H Dir Mttdlc Drant,! (2. Fortsetzung.) Du kennst meinen Vater! Er hört picht auf mit Trink-n. wenn ich ihm bie Flasche nicht aus der Hand neh me. Geh ich weg, da kommt er unter die Räder. Herr Unteroffizier, nun frugen Sie Adam, ob ich recht habe oder nicht?" „Nein, du hast nicht recht. Wenn im heute aus dem Hause gehst, dann heiratet dein Vater morgen die Gaw- Uksche; das weißt du ebensogut wie ich .Was geht dich das an? Du willst Eltern vor den Kops stoßen, das reiche -Erbe hinwerfen, die reiche Braut zum Deuwel jagen, dann wirst du dich be rncht gewettet. Hier heißt es: Zug um Zug!" Das Mädchen hatte das Taschen tuch vor die Augen gedrückt und wein „Vielleicht und vielleicht! Und dann ... dann hast du einen anderen iSrund. Nein, es wird schon so sein, »am das Wort aus EvaS Munde. Sie trocknete sich die Tränen und stand auf. „Adam, das Wort scheidet uns, Nenn du es nicht sofort zurücknimmst. Du scheinst keine Ahnung zu haben, was mein Vater in den letzten Tagen verdient hat. Ich habe so viel Geld, daß ich deins nicht brauche. Wenn ich beute Ja sage, kann ich morgen hier > in der Stadt den Kaufmann Galda heiraten. Er hat schon beim Vater um meine Hand angehalten. Ich sage Sir das nur, damit du nicht denkst..." .Ich denke gar nichts. Ich weiß, was ich wissen wollte! Ihr habt rechl, Willim! Ich war ein Narr". „Adam, soll das dein letztes Wort fein?" «Ja, Fräulein Kruk, mein letztes. Letzt fahre ich nach Hause, bitte die Eltern und Lina um Verzeihung und in sechs Wochen ist Hochzeit, Adieu! Du, Willim, fei so gut und komm mit einem leeren Wagen nach. Ich will allein fahren". Er machte Eva noch einen halben Diener und ging hochaufgerichtet aus der Tür. Das Mädel nahm wie im Traum ihre Handschuhe vom Tisch .und be gann sie langsam anzuziehen. Dabei streifte chr Blick Willim, der vor „Sie haben Ihr Ziel erreicht, Herr Unteroffizier. Der Vorschlag, den der Adam mir machte, stammt von Ih nen". Willim sah ihr fest in die zornigen Äugen. „Nein, Fräulein, ich habe Adam nur zugeredet, die Sache nach der einen oder anderen Richtung'zu entscheiden. Das müssen Sie doch selbst sagen, daß es so nicht länger Hing. Man kann nicht mit einem Mädel verlobt sein und bei der an deren Tag für Tag sitzen". „Das habe ich allein gewußt. -- Also Adam selbst ist auf den Gedan ien getommen?" „Sie haben seinen Vorschlag wohl nicht für ernst genommen?" Das Mädchen senkte für einen Au genblick den Kopf. „Nein, Herr So !wta, wenn ich offen sein soll. Ich hielt das für eine Falle. Und dazu üin ich zu stolz, um scheinbar nachzu geben". .Es ist doch aber traurig, daß —" „Traurig? Für wen? Für mich? Das werde ich allein mit mir ausma chen". Sie neigte ein wenig den Kops zum Abschied und ging. Willim sah rhr noch nach, als sich schon die Tür hinter ihr geschlossen hatte. In ihm stiegen allerlei Gedanken auf. Sechstes Kapitel. In Uesen Gedanken hatte Willim sich das letzte Glas aus der Flasche eingegossen und langsam ausgetrun ken. wußte nicht, sollte er sich Die Geschichte von Adam und war aus. Darüber tonnte kein Zwei fel lein, selbst wenn sein Freund und Vetter sich unterwegs noch einmal an ders besann und zurückkehrte, was nicht ganz wahrscheinlich war. Aus der Eva war er nicht ganz klug ge worden. War ihre Liebe zu Adam wirklich nicht stark genug gewesen, um Bedeuten hinter sich zu werfen? Halte sie die Aufforderung, mil ihm :u die Well zu gehen, wirklich nur jür eine Falle gehalten und aus Stolz -s verschmäht, hineinzutappen? Dann war auch die Besorgnis um den Vater nur vorgeschützt. Er nahm die Miitzc oom Nagel und ging hinaus in den Laden. Der Stift kam ihm dienstei- frig entgegen. .Die Flasche Wein ist bezahlt. Herr Piontek läßt Ihnen noch sagen, die Fuhrwerke stehen bei Schei- Die Einwohner des Städtchens saßen jetzt wohl alle beim Mittagessen. Ein kleiner Köter belustigte sich damit, der Knechte. Eine halbe Stunde später fuhr der Wagen rasselnd über das Steinpfla ster. Auf der Chaussee ging's schon besser. Der Knecht suhr vom Sattel Peitsche und ließ die Pferde ausgrei fen. Als der Sandweg begann, fie len sie gewohnheitsmäßig in Schritt. Der Knecht wollte sie antreiben, Wil lim wehrte ab. .Ach, Unteroffizier, Gäule laufen; sie tommen eine halbe Stunde früher in den Stall und ich zum Essen. Nachmittags wollen wir pflügen". Plötzlich zog der Knecht die Leinen an. „Was gibt's?"' „Ja, ich weiß nicht, Herr Unter offizier die Spur hier". Willim richtete sich auf und sah auf den Weg. Da war ein Wagen seitwärts aus dem tiefen Geleise ohne Weg und Steg in den Wald abge bogen. Es sah so aus, als wenn der Führer jäh rechts das Pferd herum gerissen hätte. „Da ist ein Wagen abgebogen". „Ja, Herr Unteroffizier, unser jun ger Herr Adam ist da gefahren". „Weshalb denn gerade der junge Herr". „Na, das hätt' ich wohl gehört, wenn ein anderer Wagen hinter ihm aus der Stadt gefahren wär". Er war aus dem Sattel gesprungen und untersuchte die Spur. „Es sind genau so schmale Räder wie bei un serem Einspänner. Vielleicht können wir nachgehen". „Kommen Sie!" Mit schnellen Schritten gingen sie der Spur nach. Es war in de: Tat auffällig, daß der Wagen in das man neshohe Fichtendickicht hineingefahren war. An den Spuren tonnte man sehen, daß das Pferd trotz des tiefen Sandes eine ganze Strecke im Galopp gegangen war. Hier hatte das Pferd wieder eine Wendung gemacht und den Wagen durch die dichtstehenden Bäumchen gezogen. Einige lagen noch halb auf der Seite. Der Anprall hatte ihre Wurzeln gelockert. Jztzt erblickten beide fast gleichzeitg das Pferd und den Wagen, die sich im Ge büsch festgefahren hatten. Es schien niemand darauf zu sitzen. Was war geschehen? Weshalb war Adam aus dem Wa gen gestiegen? Die letzten fünfzig Schritt hatten beide lausend durchmessen. Jetzt stan den sie einen Augenblick wie gelähmt vor Entsetzen. Adam hing nach vorn über mit dem Oberkörper, über das Wagenledcr. Der linke Arm lag unter dem Kör per, der andere hing schlaff über dem vorderen Wagenrand. Der Rappe vor dem Wagen, ein großes, starkes Tier, war über und über mit Schweiß be deckt und zitterte an allen Gliedern. Als die Männer sich näherten, schnob es heftig. Mit einem Satz sprang Willim hinzu und versuchte den schwe ren Körper aufzurichten. Vergeblich; die Totenstarre war bereits eingetre ten. Ein Kugelschuß! Der Mörder hatte gut gezielt. Der Schuß war von links abgegeben und hatte das Herz getroffen. Ganz dicht am Wege hinter einem Kiefernhorst mußte er gestanden haben. Vor Auf regung klappten Willim die Zichne aufeinander wie im Fieberfrost. Sein erster Gedanke war: die armen alten Eltern! Jetzt sollten sie ihren Ein zigen begraben! Dem alten Knecht liefen die hellen Tränen über die Backen. Dann wieder knirschte er mit den Zähnen und hob die geballte Faust. „Das ist der Schuft, du russische Kerl, dem der junge Herr das Leder ausgewackelt hat. Kein anderer hat das getan". Mit großer Mühe hatten sie das Pferd rückwärts gedrückt und den Wagen gewendet, um ihn auf die Stra ße zurückzuführen. Vergebens such ten sie den starren Körper aus dem kleinen Wagen zu heben. Sie wollten ihn auf den Leiterwagen legen und mit Säcken zudecken, um ohne Auf sehen zu erregep, auf den Hof zu kom men. Es war nicht möglich. Endlich fand der Knecht einen Ausweg. Sie müßten kurz vor dem Dorfe abbiegen und so weit im Walde herumfahren, daß sie von hinten auf den Hof ge langten. „Aber erst wollen wir uns nach der Spur umsehen", meinte der Knecht. Willim stimmte zu. Wo der Einspän war deutlich die Stelle »kennin! w» der Mann gestanden habeil muß- te. Da war der Sand nicht nur zer treten, nein, mit den Füßen hatte der Kerl den Sand nach beiden Seiten fortgefchoben, um auf den feuchteren festen Boden zu kommen, der ihm einen sicheren Stand gab. Deutlich stand der Abdruck des einen Fußes da. Der Knecht hatte sich davor auf die Knie niedergelassen, um genauer zu sehen. Als er sich emporrichtete, nickte er mit dem Kopf. „Es ist schon, wie ich gesagt habe. Sehen Sie bloß den spitzen Absatz und die schmale Spitze. Nur die Russen tragen solche Stie fel, und sehen Sie mal nach dort... Da ist er herausgekommen aus dem Wald, hat sich umgesehen und ist dann mit sechs, sieben Schritten hierherge kommen. Ich will beschwören, daß das der Russe gewesen ist". Ungesehen waren sie über das Feld bis hinter die Scheune gekommen. Hier hielt der Knecht an. „Herr Unteroffizier, die alten Herrschaften halten Mittagsstunde, und die Margellen sind in der Küche, Ich werde über den Hof gehen und das Scheunentor hinten aufmachen, da sahren wir den Wagen mit dem jun gen Herrn 'rauf. Das übrige müssen Sie tun". „Das übrige!" Damit meinte er, den Eltern die traurige Nachricht bei zubringen! Das war das schwerste! Willim zitterte an Händen und Fü ßen, als er langsam über den Hos schritt. auf und trat ein. Alles so still und friedlich. Einige verspätete Fliegen, die die Wärme des geheizten Ofens Hei ster. Dort, in der Kammer, deren Tür halb offen stand, ruhten die bei den Alten. Wie war es möglich? Ihm war's in diesem Augenblick, als gen ihm auf. Wenn Menschen von einem solchen Vorfall nichts erfahren, dann ist er für sie nicht vorhanden. Nicht das Geschehnis an sich, nur die Kunde davon schafft ihnen den Schmerz. Da, die Al>n wußten noch nichts von der Mordtat; nichts hatte schied. Mit gutem Appetit hatten sie zu Mittag gegessen, vielleicht gerade in dem Augenblick als der Schuß fiel. Und diesen ruhigen süßen Schlum mer mußte er abkürzen. Still hatte er die Mütze und Seitengewehr abge- Kammer. Das Ohr der Mutter hatte „Adam, bist du's?" schläft noch fest". „Wo hast du denn Adam?" Sie warf einen Blick auf sein Gesicht. „Wie siehst du aus, was ist dir pas siert?" „Mir nichts, Tanlchen, aber lomm zu s«gen". „Was ist denn passiert?" jammerte die Alte schon unterwegs. „Was hast du mir zu sagen? Der Adam hat eine Dummheit gemacht". Willim schloß die Tür hinter ihr. „Nein, Tante, der Adam ist ist —". Die Stimme versagte ihm, er fing an zu schluchzen und streckte beide Hände nach der Tante aus. Die Frau wich einen Schritt zurück. „Sag schnell! Der Adam ist ist tot?" Dabei hatte sie ihre bei den Hände mit so jammervoller Miene zu ihm ausgestreckt, daß er kaum den Mut fand, mit dem Kopf zu nicken. Et mußte schnell zuspringen, damit die alte Frau beim Falten nicht ir gendwo aufschlug. Jetzt saß sie auf dem Stuhl an der Tür und weinte still vor sich hin. Stoßweise erschütterte das Schluchzen ihren Körper. Die Schürze halte sie mit beiden Händen vor das Gesicht ge schlagen und den Kopf tief hinabge beugt. Mitten in ihrem Schmerz war ihr ein Gedanke aufgestiegen. Sic zog die Hände von den Augen. „Hat er womöglich sich selbst —?" «Nein, Tante, er ist unterwegs von einem Mörder erschossen worden". „Erschossen?" Sie sprang auf, „Wer war der Kerl?" „Ja, Tante, das weiß niemand. Adam.ist allein nach Hause gefahren. Ich kam mit dem leeren Leiterwagen hinterher und fand ihn. Sein Ein spänner war plötzlich aus dem Gcleise gebogen. Da gingen wir hinterher! und fanden ihn". Die Frau schien die letzten Worte gar nicht gehört zu haben. „Allein nach Hause gefahren? Wes-" halb denn? Hat er sich mit dir ge zankt?" „Nein, Tante, er hat sich mit der Eva ausgesprochen und hat sich dabei so aufgeregt, daß er allein fahren wollte". Um nur etwas zu sagen, erzählte er weiter: „Mit der Eva hat er sich ausgesprochen, ör wollte sie gleich heiraten und mit ihr wegziehen nach Westfalen, aber sie wollte nicht". »Sie wollte ihn nicht? Sie hat ihn weggejagt? Sie hat ihn in den Tod getrieben!" «Nein, Tante, das sag du nicht. „Ach, Kind, lehr du mich die Welt tennen! O je, o je, o je! Der arme Vater!" Sie stützte die Hände auf das Knie, sah ausdruckslos ins Weite und nickte fortwährend mit dem Kopf. Dabei sprach sie halblaut, wie zu sich selbst: „Nun bringt man das mit Schmer zen zur Welt, zersorgt sich, zerplagt sich. Wie oft hab ich durch mein Ge bet sein Leben dem lieben Gott ab gerungen. Endlich wächst das groß. Da wird's noch schlimmer da will so'n Lorbaß sich totschießen. Dann kommt er nach Haufe hängt sich an eine Margell und schließlich schießt ihn der ihr Liebhaber tot". Willim war während dieses Selbst gesprächs ruhelos vor der Tante auf und ab gegangen. Jetzt blieb er ste hen und legte ihr die Hand auf die .Tante, was sprichst du? Wenn du ihn jetzt lebendig hättest, würdest du nicht mit Freuden deine Einwilli gung zu der Hein« mit Eva geben?" Mit einem irren, flackernden Blick sah die Alte zu ihm auf. .Was was sagst du, mein Jungchen? 810 ß an der Einwil ligung liegt es? Ihr habt mir et was vorgespiegelt, um mich zu ängsti gen. Er lebt? Er soll sie heira ten heute soll er sie heiraten Gleich gehe ich und hole sie selbst her". Die Antwort mochte sie aus den Trä nen gelesen haben, die Willim aus den Augen stürzten. Einen Augenblick schwankte sie hin und her, dann sant sie lautlos zusammen. Willim sing sie in seinen Armen auf und trug sie aufs Bett. Die Tür öffnete sich, Vater Piontek trat ein. .Was ist's mit der Tante, mein Jungchen?" „Sie hat eine schlechte Nachricht be kommen. Dabei ist sie ohnmächtig ge worden". „Na, dann werd ich sie wohl auch hören müssen. Was ist es denn?" „Onkel, nimm dich zusammen es ist sehr schwer sehr traurig". „Sag schon, ich bin kein altes Weib, was ist mit dem Adam?" „Er hat unterwegs eine Kugel be kommen". .Ztugel bekommen? So? Na, das übrige wird mir meine Frau erzäh len. Laß uns einen Augenblick allein". Willim schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis der Onkel in die andere Stube zurückkam, scheinbar ruhig und gefaßt. Nur die Augen schienen ihm lies im Kopfe zu liegen. Er kam langsam auf Willim zu und reichte ihm die Hand. „Was der liese Gott einem aufer legt, dagegegen soll man nicht mur ren. Wo liegt denn mein Sohn?" „Ontelchen, er sitzt noch auf dem Einspänner. Wir haben ihn von hin ten in die Scheune gefahren". „So. Als Gemeindevorsteher du mir das ab. Der Kuba kann dich sahren, der mit dir gewesen ist. Ei weiß, wo der Amatsrichter wohnt. Und nun komm zu Adam". Sie gingen hinaus. Der Knecht ging vor dem Scheunentor ruhelos auf und ab. Als die beiden näher kamen, klinkte er die Tür auf. „Herr, die paar Jahre, die ich noch zu leben habe, möchte ich dran geben, wenn bloß der junge Herr —" „Ja, alter Kuba, ja, du hast recht. Das möchte ich auch tun. Bleibt hier. Ich will allein sein bei ihm". Er zog die Tür hinter sich zu und trat in den dämmerigen Raum. Als Willim nach einer Weile die Tür öff nete, stand der Alte vorn am Wagen zwischen den Deichseln und hatte mit beiden Händen den Kopf seines Soh nes umfaßt. Was sein Herz mit dem toten Sohne und mit Gott gesprochen, hat niemand gehört. Kurz vor der hereinbrechenden Abenddämmerung hatte Willim oie Gerichtsherren an die Stätte ge bracht, wo der Mord geschehen war. der gegen Abend aufgestanden war, hatte sie so ziemlich verschüttet. Ja, wenn kurz vorher Regen gefallen An Ort und Stelle hatten Willim Lassen Sie mir ein Fuhrwerk stellen, ich fahre sofort zur ruffischen Kammer nach Gehsen". Auf einen Wink war Willim hin ausgegangen und hatte Befehl gege ben, den Kutschwagen anzuspannen. Als der Wagen vorfuhr, saß der alte Kuba auf dem Block. Auch Vater Piontek und Willim fuhren mit. i Der alte Kuba hatte vier Pferde vorgespannt, er ließ sie laufen, was Zeug und Riemen hielten. Als er dicht vor dem russischen Schlagbaum, der zur Nacht herabgelassen wird, die „Halt, was wollt ihr?" hoher Herr vom Gericht ist hier; der will den Herrn Direktor sprechen, auch den Kordonmajor". nem Schilderhaus zurück, nahm das Gewehr, das er dort hingestellt hatte, und zog den Klingelzug, der zum Wachlhaus führte. Nach einer ganzen Weile kam ein Strafchnik, einer der Grenzsoldaten, aus dem Hause. Der Posten rief ihm lachend etwas zu, was den Kuba in solche Wut versetzte, daß er laut zu schimpfen anfing. Jetzt sprang der Posten vor den Schlagbaum und griff mit einem Schimpfwort den Vorpfer den in die Zügel. Im nächsten Au genblick sauste ihm Kubas iange Peit sche um die Ohren, daß ihm die Mütze vom Kopfe flog. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn in diesem Augenblick Willim nicht aus dem geschlossenen Wagen gesprungen wäre. Beim Anblick der preußischen Uniform stutzte der Russe und präsentierte das Gewehr. Jetzt kamen auch zwei Männer vom Wachthaus heran und fragten nach dem Begehr. Vater Piontek, der fer tig russilch sprach, machte den Dolmet scher. Er verlangte zunächst Einlaß, eine hohe Amtsperson habe mit dem che zu verhandeln. Dazwischen rief der Knecht vom Bock, er verlange den Namen des Posten zu wissen; was der Kerl eben gesagt hat, ließen die Preußen nicht auf sich sitzen. Der wachthabende Un teroffizier schickte seine Begleiter mit einem Befehl fort, ließ den Schlag baum öffnen und lud die Herren ein, ins Wachthaus einzutreten. Nach langem Warten erschien, der Direktor, ein Deutschrusse, der sich mit vielem Wortschwall entschuldigte, daß die Herren Ungelegenheiten gehabt hätten, der Kerl auf Posten habe wohl etwas getrunken er habe ihn gleich ablösen und in die Kosa sperren las sen. Die Herren möchten verzeihen. Mit einem Blick scheuchte er die Sol daten, dit das Zimmer füllten, hinaus und fragte nach der Ursache des spä> ten Besuchs. Der Amtsrichter erzählte kurz den Vorfall und den Anlaß, der den Verdacht rege gemacht hatte, daß der Wachtmeister Iwan Jwanowitfch Ofsipoff der Täter sei. , Der Direktor zuckte mit verbindli cher Miene die Achseln. „Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden wollen, bis der Herr Kordonmajor kommt. Es ist schon nach ihm geschickt wor den". In verbindlicher Form fing er an zu Plaudern. „Ah, ein Unteroffizier von der preußischen Garde, von dem ersten preußischen Regiment. Unser Ver bündeter hat schöne Leute bei seiner Gardetruppe Ihr Herr Sohn, der leider jetzt tot ist, Herr Ortsvorsteher, hat auch bei dem Regiment gestanden? O, wie betrauere ich, daß ein so >chö ner junger Mann das Leben lassen mußti. Ich fühle Ihren Schmerz, Herr Ortsvorsteher, Es würde mir sehr leid tun, wen» sich der Bedacht bewahrheiten sollte, aber Gerechtigkeit Herren, ein Eisersuchtsbrama mit blutigem Ausgang? Was von un serer Seite geschehen kann, um den Fall aufzuklären, bitte, feien Sie überzeugt, wird geschehen. Ah, da kommt der Herr Major. Er spricht aber kein Wort deutsch. Ich werde dolmetschen". Mit kurzen Worten berichtete er, was vorgefallen war. Der Kordon major, dem man den Stockrussen am Gesicht ansah, wandte sich mit einer höflichen Handbewegung an den Amtsricht»r. „Bitte, seien Sie überzeugt, daß ich alles tun werde, um die Sache klar zulegen". Während der Direktor die Worte übersetzte, ging der Major zum Fen ster und rief einen Befehl hinaus. Der wachthabende Unteroffizier erschien. .Wer hat heute mittag die Wache abgelöst?" »Der Wachtmeister Fedor Jwano witfch. zu Befehl, Herr Major". .Wann ist er zurückgekommen?" .Wie immer. Herr Major, kurz vor zwölf Uhr". Noch zwei, drei Soldaten kamen auf seinen Ruf ins Zimmer und ga ben dieselbe Aussage ab. Mit einer Handbewegung wies er sie hinaus. „Jetzt will ich selbst aussagen. Um halb ein Uhr bin ich hier gewesen und habe den Wachtmeister dort in jenem Zimmer an seinem Schreibtisch gesehen. Bis zu dem Tatort sind, wie ich schätze. 7—B Werst. Es ist also unmöglich, daß der Wachtmeister der Täter ist". Der alte Piontek hatte genau jedes Wort verfolgt, und dazu genickt, wenn der Direktor dolmetschte. Der Amtsrichter hatte sich Notizen ge macht. Jetzt klappte er sein Buch zu und entschuldigte sich bei den russische» Herren wegen der Störung. Die be stimmten Aussagen der Beteiligten hätten ihn dazu genötigt, hier sofort Auskunft zu erbitten. Er freute sich, daß der schwere Verdacht von dem Beschuldigten genommen sei. Mit vielen Komplimenten geleitete der Direktor die preußische Besucher zum Wagen. Mit einem Zungenschlag trieb Kuba die Pferde zum Laufen an. Aber-schon nach hundert Schritt hielt er die Pferde an, sprang vom Bock und öffnete den Wageuschlag. „Entschuldigen Sie, Herr Amts richter, was haben die Russen aus gesagt?" „Es ist nichts mit russischen Wacht meistern. Der Mann hat bis zwölf Uhr seinen Dienst getan und ist zwi schen zwölf und ein Uhr im Bureau gewesen". „Wer hat das ausgesagt?" „Die vernommenen Soldaten und abends von ihrer Fahrt zurückkehrten, hatte sich das Bild geändert. Die Nachricht von Adams gewaltsamem ' alles dicht gedrängt. Aus den Fen- stern der Vorderstube fiel Heller Licht, ! schein. Als der Wagen in das Hof ! Tor einbog, erklang lauter Gesang Die ! bahrt. Ringsum standen Männer und Frauen und sangen mit Heller Stim me all die Lieder ab, die im Gesang» messene Pause verstreichen. Dann er hob er sich und sagte mit halblauter Stimme das nächste Lied an. Der Spiegel in der Stube, ja selbst die Glasscheiben des Küchenschranks Iva» Erst nach Mitternacht leerte sich die den Eltern. ! Vater Piontek saß die ganze Nacht I hindurch, ohne ein Wort zu sprechen, ' auf seinem Stuhl zu Häupten seines Sohnes. Die Mutter stand von Zeit ! zu Zeit auf, um die alten Weiber, oie mit halblauter Stimme ans vem Ge sangbuch das Totengebel vorlasen oder es auswendig hersagten, durch einen Honigschnaps zu erquicken. Dann ging sie herum und putzt» die ten durch neue. Jedesmal blieb sie bei dem toten Kinde stehen und streichelte ihm die Backen. Sein Gesicht war ja nicht verzerrt. Das war ihr ein gro- I Ber Trost, wie sie jedesmal 'zu den Weibern sagte, die Kugel hatte so gut ! getroffen, daß er es wohl gar nicht gemerkt hatte, wie sein Leben endigte. Auch Willim hatte bis gegen Mor« gen bei seinem Freunde gesessen und Totenwacht gehalten. Dann hatte ihn der Schlaf übermannt, er war auß dem Stuhl eingeschlafen. Die Tante weckte ihn. „Geh schlafen, mein lieber Junge. Alte Leute können den Schlaf schon eher entbehren. Uni» heute früh wirst du ausstehen, mit dem Onkel nach der Stadt fahren er nicht. Er wird nicht aufstehen, sein liebes Herz steht still". Ganz srüh am anderen Tage kam der Arzt, der im Auftrage des Ge richts die Todesursache festzustellen hatte. Sein Gehilfe und die beiden Männer, Kuba und Willim, halfen ihm, den Toten zu entkleiden. Er hielt es für überflüssig, zu sezieren. Das kleine Kugelloch, das genau aufS Herz zu führte, sprach deutlich genug. Der Doktor saß schon am Tisch und schrieb den Bericht, als Bater Piontek „Herr Doktor, haben Sie die Ku gel gefunden?' .Nein, Herr Piontek. Ich halte e» für überflüssig, zu schneiden. Die To desursache ist ja tlar". .Ja, es kann sein, aber ich möchte die »tugel haben. Sie ist nicht durch und durch gegangen, sie muß noch im Körper sein". Er wollte durchaus dabei sein, alz der Arzt sich zur Oessnung des Kör, pers entschloß. Nur der bestimmte Besey! des Doktors brachte ihn au» der Stube. . Als alles vorüber war, wurde ter Piontek gerufen. Die Kugel lag auf dem Tisch. Ein einfaches Blei geschoß ohne Stahlmantel, ein Lang blei mit drei Ringen am unteren Ende. In den Weichteilen der mensch lichen Brust war es ganz unverändert geblieben. Vater Piontek nahm das tödliche Geschoß zur Hand: .Kann ich es be- ' .Nein, es muß ,u den Akten ein .Aber es bleibt doch bort?" .Jawohl, es wird aufbewahrt. Wa» wollen Sie von dem Geschoß?" Der Alte legte bedachtsam da» Stückchen Blei wieder aus da» Pa pier, von wo er es genommen hatle. .Was ich davon denke? Das Blei ist aus russischen Büchse ge (Forlsetzung solgy.