K Zauber des Südens A Roman Von Hans Dominik. Mafsig und düster ragten die Bau werte der Fortunatiis-Hütle, jener bald leer in die Ties« ließen, bald vollbeladen mit der schwarzen sett glcinzenden Steinlohle zu Tage brach ten. Unaushörlich rollten vom Förder turm her die Kohlenwagen über Brücken und Stege zu den Berlade bühnen. Ein kurzer Hebeldruck des begleitenden Mannes und trachend stürzten zwanzig Zentner Kohle in den unten stehenden Eisenbahnwa gen, daß der schwarze Staub hoch «uswirbelte. Weithin zwischen den Zechengebüu den war ber Boden mit Geleisen be legt. In hundert einzelne Stränge gabelten sich hier die Geleise, bie von der Staatsbahn zur Zeche führten und viele hunverte von Wagen stan den dort, bereit, die schwarzen Kch len auszunehmen, oder schon beladen und nur der Lokomotive gewärtig, die sie hinaus bringen sollte. Es war ein weites Feld der Arbeit, das sich hier vor den Blicken des Be schauers dehnte. Das Feld einer rei chen und lohnenden Arbeit, aber auch elektrischen Kraftleitungen, die gestern frisch eingeschraubt noch wie weißer Schnee erglänzten, heule schon malt- auch das Ar deilsseld für Fritz Overhoss gewesen. Sechs Jahre hindurch hatte er tagaus tagein in diesem Ehaos von Häusern jungen Rheinlänter, der damals leck und lebenssroh frisch von der Tech nischen Hochschule lain, nicht leicht ge worden, sich in diese Atmosphäre ewi gen Nebels und Staubes einzuleben. So recht gelingt das wohl über tu westsälische Kohlenrevier kommt. Fritz Overhoss hatte recht zeitig daS einzige Heilmittel erlannt, welches ihn vor Trübsinn oder ser Ausgabe seiner Stellung retten konn te. Die Arbeit, die intensivste und lhingebendste Arbeit, die den Menschen so sesseln und binden kann, daß er die Umgebung nicht mehr sieht und hört und nur dem Gegenstanoe cer Arbeit lebt. Und die Arbeit des Ingenieurs Fritz Overhoss, dei jetzt im 32. Jahre seines Lebens stand, war reich von Erfolg gekrönt worden. Seine neue über. sen, mein lieber Overhoss " Der Generaldirektor Mettmann setzte sich mit etwas zittrigen Fingern Fritz Overhoss schüttelte den Kopf, .Ich danke Ihnen, Herr Mell- tor." Wird es «ne lange Schicht werden?" „Das weiß ich selber noch nicht, Herr Direktor. Aber die letzten drei Jahre habe ich überhaupt leinen Ur laub genommen. Die Fördermaschine .... Sie wissen ja .... die halte es mir angetan. Die deutschen Patente Der Generaldirektor Mettmann schwieg eine kurz? Zeit. Er hoffte wohl, daß Fritz Overhoss ihm «ine zustimmende Antwort geben würde. Hoch der schüttelte wieder den Kopf. „Ich glaube kaum, Herr Direktor. Doch feien Sie überzeugt, daß ich der Stätte meiner Arbeit, meinen Ar beitsgenossin und besonders auch Jh- Rechte zum Abschied hin. .Glückauf denn zur Feierschicht!" ries dieser und schüttelte die darge hören." .Glückauf, Herr Mettmann!" Mit dem alten Bergmannsgruß verließ Fritz Ooerhvsf das Zimmer und schritt wieder über den Zechenhof Und dann über das weite grüne Ze chenfeld auf der Landstraße dem Städtchen entgegen, in welchem er seine bescheidene Wohnung inne hatte. Eine halbe Stunde,'nachdem Hritz Overhofs den Generaldirektor verlas sen hatte, saß er bereits vor dem Kursvuch und studierte cmsig die nächste und beste Verbindung nach München. Nach zehn Minute» war auch dieses Studium beendigt. Es er gab das Resultat, daß der nächste ben und dann zur Bahn zu gehen. Fritz Overyof, stellte seinen Hand koffer in den Wartesaal un!, g'.ng ge die Lust hatte jenen unoefinierbaren Beigeschmack, den die Ehemiker auf etwas schweflige Säure und ein we nig Kohlenstaub zurückführen und der bei jedem tiefen Atemzug immer wieder von neuem fühlbar wird. Fritz Overhoff setzte die Promenade fort und atmete, als ob er seinen Borrat an dieser Luft frr lange Zeit decken müsse. melte er vor sich hin. .Du bist ein guter Kerl, aber Du traust anderen zu wenig zu. Wenn ich die Fortuna tus-Grube wirklich noch einmal beeh- die Bremsllötze des einrollenden Zuges gegen die Radreifen und unter brachen jäh die Gedankenlette des Ingenieurs. Elastisch schwang er sich die steilen Stufen empor und h.itte die nächsten zehn Minuten reichlich damit zu tun, sich einen guten Eckplatz wagen zu suchen. Und als er sich schließlich behaglich in die weichen Polster niedersinten ließ, da jagte der Schnellzug schon mit achtzig Kilome rheinisch-westsälijche Ebene dahin, Fritz Overhoff hatte seine Eltern früh verloren. Er war laum zwanzig Jahre, und hatte gerade das Poly lechnilum bezogen, als sein Bater Welt. Immerhin hatte der alte Over- Hofs als Bertreter eines großen Jn vustriewertes in Köln gut gewirt das Kapital angreifen zu müssen. So tonnte Fritz Ooerhosf seine Studien vollenden und sich dann eine Stel ! lung suchen, ohne daß die öO.OOO Marl, die auf seinen Namen auf der l Bant lagen, angetastet worden wären. > Mannhaft hatte er auf der Hoch ' schule den Bersuchungen des Studen ' tenlebens widerstanden. Die Rechnung > war für ihn gegeben. SO,OA> Marl i bringen 2000 Marl Zinsen, macht > pro Monat 166 Marl und sechsund ! sechzig Pfennige. Das war sein nor > inaler Monatswechsel gewesen und > damit wollte er auskommen und war Alle Borschläge leichtlebiger oder besser situierter Kommilitonen, sich doch aus eigener Machtvslllommenheit einen höheren Wechsel zu genehmigen, , hatte er stets lurzweg von der Hand 112 gewiesen. Dadurch war ihm vielleicht . mancherlei entgangen. Die Zerstreu- Fahrten den Rhein hinauf bis nach Mainz und Koblenz hatte er ebenso wenig kennen gelernt, wie das Leben in der BerbindungSlneipe. Dafür hatte er aber entsprechend Zeit für sein Studium gewonnen. Während die Kommilitonen, die den hochge wachsenen blonden Kölner Jungen nen wollten, bald davon abließen, und ihn für einen hoffnungslosen Streber erllärten, gewann er desto ner Lehrer und lonnte noch ein Jahr eine Assistentenstelle an der Hochschule belleiden, bevor er dann in oie Pra xis ging. was das wert war, das lernte er in der Praxis kennen. Als er im zweiten Jahr auf der Fortunatusgrube saß, tegannen die Ideen, die er schon seit Jahren mit sich umhertrug, Gestalt und Realität zu gewinnen. Die Plä ne einer Förderanlage, die größte Lci triebssicherheit verband, sollten ausge führt, die Patente dafür in allen Ländern genommen werden. Das ko stete Geld. Erstaunlich viel Geld. So viel Geld, daß sich Fritz Overhoss bisweilen verzweiselt an den Kops gefaßt und sich gefragt hatte, ob er auch wirklich recht täte, sein ganzes Besitztum auf diesen einen Trumpf zu setzen. Und als die ersten Patente genom men, die ersten Modelle gebaut wa- Fritz Overhoss die Ehre der Erfin dung, besagte Menschenfreunde aber den materiellen Nutzen gehabt hätten. Er hatte solche Anerbieten stets zu rückgewiesen. Aber dann war wieder ein neues Patent, ein neues Modell notwendig geworden und wieder kam ein Aner könne, ohne gesät zu haben. Ingrimmig hatte der sunge In genieur dann Schecks aus Hunderte der Fortunatusgrube damit ausrüsten lassen. Dadurch war Fritz Overhoss über den Berg gelommen. Aber eS Mit wohligem Gefühl streckte der vor. Und mußte doch die Wahrheit einer alten Behauptung des Generaldirck ren: Der Mensch wird schon halb ge sund, sobald er in seinen Zug klet ter sich hat. und soliden, aber auch recht nüchter nen Onlels. Dann die Mündigkei! und ein Leben nach eigenen Wünschen und Ideen. Talent entfaltet. In früheren Jahren hatte Fritz des öfteren Gelegenheit ge habt, dies Talent zu bewundern und die Staffage anzubringen. .Bäume kann ich zur Not noch ma len, aber sie werden nicht schön," hat die Malerei nur nebenbei und dilet tantisch betreiben. Sobald sie über sich selbst bestimmen konnte, wandte sie sich ihrer Neigung vollloi.imen zu. Sie siedelte aus der alten Erzbischof stadt am Rheine nach München über und trat als Schülerin in eil.» der Drei Jahre waren dqruber nun auch schon verflossen. Seit brei fahren gehörte Gertrud Ooerhosf ber Beschickung kleiner Prioaiaus jtellungen bis zur allgemeinen An ertennuiig, die nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch materiellen Er folg bringt. Fritz Overhoss harte >eine Schwester in den letzien drei Jahren nur zweimal slüchtig gesehen. Er halte seloer bis über veioe Ohren letzien Briefen seiner Schwester spra che. Ein Sichbescheioen und Genügen »ach jenem allen Bibelwon, oatz zwar Aver man liest wohl auch so man ches in einen Brief hinein, was schließlich nur in den eigenen Stim mungen uno Gefühlen vorhanden lst und Fritz Overhosf hatte selber Alomeme ver Kleinmut und Resig naym. „Adah!. . ." Fritz Overhoss strich sich mit der Hauo über bie Augen. lieuie ul u-vodener snmmung, zu ber übermütigen Frage gelaunt: Was lostet ble Well und die umliegenoen Ortschaften. Die Gegend hatte von Biertel yofe her der Gegend zu schlenderte, Maler und Photographen müssen luf tig wohnen", tröstete er sich dabei, und dann las er den Namen seiner Schweiler und zog kräftig an der Klingel.- Eine Minute später stand er seiner Schwester gegenüber. „Fritz, Du hier! Wie kommt denn das?" Kritz Overhoff hatte nichts von feinem Kommen geichrieben, und er sah jetzt, daß ihm die Ueberraschung auch glänzend gelungen war. Pru die ihm vordem völlig entgangen war. Gertrud Overhoff halte sich in diesen fahren zu einer rassig schönen Er scheinung entwickelt. „Ja," lachte sie, .aus Kindern wer den Leute, geliebtes Brüderchen. Ich mußte den Pensionsdrill er>l über winden, ehe meine gute Natur zur freien Entfaltung kam. Seit mich der Herr Bormund nicht mehr ducken kann, bin ich mächtig ins Kraut ge ter." H Und übermütig stellte sie sich auf die Fußspitze und blitzte ihn aus ih re» lebhaften Augen an. .Du, mogeln gilt aber nicht," neckte er und freute sich ihrer schlanken, eleganten Biegsamkeit. Uno wie gut ihr die blonde üppige Flecht-nkrone Her? al! wolltest Du mich durch und durch gucken." .Ich freue mich nur innig, datz Du so gar nichts vom Typ „Mal weib" an Dir hast, Trude, trotzdem die Kritil Dich doch schon als junges Talent gefeiert hat." Ein Schatten flog über ihr Ge> sichn ch t si wg morgen lassen sie lein gutes Haar an einem Latz die beste Kritil muß doch oie eigene Zu friedenheit sein. Nun aoer zu Dir, Fritz. Was hast Du vor. Was führt Dich plötzlich nach Münchens Du schriebst mir deinen sei." Der Ingenieur hatte es sich auf eine,» a,.en niederländische» Lehnsej- als >cy s schrieo, da war's auch rich tig. Inzwischen hat sich einiges verän dert. um es turz zu sage», ich habe Uin ein Haar hätte sich Gertrud Overholl tu fröhlichem Erstaunen auf eine große und mit Oetsarben reichlich versehene Palette gesetzt, unb im letzten Augenolick vermied sie oas Unheil. «Reisen! Ach ja, Fritz, wenn man das könnte. Fort von hier, in an ven und Stimmungen gibt, die man hier nie zu sehen bekommt. Das wäre ja wunderschön. Weißt Du, Hritz, so in Ruhe und Muge von Ort zu Ort wandern und mii Stist und Slizzenbuch, mit Pinsel unb Palette festhalten, was es unterwegs Sntz, >o was tostet doch höllisch viel Geld." Fritz Overhoff strich sich über bie Bruftlasche, m ver sein Scheckbuch wouie er oocy haben. „Ja, weißt Du, Trudchen, wir weroen iMurlich sehr spar>am sein. türlich L. Klasse. Das läßt sich sa the isi vornehmer ourch Italien ge fahren. Äber auch Herr Johann Gottfried Seume ist recht billig zu Fuß gereift, von Wien bis nach Syrakus, und hat dabei vielleicht mehr gesehen und erlebt, als Goe the." Gespannt hatte Fritz Overhofs während dieser Rede seine Schweiler beobachtet. Aber nicht die geringste Spur des MißsallenS war auf ihren Zügen .Wie Du es machst, Fritz, das soll mir gleich sein. Die Hauptsache nur, daß ich dort hinkomme, bort le mir." «Aber weißt Du, Trudchen/ fuhr der Bruder fort, .ich habe mir sagen Es soll nicht nach jedermanns Ge schmack sein, alle Speisen mit Oli venöl zu essen. Uno es gibt, oas weiht Du von Deiner Kunst her Mein Geschmack ist mehr darauf ge richtet, zwar all dies Malerische und Romantische zu sehen, aber mich sel niit warmem und kaltem Wasser vor sieht. Und dies, das kann ich Dir sicher verraten, ist in den gewöhnli chen Albergi nicht zu finden." Gertrud Ooerhosf betrachtete for schend ihren Bruder, um dessen Mundwinkel ein mühsam unterdruck „Jch verstehe Dich nicht, Fritz," ihre Züge flog. „Ich Hab's bis .Du brauchst Dir Deinen Kopf Glicht zu zerbrechen, Trudchen. Ich «llen Komfort zu gönnen, den un sere Zeit ben Reisenden bietet. Du bist natürlich auf dieser Reise mein Gast und brauchst Dich um nichts sorgen." Gertrud Overhoss sprang von ih durchs Zimemr. «Hast Du's so weit gebracht, Fritz. Endlich, nachdem Du jahrelang da teil auch noch Glück haben, joiist bringt man'S zu nichts. Meine Schmerze» habe ich lieber allein ge lragen, aber meine Kreuben, mein Gluck, das will ich ehrlich mit Dir teilen, geliebtes Schwesterherz —" „Und das sollst Du nicht bereuen, Fritz. Wie sehr ich mich gesehnt habe, so recht zu studieren und all das »schöne, das mir in Phantasten führen zu tonnen, und immer wieder mutzte ich mir sagen: mit meiner Malerei würde ich es nie so weit bringen, um sorgenlos re»sen zu ton nen. Hätt ich allein das leichte so reichlich Zinsen tragen werde. Aber das schwere solide Kriefenblut unserer Mutter hielt mich davon zu rück. Und wirtlich, ich hab' gelitten unter diesem Zwiespalt," setzte sie leise hinzu. .Jetzt sind die Sorgen zu Ende, Trudchen, wir werden reisen, und auf einem anderen Sessel bequem „Weitzt Du, Hritz," begann sie. während der Ingenieur den Blick mit Interesse über iells sertige, teils an gesangene Bilder und Studien sch^ei» ' nig in seinem Sessel aus. „Etwas viel verlangt, Trude. Das heißt am Ende die Katze im Sack taufen. Ich mutz doch erst wissen, was es ist. Gertrud Overhosf lachte fröhlich. „Erstens ist » leine Katze, und zweitens sollst Du sie auch gar nicht >m Sack taufen, sondern kannst sie Dir vorher genau ansehen. Es ist meine beste Freundin Margot Ret chard. Die müssen wir unbedingt mitnehmen." Der Ingenieur schüttelte nachdenk lich den Kops. Und sagte: „Hm! Hm! Trudchen, das ist doch eigent lich ziemlich viel verlangt. Ich bin natürlich überzeugt, oatz es sich uin eine nette und junge uno selbstc-r -ständlich auch hübsche und gebildete Dame handelt, ?enn sonst wäre sie sicherlich nicht Deine Freundin .... Aber erstens, weitzt Du denn über haupt, ob sie mitgehen würbe, und zweitens .... kennen lernen möchte Dir zusammen aus eine srohe sidele Ferienreise zu gehen. Aber ein Drit ter, der nicht ins Milieu patzt, kann gegen Margot Reichard gesagt hast. Denn .... ich will Dir gleich oas Programm entwickeln. Wir gehen Professor Engelhardt, Der soll mir ben besten Rat sür unsere geplante Reise geben und dann werden wir bort auch bestimmt meine Freundin treffen. Da kannst Du sie kennen lernen und danach Deine Entschlüsse fassen." Fritz Overhoff. „So soll'S gesche hen. Ich denke, das Mittagesien (Fortsetzung folgt.)