Die Ktsdt Mölln und ihr ..Schutzheiliger." Im Lauenburgischen, unfern von der alten Hansastadt Lübeck, liegt, rings von Hügeln und großen Bu chen- und Nadelholzwaldungen um schirmt, am Ufer eines schönen Sees das Städtchen Mölln bieder und behaglich, mit schmalen, winkeligen Straßen und spießgiebeligen Häusern aus Backsteinen und Fachwerl, von denen jedes sein eigenes Gesicht hat. Trotzdem eine Kleinbahn und eine Staatsbahnlinie den Ort berühren und sogar eine Heilquelle in Mölln existiert, fühlt man sich in diesem stillen, reizvollen Nest wie weit ab seits von der hastigen modernen Welt. Und wer in einer mondllaren Nacht ten zurückversetzt, in einen mittelal terlichen Ort mit Zünften und Gil den, wo bejm zehnten Stunden schlage jedes Abends noch die Stim me des Nachtwächters ertönt: »Hört, ihr Herren und laßt euch sagen, De Klock h«tt tein flogen. Ein jeder bewahre sein Feuer und Licht, Daß in der Stadt kein Schaden ge schicht. Mit uns sey Gott der Herr, ' Ihm sey Lob, Preis und Ehr!" Nachtwächter und Sänger mehr, aber die Stille, die um Klock „tein" des Abends und Klock .veer" in der Früh ne Sturm und Drang ist die kriegs schwangere mittelalterliche Zeit aber auch für dieses gemütliche Städtchen nicht gewesen. Im Jahre 1225 kämpf te Graf Adolf IV. von Holstein bei Mölln gegen den Grafen Albert von Orlamünde, den Statthalter der Dä nen, denen er die Herrschaft über Schleswig, Holstein und Dithmar schen entriß. Ungefähr drei Jahr hunderte später (1506) hatte „die wohlbesestigte Stadt Mölln", damals im Pfandbesitz der freien Reichsstadt lang ohne Unterlaß mit Pech und Schwefel gefüllte Brandkugeln in dir Stadt schleuderten, die aber von den und neben dem Gotteshaus« «in glü hender Svnne ein furchtbares und ungeheures Geschütz, angefüllt mit schwarzem Pech und Schwefel", be reit stond, das viele Feinde ins Jen seits befördert hätte, wenn es nicht zerborsten wäre, Als es seinen ersten Donner entsenden sollte. In. der unglückseligen Franzosen zeit hat Mölln mit allen anderen Städten und Ortschaften des dama ligen Herzogtums Lauenburg eben falls viel unter dem Druck der Fremd herrschaft zu leiden gehabt, und zwei Denkmäler in der Nähe der Stadt erinnern an die Gefechte, die das Llltzowfche Korps und das Hansea tenlorps hier im September und November 1813 den Napoleonischer Truppen lieferte. Trotz dieser eh renvollen Daten in seiner Vergan genheit wäre aber die kleine Stadt am Möllner See wohl kaum so be kannt, wie sie es ist, wenn nicht ein einzelner Mann durch seine Zugehö rigkeit zur dortigen Bürgerschaft ih ren Namen für ewige Zeiten mit dem seinigen verlniipst hätte. Dieser Möllner Bürger ist aber nicht etwa ein siegreicher Feldherr, ein Glau bensheld, genialer Erfinder oder Ge lehrter gewesen, und auch nicht durch Würden oder Titel ausgezeichnet; er hieß Till Eulenspiegel. Wer von uns hätte von diesem berühmtesten deutschen Schalksnarren und berüch tigsten Taugenichts aus mittelalterli cher Zeit nicht schon gehört oder ge lesen! Till Eulenspiegels Geburtsstadt ist nicht Mölln, sondern er stammte aus dem braunschweigischen Dorfe Kneitlingen bei Schöppenstedt, wo er als Sohn des ehrbaren Bauern Claus Eulenspiegel und dessen Frau Anna Wibeken gegen Ende des 13. Jahrhunderts zur Welt kam. Schon als lleiner Knirps sann er auf allerlei Schelmereien, und wenn es nicht verbrieft wäre, daß er bei seiner Tause eben noch ein Säug ling war und deshalb nicht daran schuld fein lonnte, daß seine „Tauf göthe", die ihn trug, zuviel getrun ken hatte, so würde man ihm das Mißgeschick der Muhme an diesem Tage auch noch auf sein langes Sün denregister gesetzt haben. Damals pflegten sich die Taufpaten und alle Zeugen der heiligen Handlung mit samt dem Täufling von der Kirche aus ins Wirtshaus zu begeben, wo man sich dann bei Tanz und Bier auf Kosten der Eltern des gefeierten Wickellindes nach Kräften vergnügte. Die genannte Taufmuhme nun, die beim Heimwege über einen ver schlammten Wassergraben. Weil sie aber nicht mehr ganz fest auf den Beinen war, glitt sie auf dem Stege aus und besudelte sich und den Täuf ling so jämmerlich, daß dieser in dem Morast schier erstickt wäre, wenn die anderen der Göthel nicht wieder aufgeholfen hätten. Daheim wurde Klein-Eulenspiegel in Ermangelung einer Badewanne dann in einen Kes sel mit Wasser gestellt, und so kam es, daß er an diesem Tage dreimal dann in der Morastlache und zuletz! im Kessel mit warmem Wasser. Und dreifach schnell reifte der dreimal Ge taufte auch heran. Schon als er noch aus allen Vieren in Haus und Hos herumkroch, leistete er sich die ersten Spitzbllbeleien gegen seine Mitmenschen. Mit den Jahren des Kindes nahm auch dessen Neigung zu allerlei Un fug immer mehr zu, so daß die Nach barn bald zu Vater Eulenspiegel ka men, um wider sein Söhnchen Klage zu führen, weil der kleine Till ein Schalt wäre. Der Vater zog Till zur Rechenschaft. Dieser aber bestritt seine Schuld und sagte: .Lieber Va- Geht hin, setzt Euch aus Euer Pferd, so will ich hinter Euch sitzen und stillschweigend mit Euch durch die Gassen reiten und doch werden sie mich verlügen: gebt nur acht!" Und der Vater nahm ihn hinter sich aufs Pferd. Da hob sich Eulenspiegel im Sattel, lllpste Kleid und Hemd von dem Körperteilchen, auf dem er sonst zu sitzen pflegte, und .ließ sich die Leute in einem neuen Spiegel bese hen". „Pfui," schrie alles, „welch ein Schalk ist das!" Da sprach Eu lenspiegel: „Hör', Vater, du siehst tue, und doch sagen die Leute, ich wär' ein Schalk!" Der Vater hielt und setzte Eulenspiegel, seinen lieben Sohn, vor sich auf das Pserd, Da saß Eulenspiegel snll, sperrte aber das Maul auf, grinste die Leute an und reckte die Zunge heraus, so daß die Leute Herbeilamen und sprachen: „Seht an, welch ein junger Schalt ist das!" Der Vater sagte dann zu Eulenspiegel: „Du bist halt in einer unseligen Stunde geboren: Du sitzest Der gute Mann ist bald darauf wie das Buch von Till Eulen spiegel unS weiter berichtet von sich als Seiltänzer, prellte die Brot-I bäcker, um seiner Mutter Nahrung! zu verschaffen, um einen Sack mit Broten, rächte sich an einem Haus wirt, bei dem er so viel Metzelsuppe hatte essen müssen, daß sie ihm be lam „wie den Hunden das Gras", dadurch, daß er Brotbissen an lange, sämtlich miteinander verknüpfte Fä den befestigte und sie den vielen Hühnern des Betreffenden vorwarf, so daß sich schließlich mehr denn zwei hundert von diesen Tieren würgend gegenüberstanden und „das Luder zogen". Endlich begab sich Till Eulenspie gel dann aus die Wanderschaft, um ein Handwerk zu lernen, sann jedoch nach wie vor mehr auf allerlei Al lotria, als auf ernste Arbeit. Er zog erst durch Niedersachsen und West falen und kam sogar bis noch Ita lien und Polen, wo er mit dem Hofnarren des Königs Kasimir des Großen einen Wettstreit hatte. Er verdingte sich auf Bauern- und Pfarrhöfen und Schlössern, stiftete als Mehner zwischen einem Pfarrer, dessen Wirtschafterin und den Bau ern eine allgemeine Rauferei an, spielte an anderen Orten den Arzt, behandelte als solcher sogar den Doltor des Bischofs von Magde burg auf eine schändliche Art, machte alle Kranlen in einem Spital mit darauf setzte er eine Frau aus Bos heit in die heiße Asche ihres Feuers, bürg und Sachsen, im Hannoverschen und in den Rheinlanden. In Lü beck, wo er einen Weinzapser betrog, wär's ihm bald an den Kragen ge gangen. Aber er wußte die ehrsa men Ratsherren der Stadt so in Ver legenheit zu bringen, daß sie ihn lau fen lassen mußten. Dann versuchte er sich als Metzger, Schreiner und so gar als Brillenmacher, und weil er als solcher in allen Landen keine Arbeit bekommen konnte, wurde er rZume mir das Haus." Und Eulen spiegel trug des andern Morgen», während der Kaufmann in der Kir che war, alles, was nicht niet» und nageisesi, aus dessen Wohnung auf in einer unglücklichen Stunde gebo ren." .Damit zog er weiter gen Wismar, Lüneburg, Hannover. Weil er stets Gesottenes und Gebratenes essen wollte, mußte er sehen, wo er es h»rnahm, und wo das nicht auf ehrliche Weife ging, half er sich skrupellos, wie er nun einmal war aneinander, daß sie sich mit den Ei mern, Liigeln und Flaschen an den Kopf warfen und schlugen und sich ihre flüssige Ware unter die Augen gössen und auf die Erde, daß es aussah, als hätte es Milch geregnet. Nicht selten waren die Streiche die ses unverbesserlichen Galgenvogels nicht einmal andeuten, geschweige denn erzählen lassen. Sie sind alle ge sammelt in dem schon erwähnten al ten Buche, das in verschiedenen ins Hochdeutsche übertragenen Ausgaben existiert und die Ausschrist trägt: „Ein kurzweilig Lesen von Till Eu lenspiegel, geboren aus dem Lande Braunschweig. Was er seltsamer Possen betrieben hat feine Tage, lu stig zu lesen." Und die „Vorred" zu diesem Buche beginnt mit den Wor ten: „Als man zalet von Christus geburt tausend fünfhundert bin ich N. durch etliche Personen gebetten worden, daß ich diese Historien und geschichten in zu lieb sol zesammen bringen und beschreiben, wie vorzei tribner ein bauren sun, was er ge triben und gthan hat in welschen und tütschen landen, was geborn in dem brunschwigischen Herzogthum, genannt Thyl Uhlenspiegel." Als Eulenspiegel vom Kloster Ma rienthal im Lauenburgischen, wo er den Mönchen so übel mitspielte, daß der Abt ihn zum Teufel wünschte, nach Mölln kam, war er lranl, was ihn aber nicht hinderte, sich beim Apotheker gleich auf eine üble, aber sehr von ihm beliebte Art für eine scharfe Purganz" zu bedanken bezw. Uebermut verschrieben hatte. Seine Ueberführung ins Möllner Spital vom heiligen Geist veranlaßte ihn zu der Klage: „Ich habe stets darnach getrachtet und Gott allzeit gebeten, daß der heilige Geist in mich käme; nun sendet er mir das Widerspiel, daß ich in den heiligen Geist komme; er bleibt aus mir und ich lommt in ihn." Seiner alten Mutter, die ihn besucht und frägt, wo er krank sei, antwortet Eulenspiegel: „Hier zwi schen der Bettlade und der Wand," und als die gute Frau ihn um ein einziges süßes Wort bittet, antwor tet er: „Liebe Mutter, Honig ist ein süß Kraut." Wie er im Leben nichts gefürchtet, so furchtet« Eulen spiegel auch den Tod nicht. MS er seine Sünden bereuen sollte, bedauer te er bloß, dreimal eine Schalkheit versäumt zu haben, wovon die letzte zuhören war, daß die Nonne auS dem Krankenzimmer lief. Schließlich rer der Stadt recht böse an. Wie des Menschen Leben, so ist auch sein Ende, sagten die Möllner, aber sie gen will; dem wollen wir auch also tun." Und selbst im Grabe gab der tote Taugenichts den Möllnern dann wollte, brach das Seil cm Fußende entzwei, und der „Totenbaum" schoß ins Grab, also daß Eulenspiegel auf die Füße zu stehen kam. Und die Möllner sprachen untereinander: „Lassen wir ihn stehen: er ist wun derlich gewesen in seinem Leben, wunderlich will er auch im Tode Das deutsche Tor in Motz. «n hält und schrieben oben auf den Stein: Diesen Stein soll niemand erhaben: Hier steht Eulenspiegel begraben. Anno Domini im 1350. Jahr." Eulenspiegel hatte auch ein Testa ment gemacht. Seine gesamte Hin terlassenschast, die sich in einer schö nen, mit Schlössern wohlverwahrten Kiste befand, sollte zu je einem Drit tel seinen Freunden, dem Rate zu Mölln und dem Kirchherrn daselbst gehören. Als aber die glücklichen Erben die Kiste öffneten, fanden sie nichts als Steine darin. Da aber dann eine Partei die andere im Verdacht hatte, daß sie die Schätze heimlich beseitigt habe, so gerieten sie alle miteinander in Streit und Un frieden. So trieb der Schall Eulen spiegel noch sein Unwesen, obgleich er schon tot war. Wenn aber die Möll ner auch leine materiellen Güter von ihrem berühmten Mitbürger erbten, etwas hat Till Eulenspiegel ihnen doch hinterlassen, und zwar etwas, das sich als dauerhafter erwiesen hat, als Gold und Kostbarleiten «s ge wesen wären einen Teil seines Humors und seiner Lust an Schel mereien. Dafür möge ein Stücklein zeugen, das sich vor nicht allzulan ger Zeit in dem Städtchen begeben. Damals wurde während des Gottes dienste! in > der Kirche noch der Klin gelbeutel herumgetragen, und das Amt, mit diesem langgestielten Beu tel die Opferpfennige dir Bürger ein zuholen, lag den Kirchenräten ob. Da lollegen ein, daß die richtige Hand habung des Klingelbeutels eine gro ße Geschicklichkeit verlange, es mand ins Gesicht oder sonstwohin träfe. Einer Frau sei schon einmal der Hut heruntergestoßen, einer an stoßen worden. Dem Tutvetler wur de bei diesem Gerede recht übel zu Mute, und je näher der Tag heran rückte, an dem er seinen ersten Klingelbeutelgang machen mußte, um so höher schwoll seine Angst. Schließ lich kam ihm der Gedanlc, sich vorher nahm eine lange Heugabel, begab sich damit in den Kuhstall und begann seine Proben. Aber die verwunder ten Kühe blieben nicht die einzigen Zeugen dieser heimlichen Exerzitien des „Tutvetters". Die Möllner men bald genug dahinter, und wäh rend der Alte im Stalle ernsthaft und behutsam das langstielige In strument hantierte, stand im Türrah men ein Häuflein von Schelmen, die sich lautlos eins lachten. Das ist der Geist vom Geiste des seligen Eu lenspiegel, sagen die Möllner selber, und sie halten das Angedenken ihre? berühmten Mitbürgers seit jeher hoch in Ehren. Als einige Zeit nach Eulenspiegels Tod ein päpstlicher Ab gesandter auf der Durchreise Mölln für einige Stunden besuchte, wo er mit gebührenden Ehren empfangen wurde, trug ein Biedermann dem Prälaten die demütige Bitte vor, daß er sich beim Papste doch für die Heiligsprechung ihres „ollen Herrn" damit war Eulenspiegel gemeint verwenden möchte. So erzählt die Ueberlieferung. Was der hohe Herr auf diesen Vorschlag geantwor tet, ist leider nicht mehr bekannt, vielleicht hatte er doch einige Beden ken gegen diesen seltsamen „Schutz- heiligen" und ahnte in dem from men Anliegen der Möllner Bürger schaft den Geist vom Geiste Till Ziaiholische Albanerin ku» der Gegend ÄttstumS ' lm TaS mittlere Ausgebeutet. Richter: „Wie kamen Sie, Herr Zeuge, mit dem Angeklagten zusammen?" Sin Zweifler. Onkel (auf Hesuch): „Studierst Tu denn auch fleißig, Fritz S 5 Studiosus: „Aber, Onkelchen, welche Frage! Sieh doch nur diese Fülle von Wissenschast in Folio!" „Na hoffentlich nicht Folie!" Ach sol A.: Nanu, du bist schon? B.: Aber. Mensch, das weißt du noch nicht? Ich feiere bereits in 49 Jahren die goldene Hochzeit!