Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 11, 1918, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der leltlame /all
der Madame Durosi.
Novelle von Bodo Wildberg, j
eines: ihre Schönhein
Die zerknitterten Zeitungsblätter
raschelten zu Boden, und plötzlich
flammte mir die Erinnerung an
ses gehörten. Maria Jwanowna
Buross hieß als Mädchen Mary
Mac Laren. Sie war von Geburt
englischen Residenten am Hose des
Radschas von Ghasipur, Sir John
Mac Lcirens. An jenen. Abend nun
war das Gespräch auf die mystischen
Tänze der Hindus gekommen. Im
allgemeinen hörte Maria Buross
»richt gern von Indien sprechen; ich
hatte öfter beobachtet, wie ein heim
licher Frostschauer über ihre Schul
tern zu rieseln schien, wenn man
nach dem Lande ihrer Jugend zu
fragen sich anschickte. War aber die
ihr Gemüt so frei und heiter, daß
sie auf den Wunsch ihres Gatten hin
fich bereit erklärte, uns einen ganz
Tanz in eigener Person vorzufüh
ren.
Sie lief hinaus nnd kam in we-
Ausdruck der seligen Sicherheit, die
man im Himmel Jndras empfinden
»nag. Es mag genügen, wenn ich
«lle wie von Sinnen. Ich warf mich
ihr zu Füßen. Ich wagte es, einen
dieser kleinen Fuße zu küssen, aus
dacht.
Stundenlang mußte ich den Wirr
nissen des Menschenlebens nachsin
nen, indes der Zug durch die nach
„Moti, Moti! Ist eS wahr? Ist
ES war Moti Ayah, die indische
wimmerte die Alte.
„Wer was?"
„Die Sandukleute, Sahib! Dach
nein Kuchen, Sahib. Hier hab' ich
welchen in meiner Reisetasche."
„Laßt das. Motti, ich will alles
eine Mbe Stunde Zeit."
„Dann lasse ich meinen Zng weg
fahren. Ich will alles hören, Moti,
wie es gekommen ist "
Wir sprachen englisch, und über
dies waren wir allein im Warte
drängten einander im Erfrischungs
saal. Und unter Schluchzen und
Kuchenkauen erzählte mir die alte
Moti eine der sonderbarsten Ge
schichten, die mein Ohr jemals ver
schliß °
Ihr habt nie von diesen Menschen
gehört, Sahib? Daß ich sie Men
schen nenne! Schlimmer als Tiere
sind sie, nnd sie haben keine Kaste;
denn sie stehen tief, tief, tief nnter
alle» Kaste». Ein Paria würde sie
nicht anspeien, sie wären ihm zu
schlecht dazu.
Die Sanduks wohnen in einem
langen, wilden und finsteren Tale,
m den Nordbergen des Himalaja,
auf die das Eishaupt des Nanda
Devi, des Götterthrones, in ewigem
Zorn herabfuukelt. Sie sind ein
gelbes, schlitzäugiges Geschlecht, den
Tibetern ähnlicher als irgendeinem
indischen Stamme.
Von allen Göttern der Hindus
verehren sie einzig Schiwa, den Gott
der Zerstörung, der Vernichtung.
Sie beten ihn an in Gestalt eine?
riesigen Panthers, der in dem
Dschungel am Fuße der Berge
haust.
Ihr wißt, Sahib, daß meine Her
rin die Tochter des britischen Resi
denten in Ghasipur gewesen. Das
Fürstentum Ghasipur grenzt im
Norden an das Gebiet der Sanduk
leute; aber es hat keine Macht über
sie, ebensowenig wie die Kaiserin
dnks als die übelsten Räuber und
Mörder weit und breit verrufen
sind, hatte der Sahib Mac Laren
seiner Tochter auss strengste verbo
ten, bei Spaziergängen nnd Ans-
Sahib! Ihr habt Miß Mary.
Euch nicht wundernehmen, wenn ich
berichte, daß sie nichts sehnlicher
wünschte, nichts brennender verlang
te, als dies: das Gebot ihres Vaters
Ländchen der Sandukleute schmückte
sich sür sie mit allen Farben von
Jndras Regenbogen, und den Z.in
vergärten. Nur Jehans schienen
ihr Wüsten im Vergleiche mit ihm.
Sie pflegte in der Morgenkühle
Ein paar berittene GhasipuriS bil
deten unsere Schutzwache.
Eines Morgens kamen wir ich
wir umkehren."
Aber Mary trieb hell auslachend
mit ihrer Gerte die Ponys an und
lisch lauernde Wölbung deS Schiwa-
Tores. Die blanken Ponys schim
merten wie Silber in der Nacht die
ser Wölbung. Und der Schall der
Hufe klang ängstlich wider von den
schwarzen, ausgehöhlten Felsen. Ma
rys Lachen verstummte. In dieser
Stunde fuhr meine Herrin ,in das
Reich des Todes ein all ihr
Elend war die Tochter dieser Stun
de.
Gleich hinter dem Felsentore bog
die Schlucht nach links ein. Wir wa
ren kaum lim diese Ecke, da stürzte
sich ein dichter Hause gelber Teufel
auf uns, wie eine Schar von Aas
geiern aus den Absall. den der Flei
scher auf die Gasse geworfen hat.
Bevor sie »och ihre Waffen gebrau
chen konnten, waren unsere Reiter
aus den Sätteln gerissen, zu Bo
den geschleudert, erwürgt, erdolcht,
zertreten, zertrampelt. Die ledigen
Rosse rasten in wahnsinniger Angst
dem Ausgange zn nnd stürmte»
wiehernd durch Schiwas dunkles
besessen. Nach einer Weile ab»
wurde es still. Und diese Stille
war entsetzlicher als der Augenblick
des Sandukvolkcs.
treiben. Er trug einen weißen Tur
ban und fletschte schadhaste Zähne.
Als Mary in den Türrahmen trat,
dreimal mit seiner Stirn den rötli
chen Schmutz der Dorfgaffe. Mary
lächelte: sie war nun gewiß, daß eine
Ich aber erbebte in tiefster Seele.
Denn ich hatte auf des alten Affen
menschen Stirn die drei Kreidestriche
erkannt, die ihn zum bedingungslos
ergebenen Knecht des Zerstörers
Schiwa gestempelt hatten.
und die Luft wurde finster vor mei
nen Augen.
Ich habe Ench schon gesagt, Sa-
Sahib, eine gelbe Hant besitzen, so
gleicht solch geschecktes Menschenkind
einem Panther oder Leoparden anss
Zähnen des Gottes.
schweren Schatten. Woher er
stammte, haben wir nie in Erfah
rung bringen können. Seinen Kops
umhüllte ein fenerfarbenes Tuch.
Aus seinem aschgrauen Gewände zog
fenbeinernen Dolch ähnlich sah.
Dann flehte er Mary durch unter
würfige Zeichen an, sie möge doch
ihren rechten Fuß entblößen. Sie
willfahrte ihm lächelnd. Sie hatte
sehr kleine und wohlgesormte Füße.
Ich wollte sie am Ausziehen ihres
Schuhes hindern; aber zwei von den
ben Krallen meine Hände wie mit
eisernen Zangen sest und entehrten
mich a»s ewig durch ihre schmutzige
Berührung.
Da erflammte ans den benachbar
ten Bergen der rote, zitternde blnt
gierische Schrei einer kriegerischen
Trompete. Und die gelben Gesichter
der Sanduks wurden sahler, al« die
Haut der grüne» Biper ist, wenn
ihre Nähte platzen. Die Hände, die
mich umklammert hielten, wnrden
waren nach Ghasipur zurückgerannt:
sogleich war Sir John mit einer
auserlesenen Truppe des Radschas
wüteten die Säbel der GhasipnriS
in, Saudukdorf. Ein Flintenschuß
streckte den alten Padha» zn Boden.
Er kollerte gerade vor Marys Fü
ße; sein Affengesicht verzerrte sich, zu
ihr emporgewendet, im Todestampfe
zu grinsendem Hohn.
Als wir wieder glücklich in Ghasi
pur waren, fing mein Liebling an,
das ganze Schrecknis als ein herrli
ches Abenteuer zu betrachten. „Scha
de nur," pflegte sie in kindischen«
Stolze zu sagen, „daß diese armen
Sandukleute den Wunsch, mich zur
Königin zu haben, so bitter büßen
mußten."
Zwar keimte binnen wenigen Ta
gen aus ihrer Fußsohle ein kleiner,
rundlicher Fleck. Das ängstigte mich
schwer, und ich erzählte Sir John,
was ich von dem Pantherdienst der
Sanduks wußte. Marys Vater be
fragte sogleich den Leibarzt des
Radschas. Der erklärte, nur derselbe
Fakir, der die Wunde geritzt, könne
sie auch wieder heilen; nur er besitze
das nötige Gegengift. Da rief Sir
John die Freundschaft des Radschas
an, und dieser kargte nicht mit seinen
Mitteln; aber veder die Streiszüge
der Ghasipiiris noch das Versprechen
einer königlichen Belohnung erreich
ten ihren Zweck. Jener Zauberer
blieb verschwunden, als hätten ihn
Wölfe verzehrt, als wäre er in die
Lüfte zerflogen. Er war unterge
taucht in die ungeheure, dunkle
Volksmasse Indiens, und da hätten
ihn alle Residenten des Reiches nicht
hervorzuholen vermocht.
Und nun kam Alexis Burosf, der
reiche, fröhliche Moskowiter, nach
Ghasipur. Er reiste zu seinem Ver
gnügen, obwohl viele Engländer in
ihm einen russischen Spion erblicken
wollten. Seine gesprächig gewin
nende Art, sein breites männliches
Gesicht, seine Stattlichkeit und Kraft
nahmen Mary gesangen. Sie wurde
Russin; sie hieß von mm an Maria
Jwanowna Burosf.
Ich hegte, Sahib, die geheime, tö»
richte Hoffnung, daß dieser große
Waudel in Marys Leben, da sie aus
einem Mädchen ein Weib, aus einer
Britin eine MoSkowiterin, aus einer
Tochter der Hochkirche eine Anhänge
rin des griechischen Glaubens ge
morden war, dem bösen Zauber nach
haltig entgegenwirken würde. Sie
selbst innß etwas derartiges empfun
den haben, ohne es sich zu gestehen.
Sonst hängen ja die Briten al
lerdings war Mac Laren ein Jr»
länder so fest an ihrem Volke.
Sie aber sehnte sich glühend danach,
gleichsam umgepflanzt zu werden in
einen ganz anderen Boden. Mary,
die der Dolch des Fakirs berührt
hatte, sollte vergessen sein.
In den ersten Jahren schien denn
auch die Nachwirkung der winzigen
Wunde so gering, daß ich Hossnung
schöpfte, sie würde allmählich ganz
verfliegen. Dann aber kam die erste
Abkühlung über Marys Liebe. Bü
ro's hatte sich einen Rausch angetrun
ken und war sehr häßlich zu ihr.
ze» Pantherflecken gesprenkelt.
In Todesängsten stürzte ich zum
Arzt. Er fühlte sich der unheimlichen
Erscheinung gegenüber vollkommen
ohne Wissen und Rat. Den» was er
da sah, stand eben außer allen Be
ten. "
Tieren eigen ist."
Mary trug eng am Halse schlie
ßende Kleider und z» jeder Zeit
sein wird der einzige Trost meines
Vom Spargel. z
Reichsstatth<illerschaft in die süddent
tagebmh vom Jahre 1564: „Den 19.
April habe ich über der Mittagstafel
in M:n einen Spargelstengel aus
der."
zogen wurde, und durch Konrad He
resbach, der 1571 „Vier Bücher von
der Landwirtschaft" herausgab, er-
Blllte stand. In Norddeutschland
nenkresse den entgegengesetzten Weg.
Das Vaterland dieser Kultur wa
ren o?e Landschaften am Niederrhein
feln, man kam aber damals noch ohne
den Anbau der Pflanze mit dem Er
trage des Anfammelns aus Quellen
täglich für 300 bis 400 Franken
Kresse verbrauchte, tam de" Kresse
bau erst im Jahre 1815 durch einen
wird in Frankreich jährlich für 4
Millionen Franken Kresse umgesetzt.
Im Rheinlande, insbesondere in Kob
gen 1850 bekannte. Bis dahin
man sich statt ihrer des zweifellos gif
tigen Sumpfschirmes bedient und be
dient sich desselben zum Teil heute
noch, obgleich er ein unangenehmes
Brennen in Mund und Hals hinter
läßt, und zweifelsohne nur der gleich
zeitige Genuß von Essig und Oel
wirkliche Vergiftungserscheinungen
verhindert.
Patient (stotternd): »Mein Gott,
Mjjapparate.
Neue Technik »fand unziihligl
Als unsere Technik im 19. Jahr
hundert den bekannten gewaltigen
Ausschwung nahm, als in schneller
Folge Wasser, Gas und Elektrizität
in die Häuser geliefert wurde, da
trat alsbald auch die dringende For
derung auf, die gelieferten Sachen
zum Zwecke der Bezahlung ord
nungsgemäß zu registrieren und zu
verbuchen. Es entstand das Bedürf
nis nach zuverlässigen technischen
Meßinstrumenten. Dem Verlangen
ward Genüge, und heute bildet der
Bau von Meßinstrumenten über
haupt einen integrierenden Bestand
teil der Technik. Ganz allgemein
müssen wir dabei drei Gruppen un
terscheiden, nämlich: Zeiger, Zähler
und Negistratoren.
Als ein allgemein bekanntes Bei
spiel für zeigende Instrumente kön
nen wir das Thermometer heraus
greifen. Es zeigt uns in jedem ein
zelnen Augenblick die Temperatur
seiner Umgebung an. Und aiißerdem
gibt es auch Thermometer, die die
Temperatur jeder Zeit registrieren.
Ein Streifen aus Bimetall führt,
entsprechend deu Schwankungen der
Temperatur, bestimmte Bewegungen
aus. Ein seiner Schreibhebel über
trägt diese Bewegungen auf einen
Papierstreisen, der von einem Uhr
werk gleichmäßig weiterbewegt wird,
und so bekommen wir eine Kurve,
die sür jede vergangene Minute ge
nau die zugehörige Temperatur ver
zeichnet.
Wenden wir uns nun den zäh
lende» Apparate» zu. Wir können
die Uhr dazu rechnen, obwohl man
sie gelegentlich auch als Zeitzeiger
betrachtet. Tatsächlich zählt sie von
einem bestimmten Nullpunkt, näm-
Stunden, Minuten usw. bezeichnen,
so zeigt sie auch gleichzeitig jeden
Augenblick die jeweilige Zeit. Hier
finden wir also, daß ein Apparat
gleichzeitig Zähler und Zeiger ist,
und das wird sich stets wiederholen.
Da haben wir beispielsweise die
Gas- und Wassermesser. Es sind in
Wirklichkeit Zähler, die die ver-
Jm preußischen Bcratiingszimnier.
Der jüngste Beisitzer „baut" das
fällige Urteil, während die älteren
er am Ende stolz fragt:
„Ist die Begründung klar, Herr
Kollega?"
„Nee! Aber daß der Kerl
zwei Jahre kriegen soll!"