Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 19, 1916, Image 6

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    Die Hemmt der Zeppeline.
Nach einer alten Prophezeiung sol
len die Kosaken noch einmal ihre
Gäule km Bodensee tränken. Sie
hat sich bis heute noch nicht erfüllt.
Dafür sind während dieses Krieges
schon zweimal englische Flieger
über dem Bodensee erschienen und
Aufgestapelte NahrungSinittcl für die Truppe» in Saloniki.
der Schwaben noch Schweizer je für
möglich gehalten hätten. Friedrichs
hafen verdankt diese englische Visite
dem Umstände, daß es die Heimat
der Zeppeline ist. Es sollte eigentlich
«Zeppelinshafen" heißen, eine Um
taufe, über die sich umsomchr reden
gewechselt hat. Sie hieß früher
Buchhorn, bis zum Jahre 1811. In
jener Zeit fand man Gefallen am Bo
densee. alten alemannischen Ortsna
men einen dynastischen Klang zu ge
tnapper Not entging unter König
Max das bayrische Lindau dem
Schicksal, in Maximilianshafen um
cietaust zu werden. Zum Glück ist,
s». bemerkt ein Schweizer Blatt,
der devote Unfug außer Mode ge
kommen, sonst hätten wir am Bo
densee lauter „Häsen" bekommen,
vielleicht sogar auf der Schweizer
seite, wo einzelne Uferorte auch mit
berühmten Notabilitäten prunken
Friedrichtshasen war bis vor zehn
Jahren die stillste und verschlafenste
Stadt am Bodensee. Die alte Reichs
stadt Buchhorn kam im Jahre 1810
als kleines, etwas heruntergekomme
nes Nest an Württemberg, das damit
Änstößer am Bodensee wurde. Kö
nig Friedrich von Württemberg verei
nigte im Jahr- 1811 seine neue Ha
fenstadt mit dem nahen Kloster Ho
fen und gab der neuen Gemeinde den
Namen Friedrichshafen. Dc.s Klo
ster Hofen, eine alte Benediktiner
abtei, deren Doppeltürme als Wahr
zeichen Friedrichshafens weit in den
»ee hinausschauen, wurde zum kö
niglichen Schlosse umgebaut, und die
Stadt wurde dann Sommerresidenz
des württembergischen Königshauses.
Sie ist es heute noch; aber sie ist
dadurch nur noch stiller und behäbiger
geworden. Die meisten Firmatafeln
an den Kramläden tragen die Auf
schrift Königlicher Hoflieferant; ver
sonnen liegt das Schloß mit seinen
alten Türmen in dem großen Park,
und eine altväterliche Residenzstim
mung lag in den Gassen und über
den Dächern der Stadt. Das ist
dann auf einen Schlag anders ge
worden. Seit etwa zehn Jahren hat
Friedrichshafen einen Aufschwung ge
nommen, wie ihn keine zweite Stadt
am Bodensee zu verzeichnen hat; es
ist auf einmal erwacht, hat Leben
bekommen, hat viel« neue Häuser aus
dem Boden wachsen sehen, hat die
alten Wirtshäuser, die sich noch mit
..th" schrieben, in moderne Hotels um
gewandelt, hat ein« neue Strandpro
menade gebaut, die schönste am gan
zen See; hat Industrie, Leben und
Fremdenverkehr erhalten. Es ist «in
fast amerikanischer Aufschwung, den
das alte Buchhorn in zehn Jahren
durchgemacht hat. und seine Bevöl
lerungszahl ist mit einem ganz ver
blüffenden Sprung in die Höhe ge
schnellt. Und das alles hat Fried
richshafen dem Grafen Zeppelin und
! seinem Luftschiff zu verdanken.
zell bei Friedrichshafen eine schwim
mende Bretterhalle erstellt und das
erske Zeppellinjche Luftschiff gebaut
wurde. Der Gras ha! als „Uebungs
gelände" den See gewählt, weil die
ses Terrain nicht gekauft oder ge
pachtet werden mußte und weil es für
die Landung der noch recht unbehol
fenen ersten Luftfahrzeuge weniger
gefährlich war, als das feste Land,
wo man auf die Bäume und auf^die
in einem Krautgarten oder in einem
Hopfenfeld zu landen gezwungen war.
Ich erinnere mich gut, so schreibt
ein Korrespondent, an .d«n Auf
stieg des ersten Zeppelinschen Luft
schiffes am 10. Juni 1900. Wir
lagen einen ganzen Tag lang im
Grase von Manzell, eine gewaltig«
Volksmenge, und draußen auf dem
See schwamm ein Geschwader von
zehn, zwölf menschengefüllten Damp
fern, umwimmelt von Hunderten von
Booten. Man freute sich des schö
nen Schauspiels, das die schiffbelebte
Reede bot, und der herrlichen Aussicht
Ferne auf den See herüberschauten.
Aber, das war auch alles, über das
man sich am Strande von Manzell
freuen konnte. Das Luftschiff kam
nicht aus der schwimmenden Halle
heraus, es war noch nicht recht flüg
ge; enttäuscht zog man heim, auf
den Dampfern wurde gepfiffen wie
im Theater, wenn der Tenor ungenü
gend ist und als ich abends mit dem
Zug der Enttäuschten nach Friedrichs
hafen wanderte, da hörte ich den
preußischer. Kriegsminister, einen Ge
neral mit großem, blondem Schnurr
bart, im Vorbeifahren verärgert zu
seinem Begleiter sagen: „Ich habe ja
immer gesagt, daß alles Mumpitz ist!"
Am Abend schlief ich auf dem Dach-
Ei» englischer Tampfcr wird von einem „U - Boot" angehalten und versenk!
Boden des Hotels zum „Deutschen
aus. die Fahrt ging fehl;
der Zeppelin fand den Rückweg nach
Manzell nicht mehr und fiel halb zer
trümmert in das Schilf von Immen-
staadt.
Man kennt den weiteren Verlauf
der Z«ppelinschen Erfindungsgeschich- l
te. Sie hat bittere Zeiten durchge-
macht. Die Leute vom Fach mach
ten die schlechtesten Witze über den
„Dilettanten am Bodensee", der da
mals noch nicht Dr. ing. war, und
die deutsche Heeresverwaltung hat
lange Zeit von den Pröbeleien des j
alten Reitergenerals nichts wissen
wollen. Ein paar Jahre lang lag >
die verlassene Bretterhalle von Mam-!
zell wie eine trostlose Ruine da; si«
kühnen Hoffnungen und gescheiterten
Plänen. Im Jahre 1306 erst kam
der Umschwung. Die deutsche Nation
steuerte vier Millionen zusammen
und verschaffte damit dem Grafen
Zeppelin die Mittel zur Fortsetzung
seiner Versuch« auf großzügiger
Grundlage. In Berlin schmolz all
mählich das Eis; die deutsche Hee
resverwaltung. die bis dahin das
starre Zeppelinsche Luftschiff ver
schmähte und einseitig dm offiziellen
Halbstarren Parseval-Typ Protegiert
hatte, begann sich für die Versuche
Zeppelins zu interessieren, und als,
die ersten großen Fahrten gelangen,
da ist auch das Spötteln der Fach
leute über den „Dilettanten am Bo
densee" verstummt. Es gab zwar noch
manches Mißgeschick, noch manche
Katastrophe; aber das Fahrzeug
wurde lufttüchtiger von Jahr zu
Jahr, die Armeeoerwaltung stellte
die Luftschiffe in ihren Diensthund
Deutschland ein Kriegsluftschiff zur
Verfügung, dem die Gegner nichts
Gleichwertiges entgegenstellen konn
ten. Es wird erst nach dem Kriege
an den Tag kommen, welche Dienste
die Zepp-line den deutschen Armeen
geleistet haben; jetzt hört man nur
von den Fahrten nach Paris und
nach England und von der Mitwir
kung bei den Unternehmungen zur
See; dagegen ist öffentlich nichts be
kannt geworden über die Leistungen
der Zeppeline als strategische Ausklä-
rungsmittel, als welche sie in erster
Linie gebaut und in den Dienst ge
stellt worden sind. Und den vollen
Wert der Zeppelinschen Erfindung
wird man erst einmal recht ermessen
können, wenn das Lustschiff in den
Dienst des friedlichen Verkehrs treten
wird. Man spricht heute bereits von
einem Zeppelinverkehr mit Amerika,
und selbst die 2>echni!er. die vor we
nigen Jahren den Dilettanten v.
Friedrichshafen verspotteten, zweifeln
heute nicht mehr an der technischen
Durchführbarkeit eines Verkehrs über
den Ozean.
Friedrichshafen besitzt heute eine ge
waltige Anlage für den Luftschiff
bau mit vielen tausend Arbeitern.
Die alte Halle von Manzell ist längst
ausgegeben. Hinter der Stadt beim
Riedlepark sind große massive, bom
bensichere Hallen erstanden, umge
ben von einem weiten Komplex von
Werkstätten und Gasfabriken. Di«
Leistungsfähigkeiten dieser Anlagen
ist so groß, daß jetzt jede Woche ein
neues Lustschiff abgeliefert werden
kann. Beim Ausbruch des Krieges
befaß die deutsche Armee 12—15
Zeppelinsche Luftschiffe; im Februar
ds. Js. hat Friedrichshafen das hun
dertste Luftschiff abgeliefert. Der
Typ hat sich im Laufe des Krieges
stark verändert; die Fahrzeug« sind
noch größer, die Motoren noch stär
ker geworden. Daß hie und da ein
mal ein Zeppelin ins Meer fällt oder
auf dem Lande heruntergeschossen
wird, kann die Kriegsbrauchbarkeit
der Fahrzeuge nicht in Frage stellen;
Kavallerieregimenter und Dread
noughts gehen im Krieg« auch ver
loren, ohne daß deshalb die Kriegs
tüchtigkeit der Kavallerie und der
Panzerschiffe abgestritten worden
Das alte Buchhornist felbstver-
ständlich stolz darauf, die Heimat
der Zeppeline zu sein, und es nimmt
es gerne mit in Kauf, wenn ihm ab
und zu. ein paar Fliegerbomben auf
die Dächer herabgeworfen werden.
Es wird dem Grafen Zeppelin ganz
sicher einmal ein Denkmal errichten;
jetzt schon hängt sein Bildnis in allen
Stuben, man hat es auf alle Pfeifen
köpfe und auf alle „Souvenirs" ge
malt; Friedrichshafen hat seinen Zep
pelinbrunnen, sein Zeppelinmuseum
und natürlich auch sein „Gasthaus
zum Luftschiff". Die Heimat der
Zeppeline ist die interessanteste
Stadt am Bodensee geworden, und
nach dem Krieg« wird es auch die be
suchteste werden vorderhand sind
Fahrten nach dem alten Buchhorn
mit einigen Schwierigkeiten verbun
den!
Ein Bewohner von
Nizza schickte täglich mehrere hundert
Pakete nach Paris und anderen gro
ßen Städten Frankreichs. Es waren
Nachnahmepakete über 1,76 Fr., und
daneben stand in schöner großer
Rundschrift: „Familien - Andenken".
Die Empfängerinnen waren durch
weg Witwen, deren Gatten den
letzten Wochen fielen. Mit großer
Emsigkeit stellte sich der Mann aus
allen nur erreichbaren Zeitungen eine
möglichst reichhaltige Adressenliste zu
sammen. Alle die Witwen, denen der
Briefträger am nächsten oder über
nächsten Tag die kleine Nachnahme
sendung vorlegte, lösten sie herzlich
gern ein. in banger Hoffnung, daß
der Gatte vielleicht noch kurz vor sei
nem Tod etnem Kameraden etwas
für die Familie anv-rtraut hat, einen
Brief, ein Bild, etwas, für das man
selbst 20 Fr. zahlen würde. Aber dos
Bild um ein solches handelte es
sich meist zeigte irgendein zerschos
senes Dorf, eine Kirche, einen Be
such des Präsidenten an der Front
etwas, das im besten Fall 10 Cts.
gekostet haben mochte, dafür aber in
den kostbaren Umschlag irgendeiner
Kriegszeitung gewickelt war. Da der
Verlust verhältnismäßig gering war,
schwiegen bisher die in so freundli
cher Weife bedachten Frauen. Erst
durch die Anzeige einer Witwe aus
Arpaion wurde dem Herrn das
Handwerl gelegt.
Der Vene-m.
Geschichte des von Italien beschlagnahmte» PrtichtbanS.
Das gleiche Schicksal wie der Villa
d'Este in Tivoli, dem ererbten Gui
des ermordeten Erzherzogs Franz
Ferdinand, ist bekanntlich auch dem
römischen Palazzo Venezia. dem Sitz
des österreichischen Botschafters beim
Vatikan, beschieden, der von der ita
lienischen Regierung konfisziert wur-
Lausgrabcn mit Fcrnsprclli.'itiingc» in Flandern. ?l»S dem besetzten Belgien.
de. Ueber die Erbauung dieses Pa
lastes, der so oft seine Bewohner ge
wechselt hat, sind die Architekturhisto
riker größtenteils noch im unklaren.
Die Angabe Vasaris, wonach Giu
liano da Majano sein Urheber gewe
sen wäre, kann nicht stimmen, da die
ser Künstler nachgewiesenermaßen nie
in Rom tätig gewesen ist. In Frage
kommen noch Meo del Caprina und
Giuliano da Sangallo, welche aber
in den Bauregistern bloß als Unter
nehmer genannt werden. Jakob Burch
hardt glaubte in Giacomo da Pie
trasanta den wahrscheinlichen Erbauer
gesunden zu haben, eine Annahme je
doch, die heute nicht unwidersprochen
bleiben darf. Einzig dieser Nachweis
kann geliefert werden, daß Pietrasan
ta die zweistöckige Pfeilerhalle des gro
ßen Hofes entworfen und wohl auch
selber ausgeführt hat. Soviel steht
außerdem mit Sicherheit fest, daß
das denkwürdige Gebäude auf Be
treiben des Kardinals Barbo, nach
maligen Papstes Paul 11., ums Jahr
1450 errichtet und ein halbes De
zennium später im Rohbau vollendet
worden ist. DaZ Material zu dem
im streng toskanischen Stil durchge
führten, jedoch ohne die breite O»a
-derfchichtung auskommenden Bau ist
dem Kolosseum entnommen worden.
Als architeltonisches Ganzes wirkt er
durch seine schwere, wuchtende, noch
ganz mittelalterlich anmutende Mas
sigkeit, während die Details einer grö
ßeren Feinheit ermangeln und nur
etwa in den Portaleinfassungen mit
ihrer eigenartigen Knopf- und Rhom
benornamentik Gebilde reiferer Art
darstellen. Der Hof des Palastes ist
erst in den 1460 er Jahren gebaut
worden; er ist von ausgeprägter Re
naissanceart.
Merkwürdig sind die äußern Schick
sale, die häufigen Besitzänderungen
des Palazzo, Benezia. Der Bau blieb
zunächst Eigentum der Päpste, wurde
dann aber 1564 von Pius IV. der
Republik Venedig geschenkt. Bei de
ren Aufteilung zwischen Oesterreich
und der zisalpinischen Republik im
Jahre 1797 galt die Zugehörigkeit des
Palastes als zweifelhaft. Nachdem
Tie «ö»ine.
Ter Belgier! Richt trahr, Pcler, wir beide wolle» uns »ie wieder
lassen!
l ihn die napoleonischen Militärbehör
! den bereits als an Rom zurückgefallen
, betrachtet hatten, legte im Jahre 1806
Bonaparte persönlich Beschlag dar
! auf, in der Absicht, ihn zur Residenz
> für den König von Rom umzuwan
l deln. Seit 1815 ist der Palast wie
- der österreichisch, ohne daß gegen diese
Tatsache irgendwilcher offizieller Ein
spruch erhoben .worden wäre. In dem
zwischen Napoleon 111. und dem Kai
ser von Oesterreich in Rom
abgeschlossenen Vertrage vom 24. Au
gust 1866 über die Abtretungen Ve
nedigs bestätigte der französische Re
gent, daß alle die Paläste in Rom und
Konstantinopel, die einst der Republik
Venedig gehört hatten, der österreichi
schen Regierung verbleiben sollten. Ein
noch im Herbst desselben Jahres aus
gefertigtes Protokoll gab dieser Be
stimmung noch deutlicheren Ausdruck.
Nach anderen, erst jüngst zutage ge
förderten Dokumenten zu urteilen,
hätte sich Italien >chon lange beiniHt,
den durch das päpstliche Garantiege>etz
geschützten Botschaftspalast an sich zu
bringen.
> DerMarinekorrespon
> dent der Londoner „Daily Expreß"
! berichtet seinem Blatte, er habe den
! Luftschiffes beigewohnt. Dasselbe sei
i ein solches des starren Systems von