Recht und Unrecht im Weltkrieg. In sachgemäßer Weise wird die obig« Frage in einem „Eingesandt" der „Basler Nachrichten" wie folgt erörtert: Das Friedensangebot der Zentral mächte hat den nie zu Ende gehen den Streit darüber, wer die größere Schuld am Weltkriege trage, von neu em angefacht. Um das Odium der Verantwortung für die Fortsetzung des furchtbaren Mordens von sich abzuwälzen, haben alle Staatslenker der Entente noch einmal hoch und teuer versichert, da sie nur zur Ab wehr deutscher Herrschsucht das Schwert gezogen haben, daß auf Deutschland einzig die Schuld für den Ausbruch des Weltkrieges fällt, daß kein Frieden gemacht werden kann, bevor es nicht exemplarisch bestraft ist. In den neutralen Ländern sto ßen die zahlreichen, der Entente er gebenen Federn in das gleiche Horn. Die Zentralmächte haben ein Verbre chen an der Menschheit verübt, hieß es vckr lnrzem in einer angesehenen schweizerischen Zeitschrift. Es kann kein Frieden werden, bevor sie ihre Schuld erkannt und eingesehen haben, versicherten uns andere. ..Komisch. Karl, bat du Jiigländcrsch tsiprcußisch Vöhl Väter versiah» alz Oochdütschl Als ött to dem »Iglischc» „Mein Der Streit über die Schuld am ' Kriege ist von den leitenden Staats männern bisher mit eben so viel Hitze wie Oberflächlichkeit geführt worden. Die weitaus wichtigste, wenn auch nicht di« einzige Tatsache zur Ent scheidung dieser Streitfrage, ist bis her von keiner Seite angezogen wor den. Der Krieg ist selbstverständlich kein Wert des Zufalles und des Augenblickes. Der Wille zu diesem Kriege muß in Jahren gereift und gewachsen sein. Für die Stärke des Kriegswillens haben wir einen zah lenmäßigen Maßstab in den Ausga ben für Heer und Marine. Wenn ein Staat oder eine Gruppe von Staa ten. ohne bedroht zu sein oder ihre politische Lage verschlechtert zu sehen, zu riesigen Erhöhungen seiner Mehr ausgaben schreitet, so darf man an * nehme», daß sie den Entschluß gefaßt die Gefahr eines Krieges hin zu ver folgen. Nun wird bekanntlich von der Entente Deutschland immerfort be- s"" ' , ne Nachbarn gehegt und seine mili tärische Rüstung in gefahrdrohender Weise gesteigert zu haben. Wenn aber Deutschland Angriffsabsichten hatte. Zeit der russischen Revolution anzu greifen. Wenn solche Gelegenheiten verpaßt wurden, dann konnte der Die Frage ist nun, ob dieser An , griffswille seit der russischen Revolu tion, d. h. etwa seit 1906, so sehr gewachsen ist. Ist dies der Fall, dann ! muß man erwarten, daß die Rü diejenigen ihrer Gegner bedeutend übertroffen haben. Nun betrugen nach dem Gothafchen Hofkalender die budgetierten Wehrausgaben in Mil lionen Franken für Militär und Ma rine: für Deutschland Rußland i u. Oesterreich u. Frankreich 1907: 1829 2320 1908: 1998 2604 1909: 2048 2810 1910: 2106 2896 1911: 2187 3055 1912: 2429 3263 1913: 2977 3784 1914: 3087 4455 daß nicht die Zentralmächte, sondern > ihre Gegner ihre Rüstungen seit 1907 in gefahrdrohender Weise gesteigert haben. Im Jahre 1907 übertrafen r 491 Millionen, 1911 aher bereits um - 868 Millionen, und für 1914 wa - getiert, als von den unter dem Joch ! des deutschen Militarismus lebenden . Zentralmächten. Dieser Unterschied > wäre noch weit größer, wenn nicht - in den Budgets des Deutschen Rei ches für 1913 und 1914 rund 1000 - Wehrbeitrag von einer Milliarde be i stritten werden sollten. Insgesamt > haben Rußland und Frankreich in > den letzten acht Jahren vor dem Krie - ge für Wehrzwecke rund 25,1 Milliar - den, die Zentralmächte 18.7 Milliar > den ausgegeben. Die enoriyen Kosten - einer Anzahl strategischer Eisenbah e nen in Rußland sind darin nicht in , begriffen. - Ein Staat kann freilich auch ohne - Angriffsabsichten in die Lage kom t me», feine Wehrausgaben erhöhen zu 112 müssen, wenn sich nämlich seine poli - tische Situation verschlechtert. Aber r Rußland und Frankreich waren in - dem genannten Zeitraum eher in der gegenteiligen Lage. Ihr Einverständ nis mit England wuchs sich in dieser Zeit zu einem förmlichen Bündnis aus, wodurch ihre politische Stellung gegenüber einer feindlichen Mächte gruppe gewaltig gestärkt wurde. Je intimer aber das Einverständnis mit England wurde, je mehr Rußland len ihre Heeresbudgets und Marine budgets an. Kein Staat hat der Welt so laut versichert wie Rußland, daß er schuldlos angegriffen worden sei. Dabei hat Rußland sein Heeres budget von 1019 Millionen im Jahre 1907 auf 1986 Millionen im Jahre 1914 erhöht. Das deutsche Heeres budget betrug 1907 988 Millionen Franken und 1914 1485 Millionen, in letzterer Ziffer sind mehrere hun dert Millionen einmaliger Extraaus gaben aus dem Wehrbeitrag enthal ten. Frankreich ist ahnungslos von worden, tönt es aus allen französi schen Blättern. Das ahnungslos an gefallene Frankreich budgetierte 1907 für sein Heer rund 780 Millionen, 1911 938 Millionen und 1914 1203 Millionen. Ihre Niederlagen will die Entente heute damit erklären, daß angesangen haben, die sie in den Jah ren vor dem Kriege verausgabten. In den letzten acht Jahren vcr dem Krie ge haben die vier Hauptstaaten der Entente für Wehrzwecke insgesamt 43,1 Milliarden, die Zentralmächte aber nur 18,7 Milliarden budgetiert; davon hat die Entente für ihre Land streitkräfte 27,3 Milliarden, die Zen tralmächte aber nur 13,7 Milliarden aufgewandt. Die Entente hat also für ihre Heere in den letzten acht Jahren vor dem Kriege just das Dop pelte ausgegeben als die Zentralmäch te, und wenn sie trotzdem unvorberei tet überfallen wurde, so verdienen ihre Generalstäbe offenbar ohne Ver zug vors Kriegsgericht gestellt und Doch Deutschland Ist treulos und perfide, es hat leinen Respeit vor in ternationalen Verträgen, daher muß es mit Gewalt unschädlich gemacht werden, tönt es aus der Entente press«. Es gibt aber nicht nur einen belgischen Neutralitätsvertrag, son dern noch andere internationale Ver träge. Der Algecirasvertrag setzte fest, daß Marollo ein unabhängiger Staat bleiben sollte. Das hinderte Frank reich und Spanien nicht, Marokko durch einen Geheimvertrag unter sich aufzuteilen. Die Zustimmung Ita liens zu diesem Vertragsbruch wurde kauft. England hat bei der vor mehr als 30 Jahren erfolgten Besetzung Aegyptens feierlich sein Wort ver pfändet, daß diese Besetzung nur vor übergehend sein sollte, bis die Ruhe im Lande wieder hergestellt sei. Die se: Work Hat es offenkundig gebro- Daß auch diese von den Alliierten sy stematisch mit Füßen getreten, als Fetzen Papiers behandelt worden sind, erweist die amerikanische Note vom S. November vorigen Jahres. Es gibt einen Weltpostvertrag, der festsetzt, daß die Transitsreiheit im ganzen Gebiet des Weltpostvereins gewährleistet ist. Wie er von den Al liierten gehalten wird, davon wissen die Neutralen ein Lied zu singen. Es gibt einen Vertrag über die Neu tralität des Suezkanals, dem Frank reich, England und Italien beigetre ten sind und der bestimmt, daß der Kanal in keinem Kriege zu militäri schen Operationen benützt werden , darf, daß keine Befestigungen an fei l nen Ufern errichtet, keine Soldaten - lind Kriegsschiffe dort stationiert wer ! den dürfen, auch in dem Falle nicht, ! wenn die Türkei am Kriege teil - nimmt. Für die so laut über die l Verletzung der belgischen Neutralität , zeternde Entente ist dieser Vertrag nur ein Fetzen Papier. Es gab auch einen Dreibundvertrag, der Italien und Rumänien zur Hilfeleistung an i die Zentralmächte, zum mindesten > doch wohl zur Neutralität im Falle - eines Krieges verpflichtete. Wie er - gehalten worden ist, weiß alle Welt. ' Aus allen Zeitungsartikeln der Enl , entepresse tönt uns immer wieder das ! Wort vom Fetzen Papier entgegen, e das der deutsche Reichskanzler in einer z privaten Unterredung in Bezug auf - den belgischen Neutralitätsvertrag ge , braucht haben soll. Ein französischer - Ministerpräsident aber fand den we inig beneidenswerten Mut, von der len?i"ternat'onalen Moral auszuspie Aber Deutschland ha! doch den Krieg verschuldet, denn es ist die Hei mat des Militarismus; es hat sich den Bestrebungen widersetzt, die Krie ge durch Schiedssprüche zu ist. Was der wahre Grund dieses wären, würden wir uns nicht bewaff nen? Würden wir nicht rüsten? Na türlich würden wir das tun!" Dieser Engländer hieß Lloyd George und ist heute Premierminister des britischen Reiches, für den die Zerschmetterung des deutschen Mili- TariSmus, will sagen, die Wehrlos machung des Deutschen Reiches, die Hauptbedingung des Friedens ist. Es ist richtig, daß die Ententeftaa ien den Pazifisten in der Theorie al lerlei Verbeugungen gemacht haben, aber ihre Taten harmonierten schlecht mit ihren Worten. Während von ihnen mit viel Geräusch internatio nale Friedenskongresse inszeniert. Friedenspaläste gebaut und Friedens reden zum Fenster hinaus gehalten wurden, habe« sie gleichzeitig ihre Heeres- und Flottenbudgets verdop pelt und verdreifacht, riesige Dread noughts in Hülle und Fülle gebapt, haben sie Transvaal und Aegypten, Marokko und Tripolis, Persien und die Mandschurei annektiert oder auf geteilt. haben sie Eroberungskriege in Südafrika, in Ostasien, in Tripolis und Marokko geführt und haben sich selbst sogar im Falle Faschoda unter sich gegenseitig mit Krieg bedroht. Wenn sie sich gleichzeitig den Kopf darüber zerbrachen, wie der deutsche Militarismus unschädlich gemacht und das auf die Weltherrschaft er- pichte Deutschland zur Raison ge bracht werden könnte, so mag sie das in den Augen doktrinärer Pazifisten von aller Schuld und Fehle rein wa schen. Es heißt aber, daß wir die Menschen nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten erkennen. England, Rußland und Frankreich be sitzen zusammen fast die Hälfte des bewohnbaren Erdkreises, die ihnen aber nicht durch die Sprüche eines internaiionalen Schiedsgerichtes zu gefallen ist. Rußland und England sind seit Beginn ihrer nationalen Ge gen, Land um Land haben sie ver schlungen; glaubt man im Ernst, daß Tendenzen, die seit Jahrhunderten in einem Hundertmillionenvolk wirksam sind, durch ein paar Phrasen über die Wünschbarkeit des ewigen Friedens über Nacht ausgelöscht werden kön nen? Die pazifistisch- Bewegung hat bisher noch keine solche Kraft bewie sen, daß man ihr solch ein Wunder zutrauen könnte. Ihr materieller Nährvater ist bekanntlich Herr Car negie, der einst auf seine streikenden Arbeiter mit Kanonen schießen ließ und ihnen mit einem wohlorganisier ten Heere von Pinkertons eine regel rechte Schlacht lieferte. Bisher hat der Pazifismus kein anderes Resultat er zielt, als bei den Regierten trügerische Illusionen, bei den Regierungen eine Unsumme politischer Heuchelei gezüch tet zu haben. Wenn die deutsche Dip lomatie diese Heuchelei nicht mit machte, so ist ihr das nicht als Schuld, sondern als Verdienst anzu- Gen. «oMM. Ser Fülmr