ein klagen der Geist, durch's Zimmer drang, oder ein großer Schweißtropfen von der Stir ne auf's Papier niederfiel. Endlich schlug der Herr die Augen auf, sah starr nach dem ihm gegenüberhängenden Bilde sei nes Vaters, und eine schwere Thräne, tropfte herab auf das Hauptbuch. Er schrak zusammen, fuhr mit der Hand ri ber Stirne und Augen, wie aus schwerem Traume erwachend, legte langsam die Fe der nieder, klapste leise das Buch zu, und ging langsam hinauf in das Familien zimmer. Dort kleidete er sich in seine volle Amtsklcidung als Rathsherr, küßte seine Frau, und seine drei muntern Kna ben, und ging mit der Aeußerung, daß heute Sitzung wäre, sie sollten mit dem Essen nicht warten, hinunter. Die grü ne Gasse entlang, schritt er dem Nath hause zu'; ein Diener trug ihm das schwe re Hauptbuch nach. Im RathSsaale leg te er vor den erstaunten College», die Eh renzeichen seiner Würde ab, und gab sich als insolvent (zahlungsunfähig) an. Die Herren erschraken, saheil seine Bücher ein, erkannten daraus seine Schuldlosigkeit, u. beschlossen einstimmig, daß ihm noch eine halbjährige Frist gestattet sein sollte, als die äußerste Zeit, in welcher man Jansen noch zurück erwarten könne, wenn das Schiff nicht verunglückt sei. Das halbe Jahr und zwei Monate da rüber waren schon verstrichen, Jansen war nicht gekommen. Herrn Hermanns Umstände hatten, statt sich zu heben, nur sich verschlimmert; da drangen die schon durch Fristverlängerung erbitterten Gläu biger, so ungestüm, auf den strengsten Vollzug der Versteigerung seiner Besi'tz thümer, daß der Magistrat, notgedrun gen, dem Rechte in voller Ausdehnung seinen Gang lassen mußte. Alles war versiegelt worden, und dem armen Gruit nebst Familie, nur das Stübchen, in wel chem einst der Hausknecht schlief, links am Eingänge des Hauses, geblieben. E ben hatte die Versteigerung seiner Habe, im geräumigenEomptoir, jenem Stübchen gegenüber, begonnen ; gedrängt voll Leu te war das Zimmer; laut tönte die Stim me des Ausrufers. Schrecklich klang die ser Ruf, Herrn Hermann drüben im Stübchen, nnd mit jedem Niederfallen des Hammers, fuhr es ihm wie ei» Schwert durch's Herz; er saß, den Kopf in die Hand gestützt, tiefsinnig am Fenster, und starrte das Schild seines Nachbarn, des Wirths zum Westindienfahrer, an, als wollte er es mit den Augen festnageln. Die gute Elisabeth aber, saß am Ofen, die roth-geweiuten Augen zur Erde gewen det, die Hände gefaltet und fest zusammen gepreßt, während die beiden jungen Kna ben, unbekümmert um Alles, mit der gro ßen Angora-Katze spulten ; Fritz der Ael teste aber, hielt den quer vor der Thür liegenden 8011, den Haushund, an beiden Ohren fest, als er auf Anklopfen an der