Me « ViNg, Venn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Süd 6ten Strasse, Ecke der Sherry Alley.B eh m' s Wirchshaus-Hof gegenüber. Jahrgang 4, gcmtt Mnnmer 183. Bedingunge N.-D«r Nlberklle Veobklckter erscheint jeden Dienstag auf einein grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subseriptions-Preis ist Ei n Tha l e r des Zahrs, welcher in halbjähriger Vorausbe zahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, werden Hl 50 angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subscriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewohnlichen Preis eingerückt. 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Holde Augen s.ch ich blinken Unter dichtem Blumenkränze; In des Trankes Hunmeleglanze Trat er in den Kreis herein. Und er hieß mich frenndlich trinken; Und ich dacht' i es kann der Knabe, Mit der schönen lichten Gabe, Wahrllch! nicht der Böse sein. Trinke Muth des reinen Lebens! Dann verstehst du die Belehrung, Kommst, m,c ängstlicher Beschwörung Nicht zurück an diesen Ort, Grabe h»er nicht mehr vergebens. Tages Arbeit! Abends Gäste Sanre Wochen! frohe Feste I Sei de», künftig Zauberwort I. W. v. G Zur Unterhaltung und Belehrung. Das Gebirge zwischen Schweden und Norwegen. Reisend, habe» dies Gebirge mit einem stürmisch aufgeregten Meere verglichen, des sen nngehcure Woqen plötzlich erstarrt sind. MicEis und blendend weißem Schneebedeckt, verbreiten sie bei Hellem Wetter einen blauen Schimmer weit nmher. Man steht nbcr den Wolken in der blanen Lnft Kel>-spitze», wel che dadurch dem Augs niiermeßlich hoch erschei nen, und indem ihre glatten Seiten die Strah len der Sonne von sich werfen, dem Himmel selbst nahe zn sein scheinen. Noch nm Mit ternacht flammen ihre schneebedeckten Gipfel von den Sonnenstrahlen, die vom Horizonte herausschießen, und dieser sogenannte Eisblick glänzet wie Feuer in die tiefe Dämmerung der unteu liegenden Thäler hinab. Wenn man sich am weitesten nördlich diesem Grenz gebirge nähert, erreicht man znerst die Greil« ze, wo die Tanne nicht mehr wächst. Dann hält nnr noch Kiefer aus, aber nicht riesenhaft wie sonst. Mit niedrigem Stamm und starken, weit ansgcdchnten Zweigen, braucht sie Jahrhunderte, um auch nnr eine mittelmäßige Höhe zu erreichen. D>? Brü che haben ein höchst ödes Anssehen; der Gangfisch und die Aesche finden sich nicht mehr in den Gewässern; die Heidelbeere kommt nicht gnt mehr fort; der Bär geht nicht hö her hinauf. Das Korn hat aufgehört ~« rei fen ; aber kleine Höft, deren Einwohner von Fischerei und Viehzucht leben, finden sich noch a»f2600 Fnh unter der Schneegrenze. Die Kiefer hört 20l)0 Fnß nnter dieser Grenze auf nnd die niedrige Waldung besteht von da an nnr ane Birken. Sie wird immer düuner, nnd da d„ Sonne deshalb ungehindert auf die Felswände wirken tan», so findet man anf denselben oft eine große Fülle von Bergpstan zen. Die trocknen Stellen bedeckt das Renn thiermoos. Zweitausend Fuß unterhalb der Schneegrenze hört auch die niedrige B«rken waldung auf, uud noch weiter hinauf findet steh in keinem Gewässer ei» Fisch mehr. Der letzte ist der Riding (Salmo alpinus). Alle Berge, welche über die Grenze hinansreichcn, innerhalb welcher noch Bänme wachsen kin, nen, heißen eigentlich Fjall, noch 40V Fuß weiter hinauf gehen Gebüsche, schwärzliches Reisholz von Zwergbirtcn ; noch, aber nicht höher hinauf, reift die Moltebeere. Der Vielfraß besucht uoch diese hohe» Gegenden. So hoch steigt auch der Dalfjäll bei Tran straud herauf. Von da an hören auch all, Büsche auf, die Berge sind mit mehr braunen als grünen Felsenkräutern bedeckt, die einzi gen Beeren, welche noch reifen, sind Rausch beeren. Höher als 800 Fuß unter der Schne egrenze schlägt der Lappe, der wandernde Ein> «ohner dieser Oeden, nicht gern sein Zelt auf, denn es mangelt daselbst an Waide für die Der Liberale Äcobachter Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.-^ Rennthiere.-Nun beginnt der ewige Schnee. Seltenes Glück eines Varbiergesellen. Die Generalstaken von Holland ließe» im Jahre 1688 i» öffentlichen Blättern bekannt machen, daß der Großmogul 16 geschickte Barbiergksellkn verlange, nnd diejeiilgen, wel che Lust hätte«, diesem Aufrufe Folge zn lei sten, sich in Amsterdam einer Prüftliig unter werfen müßte». Es faiidcn sich binnen kur zer Zeit über huiidert Barbiergesellen i» ge nannter Stadt ein und sechszehn der geschick testen aus ihuen wurden nach Ostindien ge sandt. Am tüchtigste» ward Johann Christi an Schamberger aus Leipzig befunden. Der Großmogul empfing sämmtliche Barbiere sehr gnädig, am meisten aber erwarb sich Scham berger dessen Gunst durch mehrere gel»»« geiie Küre». Es währte nicht lange, so hatte er sich eiueu beträchtlichen Schatz an Geld nnd Edelsteinen gesammelt. Eine Rei he von Jahren verstoß dem glücklichen Arzte, ohne daß er eine beänqstiqende Sehnsucht «ach seinem Vaterland, fühlte; aber dann mit eincmmale erariff ihn ein unwiderstehli ches Heimweh, Er erbat sich einen dreijäh rigen Urlaub, um sei»? beide» Schwestern in Leipzig besuche» zu dürfe«. Er erhielt auch dkilselbe», mit der Bedingung, wieder zurück zukommen, ja er wurde sogar znm Ober« Schiffs - Ehiriirgns einer ganzen Flotte er nannt, die eben nach Holland zn segeln i» reitschafc vor Anker lag. Dicse Anstellnng begünstigte vor Allem sein Vorhabe», da sie ihm die schönste Gelegenheit darbot, sein Ver> mögen, welches er in Edelsteinen realisirtc, in den Pstasterrollen und Salben zu verber. gen, die er als nnnmgänglich nothwendig für diese Reise in Voraus bereitete, und welche »,»durchsucht anf das Schiff verladen wurde». Es war bei hoher Strafe verböte«, Juwelen ans dem tandezu bringe». Die RelseSchain bergers war sehr glücklich; er kam wohlbe haltti» «ach Leipzig, »iid begab sich, dürftig gekleidet, z» seiner älteren Schwester, welche ihn nicht anerkennen wollte; bei der jünger» drohte man ihn gar a»s dem Hause z« wer fe». Beide Dame» fürchletc», der »»berufe ue Bruder würde das unter sie bereits ver theilte Erbtheil ihrer vcrstorbeue» Eltern in Anspruch nehme». Sie käme» z»sainme» nnd berathschlagte», was zu thu» sei, wen» sich der Angekommene als Bender legitimu en könne. Indeß schickte dieser zu ihnen, ließ ihnen sagen, er schenke ihnen sein Erbtheil, nnd lud sie mit ihre» Männer» z» einem ost indischen Traktament in den Gasthofe ei«, wo er abgestiegen war. Als die Herrschaften dort angekommen waren, führte sie der Br» der in eine Küche, wo ei» für vier Personen gedeckter Tisch stand. Schamberger war reich gekleiket, »nb bei der Ansicht seines Wohlstandes criiiiierteu sich die Schwester» ihres liebe» Bruders sehr wohl. Dieser setz te »Uli cittt» Kessel anf de» Dreifuß über das Feuer, und warf einige Pstasten ollc» in de» Kessel. Die Schwester» »lachten große Au ge» über diese seltsame Zubere>t»ttg z» eiiier Gasterei. Die Pfiasterrollen finge» a» z» schmelze» und verbreiteten eben keinen ange nehmen Geruch. Endlich fuhr der kuriose Koch mit einem große» Löffel »ach dcm Grun de des Kessels, nnd holte nach niid nach die Edelsteine heraus. Er legte sie auf die Tel' ler seine» Gäste» vor n»d sagte: "Da habt ihr das osti»dische Gericht!" Es bed»rfte »»» keiner Legitimacion weiter; der l-etzce Zweifel an der Aechtheit des Benders war vcrschwllndtn. Die gerührten Schwester» fiele» de»» Geber dieses fürstlichen Geschenks um de» Hals uud süß war die Wo»ue der Elteuuuiig. Schönberger ging uichc wie der uacb Ostindien, sondern blieb in Leipzig, wnrde Dokter der Medizin uud starb daselbst am 4teu August 1704 Eiu Obstgarten, den er anlegte, führt noch seinen Namen. Das Blumenkörbchen. (Fortsetzung.) Marie im gräflichen Schlosse. Einmal an einem lieblichen Morgen, zu Anfang des Maies, halte Marie in dem nahen Wäldchen Weidensprossen und Ha selzweige geschnitten, aus denen ihr Va ter, wenn es im Gatten nichts zu thu» gab, die niedlichsten Körbchen flocht Da fand sie die ersten Maiblümchen. Sie pflückte einige davon, und machte zwei Sträußchen daraus, eines für ihren Va ter und eines für sich. Als sie auf dem schmalen Fußsteige durch den blumigen Wiesengrund nach Hause gierig, begegne ten ihr die Gräsin von Eichburg und de ren Tochter Amalia, die sich gewöhnlich in der Residenzstadt aufhielten, vor eini gen Tagen aber auf ihrem Schlosse Eich bürg angekommen waren. Marie trat, sobald sie die beiden weiß gekleideten, Frauenzimmer mit grünen Sonnenschirmchen erblickte, etwas seit wärtS, um ihnen Platz zu machen, und "Ivillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln." be« 7. 1843. blieb ehrerbietig an dem Fußwege stehen. „Ei. giebt es denn schon Maiblümchen ! rief die junge Gräsin, die diese Blümchen mehr als alle andern Blumen liebte- Marie bot sogleich jeder der beiden Gräsin nen ein Sträußchen an. Sie nahmen es mit Vergnügen, und die Mutter zog ihre Goldbörse von purpurrother Seide heraus und wollte Marien beschenken. Allein Marie sagte: „O nicht doch; es ist ganz und gar nicht deswegen geschehen ! Gönnen Eure Exzellenz einem armen Mädchen die Freude, ihrer gnädigen Herr schaft, von der sie so viel Gutes empsieng, auch eine kleine Freude zu machen, ohne an eine Belohnung zu denken !" Die Gräfin lächelte freundlich, und sagte, Marie solle Amalia noch öfter Mai blümchen bringen. Marie that es jeden Morgen, und so kam sie, so lange die Mai blümchen bAihten, täglich in das Schloß. Amalia fand an Mariens guten natürli chem Verstände, ihrem heitern, fröhlichen Sinne, ihrem bescheidenen, Betragen täg lich mehr Wohlgefallen. Marie mußte noch manche Stunde in AmalienS Gesell schaft zubringen, nachdem alle Maiblüm chen schon längsten verblüht waren. Ja, die jungen Gräsin ließ es sich öfters nicht undeutlich merken, das sie Marien immer um sich zu haben wünsche, und sie deßhalb noch in ihre Dienste zu nehmen gedenke. Nun näherte sich Amaliens Geburtstag. Marie war auf ein kleines ländiches Ge schenk bedacht. Einen Blumenstrauß hat te sie ihr schon oft gebracht. Sie verfiel daher auf einen andern Gedanken. Ihr Vater hatte den letzten Winter einige ganz ungemein schöne Arbeitskörbchen für Frauenzimmer verfertiget. DaS schönste aus allen hatte er Marien geschenkt. Er hatte die Zeichnung dazu aus der Stadt erhalten, und die Arbeit war ihm ganz vorzüglich gelungen. Marie beschloß die - seS Körbchen mit Blumen zu füllen, und es Amalien zum Geburtetage zu verehren. Der Vater gab das auf ihre Bitte sehr gerne zu, und er verzierte das niedliche Körbchen noch mir Amaliens Namenszug und Familienivappen, die er sehr nett und künstlich hineinflocht. Am Morgen von AmalienS GeburtS tage pflückte nun Marie die vollsten Ro sen, die schönsten weißen rothen uno blau en Levkojen, bräunlichen Goldlack, und andern schönen Blumen. Das ganze Blumenkörbchen war wirklich überaus schön. Selbst der ernste Vater lobte den Einfall Mariens und sagte, als sie es fort tragen wollte: „Laß es noch ein wenig da, damit ich es noch länger betrachten kann. Marie trug das Körbchen in das Schloß und übereichte es, unter den herzlichsten Glückwünschen, der Gräsin. Amalia hat te eine ungemeine Freude, und konnte nicht Worte genug finden, bald die schönen Blumen, bald daS nette Korbchen zu rüh men. „Gutes Kind! sagte sie, du hast ja dein ganzes Gärtchen geplündert, um mich so reichlich zu beschenken! Und dein Vater macht ja eine Arbeit—so schön, so geschmackvoll, das ich nie etwas Schöneres sah. O komm doch sogleich mit mir zu meiner Mutter." Sie stand auf nahm Marien bei der Hand, und führte sie die Treppe hinauf in das Zimmer ihrer Mut ler. Das Blumenkörbchen gefiel der Gräsin sehr wohl. „In der That, sagte sie, es ist sehr schön! Ich wünsche es gemahlt zu besitzen. Das Körbchen mit den Blumen auf denen noch der Morgenthau liegt, gä be ein so schönes Blumenstück, als je der größte Maler eines gemalt hat. Es macht Mariens guten Geschmacke sehr viel—und ihrem guten Herzen noch mehr Ehre." „Warle indeß hier ein wenig, sprach sie zu Marien, und winkte Amalien, ihr in das Nebenzimmer zu folgen. „Unbeschenkt, sagte die Gräsin in dem Nebenzimmer zu ihrer Tochter, dürfen wir Marien nicht gehen lassen. Was meinest du was sich wohl am besten für sie schicke ? „Geht setzt guten Kinder, sagte die Gräfin gütig, indem sie mit Amalia aus dem Nebenzimmer trat, und sorgt für die Blumen, damit sie bis zur Tischzeit nicht welken. Da wir heute Gäste bekommen, so soll das Körbchen die schönste Zierde der Tafel sein; und anstatt des Aufsat zes dienen. Dir zu danken, liebe Marie, überließ ich Amalien!" Amalie eilte mit Marien in ihr Zimmer und befahl ihrem Kammermädchen, ein gewisses Kleid zu holen. Jettchen—so hieß das Mädchen—blieb stehen, und sag te : „Das Kleid werden Euer Gnaden heute sa wohl nicht anziehen? —„Nein! sagte Amalia, ich werde es Marien schen ken." „Das Kleid? rief Jettchen schnell. Weiß das die gnädige Mama?" —„Brin- ge du daS Kleid, sagte Amalia ernst, und für das Uebrige laß mich sorgen." Jettchen wandte sich schnell um. ihren Verdruß zu verbergen, und gieng. Ihr Angesicht glühte von Zorn. Zornig riß sie die Kleiber der jungen Gräsin aus dem Kasten. „Wenn ich nur alle sogleich zer reißen dürfte! sagte sie- Das verwünsch te Gärtnermädchen ! Um einen Theil von der Gunst meiner Herrschaft hat sie mich ohnehin schon gebracht, und nun stiehlt sie mir noch obendrein dieses Kleid ab; denn die abgelegten Kleider gehören von Rechtswegen mir. O, die Augen könnte ich der verhaßten Blumenkrämerin aus kratzen!" Indeß verbiß Jettchen ihren Zorn, so gut sie konnte, stellte sich, wie sie iu das Zimmer trat, freundlich an, und übergab Amalien das Kleid. „Liebe Marie, sagte Amalia. es sind mir zwar heute reichere Geschenke gemacht worden, als dein Körbchen; aber kein an genehmeres. Die Blumen in dem Kleide da sind freilich nicht so schön als die dei nigen; aber ich denke, du werdest sie aus Liebe zu mir doch nicht verschmähen. Tra ge das Kleid zum Andenken an mich, und grüße mir deinen Vater." Marie nahm das Kleid küßte der jungen Gräsin die Hand und gieng. Jettchen setzte voll Aerger, Neid und geheimen Ingrimm ihre Arbeit still schweigend fort. Es kostete ihr in der That keine geringe Ueberwindung, es Amaliens Haaren während des Frisirens nicht ein wenig empfinden zu lassen, wie aufgebracht sie war. „Bist du böse Jett chen ?" sagte Amalia sanft- „Das wäre ja dumm sagte Jettchen, wenn ich böse wäre, da Sie so gut sind." „Das war sehr vernünftig gesprochen, sagte Amalie; ich wünsche, du möchtest auch so vernünf tig denken !" Der entwendet« Ring. Marie eilte indeß mit dem schönen Kleid voll Freude nach Hause. Der kluge Va ter hatte über das schöne Geschenk keine besondere Freude. Er schüttelte den grau en Kopf und sagte: „Du hättest mir das Körbchen lieber nicht in das Schloß getra gen. Das Kleid ist mir als ein Geschenk von unserer gnädigen Herrschaft, zwar sehr schätzenswerth; allein ich fürchte, es möchte Andere auf uns neidisch, und was das schlimmste wäre, dich eitel machen. Sei daher doch recht auf deiner Huth, liebe Marie, daß wenigstens das Schlimm ste unterbleibe. Bescheidenheit und Sitt samkeil kleiden ein Mädchen besser, als der schönste, auserlesenste Anzug. Kaum hatte Marie das schöne Kleid anprobirt, es dann wieder sorgfältig zu sammengelegt, und in den Kasten verschloss sen, so kam die junge Gräfin blaß und zitternd und fast außer Athem in daß kleine Stübchen. „Um Gottes willen, Marie, sprach sie, was hast du gemacht? Der Diamant ring meiner Mutter ist weg! Nimand kam in das Zimmer, als du. O gieb ihn doch geschwind her, sonst giebt das eine schreckliche Geschichte. Gieb geschwind; Kammer 27. dann läßt sich die Sache noch vermitteln. Marie erschrack, daß sie todtenbleich wurde. „Ach Gott sagte sie, was ist das ! Ich habe den Ring nicht. Ich habe in dem Zimmer nicht einmal einen Ring ge sehen. Ich kam nicht von dem Plätzchen auf dem ich stand." „Marie, sagte die Gräsin Amalia wie der, ich bitte dich um deiner eigenen Wohl fahrt willen, gieb mir den Ring. Du weißt nicht, waö der einzige Stein in dem selben für einen Werth hat. Der Ring kostete bei tausend Thaler. Wenn du das gewußt hättest, so würdest du ihn sicher nicht genommen haben. Du sahst ihn wohl nur für eine Kleinigkeit an. Gieb ihn mir und alles soll dir als ein jugend licher Unverstand verziehen werden!" Marie sieng an zu weinen. „Wahr lich, sagte sie, ich weiß nichts von einem Ringe. Ich habe mir nie getraut, etwas Fremdes auch nur anzurühren, viel weni ger es zu stehlen. Mein Vater hat es mir zu sehr eingeschärft, Niemanden etwaS zu nehmen." Jetzt trat der Vater in das Stübchen. Er hatte in den Gerten gearbeitet, und die junge Gräsin so eilend in das Haus gehen sehen. „Gott im Himmel, was ist das?" rief er, als er vernommen hatte, wovon die Rede sei. Der gute Mann hatte einen solchen Schrecken, daß er sich an der Tischecke halten, und auf die Bank niedersetzen mußte. „Kind sprach er, einen solchen Ring zu stehlen, ist ein Verbrechen, auf das der Tod gesetzt ist. Das ist aber noch das Gebot Gottes: Du sollst nicht stehlen. Für eine solche That sind wir nicht blos den Menschen —wir sind dafür noch einem größern Herrn verantwortlich —dem höch sten Richter, der in alle Herzen blickt, und vor dem kein Läugnen und keine Ausflucht gilt. Hast du Gottes und sei ner heiligen Gebote vergessen, und dich meiner väterlichen Ermahnungen in dem Augenblicke der Versuchung nicht mehr erinnert; hast du deine Augen von dem Glänze des Goldes und der Edelsteine ver blenden und zn dieser Sünde verleiten las sen : so läugne es nicht, bekenne es und gieb den Ring zurück. Das ist der ein zige Weg, den Fehler gut zu macheu, so viel er noch kann gut gemacht werden." Marie sagte weinend und schluchzend: „O Vater, gewiß—gewiß ich habe nichts von einem Ringe gesehen. Ach, wenn ich einen solchen Rieug auf der Straße gefunden hätte, ich würde keine Ruhe mehr haben, bis ich ihn dem Eigenthümer wieder zurückgestellt hätte. Gewiß, ich hab' ihn nicht!" „Nun, sagte der Vater, so glaub ich es auch, du hast ihn nicht. Denn so wür dest du vor Gottes Angesicht, vor deinem alten Vater nicht lügen. Und da du, wie ich fest glaube, unschuldig bist, so bin ich ruhig. Sei du es auch, Marie, und fürchte nichts. Cs giebt nur ein einziges wahres Uebel in der der Welt, das wir zu fürchten haben, und das ist die Sünde. Kerker und Tod sind nichts dagegen. Was nun auch über uns kommen wird, und wenn uns auch alle Menschen verlas sen, und wider uns sein werden: so haben wir doch Gott zum Freunde, und er ret tet uns gewiß und bringt unsre Unschuld hier oder dort an den Tag." Die junge Gräsin wischte sich eine Thräne ab und sagte: „Wenn ich euch, ihr lieben Leute, so reden höre, so glaube ich es freilich auch, daß ihr den Ring nicht habt. Allein, wenn ich wieder alle Umstände überlege, so scheint eS mir doch nicht anders möglich—ihr müßt ihn ha» ben! Meine Mutter weißt das Plätzchen auf ihrem Arbeitstischchen, wo sie den Ring hinlegte, gerade bevor ich mit Ma rien WS Zimmer trat, bestimmt. Keine Seele kam sonst in das Zimmer. Daß ich nicht an das Tischchen hinkam, wird Marie selbst bezeugen. Marie war, wäh rend meine Mutter mit mir in dem Neben zimmer redete, allein in dem Zimmer, vor