Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 18, 1918, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ! Wenn die Toten er- !
wachen.
Novclctie von M. Tamms.
Frau Gisevius, München, vier Jah
reszeiten. Erlranlt. Kannst du
Rudolf.
Herrn Gisevius, Bozen - Gries,
Billa Hortense. Komme morgen mit
tag 12:30.
Elinor.
Ein bißchen lächeln mußte Rudolf
Gisevius doch, als er auf dem Wege
zum Bahnhofe den gestrigen Depe
schenwechsel überdachte. Narr er. sich
durch ein paar jammervolle Nächte mit
Atemnot und Beängstigungen, sowie
durch den gestrigen Elendsiag voll
schmerzhafter Rückfallserfcheinungen
so nach der sentimentalen Seite herun
terdrücken zu lassen, daß ihn auf seine
alten Tage noch Sehnsucht nach sei
ner Frau packte. Bei einer fünfzehn
jährigen Ehe Sehnsucht!
Unter dem graumelierten Schnurr
bart mit seinen kühn geschwungenen
„Es-ist-erreicht" - Spitzen warf Ru
dolf voller Selbstironie die Lippe auf.
Reif fürs Tollhaus schien er sich heute,
wo Körper und Geist nach der Depres
sion verwichener Tage wieder normal
Stiftsgeläut und das helle Gebimmel
der Friedhofslapelle in Gries ver
schmolzen mit Bozens vieltönigen
klang's das Talfer- und Eifacktal
Glücklich! Rudolf hob den Kopf,
Antlitz geschleudert.
Weg entlang. Aber darüber weg,
zwischen Pinien und Lorbeer, guckten
die Dächer der weißen Villen. Und
von oben her schaute der „Rosengar
ten" ihnen majestätisch über die Schul
ter. Schön wax's. Aber „glücklich?!"
Gisevius schnellte das Glas aus
dem Auge. Ihn blendete das grelle
Licht und seine Züge waren plötzlich
.alt und abgespannt. Fester auf den
Stock gestützt, schritt er voran, über
die Talserbrücke, „ins" Bozen hinein
und durch die malerischen Gassen.
Ms er den Johnnnsplatz lreuzte
und am „Greif" vorüberlam, wandte
«r den Kopf. Aber es hals ihm nicht
viel, denn: „Grüß Gott, Herr!"
vief ihm das Hannele mit den runden
schwarzen Augen und der schweren
Zopfkrone über der Stirn entgegen.
.Hab' nichts verschwitzt, was gestern
der gnä' Herr für heut' mittag be
stellt hat! Schaun's nur, schaun's!"
Sie wies ihm das zierliche Tisch
chen zu Zweit, das sie im Lindenschat
ten vor der Hoteltür mit schneewei
sern und Tellern bestellt hatte. Eben
trug sie den Dreifuß herzu, auf dem
der finden sollte.
„Schon gut!" brummte Gisevius,
im hastigen Vorwärtsschreiten an der
Krempe seines Hutes rückend. Am
liebsten hätte er sich geohrfeigt und
das Mädchen dazu. Denn was er
hier vor sich sah, war der dümmste
seiner gestrigen dummen Streiche.
Nicht zu Unrecht hatte schon in der
GrünjungenzeiL, wenn er über seinem
Er hatte es nur nicht gisuben wollen.
Heute glaubte er's; denn jenes weiß
gedeckte Idyll dort vor der Tür war
bei Lichte besehen nichts anderes, all
ein bereits in der Anlaae vervfusch-
tes Experiment.
Oder bringt man Tote zum Le
ben zurück? Du magst ihre kalt-n
Hände in die deinen und deine Wange
wärmend an die ihre legen »ot
bleibt tot. Vor diesem grausamsten
aller Naturgesetze sind die Weisesten
aller Zeiten zu Narren geworden!
Mit hastigen' Schritten stapfte Ru
dolf in die Bahnhoftsh.ille. Der Zug
pfiff. Langsam rollten die Wagen in
die Station. ,
Elinor Gisevius stand am Fenster;
etwas in Sorge um das, was ihrer
hier warten mochte. Da entdeckte sie
den Gatten. Nicht elender anschei
nend. als sonst. Stattlich, soigniert,
wie immer. Selbst die Gardenie im
Knopfloch fehlte nicht.
Gottlob, ihre Unruhe war also
unnötig. Ebenso unnötig aber auch
ihre Fahrt hierher. Und das är
gerte sie für den Augenblick. Sehr
sogar. Bis in die klare Stirn hinein
rötete sich ihr feines, verblühtes Ge
sicht. Dieser gehetzte Abstecher die
Freunde, welche ihretwegen die eigenen
Reisedispositionen umzuändern ge
zwungen waren: und das alles au
genscheinlich nur wegen einer Ma
rotte!
Als aber der Zug hielt, war ihre
Gereiztheit niedergekämpft. Freundlich
streckte sie Rudols die Hand hin und
ritterlich zog er sie an die Lippen.
„Gut, daß meine Befürchtungen
übertrieben waren!"
Er sah ihr gespannt in die Augen.
Jede einzelne der feinen Runen, welche
enteilende Jugend als Abschiedsauto
gramm auf, ihr Antlitz geschrieben
hatte, bemerkte er, aber leinen Zug
jenes Spottes, den er an ihr fürch
tete.
So schilderte er leidlich unbefangen
den Zustand, der seine gestrige Depe
sche veranlaßt hatte, und sie zeigte ein
aufrichtiges Interesse.
„Der Koffer kann nur gleich hier
bleiben", rief sie dem Träger zu.
„Gottlob, er wird nun nicht ge
braucht!"
„Es sei denn", meinte Rudolf, „daß
du vorziehst, eine Nacht bei mir aus-
Sie lachte.
„Ich und ausruhen? Wovon, um
Gottes willen?"
hier bist, irgend einen Abstecher in
die Berge zu macheu auf die Men
del etwa, oder nach Klobenstein "
„Danke, nein. Das alles genoß ich
ja schon vor fünfzehn Jahren mehr
als ausführlich. Und dann wäre es
unrecht, dich in deinem angegriffenen
Zustand solchen Strapazen auszu
setzen".
Er bückte sich, ein Stäubchen vom
hellen Beinkleid zu klopfen.
„Also reisest du heute noch weiter?"
„Da du mich nicht gebrauchst, ja.
Kerstins fuhren nach Trieft voran und
warten auf mich —"
„Ebenso der Professor Mesle —"
Sie schaute ihm mit ihren klugen,
grauen Augen gerade ins Gesicht.
„Ebenso der Prosessor Meske!"
wiederholte sie gelassen.
Damit war die Sache abgetan.
Sie schob ihr kleines Täschchen über
die Schulter und gemeinsam gingen
Am „Greis" blieb er stehen.
„Ich dachte." sagte er, ohne sie
anzusehen, „du könutest der weite
Weg »ach Gries, in der Mittags
hitze und du natlirgemäß von der
„Vortrefflich vorgesorgt!" meinte
sie einverstanden. „Kaltes Wasser
und ein Spiegel sind allerdings nach
da."
kleid.
„Der Herr bestellten Nr. 27,"
ster, stand sie plötzlich still.
sie, was ihn vorher verlegen machte.
„Der Herr bestellten Nr. 27!"
Hier war es also gewesen. Richtig,
hier! Freilich, Tapeten und Ausstat
tung hatten gewechselt, aber derselbe
schwebende Garten mit seiner Lor
bcersülle zog sich vor den Scheibe»
hin, und die Aussicht auf die Berge
mit dem Rosengarten als Abschluß
kulisse war auch noch immer dasselbe
H che d
Hoteltür. "
nnd Palette Ausdruck und bedauerte
auch höflich genug, das; er sie leider
nicht begleiten könne. Mit seinem
lebhaften Blick für alles Malerische
Ihre Ruhe brachte ihn außer sich.
Konnte man's glauben: wie der him
melblauestc Vacksisch slirtete diese
Frau!
Hastig goß er sein Glas Magda
lenas hinunter. Aber den Groll
Bartes."
Besorgt sah sie ihm zu.
„Nicht so jäh, Rudolf, bittel Der
Asti ist ein gefährliches Getränk,
zittert, dämmerten die Berge.
Rudols folgte ihrem Blick.
„Nicht wahr," meinte er, „hier ist
Ein Harter Ausdruck trat in
ihre Züge.
„Und," sagte sie bitter, „du hiel
sMst?l'"
Liebe?"
neu genießen. Um Sechs geht mein
Zug. Ich möchte, du führtest mich
vorher noch zu dir, damit ich weiß,
»igen Weg nach Gries hinunter.
Mit kleinen! Umweg hielten sie
vor der Villa Hortense.
Rudolfs Zimmer besanden sich zu
ebener Erde. Lorbeergänge lagen
Berge aus die Veranda herab.
Schattig war's hier drinnen und
kühl.
Das Mädchen brachte Tee, und sie
saßen zusammen am ossenen Fenster.
Aber mit der Stimmung war'S
vorbei. Umstonst, daß Elinor in ern
stem Streben nach Unbefangenheit
dolf grollte sich immer tiefer in»
Schweigen hinein. Auch schien er er
schöpft. Die Lider wurden ihm
schwer und der Kopf mit den abge
spannten Zügen sank schlaff in die
Polster zurück.
Endlich schloß er die Augen. Eli
nor schaute ihm still ins Gesicht.
Nun es unbelebt war, sah es krank
aus und verwittert. Erivar dennoch
„Verzeih'." murmelte er.
Aber sie winkte ihm hastig zu.
„Ruhe dich ein wenig, Rudolf.
diese über die Ankunft „der Gnädi
gen". Heilige Jungfrau wie
krank der Herr gewesen war die gan-
Kühl genug trennten sich die bei
den.
Elinor wars von der Veranda aus
Schlaf. >'z ' tzt I t d
kenntnis. Nein, zwischen ihnen war
..Tot!" dachte sie. „Das allein ist
Wechselndes Blätterschatten husch-
sen. Wie sich ihm vom schnell.»»
Gange da- Antlitz gerötet hatte!
Wie er
Dies — dies sollte das Ende
Jetzt war's zu spät!
Wahnsinnige Angst schüttelte sie.
Grell slanunte die Reue empor. Zit-
All ihre Toten: Sehnsucht, Erinne
rung, Verlangen, Liebe, erwachten
und hoben klagend das Haupt.
Stockenden Herzens tastete sie nach
dem Grisf. Hin! Hin zu ihm! In
ihren Armen mußte sie ihn betten
s d T" T l d
schlug sie auf dein Boden.
Natter, ratter ging der Zug.
Da lag sie am Wege, lind der
lange Wasser, bis das Glas voll
gedacht hat. Z. B. sei
die gedachte Zahl 7
verdoppelt 14
dazu 4 addiert gibt 18
dazu 12 addiert 102
ziert ...... . . 1020 '
bleibt 700
Auf einer Jachtfahrt wurde Mark
Twain sehr seekrank. Der Dichter
lehnte totenbleich über das Schiffs»
geländer, als etn Steward auf ihn
zutrat. „Herr Clemens (das war
bekanntlich Mark Twains Familien-
Jhnen irzmdwie helfen?"
„Ja," antwortete der Kranke,
„bringen Sie mir eine kleine Insel."