Helena . (L- Fortsetzung.) In den Köpfen der Marstädter fetz te sich daher die Ansicht immer fester, Herr der Firma Stürmer <ü: Stür mer sei, denn sonst würde er sich'so viele Freiheit nicht nehmen können. dafür bedanken, so viel mehr zu ar beiten. Es sahen weite Kreise Thassi lo als eine Art besoldeten Obcrar beiter seines Vetters an. der unge fähr die gleiche Stellung bei der Ausführung des Werkes haben mochte M>ie Jrne Hjelnierfen. Daß man diese beiden fast immer zusammen sah, be stärkte die Meinung. Es gab Leute, Sie Jrne Hjelnierfen darauf anrede ten. Er wollte sich dann totlachen vor Spott über solche Vorstellungen und .sagte den Fragenden, daß in der Tat «r und Thassilo Stürmer bloß Igno ranten seien und daß ohne Herrn Edlef die Deiche im Fluß versacken und die Quaimauern zusainmenpol tern würden. Er unterließ nie. solche Gespräche Thassilo mitzuteilen. Sie lachten zusammen darüber. Aber während sie lachten, sahen sie in die Augen, und einer wußte es vom anderen: es fraß doch, und der Bodensatz von Bitterkeit ward immer größer in ihren Gedanken. Einmal brachte Jrne Hjelmersen «ine ganz possierliche Nachricht mit. Es war herausgekommen, daß Edlef auf seiner Hochzeitsreise sich und seine Frau als Graf und Gräfin Stürmer in die Fremdenbücher der Hotels ein- Auch der klügste Mensch versteht und glaubt nur, was in den Bereich feines Begriffsvermögens fällt. Thas silo sagte schlankweg, es könnte nicht durch den Besitz! Dieses Weib konnte sich vor aller Welt als glatt, klein, armseligen Gei stes offenbaren der Mann, den die schmerzlichem Glück darüber, daß Thassilo sie seit jenem Abend als seine tlächste Freundin behandelte. nur seinetwegen nach dem Tode ihres Vaters nach Glanau zurückgekehrt. Sie war in den praktischen Ange legenheiten des Lebens sehr wohl er fahren. Seit ihren Backfischjahren hatte sie schon alle Hausfrauenarbcit auf sich nehmen müssen. Sie verstand die Kunst, mit bescheidensten Mitteln anständig zu walten, aus alten Klei dern gut aussehende Garderobe herzu stellen. Ihre Fähigkeiten waren er probt und vielseitig. Sie hätte eine gut bezahlte Stellung als Hausdame finden und ausfüllen können. In ei ner solchen Stellung wäre ihre Arbeit bestimmt umgrenzt gewesen, sie hätte dafür die entsprechende Geldeinnahme gehabt und das hebende Bewußtsein, auf eigenen Füßen zu stchen. Ihr Stolz war so tief und rein, daß sie nicht die leiseste Empfindung von De war. Mit einer großen Einfachheit und Klarheit des Sinnes fühlte sie sich vielmehr sehr gehoben durch das Bewußtsein, durch eigene Kraft be stehen zu können. Daß sie hier aaf Glanau, trotz al- Gutherzigkeit Georg Altheers, als eine angesehen werde, die gewisierma ßen -n Gnaden a ifgenommen sei, ver hehlte sie sich gar nicht. Aber sie konn te sich ruhig gefielen, daß sie hier tiiel viel mehr > rbritete, als sie an yrrswv gegen Gehalt zu leisten nötig geyabt.haben würde. Deshalb ertrug sie es auch gelassen, wenn dieser oder jener Bekannte -der Altheerschen Fami lie ikr ins Gesicht rühmend hervor- Georg Althen selbst hatte ja ge nau- die Hedi, oie verdiente dreimal das Brot, das si: bei ihm aß. Aber immerhin, er hatte sich doch gewis e>nen famosen Junggefellenlebens herbst voll Freiheit gefreut yatte! Zu seiner großen Erleichterung Ausgehen konnte sie ja auch noch nicht: sie war in tiefster Trauer. Und eigentlich war es auch felbst den mit Hedis Anwesenheit auf Gla nau. Beate hatte allerlei gefürchtet: ihr Papa könnie mal in die Hände einer „Person" fallen es wäre nicht das erste gewesen, daß ein ben, welcher Art er auch sei, erträgt jedes Wesen mit Freude jede Demüti gung. Ihre Mission war: dem Manne, den sie liebte, wohlzutun. saß! hatte! war, sich zu amüsieren. Und immer halte er eine gute, wohltätige Empfindung, wenn er vom Hause her oder durch ein Nebenpsört chen, direkt von der Chaussee kom mend, die junge Gestalt zwischen den halbentlaubten Büschen stehen sah. Es war eigentlich ein mela^ncholi- Rings halbentlaubte Aeste und Busch reiser, an denen da und dort noch zä he, gelbe Blätter zitierten. An den Syriiigenbüfchen saß noch das grüne Laub. Aber das Grün war saftlos, und es schien das Abbild erloschener Kraft. Auf dem feuchten Erdbraun der Wege und a>,f dem von schwerem Herbsttau getränkte,. Rasen, den keine -.agesfonne mehc ganz zu rrocknen vermochte, klebten in einem fahlen Farbengewirr die weißen, gelben, bräunlichen Blätter, die der Frühne bel schon von den Wipfeln abgestreift hatte. Und dazwischen das Mädchen in feinem düsteren Trauergewand, ein wenig fröstelnd ei» schwarzes Tuch eng um die Schultern genommen, aber das dunkle Km.benköpfchen unbe deckt. Uqd auf oe:n feinen, klugen Ge sicht eine stille Freude. Thassilo vergaß es ihr nie, dies einfache: „Ich weiß es." Bescheiden lag darin! zu ihm erraten .labe. Oder vielmehr, es war ihm so herzlich wohltuend, darüber im unklaren bleiben zu dür fen. Alles, was an Ritterlichkeit in ihm lebte, weihte er dem vornehmen Kin de. Erhalte sich gelobt, daß sie allezeit So verkehrten sie miteinander sie in jenem wunderbaren Zustand, der ihr in mancher schlaflosen Nacht all unerträglich deuchte und den sie als den Abglanz, als den blassen Schein des ihr v-rsagten ganzen Glü ckes dock um keinen Preis der Welt hätte opfern mögen. Er in -iner voll kommenen Ruhe. Quelle Kraft. Er sagte sich: Beate, das muß ich auch können. In der Stadt besprach man diese Freundschaft, die natürlich niemand begriff. Und alle Welt nahm an, daß Thassilo Stürmer heimlich mit Hedi von Güstrow verlobt sei, was zu ver öffentlichen ihre Trauer verbiete. Ja, ja, der Georg Althcer, der ver stand es! Das war einer von denen, die immer oben schwammen. Nun brachte er erst d>e Tochter, dann die Nichte an und oe-dnnte wahrscheinlich ber eine Anspielung wagtet erfuhr er nicht, daß er in aller Unschuld Hedi Mtl stand über der norddeutschen Tiefebene. Hinter dem wüsten Gehäuf und Geklüft von weißgelben Sand massen, die zur Zeit an dieser Stelle die Flußufer bildeten, ragten rechts unfern die rostroten Mauern eines im dürren Laube stehenden Buchenwaldes auf. Linls zog sich, am gleichen Ufer wie die Stadt, das Gelände hinauf, bis der Blick an der obersten Wöl bungslinie einer Koppel feine Grenze fand. Dort zog n Pflüger ihre Fur chen, bis hinab und hinein in die jen seitige Senkung.^ krochen die Baggereimer an ihren ge schmeidigen Ketten die schiefe Ebene des sie tragenden Gestelles hinan, um »on ihr in jähe-.» Abstieg entleert wie der herabzugleiten. Am Absturz des werdenden Deiches entlang karrten Arbeiter. Ihre weiß vor den, gelben Sandgrund in gleich mäßiger Reihenfolge dahin. stand in hohen Stulpen stiefeln, in eine :nge Joppe geknöpft, den weichen Filz auf dem Kopfe, und ihm riefelte der Sund an einer Bö schung herab, vor ihm standen Wasser lachen in schlammiger Erde. So traf du noch zwei Minuten war- Als Thassilo seine Unterweisungen und Befehle alle gegeben hatte, wintte er Jrye, der sich unterdes auf den ch gs d h In der kleinen Barkasse, die, von einem Mann bedient, nun schnell fluß abwärts dampfte, sprachen die beiden Thassilo immer seinen Hut festhalten mußte. Der Wind war kalt. Aber die Sonne brannte. an einer weißen Karte. Als er an nahm, daß Thassilo ein Eckchen davon gesehen hatte, stieß er sie sogleich wie- Joppe zu. Thassilo nick e. brauche von mir keine Notiz zu neh men. Aber Herr Edlef hat ja wohl seiner Frau klar uemacht, daß man auch mir einmal abends ein Stück Fisch und Bratm vorsetzen müsse," sagte der Norweger. re und seine hellen Augen funkelten. „Daß ich so ein Narr wäre!" Endlich kann man sich das Edlef- und Bea „Defto besser!" „Ja, das sag' ich auch." .Sie schwiegen. Ihr Schifflein rauschte eilig weiter. Es fuhr nu! ih s>.rn die blflnken Fenster guckten/wie wachsame Es schwamm, schwellende Wa',er vor seinem Bug, hinaus auf das Meer. Ein kräftiger Ost kam von draußen gegen die Küste. Ihr Fahrzeug schoß hinauf um yinab aus den Wogen, die wie blaues Glas anzusehen waren. Und ' das Feuerschiff, das i - der Nähe der Bau stätte verankert lag, wiegte sich stetig hin und her, so daß sein kahler, plum per Mast vor d.'m Hintergrunde von dadurch auf Sinnestäuschungen zu sprechen. Es schien, als dächte keiner der mehr an Einladung. Leuchtturm fundamentiert wurde. Festgefügt und dicht verkittet, um schrankte diese ein provisorischer Plan >oon m. en durchdringendes Wasser sich Es schien, als stapften sie hcitten diese Phantasie. Auf der Rück- Art Anlegebrücke bildete für die Ilei- Tage, an dessen Abend die Gesell schaft stattfinden sollte. volle Frage niederschrieb, war er sich bewußt, daß das eben bei seiner Mut ter ganz gut möglich gewesen. ins Halbdunkel deS Zimmers, wo der Freund seinen Mai.tel auf den näch sten Stahl warf. „Ich will dich abholen! Wir wol mitnehmen!" sagt: Jrne. „Du hast bei.e Zupfgeige mit?" fragte Thassilo. oerdienen!" Er trat in den Lichtkreis. Thassilo sich ihn erstaunt und mit Wohlgefal der Stirn geschoben trug, sich zwi schen seinen Arbeitern beschäftigte, hatte Jrne Hjelmersen etwas von ei ner sprungbereiten Wildkatze und ih rer zähen, schnellen Kraft. Sein har tes, Helles Gesicht war nicht allen Menschen sympathisch. Kein Arbeiter, der sich in ein Unrecht gesetzt hatte, ertrug den hell:» Blick aus diesen Augen, die denen eines Seeadlvs glichen. Heute abend, i . Frack und im ka aus seinen Augen. „Thassilo, mein Junge, spute d'.H! Mach dich nobel! Wir sind bei unserem Chef geladen. Während Thqssilu sich umkleidete, stand Jrne Hje.merfen mitten in der Stube und präludierte mit nachläs unanständige Sacken singen," sagte er stlötzlich. „Das wirst >u sein lassm, wenn wir Freunde bleiben sollen!" auch böhmisch >r dich. Aber wie du willst... ich kann auch bloß das Al- Straße, als sie Mit Georg Altheer „Wie geht es Ihrer Pflegetochter. zu sein." „Ja Sie sind ein Cyniker!" be merkte Altheer. „Ach, das sind so glückliche Leusel Sie ist Edles nicht! Es gibt Grenzen." Aber sowohl Edlef als auch Beate wozu ein Maßhalten im Verbrauch während der ersten Jahre sicher stark veitragen mußte. Aber wie durfte er seine Pflicht gewesen wäre, als sein Arbeitsgenosse! Er der vielleicht mit Edlefs Geld und Gut ernährt worden war Ganz besonders hatte Beate ver standen. zu erreichen, daß alle Zim- Heute war der große Salon nicht geöffnet, für die vierzehn Anwesen den, von denen die meisten ihr nur lästig waren, hat.e Beate es nicht für nötig gehalten, sie empfing im ersten Zimmer. Es heischten darin bläuliche fchen Lichter in ihren Glashüllen herab. Ein helle-, mit fahlen roten Arabesken durchsetzter Teppich bedeck te den Boden. Die beiden Fenster wa ren dicht verhängt. Das Zimmer machte einen überaus festlich hellen Und mitten darin stand Beate. Sie trug ein schwarze! Tüllkleid, der schwarzseidene Ilnterstoff hatte keine Aermel, und eine viereckig tief ausge schnittene Taille Was der Unterstosf Abend, Frau sah „Ja, es ist iotissal!" hörte Thassilo Stelle sei, weil er noch hochwichtige Korrespondenzen zu erledigen habe. Und er hörte den Amtsrichter hinter merfen sprechen: „Es muß Vergnügen für Sie und den anderen Stürmer sein, als Mitarbeiter das Werk eines Edlef Stürmer fördern zu dürfen!" Er hörte auch Jrne antworten: „Fabelhaft!^' Und da kam Beate auf ihn zu, und mit ihrer getragenen Art zu sprechen, klagte sie, wie ih Gatte doch überbür det sei u. daß nur ihr Stolz auf seine of.' entbehren zu müssen. Thassilo fühlte, daß seines Freun des funkelnde Blicke auf feinem Besicht brannten. Er wußte, daß Jrne ein teuflisches Pläsir daran haben würde, wenn er jetzt klar und ruhig sagte: Meine Herrschaften das ist ja al les Schwindel! Edlef hctt eineiig gewif wefen ist. Und dann eine gewisse kon ziliante Art zu .epriisentiercn, die mir ganz abgeht. Aber mehr nicht, keinen Deut mehr. Mein is. das Werk! Mein der Geist, der e- entwarf, mein die stetige Sicherheit, die es ausführt! Und lvas er Jhn.'n vormachi, ist eine denz, was im Äugenblick fast einzige Aufgabe nicht immer osten tativ gerade dinn zu erledigen braucht, wenn er Gäste bei sich sieht oder selbst in Gesellschaft soll. Aber es scheint, daß manchmal die Plump heit eines Schauspiels seinen Erfolg verbürgt: die Zuschauer halten sich für zu klug, als daß man ihnen so etwas vorzumachen wagen sollte, also muß es wohl wahr scin. Die schöne, heißbegehrte Frau stand vor ihm. Sic, um derentwillen er seine Seele mit einem tödlichen Haß fleckte, Sie, um derentwillen ein Ver breche» zu begehen er sich in mancher dunklen Nachtstunde ichaudernd bereit geglaubt. Uno er wähnte, daß sie auf ein Wort der Anerkennung für ihren Gat ten aus seinem Munde wartete. Er bildete sich ein, es würde sie vielleicht vernichten, wenn er kühl und kalt Edlefs Arbeit ins rechte Licht rückte. Es würde sie beschämen und demüti gen, wenn er Wahrheit lest stell te, Er murmelte eiwas, daß Edlef si cher gleich komme:, werde, daß schließ, lich jene Briefe auch morgen früh hät ten erledigt werien können. Darauf hob die Bürgermeisterin mit begeifter an. Das war -S ja gerade! Diese unaussprechliche Pünktlichkeit, die nichts aufschiebt! Sie hatte einmal gelesen: Fleiß sei die Hälfte d»s Ge nies. mann die Hand schüttelnd und i'lo en Passant auf die Schulter klo pfend. (Fortsetzung folgt.)