des Südens M A Roman von Hans Dominik. (9. Fortsetzung.) am Ende nichts schaden, wenn wir vorher für etwas Stärtung sorgen. Biet Zeit haben wir ohnehin nicht mehr, denn in zehn Minuten sind wir am Ziel." So fanden die guten Dinge, die der Ingenieur aus seinem Rucksack nahm, allseitig lebhasten Zuspruch. «Einen Mvment, Overhosf. Siehst Du das Dorschen .... es sind ei gentlich nur drei Häuser .... jen jeils der Fersina liegen? Das ist der Ort Ztaccho, auf älteren Karten sicher sagen, daß deutsche Bergknap pen so etwa zwischen ven Jahren IMo und 1400 das Bleierz gebro chen und ausgeschmolzen haben, von dem diese Schlacke übrig geblieben ist.' Wilder und schrosser wurde jetzt das Fersental. Durch Tunnels mußte der Zug sich seinen Weg bah nen, und dann hielt er auf der Sta den Felsen geklebt und teilweise in ihn eingesprengt. Der Arzt verließ zuerst den Zug und hals der jungen Dame beim Aussteigen. Der Ingenieur folgte Bergstöcken und reichte das Führung an." Der Arzt schritt voraus, eine Fel sentreppe hinab und dann über eine schmale Hvlzbrücke, die wohl IS Me ter über dem Fersenbache hing. /Wenn Du mal hie Absicht hast, mit dem Automobil an diesem Bahn hos oorzusahren, wirst Du einige Schwierigkeiten haben, Overhoff. Die Brücke trägt's nicht." ten hatten jenen eigenartigen weichen Klang, der sich so sehr vom schweren Erzton unserer deutschen Glocken un terscheidet. Einen Augenblick bliebe» die drei Reisenden stehen, um diese Klänge mit anzuhören und betrach vom Weingärten und Maisfeldern wohl IN) Meter über ihnen am Ber geshange lag. «Wie schön ist dies Land," flü sterte Gertrud Overhoff. «Und wie wenig verstehen sein« Bewohner d?.i Tchätze des Bodens zu heben." lnurrie der Ingenieur. «Geschmacksache, bester Overhoff," vermittelte der Doktor. «Es hatte dielleicht seine guten natürlichen jchwunden sind, verschollen, wie aus gelöscht aus der Geschichte des Lem kes, während diese harmlosen Wein- Dasein führen. Wer weiß, ob es zum Guten gerät, wenn man jetzl den Schätzen der Tiefe wieder nachgeht. ser Worte das sonnenbestrahlte Bild «Brandt, Du wirst poetisch. Blei ben wir bei der lebendigen Wirklichkeit. Wir haben die Aufgabe, den ehren zu machen. Willst Du den weiteren Ausmarsch unter diesem Gesichts punkte organisieren?" scherzte der Arzt. «Im Ernst, Over mancherlei zu wünschen übrig. Freue Dich, daß Du einen Bergstock und Nagelschuhe hast. Zuerst müssen wir behilflich sein?" Lachend wehrte die junge Dame ob. «Haben Sie keine Sorge um mich, Herr Doktor Ich habe von München aus genug Hochtouren gemacht. Se hen wir lieber, daß Bruder Fritz uns t u«b«r stelle ging »q Weg in die Höhe und bald war der Eingang des Ortes erreicht. Ein! schmale Gasse nahm die Wandern aus und über unregelmäßige Rund steine mußten sie mehr hüpfen alt gehen. „Die moderne Institution der Haftpflicht scheint den weisen Vätern dieses Ortes noch unbekannt zu sein," schimpfte der Ingenieur und rutscht« dabei mit dem rechten Fuß trotz der herausfloß. «Wie denn überhaupt diese Orte von weitem schöner aussehen, als von nahem," bemerkte der Doktor philo sophisch. «Man ist etwas verwöhnt, wenn man aus den wellstädtischen Anlagen eines vornehmen Kurortes Overhoff?" Aergerlich schlenkerte der Inge nieur die schwarze Sauce von seinem rechten Stiefel ab, während Gertrud Overhoff mitten in der Straße stehe» blieb, sich auf ihren Bergstock stützte und herzhaft lachte. «Der Eingang war das Schlimm ste," tröstete Dr. Brandt. «Durch diese Seitengasse haben wir erheblich abgekürzt. Und dann kommen wir hier an einer Sehenswürdigkeit vor bei. Da vor Ihnen der alte Turm, das ist der Tore dei Canapi, der Knappenturm. Auch eine Erinnerung an »den alten verschollenen Bergbau." Die Reisenden standen jetzt aus einem freien Platz und hatten Gele genheit, den alten Turm zu betrach ten und in kurzer Entfernung davon eine Villa im Renaissancestil, wie sie Fritz Overhoff nach dem schlechten Entree hier niemals vermutet hätte. „Brandt, wie kommt der feudale Kasten in das miserable Nest." „Kardinalsvilla," sagte der Arzt lakonisch. „Ron capisco, Dottore.' „Also eine jener zahlreichen Villen, welche die Kardinäle des Tridentie ner Konzils sich hier überall herum als Sommerfrischen erbaut haben. Die alten Herren verstanden zu le ren." Weiter führte der Weg und wieder in ein enges Gäßchen hinein, in wel chem Pflaster und Luft in gleicher Weise zu wünschen übrig ließen. Doktor Brandt musterte die Num mern an den Häusern. .«Jetzt wird's kritisch, Herrschasten. Wenn Signor Batista nicht in der Messe ist, dann ist er höchst wahr scheinlich im Hause. Du, Overhoff, bist ja im Italienische» ohnehin et was schwach. Beschränke Dich daher auf das landläufige buon giorns. Ich will selber die Präliminarien eröffnen und hoffe im Notsalle aus Ihre gü tige Unterstützung, gnädiges Fräu lein." Der altertümliche Türklopfer wur de in Bewegung gesetzt. Eine Magd, die jenem Klopfer an Alter wenig nachstand, erschien und nach einigem Parlamentieren, bei welchem einige Soldi wesentlich mithalfen, erreichte es der Arzt, daß das alte Weiblein ihn und seine Begleitung in einen be scheiden aber sauber ausgestatteten Raum führte, und Signor Batista rufen ging. Eine Minute später betrat der Ge wünschte den Raum. Ein kleiner alter Mann. Das bronzesarbene und viel fach gerunzelte Antlitz von dichtem weißen Haar und einem ebensolchen Vollbart umrahmt. Zwei tiefschwarze, kluge und lebhafte Augen blickten aus diesem Antlitz auf die Besucher und mit jener Höflichkeit, die auch der Italiener einfachen Standes allen Fremden und namentlich Damen ge genüber zu entwickeln pflegt, begrüßte er die Ankömmlinge, um dann vor sichtig abzuwarten, was deren Be gehr sei. Doktor Brandt eröffnete die Unter haltung. Sehr vorsichtig erzählte er, Begleitung habe, in den Besitz eines schönen Rosenkranzes gekommen sei und daß er selber das größte Inter esse daran habe, zu erfahren, wo diese Steine zu den einzelnen Perlen ge funden worden seien. Signor Batista hörte ruhig zu, aber Gertrud Overhoff bemerkte, wie es in seinen Mienen zuckte und arbei tete, alz der Arzt von dem Rosen kränze sprach. Es war unverkennbar, daß alle diese Mitteilungen den alten Mann traurig stimmten. Schließlich war Dr. Brandt mit seiner Rede zu Ende und hoffte er wartungsvoll. daß Signor Batista nun seinerseits antworten würde. Die Antwort kam auch, aber sie lautete anders, als der Doktor es erwartete. «Ich kann nicht glauben, Herr, daß meine Nichte den Kranz verkauft hat, den ich ihr geschenlt habe. Ich ver stehe nicht, was das alles heißen soll. Geht es den Piranis schlecht, daß sie ihre Firmungsgeschenke an Frein de fortgeben müssen? Das wäre traurig. Ich werde nach Castagnö ge hen, und selber sehen, wie es dort geht." Der alte Mann wurde von Wort zu Wort lebhafter. «Corpo di baccho: Ich habe den Kranz einmal in vielen Monaten zu sammengebracht und dachte, meiner Schwester damit ein Geschenk fiir'l ewige Leben zu machen, Nun hat sie ihn verlauft. Oder vielleicht hat sie kamen, und öffnete ihre Tasche. „Prego Signore! Sie sehen, ich habe den Kranz. Aber ich hab' ihn nicht gelauft. Signora Pirani hat ihn mir geschenlt." Signor Batista schüttelte ungläu big den Kopf. „Ich sehe. Signorina, daß Sie den Kranz haben, ober ich verstehe im mer noch nicht, auf welche Weise Sie ihn belommen haben, warum meine Nichte ihn fortgegeben hat." Gertrud Overhoff blickte den al ten Mann mit gewinnendem Lächeln an. „Nehmen wir an, Signor, daß ich Ihrer Nichte einen Gefallen getan ha be, daß ich etwas geschenkt habe, wo für ich lein Geld nehmen wollte und daß sie mir dafür ein Gegengefchenl gemacht hat." Signor Batista blickte die junge Dame verständnislos an. «Non capisco Signorina, impossi bile. Ich werde nach Castagnö ge hen." Wieder drohte die ganze Verhand lung auf einen toten Punlt zu lam men, als Gertrud Overhoff sich nie derbeugte und ihren Rucksack vom Fußboden aufhob. „Ich will es Ihnen erllären, Sig nor Batista. Ich bin Malerin, Künstlerin, Sie verstehen, und habe so mancherlei zu Papier ge bracht". Mit diesen Worten zog die junge Dame ein großes in graue Leinewand gebundenes Stizzenbuch aus dem Nucksack und begann es vor den Au gen des jetzt neugierig blickenden al ten Italieners durchzublättern. Da lamen erst allerlei landschaftliche Mo tive aus Levico und Vetriolo. Dann aber lachte dem alten Mann plötzlich das lebenswahre in Farben angelegte Bildnis der kleinen Giufeppa Pirani entgegen. «Ah! La Giusepina", entfuhr es dem Allen unwillkürlich. «La Giuseppina! Signor Batista, e alora. . Gertrud blätterte weiter und zeigte ihm lebenswarme, zum teil auch kolo rierte Skizzen seiner Nichte und des Gattes derselben. Sie Heizte ihm Ansichten des Meierhoses von Castag ns und allmählich begann der alte Mann zu begreifen. «Ah! Signorina, Sie sind eine große Künstlerin. Wie schön. . . wie wunderbar schön Sie das alles ge malt haben. Solche Bilder möchte ich auch wohl haben. Ich verstehe, daß die gefallen haben." Gertrud Overhoff ließ sich von Dr. Brandt ein Messer geben und schnitt die Blätter, welche den Meierhof und seine Bewohner behandelten, aus dem Buche heraus. „Gestatten Sie mir, Signor Bati sta. Ihnen diese Blätter als kleines Andenken zu geben." Jetzt wurde der Zwiespalt bei dem alten Manne offensichtlich. Mit al len Fasern seines Herzens lechzte er nach diesen Slizzen und sträubte sich doch mit unbeholfenen Worten, sie an zunehmen, da. . . und weil. . . und so weiter. Gertrud Overhoff lachte herzlich. «Sehen Sie, Signor. jetzt geht's Ihnen wie der Signora Pirani. Der schenkte ich das Bild der Giuseppina . . . groß. . ." eine Handbewe gung marliene die Größe, „und in Oelsarben ganz fertig genidlt. Sie wollte es auch nicht annehmen, wollte es bezahlen und weil ich keine Be zahlung nahm, so gab sie mir diesen Kranz." «Adesso capisco, Signorina, jetzt verstehe ich. wie der Kranz zu Ih nen kam. . . aber, was soll ich Ih nen geben, wenn Sie mir diese Bil der wirklich lassen?" Fritz Overhoff atmete erleichtert auf. Zwar tonnte er von der Un terhaltung, die italienisch geführt wurde, nur Brocken verstehen.. Aber er begriff doch, daß die schwierigsten Klippen jetzt umschifft waren, daß man, wie es so schön in der K. K. offiziellen Sprache heißt, meritorisch zu oerhandeln begann. Gertrud Overhofs fuhr fort: «Mein Bruder hat Interesse dar an, die Fundstätten dieser Perlen kennen zu lerne». Zeigen Sie uns einige davon und Sie haben mir viel Der Alte lachte. Was diese ?l>r«- stieri manchmal komisch waren. l»r wußte ganz gut, daß die blanlen Steine keinen besonderen Wert hat zu finden. Für diese kleine Mühe sollte er die schönen Bilder bekom men. Ja, die deutsche Signorina versprach ihm noch mehr und noch schönere Bilder, wollt» sogar ihn sel ber in Lebensgröße und mit bunten Farben malrli. Wenn den Fremden die Bekanntschaft mit irgendemem so viel wert war, so konnte es ihm schon recht sein. Seine Ehre war dann jedenfalls gerettet, und er konn te die Bilder annehmen. «Das ist vernünftig, Signore Ba tista, mischte sich jetzt der Doktor wie- der inZ Gespräch. «Und heute ist , schönes Wetter, da könnten Sie uns gleich etwas zeigen." Signor Batista war dazu bereit und bat seine Gäste, eine kurze Zeit zu warten. Während die alte Magd ein Fläschchen des guten Südtiroler Weines und einen großen Fiasko mit klarem Wasser aus den Tisch setzte, zog er sich zurück und kehrte nach sllns Minuten wieder, ebenso berg mäßig ausgerüstet, wie seine Gäste. Aber der Lodenmantel, den er trug, war längst nicht mehr grün. Er zeigt« di« verschlissene und undefinierbare Farbe, die «in Stoss erst annimmt, wenn er viel« Jahr« hindurch in Re gen und Wind getragen worden ist. Batista mit. An Stelle des Berg stockes aber trug er eine große Dop pelhacke, deren Stil ihm beim Ge hen als Stütze diente. So schritt die Expedition jetzt um eine Person vermehrt weiter. Durch die letzten Straßen von Eioezzano und dann den Bergweg hinauf nach Orzano und Magnago. Ein Weg, wie ihn sich Touristen nicht besser suchen können. Im Rücken der Wanderer blieb das ganze Fersina-Tal zurück und je weiter der Aufstieg führte, desto mehr wei tete sich hier das Panorama und ließ schließlich das Kastell von Pergin« am einen Ende, die Ebene von Trient am anderen erkennen. Hinter den Wand«rern lag jetzt, wie aus einer Spielzeugschachtel aufgebaut, Eioez zano. Zur Rechten aber öffnete sich das Silla-Tal und alle die maleri schen Flecken, die jenes Tal um säumen, Mavrano, Nogarö, Sereg «Die Reise geht auf's Hochland von Calisio," ertlärte der Doktor. „Zu steigen nicht viel. Aon Eioezzano nur Svv Meter, von hier kaum noch 200. Neugierig bin ich doch, wo der Mann seine Fund stätten hat." Der alte Italiener hatte seine Be gleiter bis jetzt schwelgend geführt, und nur hin und wieber mit ein paar Handbewegungen auf besondere Aus sichtspunkte gedeutet. Jetzt blieb er vor einem gewöhnlichen Steinhaufen stehen, wie ihn die Chausseearbeiter zum Ausbessern der Chaussee aufzu stellen pflegen. „Eisen," erklärte er kurz. Fritz Ooerhoff nahm einen der rojtroien Steine und zerschlug ihn mit seinem tleinen Handhammer. verhüttetes und dann verwittertes Ei senerz. Die deutschen Knappen ha ben iqre Sache nicht gut gemacht. In tor?" g I H „Sie meinen, seitdem Menschen sie in Behandlung gehabt hyben? Wir tönnen rund sechs- bis achthundert Jahre annehmen. In der Zeit haben die deutschen Knappen hier ge haust." dei den Heinzelmännchen. Irgendwo steht ein Wirtshaus. Wer hat es gebaut? Die Knappen. Wo an ders ein Turm. Wer hat ihn errich tet? Die Knappen. Wir sehen ir gendwo an der Straße Stein« lie gen. Wer hat sie gebrochen und ge schmolzen? Wieder oie Knappen. Das werden ja nachgerade geheim- Unterirdischen unsrer dertschen Sa gen." «Vielleicht ist's wirklich so," meinte langt, den hier und da Haselsiräucher und Ligusterbüchse beSrcklen, zwischen denen vereinzelte Buchen ihre Stäm- Hacke zu arbeiten. «Ich bin lange nicht' hie: gewesen, Signorina, und der Eingang ist in zwischen zugewachsen. Funszehn Jah re ändern viel." Hintergrund geführt wurden. Schon tlaffte es plötzlich, schwarz und schnell entstakid bei der andauernden Arbeit heimniSvollen Knappen, gnädiges Fräulein?" fragte'der Arzt. Doch Gertrud Overhofs kam nicht zum Antworten. Gespannt beobachtete sie die Ar beit des Alten. Der legte jetzt die Hacke beiseite und öffnete seinen Ruck sack. Dem entnahm er eine große reichlich mit Oel gefüllte Laterne ein wohl kopfgroßes Knäuel einer ziemlich stallen Schnur. Gemächlich knotete der alte Waldläufer die so ruhig entzündete er die Laterne. „Oho! das wird ernst," rief Fritz Ooerhosf. „Offenbar ein alter Stollen, in den wir hineinkriechen sollen." „Du hast gereimt, Fritz. Du be scherzte die Schwester. «Kann sein. Trudchen, aber ich habe doch Bedenken davor, daß wir etwa alle zusammen in diesen Stol len hineingehen. Es tann sich etwas ereignen. Irgendein Stein tann nie derfallen und dann sind wir von der Außenwelt abgeschlossen. Ein Ende in einem oerschütteteten Stollen möchte ich keinem von uns wün sc.M." Der Italiener forderte seine Be gleiter auf, ihm in den Stollen zu folgen. Doktor Branot setzte ihm die Bedenken des Ingenieurs auseinan der. Doch der Alte hatte nur ein La chen dafür. „Sagen Sie dem Herrn, daß der Felsen fest ist. Nur der Eingang verschüttet. Im Innern steht der Felsen seit tausend Jahren unverän dert." , Fritz Overhoff kämpfte eine Weile mit sich selber. Dann gab er nach. , „Den Anfang des Ganges können wir uns jedenfalls« ansehen. Macht dann können wir weiter gehen." Inzwischen hatte der Italiener die Laterne genommen und kroch mit Gertrud Overhosf faßte mutig den Entschluß, als zweite zu folgen. Ein Weilchen suchte sie, wahrend sie sich Beii. Dann schließlich unterstützt von dem Führer, stand sie auf sistem Grund und hatte nun das Loch eben Alten ein paar Schritte zurück und spürte nach der Wärme des Früh lingstages eine empfindliche Kühle. Und dann wurde es bis auf das Licht der Laterne plötzlich ganz dun kel, denn der Ingenieur Fritz Over hoff stieg durch die Oesfnung ein und verfinsterte sie dabei natürlich vollkommen. Ihm folgte als letzter der Dokkor und langsam, ganz vorsich tig vorwärts schreitend, setzte die Ko lonne sich in Bewegung. Jetzt ließ aucq der Ingenieur eine kräftige elektrische Taschenlalernr ausslammen und allmählich gewöhn ten die Augen sich an das geringere Licht, das hier herrschte. Die Wan derer sahen, daß sie sich in einem engen, von Menschenhand gehauenen Gang befanden, der etwa einen Me ter breit und gui manneshoch war. Dabei rollte der Führer unaufhör lich sein Knäuel ab, so daß der Fa den neben ihm am Boden liegen blieb. In dieser eig-nattigen Lage fand sich Fritz Overhoff als alter Berg mann zuerst zurecht. Im Vorbeige hen fand er Gelegenheit, ein Stück chen Stein von der Wand zu brechen und in den Lichtkegel seiner Laterne zu bringen. Im nächsten Moment blieb er stehen und trat dabei dem hinter ihm gehenden Arzt gehörig auf den Fuß. Da blieb auch er stehen. „Was soll's, Overhoff," rief der und blieb nun gleichfalls stehen. „Oolith, Brandt." „Keine Ahnung, Ooerhoff, was das bedeutet." «Zu deutsch heißt's Eierstein. Aber das ist Nebensache. Die Hauptsache, daß Metall ist. wo Oolith ist." „Avanti, Signori, klang von vorn die Stimme des Führers. Mit schnellen Schritten erreichte der Ingenieur wieder die Vordergruppe. Jetzt ging man wohl anderthalb Mi nuten in dem engen Gange und war reichlich IVO Meter vorwärts gekom men, als der Gang sich zu einer grö ßeren unregelmäßigen Höhlung erwei tete. Der Führer blieb stehen und beleuchtet« mit seiner Laterne die hier reichlich zwei Meter hohe Decke. Da schimmerte es silbrig wie von tausend leuchtenden Punkten. Und dann sah man, wie sich von dieser Höhlung wohl ein Dutzekid Gänge abzweigen. Zwei so groß und geräumig, wie der bisher beschritten« und auch ziem lich wagerecht, andere dagegen scharf nach unten oder steil nach oben und zum Teil sr> eng, daß man eben nur liegend hindurch schlüpfen konnte.. «Der richtige MaulwurfsFau", sagte der Arzt. „Ein Kessel, von dem die Gänge nach allen Seiten abge hen." Inzwischen kroch der Führer ein Stückchen in einen der engeren Gänge hinein und man hörte dröh nend Hackenschläge auf das Gestein selten. Dann kehrte er zurück und ' mit einem «kurzen „Prego Etgnork no" legte er Gertrud Overhoff ein Glück weißfunlelnden Gesteines in die Hand. „Allewetter, wenigstens achtzig Prozent Blei und darin Silber. Man weiß nicht, wieviel, aber jedenfalls brachte er eine rötlich leuchtende Erz stufe, die Fritz Ooerhoff sogleich als tupserhaltig ansprach. „Ein wahres Dorado," fliist!rte der Ingenieur dem Arzte ziu „Ich begreife nicht, warum diese alten Esel von Knappen den Abbau ausgegeben haben." „Krieg und Pest sind triftige Grün de," philosophierte der Doktor. „Da Helsen die reichste», Erze nicht gegen. Doch unser Mentor winkt zum " Weitergehen." Wieder setzte sich Vie Kolonne in Marsch und schritt in «inen der gro ßen Gänge hinein. Die Minuten oer rannen und zusehends nahm der Gang ein Gefälle an. Dabei be gann sich die Feuchtigkeit zu zei gen. Schon schimmerten die Wände naß im SchMie der Laternen und letzt sammelte sich das Wasser in Strei fen auf dem Boden. Wieder ö» Meter weiter hatte sich ein winziges Bächlein gebildet, das im Stollen weiterlief. Der Führer blieb stehen und beleuchtete mit seiner Laterne die Stollenwände. Da sahen die Wan derer eigenartige Verzierungen. Wie Flechten auf einem alten Baum stamm waren hier die Metallsalze aus dem Gestein durch die Feuchtig keit herausgesickert und überzogen es in fremdartigen Mustern. Da kleb ten ganze Rosetten von tiefblauem Kupfervitriol. Daneben zeigten sich die grasgrünen Kristalle vom Eisen vitriol und daneben die weißschim mernden Zintsalze. An den Grenzen aber flössen diese Farben zusam men, daß die ganze Felswand wie eine farbenfrohe Tapete schimmerte. Mit den Augen des erfahrenen Bergmanns sah Fritz Overhosf, daß hier unendliche Schätze lagern muß ten, daß ein Abbau dieser Gesteine sich mehr denn reichlich rentieren Jetzt blieb der Führer stehen und zog einen Meißel und einen kurzen Ichweren Bergwerkshammer aus dem Rucksack. Mit wuchtigen Hieben sprengte er ein Stück der bunten Felswand ab und meißelte weiter in den trockenen Stein hinein. Noch ein hestiger Schlag aus ven Meißel und dann siel es dem Führer blendend gelb in die Hand, gleißend und fun kelnd wie reines Gold. W, Auch dies Stück reichte er der jun gen Dame. . „Ist das wirklich Gold, Fritz," rief sie nach kurzer atemloser Betracht lung. «Katzengoltz allenfalls, Trude, wenn wir die Bezeichnung im weitesten Sinne und nicht geologisch genau nehmen." «Was heißt denn das, Fritz?" »Es heißt, daß das Gold für oie Katze ist. Aber dafür haben wir es " nach meiner Meinung mit einem schö nen Kupferlies zu tun. und der ist Der Führer war während der Un terhaltung stehen geblieben. Jetzt nahm er das Wort: «Ich glaube, wir werden umkeh ren müssen. Das Wasser tritt zu zutage, aber die Oesfnung ist zu eng, wir kommen trocken nicht heraus." «Also kehren wir um," sagte der Dottor gelassen. «Kehren wir für heute um," ver vollständigte der Ingenieur den Satz. «Denn wir kommen wieder, die Ge gend muß gründlich untersucht wer den." Auf demselben Wege, aus dem man gekommen war, wurde der Rückweg angetreten. Der Arzt ging jetzt an der Spitze und trug die Laterne, während der Führer sein Knäuel aushaspelte. Bald war die Grotte erreicht und dann schimmerte den Wanderern immer Heller und' immer größer ein glänzender Punkt entge gen, der das Licht der Lampen bald überstrahlte und sie erbleichen machte. Als erster gelangte der Arzt ins Freie und war den übrigen beim Hinaus klettern behilflich. .»quin eine halbe Stunde waren die Wandeitr im Berge gewesen, aber die Zeit erschien ihnen wie eine Frist von vielen Stunden, als sie jetzt wie der in den sonnigen Tag und die FrühlingSwäniie hinaustraten. Wäh? rend der alte Batista seine Lampe auslöschte und sein Gerät wieder im Rucksack „nterbrachte, während der Doktor und Gertrud Overhosf ihn mit italienischen Fragen überschütte ten, sing Ftitz Overhoff mit bloßen sorgfältig schichtete «/ das Geröll wieder vor dem Stolleneingang auf. Jeden Brocken, den Batista mit seiner Hacke weggeschlagen halte, brachte er wieder an seine Stelle und legte über alles die grünen Rasenstücke. Alt er sertig war, war der Eingang wieder' s' verdeckt, daß ihn niemand finden konnte, der ihn nicht kannte. (Fortsetzung folgt.)