Meavin g, Venn. Gedruckt und herausgegeben von ArnoldPu w e ll e, in der Süd 6ten Straße, Ecke der Cherry Alley. Vehm' 6 Wilthöhmls-Hofe gegcnül'tr Jahrg. <», ganze Nnm. 2?»«. Bedingungen. Der Nlbrr»le zzeob«lt!rtcr erscheint jeden Dienstag auf einen, grossen Superial-Bog-N mit schönen Lettern gedruckt. Der SubscriptionS-Preis ist Ei n Thaler des Jahrs, welcher in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, werden -Kl st» angerechnet. Für kürzere Zeit als li Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des Subfcriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewohnlichen Preis eingerückt. Un terschreibern in hiesiger «tadt wird die Zeitung porrofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. und Mittheilungen müssen postfrei eingesandt werden. Traugott und Nöschen, Dem Gasthofe zum goldenen Hirsche gegenüber war ein Kaffeehaus, welches von den Offizieren der Garnison stark besucht wurde, wo diese bisweilen bis tief in die Nacht hinein zu spielen pflegten. Heute saßen mehre dieser jungen Edelleute unter den Lindenbaumen, vor. der Thür ihr A bendbrod verzehrend, und manchmal zur erbaulichen Kurzweil vorübergehendeßür ger durch gröbere oder feinere Späße nek kend. Auch Ludwig von Biebrach befand sich unter der Gesellschaft, und hatte sich bereits durch einige rohe Witze vorzüglich ausgezeichnet, über' welche er selbst mehr als seine Kameraden lachte. Da unter brach Einer aus ihnen die sehr laute Unterhaltung der Uebrigen durch den Zu ruf : Seht einmal, Jungen, was da drü ben über dem Geweihe des goldenen Hir sches für ein allerliebstes Gesicht heraus guckt. Hol' mich der T— ~ das ist die schönste, aber auch die schmachtendste Land pomeranze, die ich je in meinem Leben ge sehen habe. Aller Augen wandten sich nach dem Gasthofe und Jeder gab dem Sprecher Beifall. "Narrt mich ein Ko bold, oder seh ich wirklich recht, rief Lud wig. Das ist ja eine gute alte Bekannte aus meinem Dorfe. Gotts Blitz! wie kommt denn die hierher?" Du Hast's ihr angethan! sagte einer der lustigen Zecher lachend, und sie ist Dir nachgelaufen, du Teufelskerl, weil sie's zu Hause nicht mehr aushalten konnte vor Sehnsucht. Sieh nur, wie sie nach den Sternen hinaufblickt, als ob Du schon droben wärst. Seufze nicht, schönesGäns chen, der Liebste ist noch hier unten, und dir näher, als du glaubst. "Nach mir seufzt sie gewiß nicht, erwie derte Ludwig; ich will's Euch erklären, Kameraden; es wird jetzt licht in meinem Verstandskasten " Ist auch endlich einmal Zeit unter brach ihn der vorige Witzbold. nun weiß ich ich auf einmal, fuhr Ludwig, ohne auf diese Unterbrechung wei ter zu antworten, fort: warum das Mül lerkind hier ist. Seht, der Fränzel, der nächster Tage erschossen werden soll, war einstens des Mädchens bestimmter Bräu tigam ; sie wird hergekommen sein, um rührenden Abschied zu nehmen." Das arme Täubchen! rief Einer der Offiziere. Ei nun, Herr Bruder, Du wirst als Bekannter wohl das Amt eines Trösters übernehmen und Dir Mühe ge ben, die Thränen des hübschen Kindes zu trocknen; Du wirst ihm auch die Feierta ge über einige Zerstreuungen machen, daß es sich bald zufrieden gibt; wir wollen Dir redlich beistehen in deinem Seelsorgerge schäft, daß Du nicht erst nöthig hast, den Pfaffen zu Hülfe zu rufen. "Seid unbesorgt, entgegnete Ludwig, ich werde schon wissen, was ich zu thun habe; bedarf ich Eurer aber, um einen tollen Streich auszuführen, dann bin ich überzeugt, daß ich sicher auf Euch rechnen kann." Das kannst Du! Cartell, Bruder! Werden nicht ermangeln! —so riefen die Meisten lachend; nur Einige, das Un glück ehrend und es im Herzen mißbilli gend, daß das arme trauernde Mädchen noch in seinem Jammer verspottet und be unruhigt werden sollte, schwiegen und zo gen sich still zurück. Ludwig, welcher bemerkte, daß sich Rös chen vom Fenster wegbegeben hatte, ging nun in daS Wirthshaus hinüber. Sein böses Herz feierte einen satanischen Tri umph bei der Vorstellung von des Mäd chens Seelenleiden. So seine Rache be friedigt zu sehen, hatte er selbst nicht er wartet ; er brütete nun über einem Plane, der sie ganz vervollständigen sollte. Im goldenen Hirsche eingetreten, frag te er sogleich nach Frau Heimann, und er fuhr, daß sie oben bei den Fremden zu thun habe. Er forschte nun genauer nach diesen, und brachte von den Leuten heraus, daß es ein Müller, Namenö Steffen, nebst Der Liberale Beobachter Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger. seiner Tochter sei. Jetzt wußte er, daß ihn vorhin sein Auge nicht getäuscht hat te. Nun wünschte er nichts sehnlicher, als Röschen in eine Falle zu locken. Er rech nete auf die Mithülfe der Gastwirthin, von welcher er wußte, daß sie eine gewinn süchtige, obwohl sonst nicht böse Frau sei. Sie blieb lange oben; als sie endlich her unter kam, erfuhr er von der Geschwätzi gen zu seinem Erstaunen, daß das junge Mädchen morgen früh allein nach der Hauptstadt abreisen und der kranke Vater hier zurückbleiben werde. "Und was will sie dort? fragte Ludwig etwas betroffen." Ja, das hat sie mir nicht vertraut, er wiederte die Wirthin, ich vermuthe nur, daß sie für den Deliquenten, der ihr Bräu tigam ist, dort Begnadigung auswirken will. Aber ich zweifle daran, daß sie et was ausrichten wird. Du lieber Gott, ein junges unerfahrnes Landmädchen, daS weiß ja nicht, wo es zuerst vor Angst hinlau fen soll. Wer wird sie den anhören, wer sich ihrer annehmen ? Ich glaube, ich wür de nicht einmal einen Hund vom Ofen locken, und ich bin denn doch eine ganz andere Person. "Da hat Sie ganz Recht, Frau Hei mann !" sagte der Junker lachend und em pfähl sich, um vorerst allein, dann aber mit seinen Kameraden zu überlegen, was er jetzt zu thun habe, denn das, was er ge hört, ging ihm gewaltig im Kopfe herum. Er fürchtete zwar nicht, daß es Röschen möglich sein werde, die Rettung ihres Ge liebten zu bewirken, ja er dachte kaum dar an, daß sie den Muth haben könne, vor dem Herrn des Landes zu treten ; aber die Nachricht von ihrer schnellen Abreise be unruhigte ihn doch, je sonderbarer und ge heimnißvoller ihm dieser Entschluß des Mädchens vorkam. Er überlegte, was er zu thun habe, und ersann einen Plan, der so ganz seiner würdig war. Am nächsten Morgen schon sehr früh war der Garnison-Prediger im Gasthofe und übergab Röschen die Schrift, an de ren Abfassung er die Nacht hindurch ge arbeitet hatte; und nun trieb er auch zur Abreise. Es währte nicht lange, so war das Mädchen bereit und bestieg nach einem thränenvollen Abschiede, und von des Pfle gevaters und Paul's heißesten Wünschen für das Gelingen ihres Unternehmens be gleitet, den Wagen. Der Knecht fuhr so rasch, als es bei dem eben nicht guten We ge nur anging. Es war nicht mehr weit von Mittag, und es waren erst drei bis -4 (deutsche) Meilen zurückgelegt. Röschens Hast und Ungeduld wuchs mit jeder Mi nute. Da sprengten einige Offiziere im schnellen Jagen vorüber; aber sie achtete nur mit sich selbst beschäftigt, nicht auf die Außendinge, und bemerkte kaum, was um sie herum vorging. Die freundlichen Thäler, durch welche die Straße führte, entlockte dem für Naturschönheiten sonst sehr empfänglichen Mädchen heute keine Bewunderung. In sich selbst verloren, und nur einem Gedanken Raum ge bend in ihrer Seele, sah sie starr und dü ster vor sich hin, und ein Paradies hätte ihr keine Augenweide gewährt, ihre Auf merksamkeit nicht gefesselt. In einer einsam gelegenen Straßenher berge wurde angehalten, um aufeinStünd chen Mittag zu machen. Mehre Reitpfer de standen gesattelt vor dem Hause an gebunden. Röschen, die nicht essen woll te, blieb auf dem Wagen sitzen, aber Chri stian, der Knecht, ging hinein, um eine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Als er sich an den großen Tisch der Schänkstube ge setzt hatte, gewahrte er in dem besser ein gerichteten Nebenzimmer die Offiziere, die vorhin bei ihm vorbeigesprengt waren, an der Mittagstafel. Bald darauf trat Ei ner von ihnen, mit einem großen Wein glase in der Hand, heraus, that, als ob er vorübergehen wolle, blieb aber vor Chri stian stehen und sagte: "Willst Du mei nen Wein austrinken, Bursche? ich habe genug." Der Müllerknecht, dem so ein guter Trunk nicht einmal alle Jahre gebo- "'lVillig zu lsben und ohne Furcht zu tadeln." Dienstag den 22. April, isi« ; ten wurde, gab natürlich eine bejahende Antwort und that sich an dem wohlschmek kenden Sekte nicht wenig gütlich; eine ge raume Zeit verging, ehe er aufstand und zum 'Anspannen sich bequemte, so daß er sich zum Erstenmale Scheltworte von Rös chen zuzog. Aber diese sollte bald Gele genheit haben, noch unzufriedener mit ihm zu werden. Denn Christian war noch nicht weit gefahren, als ihn eine Begierde zum Schlafen übermannte, die er trotz sei nes Bestrebens nicht bezwingen konnte. Vergebens versuchte auch Röschen, ihn munter zu machen, und gab ihm, der sonst ein folgsamerKnecht war, welcher die Vo rwürfe seiner Herrschaft scheute, ihren Un willen zu verstehen, der Schläfrige ließ, wenn er auch eben erst erschrocken empor gefahren war und sich zusammengenom men haete, doch gleich die Arme kraftlos wieder sinken, und vermochte die Augen nicht offen zu erhalten. Röschen, über die dadurch verursachte Versäumniß und Zeitverschwendung ärgerlich, befahl dem faulen Knechte, daß er sich, um seinen Rausch auszuschlafen, in den Wagen nie derlege, und übernahm nun selbst die Lei tung der Pferde; darüber ging aufs Neue manche kostbare Minute verloren, was die Aengstlichkeit und Unruhe des Mädchens noch vermehrte. Der Weg führte nun durch eine mei lenweite Haide. Röschen durfte, da sie durch mehre unvorhergesehene Zufälle auf gehalten worden war, nicht mehr hoffen, heute noch das am Ausgange des Waldes liegende Städtchen zu erreichen, wo sie nach der vorher entworfenen Reise Route das erste Nachtquartier hatte machen wol len. Die Sonne fing bereits an zu sin ken, immer öder und düsterer wurde die wenig befahrene Straße, und das furcht sam werdende Mädchen trieb jetzt unab läßig die von dem tiefen Sande ermüdeten Thiere an, um noch vor einbrechender Fin sterniß die in der Mitte der Haide gelege ne Herberge zu erreichen. Da hörte die Eilende plötzlich das Getrappel von meh ren Pferden hinter sich und sah im näch sten Augenblicke sich schon von fünf Offi zieren umgeben, unter denen ihr sogleich ihr Todfeind, der Junker Ludwig, in die Augen fiel. "Halt, halt, mein Täubchen! rief ihr dieser mit wildem Lachen zu, nun entkommst Du mir nicht mehr! Endlich, nachdem ich so lange vergeblich Dir nach gestellt, gelingt es mir, Dich noch einmal zu fangen. Ergib Dich in dein Schick ! sal, jetzt errettet Dich dein Müllerbursche ! nicht mehr; der sitzt in Ketten und Ban ! den, und erwartet seinen Lohn. Laß ihn fahren, ich werde Dich schon trösten und schadlos halten." Und während er diese höhnenden Worte sprach, riß er mit Hül fe seiner Verbündeten die Schreiende und Widerstrebende vom Wagen herab, band ihr die Hände, hob sie zu sich aufs Pferd, und jagte, einen rechtshin führenden Sei tenweg einschlagend, nebst seinen Beglei tern unter lautem Gelächter und wildem Jubel von dannen. So schien nun die Bosheit gesiegt zu haben, und der schändliche Ludwig war na he daran, seinen Bubenstücken die Krone aufzusetzen. Mit mehren leichtsinnigen und verdorbenen Jünglingen seines Glei chen zu dem Schelmenstreiche verbündet, hatte er, nachdem er für sich und seine Ge fährten von feinem Onkel auf einige Ta ge Urlaub erhalten, der Reisenden nachge setzt, sie bald überholt und in der Stra ßenherberge auf sie gewartet. Schon vor dem Ausritte aus Kronstein war beschlos sen worden, daß man den Versuch machen wolle, den Knecht wo möglich in einen Zu stand der Sinnlosigkeit und Unthätigkeit zu versetzen, damit er die Ausführung des Schurkenstreiches durchaus nicht hin dere und hinterher nicht verrathe. Denn wenn auch die Nichtswürdigen für ihre schlechte That keine strenge Ahndung be fürchteten, so mußte es ihnen doch lieber sein, daß die sidele Suite, wie sie ihr Bu benstück zu nennen beliebten, vor der Hand ein Geheimniß bleibe. Zn diesem End- zweck hatten sie sich von einem Apotheker ein unschädliches Schlafpulver besorgt, u, es mit süßem Wein vermischt, dem Chri stian zu trinken gegeben, als dieser im Wirthshause sein Mittagbrod verzehrte. Rechts der großenHaide und dicht amSau me derselben lag ein kleines Vorwerk, wel ches dem Bruder eines der Offiziere gehör te, die sich mit Ludwig zu dem schändlichen Ueberfalle und der gewaltsamen Entfüh rung verbündet hatten. Dorthin sollte Röschen gebracht werden, denn dort glaub ten die Verworfenen vor aller Nachfor schung und Entdeckung sicher zu sein und ungestraft das Bubenstück vollenden zu können. Aber der Himmel sandte der Unschuld einen Retter, als diese schon an menschlicher Hüljie verzweifelte, und der wohl ausgesonnene Plan der Nichtswürdi gen ward durch einen unberechneten Zufall zu Schanden gemacht. Im wildesten Jagen flogen die Räuber mit ihrer Beute auf dem schmalen, wenig befahrnen Waldwege dahin. Röschen schrie, was sie konnte, nach Hülfe, aber Ludwig hielt ihr bald den Mund zu, und einer seiner Kameraden, der neben ihm ritt, zeigte ihr ein Pistol und drohte, sie nieder zuschießen, wenn sie sich nicht ruhig ver halten würde. Zitternd gehorchte das ar me Kind und sandte einen schmerzlichen Blick nach oben. ''Vater im Himmel, hilf mir!" rief sie flüsternd in sich hinein, "oder verdamme mich nicht, wenn ich etwas Entsetzliches thue, denn ich mag weder mei ne Schande, noch meines geliebten Trau gotts Tod überleben. Ach, nun ist alle Hoffnung dahin, nun muß der Unglückli che sterben! O Herr mein Gott, warum hast Du mich und ihn so ganz in die Ge walt des Feindes gegeben!" Jetzt bogen die Reiter um eine Felsen ecke schnell in einen Hohlweg ein, und er staunte nicht wenig, hier unvermuthet auf eine Reisechaise zu stoßen, in welcher ein ältlicher Mann saß, der sich in seinen Mi litärmantel gehüllt hatte. "Keinen Laut jetzt, Mädchen, oder Du bist verloren!" raunte der bestürzte Ludwig der Entführ ten zu; aber dies» wollte lieber ihr Leben der Gefahr preis geben, als diese Gele genheit, vielleicht die einzige und letzte, die sich ihr zur Befreiung darbot, ungenützt vorüber gehen lassen. Alle ihre Kräfte anstrengend, rief sie: "Hülfe, Hülfe! retten Sie mich aus den Händen dieser Bösewichte! Gott wird es Ihnen lohnen!" Der Fremde hatte kaum diesen Ruf ver nommen, als er auch schon aus dem Wa gen sprang, den Reitern den ohnehin sehr engen Weg vertrat, und ihnen ein don nerndes Halt zurief. Diese prallten bei seinem Anblicke erschrocken zurück, denn sie erkannten den Capitän Räuden. "Was haben Sie vor? was soll das be deuten ?" fragte er mit kräftiger Stimme die betroffenen Sünder, die nicht gleich ei ne Antwort bereit hatten. Statt ihrer ergriff das muthiger gewordene Mädchen, welches nun sah, daß es mit der schreckli chen Drohung nicht so viel auf sich hatte, das Wort und rief: Um Gotteswillen, ret ten Sie mich, edler Herr! Ich bin ein un bescholtenes Mädchen. Diese Menschen haben mich, als ich durch den Wald fuhr, gleich Räubern überfallen, vom Wagen gerissen, gebunden und sind mit mir da von gesprengt. „Ei sieh da, Herr Ex-Schwiegersohn," sagte der Hauptmann, der erst jetzt den Lieutenant von Biebrach erkannte, „diese ritterliche That sieht Ihnen ähnlich. Gott sei Dank dafür, daß Sie kein Mitglied meiner Familie geworden sind. Und nun lassen Sie diesen Augenblick das Mädchen frei, und reiten Sie dann zum Teufel, wohin Sie wollen." Ludwig, der zuerst vor Schreck und Wuth keines Wortes mächtig gewesen war, hatte sich jetzt gefaßt und entgegnete trot zig : „Wir stehen nicht unter JhremCom mando, Herr Hauptmann, und weder Sie noch wir sind jetzt im Dienste, darum rei sen sie mit Gott, und bekümmern Sie sich nicht um Dinge, die Sie nichts angehen.'' Laufende Nummer SÄ. Und hiermit wollte er schnell daS Pferd wenden. Aber Nauden, zum Zorn gereizt, fiel ihm in die Zügel und riß mit einer raschen Bewegung, ehe Ludwig es hindern konnte, Röschen herab, die nun ihres Ret ters Knie ängstlich umklammerte. Herr Hauptmann ! schrie Ludwig außer sich vor Zorn, mit welchem Rechte können Sie sich^» "Mit dem Rechte eines Ehrenmannes, der die verfolgte Unschuld gegen schändli che Gewaltthat beschirmt; unterbrach ihn Nauden mit edler Hitze. Beim Himmel! Ihr sollt denßubenstreich nicht weiter aus führen ! Jetzt steht das Mädchen unter meinem Schutze. Wag' es Einer, sie an zutasten, dem renne ich den Degen durch den Leib, und wäre er auch der Neffe eines Feldmarschalls. Oder hat sie gelogen, ist sie eine gemeine Dirne? Ich frage Euch auf Euer Ehrenwort, Auf Offizier-Pa role !" Alle schwiegen. "Ihr verstummt, fuhr der Capitän fort, Ihr könnt Euren Schel menstreich nicht rechtfertigen. Nun, ich will nicht länger Zeuge Eurer Beschämung sein. Macht Platz, es wird mir wohl sein, wenn ich Eures Anblickes überhoben bin!" Und er hob Röschen in seinen Wagen, setzte sich neben sie und befahl seinem Kut scher, weiter zu fahren. Ludwig machte Miene, eS zu hindern, wurde aber von sei nen Kameraden zurückgehalten, und der Reisewagen rollte schnell dahin. Nun be netzte das angstbefreite Mädchen dinHän de seines Retters mit den Thränen des heißen Dankes. Gerührt betrachtete Räu den daS lieliche Geschöpf. "Sage mir nun, Kind, hob er an, wer Deine Eltern sind und wo sie wohnen, damit ich Dich zu ihnen bringen kann." Ach guter, edler Herr! antwortete Rös chen, meine Heimath ist weit von hier; mein Ziehvater aber ist jetz in Kronstein. —Ach Gott! wenn ich unverrichteter Sa che zu ihm zurückkehren muß, wenn ich— Sie konnte nicht ansreden, sondern brach in ein lautes Weinen aus. "Was fehlt Dir, armes Kind? fragte Räuden sanft und freundlich, vertraue Dich mir, viel eicht kann ich helfen, oder wenigstens ra then." Ja, ich will offen gegen Sie sein, gnä diger Herr! erwiederte Röschen etwas ge faßter ; ich will Ihnen Alles sagen, damit Sie mich nicht verkennen und etwa glau ben, ich sei Ihres Schutzes nicht würdig. Und nun erzählte sie, daß ihr Bräuti gam in Kronstein gefangen sitze und in einigen Tagen erschossen werden solle, und daß sie, da ihr Pflegevater krank zurück geblieben sei, sich allein nach der Residenz aufgemacht habe, um vor dem Herzoge einen Fußfall zu thun, und das Leben ih res Geliebten zu erflehen. Mit Erstaunen und Rührung blickte der Hauptmann das einfache, bescheidene, und doch von so seltenem Muthe beseelte Mädchen an, und eine Ahnung stieg in seiner Seele auf. "Wie heißt Deinßräu tigam? fragte er nach einer Pause; viel leicht kenne ich ihn, denn ich war lange Zeit in Kronstein." Ach dann, erwiederte Röschen, werden Sie sich gewiß erinnern, denn er ist ja so ein guter Mensch, und hat so oft ungerecht und unschuldig gelitten, daß er schon lan ge von vielen Rechtschaffenen in jener Stadt bedauert worden ist. Er heißt Traugott Fränzel! "Gerechter Gott! schrie Räuden auf, hab' ich s doch geahnet. Und er, der Bra ve, soll sterben, fallen seinen nichtswürdi gen Feinden zum Racheopfer. Ja, sie haben ihn so lange aufs Aeußerste gepei nigt, bis er die Schranken der Geduld durchbrechen, und, feines qualvollen Le bens müde, eine That begehen mußte, die ihn zum Untergange reif machte. So »veit haben die Abscheulichen es bringen wollen, um ihren unvesöhnlichen Haß aof daS Vollkommenste zu befriedigen. Aber sie sollen nicht triumphiren, wenn Gott die Unschuld beschützt. Und er beschützt sie, das haben wir ja erst vor wenig Minuten erfahren. Durch wunderbare Fügung