Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 01, 1918, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    <Lin viertel
j Tiroler Adler.
Von Rudolf Grein,.
Mein Freund Franz Lauterbacher
ist eiu ganz gnter Kerl. Aber eine
schwache Seite hat er. Wenn im
Sommer der Fremdcuzng in, »»sere
Verge slutet, da»» geht cr mit ei
nem MordSgrant herum.
Kein Wunder. Erstens ist er
Postbeamter. Da hat er vom srü
hen Morgen bis zum späten Abend
Schalterdienst, muß höslich und lie
benswürdig sein und aus alle mög
lichen unnötigen Fragen der Frem
den Rede und Antwort stehen. DaS
macht ihn schanderhast nervös, lind
zweitens behauptet er, daß während
der Fremdenzeit der einheimische
Gast im Wirtshaus das Stiefkind
sei. Das ist für einen Junggesellen
schließlich eine LebenSangelegenheit.
Es war einmal im August. Mein
Freund Lauterbacher und ich hatten
uns zum Mittagessen beim „Bären"
etwas verspätet. Natürlich waren
die guten Speisen schon alle dahin.
Lauterbacher schnitt das grantig
ste Gesicht, das ihm zu Gebote
stand. Wir saßen in der Veranda,
die hinaus aus den großen schatti
gen Garten führte. Dort wimmelte
es von fremden Gästen. Die Kell
nerinnen hatten alle Hände voll
zu tun und flogen nur so hin und
l,er. Es dauerte eine halbe Ewig
keit. bis wir bedient wurden.
Plötzlich zupfte mich nach der
glücklich vollzogenen Abfütterung
mein Freund am Acrmel. Ich hatte
flüchtig bemerkt, daß er sich in den
letzten Minuten intensiv mit der
Speisekarte beschäftigte, während
ich eine Zeitung las. „Da schau'
her!" grinste er boshaft und hielt
mir die Speisekarte hin.
„Was?" fragte ich erstaunt. Ich
wollte meinen Augen nicht tränen.
Auf der Speisekarte stand in einer
Rubrik deutlich zu lesen: „Ein
Viertel Tiroler Adler mit Knödel.
1 Krone 80 Heller."
„Ja. LieS nur! Es ist schon
richtig!" lachte er lustig.
„Wer hat denn den Unsinn hin
g'schrieben?" sragte ich.
„I natürlich!" meinte er befrie
digt. Sogar die Schrift hatte er
täuschend nachgemacht.
„Tu wirst sehen, daß so a geho
bener Fremder draus einifalltl"
sagte Lauterbacher vergnügt. „Ge
hobener Fremder," das war ein
Lieblingsausdruck von ihm, de» er
von der Hebung des Fremdenver
kehrs ableitete.
randa, hängten niit viel Geräusch
und Umständlichkeit drei riesige
Rucksäcke, Eispickel und Lodenmän
uns Platz. Lauterbacher schnitt sein
grantigstes Gesicht. Ich bemerkte
aber, daß cr heimlich gar nicht so
den Wein zu holen, beratschlagten
7>ie Fremden eisrig, waS sie essen
sollten.
sagte der große Herr mit der ge
bieterischen Stimme. „Hier steht
ein Viertel Tiroler Adler mit Knö
„Tiroler Adler mit Knödel? Jibt
selnd.
Mal in.Tirol!"
ein Kolben in seinem Gesicht a»S-
glühte dunkel rot vor Vor-
g'sucht?" fragte sie.
„Jawoll!" Der grosse Herr hielt
Kche
„Was?" fragte die Kathl.
„Nu, das Ding dal Ein Vier
tel Tiroler Adler!" sagte der grobe
„Wohl so 'ne- Art Nationalje
ungeduldig nach ihr gerusen und ge
„Det haben Se »ich?" Der große
Herr runzelte die Stirn. „Zu wat
f K tll d
lind im Fortlaufen rief sie Ne»
Fremden noch zu: „Sie müass'n Ih
nen halt eppes anders aussuach'n!"
„Nee, so 'ne Jemeinheit! schimpf
te der grobe Herr.
„Es wird eben alle sein!" meinte
„Alle? Tann muh es durchjeftri
chen sein!" empörte sich der Grobe.
„Ach laß'' man jut sein!" be
schwichtigte ihn der Dicke. „Essen
wir eben wat andres!"
„Ich lab' mir so 'ne Wirtschaft
nich bieten!" rief der Grobe mit er
hobener Stimme. „Wat uff die
Karte steht, mub uff den Tisch je
bracht werden! Verstehst du mir!"
Nun war die Gelegenheit für
meinen Freund Lauterbacher gekom
men, sich in das Gespräch zu mi
schen. „Der Herr hat ganz recht!"
wandte er sich an den Groben. „Man
soll sich nix gsall'n lassen!"
„Nich wahr?" Der Große nickte
meinem Freund wohlwollend zu.
scn!" '
„Das nutzt Ihnen nir!" sagte
der Lauterbacher sehr sreundlich.
Dann sügte er geheimnisvoll hin
zu: „Die Leut' da wollen das Es
„So? Meinen Sie?" fragte
der Große interessiert. Alle drei
am Nebentisch kehrten sich nun gegen
uns und hörte» erwartungsvoll ans
Lauterbacher.
„I mein' nit mir, sondern i weiß
es!" erklärte wein Freund mit Be
stimmtheit.
Karte?" fragte der kleine Dicke.
„Is daS 'ne jute Speise?'' er
kundigte sich der Dritte.
Be.
„Also dreimal Tiroler Adler!"
„Dreimal Tiroler .ldler mit Kuo
Tie Kathl riß die Augen auf.
Die mußte» Wohl „g'ftoben" (ver
rückt) sein, dachte sie. Laut aber
sagte sie: „Dös gibt's nit! Dös
hab'n wir nit!"
„Machen Sie mir man jar nis.ht
weiß!" sagte der Große strenge.
„Wat uff der Karte steht, det haben
Sc ooch!"
„Naa! G'wiß nit!" versichert«
die Kathl und schaute verwundert
von dem einen zuni anderen.
„Det haben Se, sage ick!" fichr
der Große mit erhobener Stimme
fort.
»Wie heißen Sie?"
„Kathl."
„Also, Kathl, können Sie lesen?"
»Ja."
„Na, dann lesen Se mal!" Tri-
" „Soll dat 'n Tiroler Adler sein?"
harrte die Kellnerin.
„Nee, e» Huhn is es!" Ter Gro-
S N ll S b I !"
der Dicke.
«Wir fallen Ihnen »ich 'rin!"
.Doch!" bemerkte der dritte Herr.
„Bringen Sie 'n! Uff der Stel
le!" brüllte der grobe Herr mit sei-
Geringste.
„Wat is 'n dat für 'n Land! Das
sind ja russische Zustände!" schimpf-
W„Uber
der Wirt.
der Wirt.
„Wat? Kowall und Witze I"
Es war besser so. Spater soll eS
wegen dem Viertel Tiroler Adler
mit Knödel noch zu einer regelrech
ten schließlich die drei wütenden
Gäste ins Freie. Die Sache soll
auch noch ei» gerichtliches Nachspiel
gehabt haben, wobei die Speisekarte
mit dem Viertel Tiroler Adler als
Korpusdelikti eine wichtige Rolle
spielte.
Ter eigentliche llebeltäter ist je
doch bis aus den heutigen Tag nicht
ausgekommen. Mein Freund freut
so oft er an die Geschichte denkt.
Bostoner Jugend. „Hast
Du Deine neue Lehrerin gern,
James?" fragte ein Freund der Fa
milie den sechsjährigen Sohn eines
Morgen st und hat Gold
die in einige hohle Zähne Goldplom
ben hat einsetzen lassen): „Gott, Sa
rah, kannst Tu jetzt machen der Mor-
Der
Wiener „Heurige".
Von B. Ehiaiiacci.
Der Fremde, der in Wiener Klein
bürgeskreisen verkehrt, wird wohl
die Hand aubasteckt". Dieses dra
stische Bild hat der „Weinbeiher"
für die ausgcstcckte» Zeichen auS
. Die prächtigen Wcingcläiide von
Sievering, Grinzing, Neuslift am
Walde und weiterhin Klosterueu
ftändnis für den Gaumen selber
aus.
Sind die ersten „Stutzen" geleert.
Ruf de? Wieners begründet, der sich
hat.
mid Lebenslust.
Blicke. Ihr Vater wendet sich au
Wohl des Berliners.
„Ach, da müssen m'r jetzt unsere
schön' Wcanerstadt."
Die fesche Godl lieh sich das nicht
zweimal sagen. Sie stieg aus einen
das „Schunkcnban" (Violine) und
„Picksüsje Hölzl" (Flöte) schmachtende
Melodien von sich geben, stellte jich
hinter sie. Sie begann mit sympa
thischer Stimme.
Was sie bedeckt mit Wcis^
Jn^Äeiicr'Waldesluf"/"
Der Fremde fand das Lied hübsch
und sagte, es wirke aus daS Gemüt.
gcmutliche Wicuer
gann zu singen:
mci Äcan für mi S Himmelreich
lind der fidele Bart! hob sein
gezogen.
Wettl, die scsche Godl, sprang in
Anwandlimgen ganz anständig.
Auch der „Kraner" (Krainer),
der mit seinem Korb voll Datteln,
spielt, macht keine schlechten Ge
schäste.
Die Nacht bricht herein, der Hö
hepunkt der Fröhlichkeit ist erreicht.
Die Uebermütigsten springen aus
los.
ter Freund; denn er veslyt eine gro
ost die Gesellschaft erfreut hat.
„Was fuachft denn da, Schurfchl?
'n gestrigen Tag?" sragt ihn Herr
Urban und reicht ihm das volle
Glas zum Trinken. Er trinkt es
auf einen Zug aus und antwortet:
„Mein' Grafen suach i. Es is schon
Zeit. Ach. dort sitzt er ja. llj jeh,
werd'n."
„Geh, sing uns g'fchwind an'
Schnalzer", jagte die sejche Godl
und trank ihm zu. Er stellte sich
mit seiner Peitsche in Positur und
Weinbeifzer wollen davon nichts hö
ren. Aber es lichter sich doch. Die
Schwerbeladenen und die weit Woh
schliingcn, was ihm das (Zehen er-
Kasseehäuser ein. Das Gros begibt
sich aber nach Hause und träumt in
..Hcnrigen".
Der Vorsichtige. Jun
ger Herr: „Geehrtes Fräulein! Ich
möchte mir nicht gern ein Körbchen
bei Ihnen holen; gestatten Sie mir
deshalb die höfliche Anfrage, ob Sie,
wenn ich so frei sein würde, um Ihre
Hand anzuhalten, geneigt wären, mir
eine zustimmende Antwort zu ertei
len?"
Schlagende Antwort.
Junge Frau (vor dem Kleiderla
den): „Oskar, ich brauche ei» Mor
bach ganz überflüssig, Du stehst ja
doch keine» Tag vor 12 Uhr auf.