Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, October 15, 1839, Image 1

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    Wer Liberale Ücobachtcr
Und Berks, Moxtgomcry und Sch»lylkill Camitics allgcmciucr Anzeiger.
Zäe ayl n s, Venn. Gedruckt nnd herausgegeben voll A rnold Puwcll e, in dcr Penn-Srrasse, nächste Thnr unterhalb K e nda ll s' s)otcl.
Jahrgang 1.
Bcdingunge N.-Der Albkrnlc jZcolmrlttk'i' crfchcint jcden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogcn mit schoncn Lcttern gedruckt. Der Subseriptions-Prei» ist Ein Thal e r des Jahrs, wrlcher in halbjäbriger Voratil'be
zahlung erbeten wird. Wer im Lause des lalires nicht bezahlt, werden Hl 5,n angerechnet. Für kürzere Zeit als V Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie
cinc» Monat vor Abiaus dcs Subscriptions-Tcrmins gcschcbc» und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen nnd für den g wöhnlichen Preis eingerückt. Uutersc! reibern in hiesiger
Stadt wird dic Zeitung portofrei geschickt, wcircrc Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, von Lctztern für tSt. jahrl., auf Konen der Unrerschreiber. «7'Briefe und Mittheilungen müssen postf r e i cingcfand wc» d<n.
Dic T k r ä il e n.
Die Thräne die der Mensch
In früher Kindheit weint,
Gleicht einem Wölk ch e n »iir.
Nach dem die Sonne scheint.
Sit fließt alc? reiner Oucll,
Ihm selber »nbewiißt,
Bald kehrt die Freude drauf
Zurück in seine Brusi.
Es glänzt ihr Heller Strahl
Bald im bclhiäntcn Blicke,
Uud Holdk6 Lach l>! kehrt
Iu ri»cin N u zurücke.
Wird älter »un der Mensch,
Da»» giebt,? dcr Thränen viel,
Und Frei, d' »nd Leid erregt
Im eiv'ge» Wechselspiel,
Es weinet Jung und Alt,
Da»" K»»d so wie der Mann;
Wohl dem, dcr seine» Schmerz
Durch Weine» littdcr» ta»ii.
Doch i in in e r ist's nicht Leid,
Aus dem die Thräne» fpricffc»;
Noch audre Onellen giebt»?,
Woraus gar oft sie flicffc».
Die Thräne, die die Schaan»
Oft a»6 dein Auge preßt,
Sie ehret de» fürwahr,
Dem s » c das Ä»ge »aßt.
Denn wcr steh s ch ä m t ist »roch
' Der Tugend sich bewußt,
Nnd »och lebt da 6 Gefühl
Davo» in iiiiier Brust.
Drum lasse stets der Mensch,
Nach st r ä st , ch e in Dcqiiiilk»,
Dir Thrä»-» r en'g er Schaan»
Nur ttiuuifhaltsam rinnen.
Wann U „schu l d Thräne/ weint,
Verlane» u»d verka»»t,
Und ihr t ei n Rclrer naht,
Als Gottes Vaterhand;
Wann der dethräntc Blick
Zu ihn» »ach Hülfe schaut,
Au »hu», de»» liebend sie
U»d hoffend stets vertraut,
Dan» »st die Rettung nah,
Der Himmel steht ihr Sehnen,
Den» Tngel zähle» ja
Verlals'ner Uuschuld Thräne».
Des Heuchlers Tdräiie» st»d
D»e schäiidlichilcii der Wel',
De»» auch der Klügsie wird
Durch sie gar oft geprellt;
Uud »v e» » t die Hc»gelei,
So laeht sie i»»erlich,
ttud wer ihr glaubt, der »st
Betröge« sicherlich.
Drum stieht sogleich, seht Ihr
Des Heuchlerc Thräueu flitsse».
Ihr werdet theuer soust
De,» Trug bezahle» müsse».
Weuii Boßh e i t, Ra ch e, Wut h
D u Blick mit Thräne» füllt,
Dann seid auf eurer Hnth;
De»» Rache—» » g e st » ll t, —
Sie schafft zum Tiger um,
Uud furchtbar dräneiid, wild
Acigt sich in grauser Wuth
Der Gollhcit Ebenbild!
Flicht, wenn im Auge »ur
Dcr Rachsucht Thränen leuchten,
Und Wuth und Bosheit da,»»
Des Mensche» Blick befeuchte».
Doch jede Thräne bleibt,
Fließt sie aus reinem öuell,
El» köstlich Kleinod »»s!
Sie leuchtet klar nnd hell
In stnst'rer LeidcuSuacht,
S»t lindert Gran, un» Echiiitrz,
Dein, der recht weine« ta»i»,
Hebt leichter sich das Herz.
Dr»»» daiikt dem Himmel, daß
In uuserm Eldrnlebe»,
In Drangsal m»d in Roch,
Er Thrä «tu uns gegebn!
(Aus den, Westlichen Dcinokrat.)
A!> fsa tz.
von F. I. Lope, Esq. über die Drucker
kunst. Verlesen im Lyceum in Grüns
bürg, und verordnet daß die hiesigen
Herausgeber ersucht werden, denselben
in ihre resp. Blätter aufzunehmen.
ES mag sicherlich behauptet werden, daß
'keiue Entdeckung, weder von Alters noch in
unsern Zeiten, eine» so großen Einsiuß auf
die Geschäfte des Gebens hatte, als dic Diu
ckerkunst. Dic Beförderung von menschlicher
Kenntnisse, in allem daß dahinsährt, unS rich
tige Begriffe von der wesentlichen uud geistli
chen Welt zu liefern, ist Haupt sächlich der Leich,
ligkeit womit Philosophen und Geschichts
schreiber uns mit den verborgenen Schätzen
der Erde und der Weisheit der Klugen die uns
vorangegangen find, bekannt machen, zuzu
schreiben. Ohne sie. hätte die 'Ausbreitung
der Lehrkundc, der Segen des Ehrisienthums,
und die solgliche Hindernisse zur Verbreitung
des Aberglaubens bloS geringe Fortschritte un
tcr den Menschen machen können. Gewiß
wäre eS schwierig einzusehen, was der jetzige
Zustand der Welt seyn würde, ohne Mittel, so
wirksam in der Entfaltung alles desjenigen,
welches uns in der Wissenschaft und in den
Künsten angenehm und nützlich ist. Archimc
des, eS ist wahr, würde die Schiffe von Mar,
cell»? aufgehoben, und sie vor Stadt Syraeus
wieder fallen lassen haben; und er wurde sie
mit Hülfe feiner Glässer verbrannt haben.
Soerates würde seine Vorlesungen entweder in
dem Lustwalde von Akadcmus, dem Lyceum
oder auf den Ufern dcs Illysses gehalten haben,
EpaminondaS würde daS Leben feine«? Freun
des Pelopidus gerettet und dic Spartaner in
der denkwürdigen Schlacht zu Leuetra geschla,
gen haben. HypoerateS würde sich ausgebil
det haben durch Lesen der Tafeln in dein Tem
pel der Götter, wo ein jedes Individuum, die
Krankheit mir welcher es behaftet nnd dicMit
tel durch welches eS geheilt wurde, niederge
schrieben hatte; er würde Athens von der Pest
besreit haben; und er würde seine ganze Zeit
für dac' Wohl seines Vaterlandes dahingege
ben haben. Dcmosthenes würde ein großer
Redner, und ein Muster sür Eicero gewesen
sein: und manche andere berühmte
würden gewesen seyn waS sie waren; allein
wenn Drucken bewußt gewesen wäre, so
.würde die Welt vor Alters, mehr als einen
Demosihenes, und mehr als einen Archiincdcs
geliefert haben.
Verschiedene Nationen und Städte machen
Anspruch aus die Ehre der Geburlsort des
E r st n d c r s der Druckerkunst zu seyn:
es ist die Absicht dieses Aufsatzes, dic Anstäche
e ncs jeden zu untersuchen, und dem die E h r e
zu geben, "dem die Ehre gebührt."
Der bekannte französische Verfasser Bodi n
sagt: "Die Druckeriunst einfach und allein
könnte mit allen andern Erfindungen der al
ten Zeit milwerben. Der scharfsichtige Hie
ronimus Eordonus bemerkte ebenfalls ganz
richlig : <'Das Drucken wird nichts nach
gcben in Vergleichung mit andern Künsten,
wenn wir dessen wichtigen 'Nutzen sowohl als
dic scharfsinnige Erfindung betrachten."
Ein ausgezeichneter deutscher Schriftsteller
btmerkl: "In dieser Zeit (18-lli) kann ein
jeglicher Lesen, und über Dinge urtheilen von
welchcn er früher nichts wissen konnte; diese
K u n st lehrt uus 'Narren kennen ; stellt blos
die übermüthigen,—macht bekannt die Gelehr
te», vertreibt Unwissenheit, und erhebt Tugcnd
und Kenntnisse. Ter gute und ehrliche Name
der Tugcndhasten wird dadurch erhalten. —
Durch sie wird der Unwenhe blosgestellt, daß
wir ihn meiden mögen; und der Schädliche
wird unterdrückt in die niedrigste Erde, aber
dic nützlichc Fähigkeit erhöht eS zu den Ller
nen. Die Kunst ist darum die Mutter, die die
Ehre aller werthen Personen erhält»—die Hei.
inath und der Aufenthaltsort aller ehrbaren u.
erhabenen Fähigkeiten,—ein fleißiger Knecht
aller Politiker Theologen, Philosophen unt
Geschichtschreiber,—ein Beförderer von allem
was Ehrbar oder Empfehlbar ist, in einer
ja—sogar in der ganzen Welt."
Die gekrönten Häupter von Europa; über
zeugt von deren Werth und Wichtigkeit, wur
den ihre Vertheidiger und Patronen, linle»
"TVillig zu lc-l'c» und c>kne Furcht zu tadcln."
Dienstag den 15. Octobcr, 1839,
der Zahl derer, die diefc Kunst beförderten und
pflegten, stehen folgende vorniglich: Friederül
der dritte, Marimillian der erste, Karl der fünf
ke, Friedrich der erste, Franz der erste, von
Frankreich: de:' Erwähler von Sachsen:
Friedrich dcr Weist: dcr Erwählec Johann
Herzog, Wilhelm von Bayern. Verschicdcne
der Päpste enthielten ihr nicht ihre Gunst, be
sonders NicholaS der sünstc : und Leo der zehn
te : wclchcm guten Ercmpcl, wie der Gcschicht
schrciber uns berichtet, Cardinal Bessario eben
falls nachfolgte. Sic sammelten Beiträge,
und crstreckten die Privilegien des Gewerbs
höchst ehrbar und lobenswert!); und Sig
mund Ban Birken bemerkt das diejenigen,
welche zuerst in die geheime K. lst eingeführt
wurden, wären vou jedermann geehrt und be
reichert worden. "Der Kaiser Friedrich der
dritte sagt er: gab nicht nur sein Gold für de
ren Beförderung, sondern ertheilte auch Pri
villegien den Edlen und Gelehrten ; besonders
dic Lcttcr-Sctzcr, bcschcnktc cr mit cincr Amts
lracht —dcn Flug dcs Adlcrs vorstcllend: und
den Druckern cm Bild dcs gesäbelten Greifs
mit einem Druckers-Ballen iu den Klauen
haltend."
Ovid Banziroll ist der Meinung daß die
Chineser die ersten Drucker gewesen seien, und
erwähnt einen Umstand zur Vertheidigung die«
ser Behauptung, welcher clwac« von Wahr
scheinlichkeit imt sich trägt. Er sagt: Ein
Mann kreuzte in einem Schiff längS den
Ufern des baltischen Meeres, und ward aus die
.Allste von China gcworscn, wo er entdeckte daß
das Druckergeschäst im völligen Lauf von glück
licher Probe, dort angetrieben wurde. Er be
obachtete dieses Ding genau, und nach seiner
Rückkehr nack) Deutschland errichtete er eine
Druckerei) der nenilichen Art. So sagt unser
Autor, und st'igl hinzu, er habe von den chine
sischen Blättern gesehen, allein er berichtet une
nicht wo oder wann.
Verschiedene andere Schriftsteller machen
Ansprüche für China, geben uns aber keinen
Data woraus ein richtiges Urtheil zu ziehen.
Die Ehineser selber machen Anspruch auf die
Erfindung als die ihrige—vielleicht auch mit
Recht, wenn wir der Marimc jenes egoistischen
Volkes glauben beimessen, daß sie "zwei Au
gen, die Europaer aber nur Eins und andere
Marionen gar keine haben." Desto mehr Ehre
dem armen blinden Unkel Läm, wenn er in
einem halben Jahrhundert weiter in Erziehung
und in den Künsten und Wissenschaften ge
kommen ist, aIS daS große chinesische Reich, mit
seinen hundert und fünfzig Millionen Einwoh
ner, vermögend war, während Jahrhunderten
auszuführen —mit all' ihren Augen offen. Es
ist wohl bekannt nnd eingestanden, daß die
Chineser zu einer frühen Periode, ihre Hiero
glyphen auf Holz »nd Steine schnitten; und
solches thun sie noch auf den heutigen Tag
Man könnte mit der nämlichen Füglichkrit be
haupten, der Schöpfer wäre der erste Drucker
gewesen, und die Taseln auf welche die zehn
Gebote gravirt waren, als B ewei S des gött
lichen Ursprungs der Dructerkunst, ansühren.
Zwei gelehrte Italiener smden sich vor zu
Gunsten von Frankreich, als der Geburtsort
der "Kunst über alle Künste." Der eine, Jo
Hann Antonius Eompanns, der andere Omni
banus; ersterer war Probeleser oder Eorrgie
rer, für Ulrich Han (auch zuweilen G a ll i us
genannt,) ein bekannter Drucker in Roxi : lctz
terer Eoiregierer für 'Ziicalao Jensen zu Vene
dig. ES ist kein Zeugniß vorhanden, diesen
Anspruch zu Vertheidigen; in der That, das
ersie H uch von der presse Han's, (der wie es
behauptet wicd nicht ein Franzose, sondern ein
Deullcher war,) enthält den Eindruck d. Jahrs
> ; eine Periode viel spater als die Ersin
dung der Kunst durch Guttenberg, zu Mentz,
in Deutschland.
Wcuigc Personen werden es wagen, zu der
jetzigen Zeit das Recht Deutschlands zu tadeln
—so wie sie die Pflegemutter der schwarzen
und geheimen Kunst ist, auch die Erzeugerin
dcrfelbigen genannt zu werden. Es herrstl t
eine Verschiedenheit der Meinung unter ihren
bürgern in Bezug des Orts oder der Stadt,
>vo die Kunst zuerst mit glücklichem Erfolg in
Oper.Ulou gebracht wurde. Hadrias Zumus,
Peter Schreibe nnd Marcus Zurius Borhorn,
sind Ansprechet für Haarlei», und verschiedene
für StraoburA; unter welche» Da niel
Spcklin dcr Baumcistcr sich befindet.
Folgcudc Anmerkung fand man »mtcr seinen
Papieren z "Anno I-l-!tt. Zu dieser Zeit
wurde zu Strasburg, die vortreffliche Kunst
des Druckens entdeckt, durch Johann Mentel-
Sein Schwager Peter Schöffer, und Martin
Flaek, wurden beide Herausgeber; aber sein
Knecht Johann Eenösleisch,—nachdem er d e
Kunst hinlänglich gestohlen hatte —lies davon,
und begab sich in seine Heimath nach Mentz,
wo er Mit Hülse von Guttenberg, der R e i ch
gewesen, alle Dinge in bessere Ordnung brach
te. Wegen der Treulosigkeit seines Knechtes,
geriet!) Mentel in große Verlegenheit, und
starb vom Kummer: er wurde zu Münster
(eine Cathedral-Kircl'c) begraben, und e nc'
Druckcr-Presse ward aus seinen Grabstein gra
virt. Der Herr Züchtigte nachher den Knecht
Gensfteisch, dermalen daß er Blind wurde;
in welchem Zustand er verblieb bis an sein Ende.
Ich sahc die erste Presse und die Lettern,
welche aus Holz verfertigt waren, so wie ganze
Wörter; in beiden waren llcinc Locher durch
welche vermittelst einer !)iadel, eine Schnur
gezogen wurde: und aus diese Weise wurden
dic Lettern in Leihen gebracht. Es ist Schade
dast cin soscheS welchcs das crstc dcr
Art war, gänzlich verloren gegangen sein sollte."
Die Angabe Speckliw.!, wird mit gutem
Zeugniß widcrlcgt: es ist eine Lache laufender
Geschichte, daß das erste Buch welchcs rr.iß
burg gedruckt wurde, und Hr. Menrcl schien'
eben jeneS nicht gedructt zu haben; sondern es
schkinc daß es von der Pressc H. EctsteinS ge.
Wesen ist. Keine vou Mentels Werken er
schicncn vor dcm Jahr l Zu Mcntz, Vc.
nedig, Rom, uud manchen andern Orten wur
den eine Anzahl Bücher gedruckt, im Zahr
14Z7. So daß Mentel's in I4"Z nicht das
"allererste in der ganzen Welt sein konnte."—
Es ist wohl bekannt daß zwischen 1454 und
1473 mehr als fünfzig verschiedene Bücher ge
druckt waren.
Johann Guttenberg zu Strasburg, aber zu
jener Zeit ein Bürger von Mentz, ist berechtigt
zu der Ehre die Drucktrtunst ersuuden zuha
ben. Sie ward ersunden in 14iO; allein die
erste Herausgabe, welches eine Lateinische Bi
bel gewesen war, geschah 10 Jahre späte,
(l->L</) ; cin großer Theil des Zwischenraums
wurde mit der Einrichtung zugebracht. H er.
in erhielt Guttenberg die Hülse von John Faust
oder Faustuo. Die Bibel war in ?iacl «h
-mung von Manuscr pt gedruett, «nd Faust
tnig sie nach Paris »in sie daselbst
D>c Pariser waren crstaunt übcr ihrc Gleich
heit, und beschuldigten Faust einer teuflischen
Kunst; und davon folgte ursprunglich dic Er
zählung »vcgcn dem Teufel uud Dr Faust.
(Beschluß folgt.)
Wic man mich cuis Unglück Nutzen
ziehen kcknn.
Ein Cchucidergesell, dcr zur Zeit, wo
Berlin von der Cholera heimgesucht wur
de, es langweilig fand, seinen Lebensun
terhalt sich durch die Nähnadel zu verdie
nen, legte sich in einer Strasse, in wel
cher sicy die Heil Anstalt Nr. 1. befand,
der Länge lang hin, strampelte mit
Händen und Fussen gen Himmel und er
reichte dadurch seinen Zweck, als Cholera-
Kranker an- und ausgeschrieen und in
dic nahgelegene HeiUAnstalt ausgenom»
men zu weiven. Hier kam er gleich in
ein ausgewärmtes Bette, und die Kran-!
kenwäl trr nnd Unterärzte begannen mit
ihm die angeordneten Proceduren. Der
herbeigerufene Oberazt kam, und da er
die frijche, kräftige Natur des eingebrach
ten Kr.mken bemerkte, so. wagte er mit
einem von ihm erfundenen .pe.imittel den
ersten Aei such. DasMedicanient schmeck
te so entsetzlich, daß der Schncidergesell!
sein Todesuuycil zu vernehmen glaubte,!
als er hörte, d,iß, wenn ihm nach zwei
Stnnden nicht besscr werde, eine zweites
und zwar doppelte Dosis, gereicht nerden
sollte. Es waren keine t I l<. Stun
den vergangen, alö der Patient erklärte,
daß er wie neu geboren sei; der Obelarzt
ward geholt und hörte mit Freuden aus
dem Munde des Kranken die Ve. Siche
rung, daß das Heilmittel Wunder gethan
habe, daß er ganz wohl wieder sei und
daß ihn nichtö als ein entsetzlicher Hun
ger plage.—Der überglückliche OPeraizt
ließ ihm auf der Steile Brühsnppe,
Glühwein und andere erquickliche Dinge
reichen, und damit mehrere Tage fo> tfah
ren. Am achten endlich entlief» man den
Kranken alö völlig genesen.
Dessen erster Gang war in die Kirche;
in deren Nähe befand sich die Heil An
stalt Nr. 2. Er hatte i» der eben vcr
! lassenen Heil-Anstalt sehr viele Kranke
zu beobachten Gelegenheit gehabt; er
warf sich der Länge lang hin nnd stani
pelte noch viel ärger als das erste Mal.
"Ein (sholera'Kranker !" In 1l) Minu
ten befand er sich in der Heil - Anstalt
Nr. 2. Tie ihm hier gereichten Arze
neimittel schmeckten weniger widerlich;
er nahm sie daher williger c'in, fand be
sonders Wohlgefallen ain Frottilen und
erklärte am viel ten Tage, wo ihm die
schmale Koft nicht mehr behagte,dasi ihm
nun ziemlich wohl wieder sei, nur bcfin>
de er sich äusserst schwach und Kraftlos.
Sofoit erhielt er Fleischbrühe, Wein,
nahrhafte Suppen, zuletzt auch Fleisch.
Am I'Aen Tage ward er als genesen ent
lassen. Znr schuldigen Danksagung tuest
er die silberne Taschenuhr deö Haus-lu
spektorS mitgehen.
Sein erster Gang war in das entge
gengesetzte Eude der Stadt, in eine Gar«
kliche, in deren Nähe sich die Heil Anstalt»
Nr. 3. befand. Hier setzte er sich cu!
den Tisch und aß nnd trank dcrmassen,
daß der Wirthin, dic nicht genug auftra»
gen kor.te, die Haare zu Berge standen.
Als der Augenblick deö BezahlenS ein»
tritt, findet er dic Rechnung sehr dop
pelkreidig, fängt an sich dieserhalb zu
zanken, affectirt dabei höchst ärgerlich zu
werden, schießt in der Hitze vom Stuhle
auf die Erde und strampelt, jetzt Meister
in der Kunst, dergestalt,daß die Frau auf
das liebe Ge!o gern verzichtet und nur
Gott dankt, daß man auf ihr Hnlfsge--
s.hrei hört und die nöthigen Leute l)erbei
geholt werden, die den Cholera Kran
ken nach der Heil Anstalt Nr. !j bringen.
Hier das alte Epiel.—Da er indessen
einfältig genug gewesen, seinen Namen
in jeder der drei Anstalten richtig anzuge
ben, so findet der Oberarzt von Nr. 3.
am zweiten Tage schon zu seinem Erstau
nen, daß sein Ankömmling der nämliche
ist, der, w>'e ihm sein Freund, der Ober
arzt von Nr. l. mitgetheilt hatte, durch
dessen neue« fundenes Heilmittel wieder
hergestellt ist. Zufällig erfühlt ihm auch
der Oberarzt von Nr. A daß ein Schnei
dergesell, desselben Namens aus seiner
Anstalt eine Uhr entwendet habe. Die
herbei gerufene Polizei bringt den Be
trüger zum Geständnis; und er wurde so»
fort nach dem Polizei Gefängnisse ge«
bracht um da in die gehörige Nachkur ge
nommen zu werden, wobei das Frottiren
auf dem Rücken wahricheinlich nicht aus
ser Acht gelassen worden ist.
Außerordentliche Stärke dce
Wölfe in den Po la rgc gcnd c n.
Einst halte ein solcher Wolf die eiserne«
Harpunen und Ketten zerbrochen, welche der
Fury auf dem Eise ausgelegt hatte. —
Hieraus sieht man schon allein, weictv unge
heure Stärke diese Wölfe in den Kinnladen be
sitzen. —Eines Abends fing man einen Wölfin
d.r Falle, welche Fury zu diesem Zweck aufge
stellt hatte.' Wahrend der Wolf sich noch da»
rinn befand, jagte man ihm drei Fliutenku»
geln durch den Leib; sodann band man ihin die
Hinterbeine und zog ihn endlich mit einem
Stricke hervor. Kaum befand er sich im Frei
en, so warf er sich herum, zerriß kcn Strick
und sprang aus den ihn, Zunä hststehenden zu.
Er packte ihn am Kn'c, w»rde z>tri'lckgeworfe n?
und e'l'gr'ff sodann dessen Arm. Glücklicher
w.ise verlor sein Gegiver die Fassung nicht,smi
dern uinspannte seine Gm'gel mit beiden Hai
den und schnürte sie so fest zu, dass e» das wn,
thende Thier leicht auf den Rücken werfen
konnte. Man versetzte ihm zwei Messe» sticke,
die es nicht sonderlich zu cnlkl asten schiene».
No. «-