Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, May 23, 1843, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Mr a Ving, Venn. Gedruckt und herausgegeben von ArnoldPu w e ll e, in der Süd 6ten Strasse, Ecke der Sherry Alley.B ehm' 6 Wltthsbaus-Hof gegenüber.
Jahrgang 4, gann Mnmmer 194.
Bedingung? N.-Der zz.sber.lle Moimckter erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Luperial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions-Preis ist El n Thaler des Jahrs, welcher in halbjähriger Vorausbe
zahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres nicht bezahlt, werden Kl 5V angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monat wird kein Unterschreibet angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie
einen Monat vor Ablauf des Lubieriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis eingerückt. Unterschreibern in hiesiger
Etadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreibe,-. und Mittheilungen müssen p o'st 112 r e i eingesandt werden.
Das gute Lieschen.
Lieschen, gar ein gutes Kind,
Fromm, wie Gottes Engel sind,
Ging elnst >n den Wald voll Buchen,
Sich Erdbeeren da zu suchen,
Und im kleinen Körbchen trug
Sie ihr Brod und Mllch im Ärng.
Horch, wie bang und kläglich schallt
Ein Gewimmer aus dem Wald !
Furchtsam sah sie durcb die Sträuche,
Sah bei einer alte» Elche
Einen armen, schwachen Greis
Dessen Haar wie Echiiee so weis;.
„Gott, sprach er, zwei Tage bald,
Irr' ich schon in diesem Wald!
Weiler kann ich nicht mehr gehen,
Werd' die Meinen nicht mehr sehen;
Gott, o Gott, d» guter Gott!
Ach, erbarm' Dich meiner Noch!"
Trocknend seine Stirn voll Schweiß,
Legt er seine Bürde Reis
Seufzend nieder auf die Erde,
Sauk, erliegend der Beschwerde,
Selbst dahin und kurze Ruh
Schlot; «hm sanft die Angen zu.
Lieschen schlich nuu still und leis
Hin zum armen, milden Greis,
Und lm Aug' die hellen Zähren,
Stellte sie ihr Körbchen Beeren,
Milch und Brod auch, „eben ihn
Zwischen Gras und Blume» hl».
Still uud leis' schlich sie zurück,
Thränen noch im frommc» Blick,
Blieb versteckt nnd nngesehcn,
Hinter dem Gebüsche stehen,
Lauschend, ob auch Milch uud Brod
Liiiderteu des Arme» Noth.
~Gott, rief drauf der Mann erwacht,
Ach, wer hat mir das gebracht /
Gott, voll Huld mit Deinen Kindern,
Hast Du, meine Noth zu lindern,
Einen Engel mir geschickt,
Der so liebreich mich erquickt."
Froh genoß er und Trank,
Froh mit lautem Lob nud Dank,
Ging dann, neu gestärkt uud heirer,
Mit der schwere» Bürde weiter,
Rief »och oft: „Vertraut auf Gott!
Er erbarmt sich nnsrcr Noth."
Lieschen fühlte Eugelslust
lil der unschuldsvollen Brust,
Eilte jeyr aufauderu Wegen
Unserm gnten Greis entgegen,
Sicher, unversehrt und bald,
Ihn zu führen ans dem Wald.
~Gr>iß Euch Gott, mcin lieber Man !"
Fing sie hold nnd freundlich an
Sagte dann, ganz unbefangen -
„Sicher seid Ihr irrgegangen !
Ich zeig' Euch deu Weg recht gern,
Und er ist auch gar nicht fern "
„Gllte Tochter, sprach der Manu,
Saz' mir treu uud redlich an,
Hast du Nicmaud hier gesehen,
Durch die Bttchenwaldnng gehen,
Der, da ich verschmachtet schier,
Rettete das Leben mir
Lieschen sprach - „Ihr tragt so schwer !
Gebt mir Eure Bürde her.
So! D,e Wahrheit zu gestehe»,
Hab' ich Niemand hier gesehen.
Danket nnr den lieben Gott,
Er hilft ja ans aller Noth/'
Weiter sprach das Mädchen nicht,
Gltthendroth, ward ihr Gesicht
Und nuu kam des Waldes Ende,
Da drückt sie in seine Hände
All ihr Geld ein Grosclzenstück,
Eilte schnell nach Haus zurück.
Wohl ist es schon himmlisch schön,
Armen Menschen beiMch»,
Aber edler noch uud besser,
Wahrhaft besser ists uud größer,
Wenn man sich barmherzig zeigt
Und d,e gute That verschweigt.
Zur Unterhaltung und Belehrung.
Die Ostereier.
Gottlob, umi sind doch einmal Hühner da.
Einmal kam der alte, der Kuno hieß,
wieder von einer Reise heim, und trug ei
nen Hühnerkorb auf dem Rücken. In
dem waren ein Hahn und einige Hennen.
Als die Kinder im Thale den alten Mann
Wer Liberale Beobachter
Und Berks, Moittgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.^
kommen sahen, liefen sie alle zusammen ;
denn er brachte ihnen immer etwas mit—
weißes Brod, getrocknete Pflaumen, ein
Pfeifchen, ein Glöckchen für ihre Ziegen
oder sonst eine Kleinigkeit.
Diesmal waren die Kinder sehr neugie
rig, was den wohl in dem vergittertenÄa
sten sei, der fast ganz mit Tuch bedeckt
war, so daß man nicht recht hinein sehen
konnte, Sie begleiteten ihn bis vor die
Thüre der Frau, die mit ihren zwei Kin
dern sogleich freudig herauskam und ihn
grüßte. Gottlob, rief das kleine Mäd
chen und klatschte in die Hände, nun sind
doch einmal die Hühner da!
Der Mann stellte den Kasten nieder,
öffnete das Thürchen, uud da kam dann
zuerst ein prächtiger Hahn heraus. Die
Kinder erstaunten. „WaS ein sonderba
rer Vogel daS ist!" riefen sie; denn wie
man ihn Heisse, wußten sie noch nicht. „In
unserm Leben haben wir noch keinen so
schönen Vogel gesehen ! was er für eine
schöne Krone auf dem Kopfe hat, noch
schöner roth als Kornblumen! und wie
wunderschön bräunlich und gelblich seine
Federn schimmern, noch schöner als reifes
Getreide in der Abendsonne; und wie
wunderlich er den Schweif trägt, fast wie
eine Sichel gekrümmt!" Anch die Hen
nen gefielen ihnen sehr wohl. Es waren
ein Paar schwarze "'it hochrothem Kamm,
ein Paar weiße mit Schöpfen, und ein
Paar röthlich braune ohne Schweif. Die
Frau streute den Hühnern einige Hände
voll Haft'ikörner hin. Die Hühner pick
ten sie geschäftig hinweg, und die Kinder
standen und kniceten im Kreise umher und
sahen mit vergnügten Gesichtern zu.
Als der Hafer aufgefressen war, da
schwang mit einem Male der Hahn die
Flügel und krähete und alle Kinder
lachten laut zusammen, so freuten sie sich
darüber. Und auf dem Heimwege schrien
alle Knaben „Kikiriki" und die Mädchen
machten eö ihnen wohl auch nach, aber'
doch nicht gar so laut. AIS die Kinder
heimkamen, erzählten sie von den Wun-!
dervögeln, die viel größer seien, als die I
Ringeltauben, ja wohl größer, als die Ra-!
ben, und wie sie so schöne Farben hätten,
noch viel schöner als alle Vögel im Wal
de. „Und, sagte die kleine Marie, Mar
tha's Schwesterchen, wie sie so ein rothes
Käppchen auf dem Kopfe tragen, wie es
bisher noch bei keinen Vögeln deS Waldes
gebräuchlich gewesen." Anch die Eltern
winden neugierig und kamen, die fremden
Vögel zu sehen, und waren nicht weniger
darüber verwundert.
Nach einiger Zeit ließ sich eine der Hen
nen zum Brüten an. Martha mußte die
Henne täglich füttern. Die Frau zeigte!
einmal den Kindern aus dem Thale daS
Nest, und die Kinder wunderten sich alle
laut über die Menge von Eieren. „Fünf
zehn Eier ! riefen sie ; die Holztauben le
gen nur zwei, andere Vögelein nur fünf
Eier. O wie wird diese Henne so viel Jun
ge auffüttern.
Da die Jungen anfiengen auszukriechen
wollte die Frau den Kindern eine Freude
machen, und ließ sie rufen. ES kamenaber
da eß eben Feiertag war, auch viele große
Leute mit. Sie zeigte ihnen ein aufgepick
tes Ei. O wie freuten sich die Kinder, als
das junge Hühnlein so geschäftig pickte,'
herauszukommen. Die Frau half ihm
vollends heraus. Nun war die Verwuu
derung noch größer, daß das kleine Vöge
lein schon so schöne gelbe Flaumfedern
habe, so munter auS den schwarzen Aeuge
lein blickte, und sogleich davon laufen
könne, da doch andere Vögelein nackt, blind
und ganz Hülflos zur Welt kämen. „Das
ist doch etwas unerhörtes, sagten die Kin
der, solche Vögel giebt es in der ganzen
Welt nicht mehr!"
Als die schöne glänzend schwarze Glucke
mit dem purpurrothen Kamme, in Mitte
ihrer fünfzehn gelbhaarigen Jungen, das
erstemal auf den grünen Rasen heraus-
"tvillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
öe« 23» 1843.
schritt, da war die Freude der Kinder und
I Eltern gar über alle Weise. ..Schöneres
kann man doch nichts sel)en!" sagte ein
Köhler. „Und horcht nur, sprach die Köh
lerin, wie die Alte die Jungen lockt, und
wie die kleinen Dingerchen den Ruf ver
stehen, und sogleich folgen- Es wäre zu
wünschen, daß ihr Kinder auch immer so
auf den Ruf gienget."
Ein Knabe wollte ein junges Hühnlein
fangen, um es näher zu betrachten. Das
kleine Dingelchen schrie aber kläglich, und
auf das Geschrei schoß die Alte plötzlich
und mit weitgeöffneten Flügeln herbei, und
flog dem Knaben, der heftig erschrack und
jammernd um Hülse rief, auf den Kopf
Sie hätte ihm wohl die Augen ausgekratzt,
wenn er das Junge nicht augenblicklich
weider hätte laufen lassen. Der Vater
schinähte den Knaben, und die Mutter sag
te : „Wie das treue Thier sich seiner Jun
gen so eifrig annimmt! Menschen können
sogar von ihm lernen."
Wenn die Henne nun einen guten Bis
sen fand, so erhob sie sogleich ein Geschrei
und die Jungen eilten alle zusammen. Die
Alte zerhackte ihn erst mit ihrem Schnabel
und legte ihnen gleichsam vor. Jedermann
wunderte sich, daß so junge Thierchen, die
kaum über einen Tag alt wären, nicht nur
sogleich laufen, sondern auch schon fressen
könnten.
Da jetzt die Sonne sich etwas unter die
Wolken verbarg—so sammelten sich alle
Jungen unter die Alte, und versteckten
sich da, um sich zu wärmen. „Das ist
noch das allerschönste, sagten die Leute.
Es ist gar so artig und munter, wie hie
und da ein Köpfchen unter den Flügeln der
Henne hervorsieht, oder sich ein Junges
hervorwagt, und sogleich wieder an einer
andern Stelle unter sie hineinkriegt."
Der Müller, der in seiner weißbestäub
ten Kleidung in Mitte der schwarzen Köh
ler sich gar sonderbar ausnahm, aber auch
an Einsicht vor ihnen sich auszeichnete,
sprach : „Was doch ein Wunderding mit
diesen fremden Vögeln ist! Wir erblicken
zwar Gott überall in der Natur; aber
wenn wir etwas ungewöhnliches sehe»,
fällt uns seine Allmacht, Weisheit u. Gü
te doch noch mehr in die Augen. Bedenkt
nur, wie gut es ist, daß diese kleinen Vö
gel sogleich laufen und fressen können;
wenn die Alte so vielen Jungen das Fut
ter im Schnabel zutragen müßte, wie eine
Schwalbe, da würde sie nicht fertig. Wie
gut ists, daß es schon die Natur der Zun
gen so ist, der Alten nachzulaufen und ih
rer Stimme zu folgen. Liefen sie, weil
sie doch auf der Stelle laufen können, so
gleich auseinander; die Alte könnte sie
nicht mehr zusammen bringen, und die
Jungen gingen verloren. Besonders wun
dert mich aber, wo die Henne den Muth
hernimmt, ihre Jungen so tapfer zu ver
theidigen. Habe ich mich doch oft schon
geärgert, und sie dumme Thiere geschol
ten, weil sie allemal, so oft ich an ihnen
vorbei ging, vor Furcht scheu auseinander
flohen, obwohl sie längst merken konnten,
daß ich ihnen nichts zu Leide thue. Und
nun ist die Natur des Thieres ganz ver
ändert' und sie setzt sich gegen einen Mann
zur Wehre- Oft hat es mich ergötzt, wie
die Hennen um einen Bissen zanken, wie
diejenige, die ein größeres Bröckchen fand,
fo neidig ist, und sogleich davon läuft,und
es ihr nehmen wollten. Jetzt aber hat sie
ihre Gefräßigkeit ganz abgelegt, und ruft
die Jungen selbst, und rührt nichts an
bis alle satt sind. Ich glaube, das gute
Thier stürbe lieber selbst Hungers, als
daß sie eines ihrer Jungen verhungern
ließe. Die zärtliche Sorgfalt, mit der die
Henne ihre zarten Jungen umherführt,
Futter für sie aufsucht» sie nährt, sie be
schützt, sie unter ihren Flügeln wärmt —
hat Gott dem Thiere eingepflanzt. So
zärtlich ist Gott für diese jungen Hühnlein
besorgt! und wie sollten nun wir verza
gen ? Sollte Er nicht noch mehr für uns
besorgt sein?— Freilich sorgt er noch mehr!
für uns. Darum nur guten Muth, lieben
Leute; Gott macht es wohl. Er sorgt
für alle seine Geschöpfe—am meisten aber
für den Menschen, der in seinen Augen
mehr ist, als alle Hühner und alle andern
Vögel in der ganzen Welt."
(Fortsetzung folgt.)
! !
Tägliche Beschäftigung des chinest
schen Kaisers.
Am Morgen sehr früh, zur bestimm
ten Stunde, erscheint ein Verschnittener
mit einer Laterne, um den Kaiser aufzu
wecken. Der Monarch kleidet sich an
trinkt seinen Thee und begiebt sich um
halb 5 Uhr in sein Kabinet. Der Ver
schnittene bringt ihm die von den höchsten
Behörden zu Peking und von den dienst
thuenden Mandarinen eingereichten Denk
schriften, oder die Berichte der Provinz
statthalter und Generale.
Der Kaiser durchliefet alle diese Pa
piere und bezeichnet die ihm am wenigsten
wichng scheinenden durch ein Ohr oder
durch einen Nagelstich. Die Kabinets
räthe wissen, was das zu bedeuten hat und
schreiben die Entscheidung mit rother Tinte
neben an. Sodann werden die Personen
vorgelassen, mit denen der Monarch über
Staats-Angelegenheiten zu sprechen hat.
Mit Tagesanbruch begiebt er sich in den
Thronsaal und ertheilt den Mandarinen,
die Aemter erhalten haben, oder sich beur
lauben wollen, Audienzen. Die großen
Säle im Pallaste haben keine Vorzimmer
und sind nach Süden gerichtet. In der
Mitte sind breite doppelte Flügelthüren,
die während der Audienz offen bleiben.
Der Thron ist an der Mauer, ihnen ge
genüber. Auf beiden Seiten stehen die
dienstthuenden Mandarinen.
Die vorgestellten Personen knieen nieder
und berühren auf ein Zeichen des Zeremo
niemneisters mit ihrer Stirn dreimal den
Boden. Sodann liest Jeder eine kurze
Selbstbiographie ab. Die Mandarinen
müssen außerdem noch 5 Pfeile nach einer
Scheibe schießen. Oft befragt der Kaiser
die Vorgestellten über verschiedene Sachen
und seine Fragen, so wie ihre Antworten,
werden von den Leibwächtern mit lauter
Stimme nachgeschrieen.
Personen von hoher Geburt, oder solche,
die der Monarch genau kennt, werden
nahe an seinen Thron gerufen, und er
unterhält sich unmittelbar mit ihnen.
Nach Beendigung dieser Zeremonie,
um 7 Uhr Morgens, verfügt sich der Kai
ser in seine gewöhnlichen Wohnzimmer, wo
er allein zu Mittag speiset, weil er in sei
ner Würde nicht seineö gleichen hat.
Seine Gemahlin und seine Beischläferin
nen wohnen in einem andern Theile des
Pallastes. Anf dem Tische des Monar
chen dürfen nur solche Gerichte erscheinen,
welche das Gesetz vorschreibt, und er darf
nie etwas aus einem Gewächshause ge
nießen. Die Ueberreste von seiner Tafel
werden den diensthtuenden Mandarinen
gegeben, woran sie jedoch kein besonderes
Wohlgefallen finden mögen, weil sich ge
wöhnlich dieselben nach den drei gebräuch
lichen Kniebeugungen ihren Bedienten
überlassen.
Nach dieser Mahlzeit überläßt sich der
Beherrscher des „himmlischen
dem Schlummer oder seinen häuslichen
Geschäften. Sodann geht er in sein
Kabinet um die Vorstellungen, welche
einer nähern Prüfung bedürfen, zu durch
gehen. Die ersten Mandarinen müssen
immer in der Nähe des Kabinets sein,
um ihm Aufklärungen geben zu können.
Die diensttuenden Mandarinen überrei
chen dem Verschnittenen eine kleine Tafel
auf der ihr Name und ihre Amtsverrich
tung geschrieben steht. Darnach weiß
man, an wen man sich zu wenden hat.
Den Abend bringt der Kaiser mit seiner
Familie zu, oder spazirt im Garten. Am
peinlichsten mag es ihn oft werden, Ge
richte zu sehen, die er nicht genießen darf.
Nach Sonnen-Untergang begiebt er sich
zur Ruhe. So schleicht ein Tag gleich
Kummer 38.
dem andern hin, mit Ausnahme der Feste
die nicht sehr zahlreich sind. Die größte
Zerstreuung ist ihm am Neujahrstage
erlaubt. Die Belustigungen beginnen
schon 10 Tage vor demselben und dauern
It) Tage hinter einander. Während dieser
Zeit sind alle Geschäfte unterbrochen und
ganzChina scheint ein wahres Schlaraffen
land zu sein.
Der Geburstag des Kaisers ist nur ein
Hoffest, das 7 Tage dauert, während denen
die vorzüglichsten Mandarinen zum Scha
uspiel eingeladen werden. Andere haben
die Ehre, in seiner Gegenwart und wäh
rend er an seinem eigenen Tische sitzt, an
kleinen Nebentichen zu speisen und die
Vorstellung mit anzusehen.
Ist der Monarch krank, wird sogleich
ein hoher Rath zur Leitung der Geschäfte
ernannt, und die Aerzte werden zugelassen.
Man bemerkt eine außerordentliche Bewe
gung unter den Großen deS Reichs- ES
bilden sich Parteien für und wider den
Thronerben, dem in dieser Hinsicht beste
henden Grundgesetze zum Trotz. Das ist
denn auch der Grund, daß der Kaiser mit
äußerster Sorgfalt nicht nur leichte Un
päßlichkeiten, sondern selbst gefährliche
Krankheiten so lange als möglich zu ver,
bergen sucht-
Nach den Worten des Gesetzes kann der
Kaiser seinen Pallast nicht verlassen, weil
er im Innern desselben als die Seele deö
Ganzen betrachtet und unerschütterlich im
Mittelpunkt bleiben muß. um seinen Ein
fluß auf gleichförmige Weise zu verbreiten.
Nur der Besuch des Tempels oder deS
kaiserlichen Begräbnisses, so wie des Lust
schlosses Ii ho oder Gehol, jenseits der
großen Mauer, ist ihm erlaubt, und er
kann dort, nach Unterwerfung besonderer
Zeremonien, auf die Jagd gehen. So ist
der Monarch, den man als den unum»
schränktesten auf der Erde betrachtet, selbst
in seinen Vergnügungen durch eine drük
kende Etikette gefesselt und nichts weniger
als absolut.
Auf dem Mississippi verbrannte der
Schooner Rover, mit Baumwolle von
Pearlington nach Neu Orleans bestimmt.
Nachdem der Capitän eingesehen hatte,
daß alle Bemühungen, den ansgebrochenen
Brand zu ersticken, vergebens waren, ließ
er Alles, was beweglich war, über Bord
werfen, und die 9 auf dem Schiffe befind
lichen Passagiere nebst der Schiffsmann
schaft retteten sich auf Baumwollenballen.
Zuletzt versuchte auch der Capitän auf einen
in den Fluß gestürzten Ballen zu springen,
verfehlte denselben aber und ertrank. Das
Schiff brannte bis an die Wasserkante
und versank, mit demselben eine Summe
baaren Geldes und 18(1 Baumwollen
ballen. Der Freimüthige.
Bnssalo, den 6. Mai.
Der Steam Propeller Herkules vom
Stapel gelassen.— Dieses Boot den Her«
ren Hollister zubehörig, ward von der
Ship-Vard von Carrick und Burwell am
letzten Sonnabend halb vier Uhr Nach
mittags von Stapel gelassen. Majestä
tisch glitt er in's Wasser hinab, und eine
große Menge unserer Mitbürger, die sich
versammelt hatten, um seinen ersten Ein
tritt in das für ihn bestimmte Element,
mit anzusehen, waren nicht wenig von
diesem Schauspiel erbaut. Seine Länge
ist 135, die Breite der Beams2s und die
Tiefe des Holds 8 Fuß. Er wird durch
Ericksons Propeller in thätigkeit gesetzt
zugleich mit einer Dampfmaschine von
45 —50 Pferdekraft. Der Herkules hat
572 Tonnen Last, und ist hauptsächlich
zu einem Fracht- und Passagier-Boot für
die obern Seen bestimmt; auf welcher Li
nie er vielleicht mehr Dienste leisten wird,
als viele andre von größerer Stärke. Der
geringen Last feiner Maschinerie, und der
geringen Ouantität nothwendigen Feuer
materielö halber, kann er seinen ganzen
Raum zur Aufstauung von Gütern und