Nachtkampf. Durch die winterliche Hügelland schaft Belgiens marschiert auf rissi gem Feldweg eine müde, hungrige Schar. Die Sonne steht schon tief om nebligen Horizont uui> wirft ihre schrägen Strahlen im Abschied auf Wasser und Wald, Aus den Reihen der Landsturmkompagnie steigt der tvarme Atem wie Dampfwölkchen oder gefriert, wenn nicht ein Pfeif- Der Hauptmann reißt seinem mü den Klepper den Kopf in die Höhe, Dann prüft er die Marschordnung, Leute!" Stumpfen Blick und schlaffe Hal tung hatte er gesehen, wie Ermüdung sie schafft und das Einerlei mehrwö chigen Marsches. Des Hauptmanns Anruf wirkt Wunder. Die breiten Körper der Vierzigjährigen dehnen wehr in dem Kriegsgefangenenlager zu jtotduS. der Gcfa>^gcnen^ sich in des Königs Nock. Sind auch die Rücken und Knie leicht gebogen unter der Arbeit ums tägliche Brot, und Montur leichte Last sind. Aber liche Sinn der ersten Soldatenjahre, der im Felde die Tage erhellt. Als des Königs Befehl den Land lustiger Feldschlacht. Wollten Fahnen. sch.er rinnt trotz Winter und Wind das Blut heiß in den Adern. „Bei Gott! Solch ein faustdicke! holten sich die Regimenter Kreuze und Ruhm. Aber ich... ich muß wan dern wie ein Handwerksbursch von Stadt zu Stadt!" ruft er mit Heller Stimme in die .stampfende Kolonne: „DraAf, Kerls! Auch wir werden sie noch packen! Franzosen, Belgier Engländer! Und dann gnade ihnen Gott! Eure sind härter als die der Franzosen! Wen eure Arme halten, der entschlüpft nicht mehr!" Im frischen Ueoermut lacht er dazu und die ernsten Männer schmunzeln. Sie hören gern auf die Jugend und erwärmen sich an dem sieghaften „Drauf!" Lernten sie doch in längst dahinjzr liegender Dienstzeit den Söhnen alten Heldenblutes gehorchen, tzas schon einmal siegreich über Rhein und Mosel zog. Ein Kirchturm ist in Sicht, daS Nachtquartier ist nahe. Gleich kommt und Augen wachen auf. Für heute «st genug marschiert an morgen denkt man nicht. Schweigend liegt das weite Dorf, wie ausgestorben. An Fenstern und Türen kein Kopf zu sehen. Eine Totenstadt. Aber die Kolben des Landsturms klopfen nicht vergebens an Läden und Tore. Gries grämig, verbissen gibt der belgische Payfan Einlaß, doch als er „Hun ger!" hört, knipst er höhnisch mit den Fingernägeln. „Rien comme xa!" „Wat! Ick will di't wifen, Dunner kiel!" grollt sein Gast aus dem Wup pertal. „Ick will di't wifen, Pifang!" Das Weib des Bauern fühlt Ge fahr, sieht in den blauen Augen des Prussien schwelenden Zorn. La Bur geoise fürchtet für sich und die Kin der und tritt mit dem Weinirug her an. „Une petite goutte, mon corporal? ...A votre Fante!" Bald ist die Landwehr unter Fach und Dach. Der junge Leutnant aber schreitet noch die Gassen hinauf und hinab und stellt die Wachen aus. Und der Hauptmann durchtrabt kundschaf tend die Dorfflur, „Wer weiß, wie die Nacht wird!" kel. Aber eine deutsche Nacht ist es Giebeln ruht. Leise flüstert sie durch braunen öden Aecker stehen, aber sin gen, klingen tut sie nicht, wie jenseits des Rheines. Kein Hund schlägt an, kein Wächter ruft mit seinem Horn die Stunde, kein Bursche Pfeift sein Liedel, kein Mädel kichert schelmisch hinterm Heckenzaun. Der Posten auf dem höchsten Punkt, dem Friedhof steht an einer Ma>W»ecke still, horcht und gähnt. Dann Pendelt er wie vorher schläfrig Wache Obdach fand. Die Kapuze sei nes Mantels hat er über die Ohren gezogen, den Tschako dariibera»- stülpt. Die kalten Finger krümmt in den Fausthandschuhen. Im Arm liegt gesichert das Gewehr. Da ra schelt das Laub an den Ginsterhecken. Heulender Nachlwind verschluckt das Geräusch. Es huscht am Boden ent lang, über die Gräber hinweg, an den Kreuzen entlang. Aus keuchenden Kehlen kommt leise pfeifender Ton. Es lebt in den Wegen und klirrt zwi schen den gefrorenen Grasbüschtln. Der Landsturmmann sieht zum Nachthimmel auf. Nur ein paar blin- Nussische Dorfjugend. kende Sternlein zählt er da oben, m Gedanken versunken. Langsam wen „A bas le prussien!" faucht es den Sterbenden an. Aber den schweren Fall des toten Körpers hat die Wache gehört und sie weiß sich zu wehren gegen die Ueber macht. Hilfe heischend krachen ihre Schüsse durch die mörderische Nacht und wecken das Echo der Hölle. „Tuez les prussiens! En avant, en avant!" Jetzt wimmelt das Dunkel von hu schenden Gestalten. Blufenmänner mit Jagdflinten und blanken Messern, Garde civique im faltigen Mantel, Offiziere im phantastische» Bunt ver schiedener Uniformen. „A la lanterne les prussiens!" das Malsch, Schrill antworten deutsche.Signale aus den Gehöften. Aus allen Türen springt es, rennt es hastig hervor, klettert zum Fenster hinaus, jagt üver die Gassen. „Sammeln!" heult das Horn des Spielmanns, und das Kalbfell dröhnt unter dem rasselnden Schlegel. Hastige Fäuste zerren an Gewehrpyramiden, eisenbeschlagene Stiefel klappern im Lauf über Pfla ster und Kies. Die belgischen Mau sergewehre knattern dazwischen und weißlicher Qualm lagert sich gleich einer Wand auf die dunklen Gärten und Gassen. Der Landsturmhaupt mann hat eine Handvoll Leute um sich gesammelt. „Standhalten!" ruft er, „Fackeln herbei!" - „Zu Befehl, Herr Hauptmann!" dröhnt der Pah des Feldwebels. Wie eine Säule 'steht der blondbärtige Mann, zuckt nicht mit der Wimper. Er kennt solche Höllennächte, hatte doch sein Vater schon 187 t) mit den Franktireurs um sein Leben gerungen. in Scheune "und Stall. Brenne, was brennen will! Bleiches Entsetzen jagt durch das verräterische Dorf, das den Schlaf überfiel. In den Wutschrei der Männer mischt sich das Kreischen der Weiber und das Wimmern der Kin der. . „Feuer und Mordio!" Der Nacht wind treibt die Flammen prasselnd Atem der Nacht, daß er blutrot eifert mit dem Feuer der Waffen Der Hauptmann ist der Fels im Getöse deutschen Soldaten, Zum Reißen an gespannt sind Nerven und Muskeln und die blutunterlaufenen Augen das Schicksal. «Mort aux assasins!" brüllt drüben ,DaS ist das Ende!" denkt finster „Fällt das Gewehr! Marsch. schwingt er den Degen, die Linke „Drauf, Leute! Drauf! Wir hauen sie 'raus!" Ein Meer von Grimm und Wut ist erwacht im deutschen Gemüt, das nur schwer erwärmt wird zu siedender Glut. Ruhmesstolz und Rachezorn brausen empor, zerreißen alle hem westfälifche Wucht. Die breite Brust geschmiedetes Eisen Jetzt ist die Ko lonne heran und durchbricht die Rei hen der Blusen. „Drauf! Das flutscht!" Die Kolben Füße zerstampfen die des Todes. „Saude, qui veut!" Mit schlottern den Knien weicht vor den Wupper tals das Freikorps zurück, hinein in die Türen, die Fenster. Aber es staut sich die Flut, und wo sie sich ret- Hurra ist der Landsturm heran. Die Faust packt die Kehle und der Fuß tritt- den stolpernden Leib... Flet schende Zähne der Feinde zerreißen die klammernden Finger. Dolch und Lebens " fauchenden Flammen heimlicher Flü gelschlag? Seht, in gespenstischem Dunkel zieht der Ei?gel des Todes rächend die Bahn. .Wann trifft er Scholle des Feindes. Kraftlos hängt starben. „Das ist der Kampf vis auf» Mes ser!" „C'est la guerre a outrance!" Blut und Rüg auf der Wahlstatt Jon Norden der Soinsne. Aus den Frontberichten eines Kriegsberichterstatters. Somme, die er unter dem Titel .Die Dörfer der Somme" zusnmmenfnp.t: Jede Erdwelle wird verteidig!, teidigt wie die Höhen. Einige dieser „Grächen" (z. B. der Ravin de Froissy) sind berühmt geworden. In diesem Verteidigungssystem bilden die Dörfer wichtige Stützpunkte, de ren Bedeutung verschieden groß ist, je nachdem die Häuser aus einer Kuppe oder im Tälchen liegen. In dm ersten Tagen der Offensive wur de an der französischen Front im Norden der Somme eine ganze Reihe von Dörfern genommen (Curlu, Hem, Hardecourt). Von diesen An siedlungen nur noch wirre einmal" Menschen' gewohnt haben. Anders bei den Borstellungen zu Combles, Guillemont und Mau repas. Hier sind nicht einmal mehr Trümmer übrig geblieben. In Mau repas sieht man vom Dorf rein gar nichts mehr. Die Granaten haben den Boden so geackert, daß er aus sieht wie das Feld ringsum. Das ist der erste Eindruck Wenn man aber einmal w5ß, daß hier ein Dürf ge standen hat, so fallen einem doch ge wisse Anzeichen ins Auge, die man zuerst übersehen hat. Dort auf der Höhe liegt ein schwerer Balken. Wie wäre der hergekommen, wozu hätte er gedient? Diefec Balken rührt von der Kirche von Maurepas her, und er ist das einzige, was von ihr noch übrig geblieben ist. Beim Hinauffah ren ist uns auf einem Friedhof ein weißer Grabstein aufgefallen. Auf Soldatenfriedhöfen sieht man ge wöhnlich kejne Grabsteine. Dieser Stein war auf dem bürgerlichen Friedhof noch stehen geblieben. Er hat sich stark vergrößert, dieser Got tesacker. Heute ruhen die Toten von Maurepas zusammen mit den Sol daten. die dieses Stück Boden dem Feinde abgerungen haben. Unser Führer machte uns auch darauf aufmerksam, daß die Gruppe von Baumstrünken, die man sieht, die frühere Anwesenheit eines Dorfes verrät. Hier war einmal der Dorf- lichleil. die deutsche Artillerie auf gleiche Weise den zweiten Teil. Die Kämpfe um Maurepas sind für die ganze Sommeschlacht charakteristisch. Als das französische Feuer die eine Hälfte am 24. August von S Uhr 45 abends bis um Mitternacht von Tei len des 1. Infanterieregiments aus geführt. Dieses, das ehemalige Regi ment von Combray, zählt viele Sol daten aus der Gegend, in der ge kämpft wird, und unter den Stür menden waren auch Soldaten, die in Maurepas zu Hause sind. Der I Kampf war außerordentlich blutig. Die schwere Artillerie tonnt« nicht > helfen, und die Franzosen mußten l mit Bajonett und Handgranate vor ° gehen, wobei sie von den 3,7 , meter-Geschlltzen und zahlreichen Ma ! fchinengewehren unterstützt wurden, i Sobald die zweite Hälfte des Dorfes > in ihrer Hand war, begann das ! bis der letzte Stein zermalmt und in , den Boden gestampft war. Trotzdem hielten die Franzosen durch und die l ter Beobachtungspunkt ist, in die Die große Ortschaft Combles ist taktisch lange nicht so wichtig wie Maurepas. Sie liegt in einer Boden senkung. Diesem Umstände hat Com bles es zu verdanken, daß wenigsten» liegt auch Combles in zweiter oder , dritter Linie. Die Franzosen sind , über die Straße N6ronne-Bapaume hinaus nach Sailly-Saillifel vorge rückt. Von Combles aus ist nicht viel zu sehen. Um den Schauplatz der jet > zigen Kämpfe in der , Richtung ! Transloy, Gehölz St. Pierre-Vaast vorschriftsmäßiger Geschwindigkeit