Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, March 17, 1846, Image 1

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    Z 5 t ÄLN g, Wenn. Gedruckt uud herausgegeben von ?l ruoldPuw e ll e, in der Süd 6ren Straße, Ecke der Cberry Alley Beh m' 6 WulMc:u6-Hofe gegrmidrr.
Jahrg. 7, ganze Nun». SA I.
Bedingungen. Der Mlieralc Ijeoll.ltllter erscheint jeden Dienstag auf einem großen Luperial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions-Preis ist Ei n Thaler des Jahrs, welcher in halbjährliche
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe de? Jahres nicht bezahlt, werden Hl 5>N angerechnet. Aür kürzere Zeit als li Monat wird kein Untcrschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann anqe
nomine«, wen sie einen Monat vor Ablaus des Subseriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und'für den gewohnlichen Preis eingerückt.' U n
terschreibern in hiesiger «tadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. OH°Briefe und Mittheilungen müssen postsre i eingesandt werden
Pro cl am a ti o li.
Nachdem der Acbtbare
President der verschiedenei! Lioiirten
nie» Pleas, des dritte» GerichtSbezil ks, be
stehend ans den Ca,int,es Berti?, Northanip
ton und Lecha, >» Pennsnlvanien. »nd Rich
ter der nnterschiedlichen Conrten von Over
und Terminer, der vierteljährlichen Gitzuu
gen und allgemeiner Gefängniß Erledigung,
in gedachten Cauncies, und Mathias i?.R>e
chard und John Ltausser, Esq's, Richter
der Courten von Oper und Terminer, der
vierteljährlichen Silmnaen nnd allgemeiner
Gefängniß Erledigung, für die Richtung von
. Haupt- und andern Verbrechen in gedachter
Eaiinty Berte!, ihrem Befehl an mich ausge
stellt haben, datirt Reading, den 12.Januar,
» >B46,worin sie eine Conrt vonCom
mon PleaS der allgemeinen vierteljährlichen
Sitzungen Oyer und Terminer »nd allgemei
ner Gefänguisi Erledigung anberaume», wel
che gehalten werden soll zu Reading, für die
Cauntn Berte!, auf den erjle» Montag
im nächste» April den ii. des
ersagten Monats sein und welche zwei
Wochen dauern soll —
So wird hiermit Nachricht gegeben an den
Coroncr, die Friedensrichter nnd Constabel
! der gedachten Caunty Berts : daß sie sich zu
erjagter Zeit, um l<> Uhr Vornuttags, nut
ihre» Verzeichnissen, Registraturen, Unter
sttchiingcn und Eraminationkii und alle» an
dern Trinncrnngen einzufinden habe»,nin sol
che Dinge zu thun, die ihren Aemtern zu
thun ol'ligeu.—Desgleichen Diejenigen wel
che verbunden sind gegen die Gefangenen die
in dein Gefängnisse der Cauiitv Bcrks sind,
oder dann sei» mögen, gerichtlich zu verfah
ren. so wie es recht sein mag.
"Gott erbalte die Republik' I"
George «I'ti na»t, Scheriss.
Scheriffs ?lmt, Reading,j
> März IN. 184'>. j Im.
Ll>Die Zeugen nnd InrorS, welche auf er
sagte Conrt vorgeladen sind, werden ersucht,
i H)»i»ttlichteil zu beobachten : im Fall ihres
Ausbleibens werden sie in Geniäf,heit des
Gesetzes dazu gezwungen. Diese Anzeige wird
auf besondern Befehl der Court bekannt ge
macht, daher alle Diejenigen, welchen es an
geht, sich darnach zu richten haben.
! T>Die Friedensrichter durchaus derCanu
tn siud ehrerbiethigss ersuchtßericht von Re
cognizanees nud Antlaae» an einen der pro-
I feguir enden Anwälde, Peter Hilbert »nd I.
Pringle Jones, Esg., einige Tage vor der
Court zu machen, so daß Bills zubereitet
werde» mögen, für das Handeln der Grand-
Jury »nd die Parteien, Zeugen »nd beiwoh
nende Jurors keine Zeit verlieren.
Ootem nnd DvexeS,
Sttiiidaue» und
Süd "te oder tLiseubalxi-Sttasic, zn'i
scheu der l?e»tt- und Frauk'liniirapc,
in X e a d i Ii g,
Benachrichtigen ehrerbietigst ihre Freunde
und das Publikum im Allgemeine», daß sie
beständig auf Hand halte» eine» Vorrath vo»
Marmor und Gandsteiiien, ans welche» sie
bereit sein werden alle Sorten
tel, Deub'mäkler,Grabmähler und Grab
steine, mit denrschen oder englischen Buch
staben auf das niedlichste darauf graviert, zu
verfertige«, auf die kürzeste Anzeige.
Sie verfertigen ebenfalls alle Arten Stein
! Hancr-Arbtitcn die beim Häuscrbaucn erfor
> derlich sind, vo» Marmoro der Sandsteinen,
nämlich Plattformen, Treppen, Schwellen :e.
Alles in der besten Manier und zn räsanablen
Preisen.
Alle Bestellungen in ihrem Fache werden
dankbar angenommen »nd so schnell wie mög
lich besorgt werden.
Als Anfinger in ihrem Geschäfte werden
alles aufbiete» ihre respetlive» Kunden
prompt n»d billig zn bediene», »nd hoffen
dadurch einen Theil der öffentlichc» Gunst
. für sich z» gewinnen.
Reading, Februar 3. bv.
a ch r i ch t
Alle Personen die sich schuldig wissen an <!)'-
. Krien und Xaigucl, wellen gefälligst anru
fen und absetteln, ohne weitere Nachricht.
Reading, Januar IA.
W. und I. H. Keim,
Jmportirer und Verkäufer von amerika
nischen Harten Waaren,
Nord ste Straße,
Readina.
Reading, Angnst s>, >845.,
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Cannties allgemeiner Anzeiger.
Zur Untcrhaltuna und Belehrung.
Die beschichte des kleinen
Mannes.
sA»S G. Döriug's Novellen.)
Ich schäme mich meines Geburtsortes
nicht, und deshalb stehe ich auch nicht an,
zu bekennen, daß ich in einer kleinen schwä
bischen Stadt das Licht der Welt erblickte.
Der Menschen Schicksale sind verschiedent
lich. Während in demselben Augenblicke
vielleicht ein mächtiger Thronerbe geboren
wurde, legte mich mein Loos der Frau ei
nes armen Baders an die Brust. Hätte
es von mir abgehangen, so wäre eS umge
kehrt gewesen, aber gegen den Stachel ist
nicht zu lecken. Ich wuchs auf wie eine
Blume des Feldes, und wenn ich schon früh
Eungeö von der Gelehrsamkeit meines V
aters prositirte, so muß ich gestehen daß es
eben nicht meine Schuld war. Der Prü
gel in ein guter Lehrmeister, der Hunger
stärkt das Gedächtniß. Mein Vater
wandte beide Dinge zu meinem Frommen
an. Im vierzehnten Jahre verstand ich
dasßarbierinesser zu führen, im fünfzehn
ten konnte ich Schröpfen und Aderlässen.
Damit glaubte ich mein Glück in der Welt
auf eigene Art suchen zu können, schnürte
eines Nachts in aller Stille meinen Reise
bündel und war am Morgen, als die Son
ne über die Alp hinabblickte, fort heidi in
die weite Welt, nach Batavia, wo, wie man
mir gesagt und wie ich gelesen hatte, Ader
lassen und Schröpfen zum reichen Mann
machen könnten. Aber der Weg von
Schwaben nach Batavia ist weit: der
Fuchs hat ihn gemessen, und wie es im
Sprichwort heißt, den Schweif daran ge
hängt. So viel war mir bekannt, daß ich
erst nach Holland mußte dann, dachte ich,
würde das gute Glück dem Schelme schon
weiter helfen.
Auf der Reise dahin brachte ich mich mit
meinen chirurgischen Kenntnissen durch,
zu denen ich noch Zahnbrechen und War
zenvertreiben fügte. Wer wagt, gewinnt!
Bald ward ich dreist genug, Pillen von
meiner Fabrikation gegen alle Uebel, Pfla
ster gegen alle Schäden feil zu bieten.
Das Geschäft ging gut. Aller Ölten,
wo ich mich einen halben Tag aufhielt,
ward ich ein berühmter Mann. Mit ei
nem ansehnlichen Sparpfenninge kam ich
nach Amsterdam. Ich dachte wohl daran,
meinen Eltern zu schreiben, dann aber fiel
mir ein, daß meine Mutter uicht lesen konn
te, und daß mein Vater oft geäußert hat-
te, ich fei ein Taugenichts, der ihm dann
die meiste Freude mache, wenn er gar nichts j
von ihm höre. Der Geschmack ist ver
schieden. Jeder trägt seine eigene Kappe.
Ich wollte meinen Vater in seiner Freude
nicht stören. Auf dem ersten Schiffe, was
nach Batavia unter Segel ging, engagir
te ich mich als Schiffs-Arzt Gehalt zahl-
te der Kapitän nicht, hieß es, aber was lag
mir daran, wenn ich nur freie Station
nach dem Lande, wo ein Schröpfkopf mit
einem Dukaten, ein Aderlaß mit zweien
bezahlt wurde, erhielt. Wer gut säet wird
gut ernten, wer zur rechter Zeit den Kreu
zer spart, dem wird er zum Gulden wer
den. Bald wurde ich auf dem Schiffe ein
berühmter Mann. Der Kapitän war ein
gewaltiger Seefahrer, allein er hatte seine
Schwächen. Der Mensch bleibt ewig ein
gebrechliches Wesen. Des Kapitäns Ge
brechlichkeit bestand in der Wacholderfla
sche, die ihn den ganzen Tag nicht verließ,
die er sogar in der Hanv trug, wenn er
auf den Verdeck erschien, um seine Befeh
le zu ertheilen. Spiritus erzeugt Epiri
ritus und dieser Prozeß ergibt sich täglich
neu auf eine wunderbare Weise im mensch
lichen Körper. Nur ist zu diesem noth
wendigen Unterstützungsmittel der mensch
liehen Natur der Weinspiritus jedem an
dern vorzuziehen, weil er gleichsam wie ein
lichtes, belebendes Flämmlein im Innern
brennt, während andere Spirituosa in ver
derblicher, verzehrender Flamme auflodern-
So lehrte es die Erfahrung, so lehrte es
das Beispiel unseres Kapitäns. Nur zu
oft schlug die spirituöse Glut in seinem In-
"IVillig zu lobe» uud ol)ue Furcht zu tadeln."
Dienstag den 17. Mar;, 184«.
nern nach Außen, und dann war ich der
Mann, der mit Schröpfen und Aderlassen
helfen mußte. Ein Narr macht mehre;
wie der Herr, so der Knecht! Des Kapi
täiis Liebhaberei zum edlen Wacholder
wirkte ansteckend auf die Mannschaft. Alle
zündeten die verderbliche Flamme in ihrem
Innern an, alle wollten geaderlaßt nnd
geschröpft sein. Da war ich der Hahn im
Korbe und, wie schon gesagt, der berühm
teste Mann auf dem Schiffe.
Als wir in Batavia anlangten, schenkte
mir der Kapitän noch ein schönes Stück
Geld, und jeder Matrose wollte zum Ab
schiede noch einmal von mir geschröpft sein.
Ich stieg ans Ufer wie ein Mensch, der
einen Sack voll Hoffnungen mitbringt und
einen Sack voll Dukaten heimzunehmen
denkt. Aber, lieber Gott! in Batavia gab
es zu meinem Schrecken schon so viele be
rühmte Leute in meinerKunst, daß ich wohl
einsah, es müße seit der Zeit, von der mei
ne alte Reisebeschreibung daheim erzählte,
eine vollige Umwandlung im Gebiete des
Schröpfens und Aderlassens eingetreten
sein. Ich sah die Kunst ihrem Verfalle
nahe, sie mußte nach Brod, oft nur nach
einer harten Rinde vom Tafelabhube der
Reichen gehen. Die Mynheers (Hollän
der) halten sämmtlich Bedienten oder selbst
schwarze unchristliche Sklaven, die ein sol
ches christliches Werk zu vollziehen wußten.
So griff damals das Heidenthum immer
mehr um sich in Batavia.
Aber wer nicht tanzen kann, muß hüp
fen, frischer Muth hält auch im Unglück
fest ! Ich nahm meine Zuflucht wieder zu
meinen Pillen und Salben. Zum großen
Glück brack eine Seuche aus, meine Pillen
braclMn einige wunderbare Heilungen zu
Wege, und mit einem Male war ich nun
auch in Batavia ein berühmter Mann.
Ich konnte nicht Pillen genug drehen, die
! vorn im Laden meine Gehülfen für schwe
' res Geld verkauften. Aber indem ich dei
Menschen dem Grabe entriß, grub ich am
Grabe meines eignen Glücks. Alles genas
durch meine Pillen und Niemand bedurfte
meiner mehr. Nun hatte ich zwar meinen
Ruhm, aber an dem konnte ich nicht zeh
ren, und das Ersparte ging auch bald dar
auf, da ein berühmter Mann, wie ich,
nicht leben konnte, wie ein Philister aus
dem Pöbel. Wie gewonnen, so zeronnen.
Ich hatte als ein Mann von Stande Pil
len gedreht; jetzt mußte ich mich als ein
Lump bequemen, mit Seifenkugeln und
Scheermessern die Straßen von Batavia
zu durchrennen.
So trieb ich s mehrere Jahre. Mein
Ruhm erlosch mehr und mehr und es wollte
sich nichts begeben, was ihn wieder auf
richtete. Ich war aber nun einmal schon
so sehr gewohnt ein berühmter Mann zu
sein, daß ich s in der Dunkelheit nicht län
ger aushalten konnte, einen raschen Ent
schluß faßte, dem undankbaren Batavia
Aalet sagte und mich auf einem englischen
Kauffahrer nach Ealcutta einschiffte. Nun
war ich wieder der einzige meines gleichen
in der schwimmenden Welt, die uns übers
Meer trug. Schon der nächste Tag, wo
ich dem ersten Steuermann, der sich an der
Spille die Hand verrenkt hatte, diese wie
der einrichtete, machte mich berühmt. —
Mein Licht leuchtete über das ganze Ver
deck, in das Zwischendeck, bis in den untern
Raum. Jeder kam nun mit einer Klage
und Jeder fand Hülfe bei meiner Kunst.
Der Kapitän rief .1— ! und schwur,
er habe noch keinen Chirurg gefunden,der
einen Menschen wieder so gut auftakeln
könnte, denn ich mußte ihm täglich vor
Tische hundert bittere Tropfen in einem
Löffel voll Madera eingeben. Wenn ich
aber min hoffte, er werde eine Gninee in
meine Hand schlüpfen lassen, so sagte er
wieder nur: clnm» ! und ich mußte mich
damit zufrieden stellen. Sonst hieß es:
Ehre dem Ehre gebührt, und ich durfte
an des Kapitäns eigener Tafel mitspeisen
und Jedermann nannte mich Sir, was so
viel heißen soll, als gnädiger Herr.
In Ealcutta wars aus mit dem dumn
und dein gnädigen Sir. Schmalhans
brachte mir die Suppe ein, und es blieb
mir nichts übrig, als eine Stelle als Fel
dchirurg bei einem Regiments im Dienste
der ostindischen Compagnie zu nehmen.
Ich habe immer die gute Compagnie ge
liebt und die ostindische schien mir anstän
dig genug, mich in eine Verbindung mit
ihr einzulassen. Sie führte damals gera
de Krieg mit dem Rajah vou Dschabber
labber oder wie der Bursche sonst hieß.
Auch mein Regiment zog gegen den rebel
lischen Rajah aus, und es lag nun wie
der ein weiter Raum vor mir, den ich mit
meinem Ruhme erfüllen konnte. Man
erzählte Wunderdinge von dem Rajah von
Dschabberlabber.
Erösus sollte ein Bettler gegen ihn ge
wesen sein und ein einziger Carfunkel an
seinem Dolche sollte alle Schätze der ostin.
dischen Compagnie aufivägen. Wir mar
schirten immer vorwärts, über die Berge,
von denen einige so hoch sind, daß die Er
de wie ein Nebelgewölb unter ihnen liegt,
in die Wälder, wo wir ganze Heerden von
Tigerthieren, Elephanten, Löwen und Af
fen aufjagten. Endlich überschritten wir
die Grenzen von Dschabberlabber. Ein
schönes Land, aber die Kost wollte mir
nicht behagen. Der Hunger mußte das
Beste dazu thun. Kein saftiges Rostbeef
wie in Ealcutta, kein vernünftiges Zuge
müse, nichts als Reis und immer wieder
Reis, so daß mir von dem ewigen Reis
breiessen zuletzt ganz schwach und kindisch
zu Muthe wurde. Da ging plötzlich der
Krieg los. Die Soldaten deS Rajah über
fielen uns eines Nachts, und da die Nacht
keines Menschen Freund ist, so war sie
auch nicht die unsrige. Wir behaupteten
zwar den Platz, aber die Hälfte unserer
Leute lag am andern Morgen todt oder
verwundet auf dem Schlachtfelde. Jetzt
war meine Zeit gekommen, jetzt wurde ich
wieder ein berühmter Mann. Wo ein Arm
oder Bein beschädigt, wo es nur leicht ge
ritzt war, da nahm ich es auf der Stelle ab.
Wir befanden uns in einem heißen Lan
de, starke Hitze bringt leicht Brand hervor,
also konnte zu der unbedeutendsten Wunde
in wenigen Augenblicken der Brand schla
gen, und dem wurde vorgesehen mit Säge
und Messer.
Die Einwohner von Dschabberlabber
führten den Krieg wie Schelme und Spitz
buben, aber nicht wie rechtschaffen Solda
ten. Ueberhaupt sind sie, wie ich später
Gelegenheit hatte, mich zu überzeugen,
noch sehr in der Cultur zurück und halten
Schlangen und Eidechsen für heilig, die
doch bei uns daheim in Schwaben jedes
Kind mit Abscheu betrachtet. Mit den
Wölfen muß man heulen. Jung gewohnt,
alt gethan.
Was die Kriegsmanieren anbetrifft, so
mißfiel mir das an ihnen, daß sie während
wir in allem Vertrauen auf irgend einem
freien Raume unser Lager aufgeschlagen
hatten, hinter allen Bäumen und Büschen
lauerten, einen einzelnen Mann, den der
Zufall in ihre Nähe brachte, einsingen und
in die Sklaverei fortschleppten. Da hieß
es aufgepaßt! Allert an allen Ecken, wer
sich selbst behalten wollte! Aber was
halfs, wozu nützte mir die größte Auf
merksamkeit ? Als ich eines Morgens bo
tanisiren ging, und nach Ananas und Pi
sang zum Frühstück suchte, siel mir auf
einmal von einer Cocespalme herab eine
Schlinge um den Hals, wie der Blitz schoß
ein indischer Satan nach und stürzte, das
Ende der Schlinge haltend, so eilig in den
Wald, daß ich, wollte ich nicht erdrosselt
sein, den Wettlauf mitmachen mußte.
Ehe ich zu mir selbst kam und nach ei
ner der Pistolen, die ich im Gürtel trug,
greifen konnte, sah ich mich von mehr als
zwanzig andern indischen Teufeln umringt,
meiner Waffen und meiner Kleider beraubt
kurz, völlig ausgeplündert! Sie betrach
teten Alles, was sie mir genommen hatten,
sehr genau; als sie aber auf die wunder
lich geformten Instrumente meines Be
stecks, das ich immer bei mir führte, stie
ßen, sah ich, daß sich eine Art ehrfurchts
voller Scheu ihrer bemächtigte. Sie moch-
Laufende Nummer
ten mich für einen Hexenmeister oder der
gleichen halten. Sie traten zu wichtiger
Berathschlagung zusammen, während ich
immer die fatale Binde von Hanf um mei
nen Halse leiden mußte. Den Löwen er
kennt man an der Klaue. Die Lndier
mochten einsehen, daß sie es mit einem be
rühmten Manne zu thun hatten, vernicht
wie ein lumpiger Füselier oder Grenadier
abgefertigt werden könne. Sie gaben mir
meine Kleider znrück ; das Besteck und die
Wassen behielten sie. Aber der Instinkt
lehrte diesen rohen Menschen Achtung vor
der Wissenschaft haben. Meine chirurgi
schen Instrumente wurden sorgfältig in ein
kostbares Tuch eingeschlagen, und derjeni
ge, der die Stelle eines Anführers zu be
kleiden schien, nahm sie selbst zu sich. Dan
erhielt ich einen Wink ihnen zu folgen. Er
wurde mir mit der Schlinge um meinem
Halse so vernehmlich gegeben, daß ich bei
nahe zu Boden gestürzt wäre. Nun gings
hurtig über Stock und Stein und wir flo
gen dahin, wie das wilde Heer, von dem
man bei mir daheim in Schwaben erzählt.
Die Einwohner von Dschabberlabber
sind vortreffliche Schnelläuferz das muß
man ihnen lassen. Auch besitzen sie eine
Methode, einen andern in der kürzesten
Zeit zum fertigsten Schnellläufer zu ma
chen, die sich an mir erprobte. Ich bin in
meinem Leben nicht so flink auf den Beinen
gewesen, als damals, wo man mich gleich
sam wieder in die Zeit meiner Kindheit ver
setzte und am Gängelbande führte. Je
nun! die Zeit flieht und wir fliehen mit ihr.
Den ganzen Tag ging es, mir geringen
Ruhepausen auf diese Weise fort. Aber
was glänzt dort in der Abenddämmerung
herrlich und kristallhell vom Himmel her
über? Tausend Lichter funkelten, bunte
Flämmchen schlugeu allenthalben empor.
Ich riß die Augen auf, wie ein Kind vor
dem Christbaume, ich hätte: "Freut euch
des Lebens!" singen mögen, wenn die gar
stige Schlinge nicht jeden musikalischen
Laut meiner Gurgel unterdrückt hätte.
Immer glänzender, immer bunter, immer
lieblicher zeigte sich daS charmante Bild.
Es war die Residenz des Rajah von
Dschabberlabber, die an einem Berge lag
und wo eben die gewöhnliche Straßenbe
leuchtung, die man bei uns die prachtvoll
ste Illumination getauft hätte, ansing!
Ich konnte nun wohl merken, daß man ei
nen berühmten Mann, wie mich, dem Ra
jah selbst vol stellen wollte.
Wir langten vor den Thoren an. (sim
beln, Trompeten, Pauken und Gesang
tönten uns aus dem Innern der Stadt
entgegen. Da schien immer Jahrmarkt,
immer Kirchweih: nichts wie Spiel und
Tanz! Die Schlinge wurde mir vom
Halse genommen, eine Wache vom Thore
begleitete unS und in einem anständigen
Schritte begaben wir uns jetz zum Palla
ste des Rajah. Auf den Straßen lief al
les zusammen, Brammen und Tänzerin
nen, Reiche und Lumpen, um einen be
rühmten Mann in rother Uniform zu be
wundern. Endlich langten wir am Pala
ste des Rajah, der von tausend bunten
Lichtern widerstrahlte, an. Ich wurde
durch mehre Höfe in das Innere geführt.
Der Anführer unsers Trupps trat, das
kostbare Tuch mit meinen Besteck säuber
lich in beiden Händen tragend, voran in
ein Gemach, dessen Thür von Gold glänz
te, während wir außen harrten. Ich hat
te Zeit die Halle zu betrachten, wo wir
zurückbleiben mußten. Jede Seite hat
ihre zwei Seiten. Sie sah grimmig aus,
aber schön. An den Wänden ringelten
sich gemalte Schlangen herab, bäumten
sich Drachen und andere fabelhafte Thie
re auf, die man nur in der Naturgeschich
te von Dschabberlabber findet. Die Au
gen der Schlangen und Ungeheuer strahl
ten von Gold und Silber, die Schweife
waren von glänzenden Fischschuppen aus
gelegt. folgt.^
Ei» Geistlicher in Blander fragte beim Re
ligionsunterrichte ei«e» Dorfjiiugen: "Wie
viel Götter sind /" - "Fraget das meine»
jünger» Bruder, sagie er troyig, ich lerne
die Geige spiele»!"