M Amme der Riese» (4. Fortsetzung). Berstehen Sir nun, Estella, worauf ich hinaus will? Ehe ein Mensch kör perlich und sichtbar bei uns erscheint, schätz des Volkes", sagte der Offi zier. Alle haben ihre Bedeutung." „Wunderlich klingt das und lockend geheimnisvoll. Aber etwas in ei nem sträubt sich, solche Phantasien für Wirklichkeit zu nehmen." Ladenburg schüttelte den Kopf. «Wirtlichkeit kann man es vielleicht nicht nennen, aber reine Phantasien ouch nicht. Kein Mensch kann et was ersinnen oder denken, was nicht irgendwo in der weiten Natur vor handen wäre. Ich habe nur gesagt, der Mensch höre nicht da auf, wo wir seine Umrisse sehen, sondern er wirke über sich hinaus, wie die Gestirne." „Gestirne sind auch keine Men schen." „Aber doch wohl lebendige Wesen und uns, den kleinen Menschen, weit übergeordnet. Sind wir nicht alle Kinder unsrer Mutter Erde, gebiert sie uns nicht alle? Und wie kann eine iote Mutter lebendige Wesen zur Welt bringen?" „Wenn man es hört, klingt's über zeugend" sagte Estella. Der Offizier lächelte. „Der schö ne Ausspruch ist nicht von mir, er ist von dem berühmten Philosophen Fechn-r, der uns den Himmel wie der mit Engeln und Göttern bevöl kert hat. Denn nach ihm ist das ganze Weltall eine einzige ungeheure Stufenleiter lebender, denkender und schaffender Wesen. Von der Zelle bis hinauf zur Sonne." „Wie gern höre ich Ihnen zu", sagte Estella leise, „aber viele Worte klingen an meinem Ohre vorbei. Ich kann Ihnen noch nicht folgen, denn ich bin in einer ganz andern At mosphäre aufgewachsen. Die heiligen Bücher meines Vaters sind Büchner und Aaeckel. Nur mein Bruder ist, obwohl ein Arzt, Idealist geblieben, oder, wie man in unsrer Familie sagt, Phantast. Können Sie mir etwas erwidern, wenn ich Sie nach Gott und Unsterblichkeit frage?" „Fragen Sie nur, Estella, ich will jeder Brust wohnen soll, werden Sie mir gewiß nicht sprechen. Alles Glauben richtet sich selbst. Der Christ glaubt, dereinst in den Himmel zu gelangen, wo die Engel Liedertafeln gebildet haben, der Eskimo hofft, in »in Gefilde zu kommen, wo es viele diesischen Garten voll herrlicher Ge nüsse lauter irdische Vorstellun gen, lauter Fortsetzungen des per- Der Offizier stieß ein leise« La chen aus. „Nein, von solchem Trost wollte ich allerdings nicht sprechen. Nach einer solchen Zukunft und einer solchen Weiterentwicklung steht auch mein nicht. Wenn es sich nur auch alle die unangenehmen Mitbür ger und Feinde, die uns hier das Leben sauer gemacht haben. Auf ist es, was wir erhoffen und sogar annehmen müssen. Die Wissenschaf ten 1.-bren uns, daß der Mensch aus «wer unendlich langen Kette von Le bewesen heroorgegangen ist, noch Tierreich in seinem Organismus. Sie , unsern großen Haeckel an. Aber wie? Sollt« di« Entwicklung mit dem »Jetzt folge ich Ihnen", pflichtete Estella bei. Mannes langsam und losend um die Schultern des Mädchens. Sie er schauerte, rührte sich aber nicht, vom Alls, die sich vor uns' auftuU All der Gold. Alles dies sind keine Phan tasien, wir wissen, daß es so ist, denn wie uns das Mikroskop die Wunder einev Welt erschlossen hat, die unsre Augen nicht mehr wahrnimmt, so haben uns das Teleskop und die Spektralanalyse die Himmel geöffnet. Und nun zu denken, daß alle diese unendlichen Welten, wie es denn nicht anders sein kann, mit denkenden We sen bevölkert sind, vielleicht in den unfaßbarsten und phantastischsten Formen und Gestalten! Der Mensch freilich darf sich nicht überheben, sei ne eizene Erde ist nur ein Staubkorn im Alle, er selbst weniger als ein Stäubchen, seine großmächtige Welt geschichte ein schwaches, fast unsicht bares Wetterleuchten in der Ewigkeit, heit nur ein kleiner Seufzer, in das unendliche All hinausgehaucht. Wir aber, die alles dies erforschen und es mit unsern die Wahrheit sehn süchtig suchenden Gedanken umspin- Gottheit und der Unendlichkeit in uns «ragen? Wir sollten nicht teil haben an dieser zauberhaften Welt, hinaus? Kein Tor und kein Weiser wird sichere Antwort geben. Nur das ist gewiß, daß wir ganz von Unwillkürlich lehnte sich Estella in niger an den Freund. „Die Ster ne beginnen jetzt mit mir zu spre chen", flüsterte sie. - „Das tun sie auch, sie sprechen zu uns und untereinander, durch ihr Licht. Aber nicht jeder versteht ihre Sprache." w-il es "die Sehnsucht stillt, die un ser bestes Teil ist und die Quelle al ler Schöpfungen und Taten." Tiefen des Weltalls ein Bolide in schnuppe, sich im Meere spiegelnd, „Estella", sagte der Mann'leise. „I"?" „Nichts", flüsterte er. „Sagt nicht Sternschnuppe solle MM rasch seinen liebsten Wunsch aussprechen?" Da zitterte ihre Hand in der sei „Er ist töricht. Verkehren Sie Zunge, du!" und .erschwand im Dun 8. Kapitel. Als der „Prinj Ludwig" endlich Besuch nach Kalifornien zu kommen, hatte er sich entschlossen, das be rühmte nordische Venedig an der Al ebenkalls ein paar Wochen auf Cey lon zu verweilen. Diesen Entschluß hakte er wieder umgestoßen, wenn auch schweren Herzens. Das Beneh men Estellas hatte sich geändert. Seit dem Ballabend duldete sie die Gesellschaft des Arztes nur noch dann wenn sie sich ihr ohne UnHöf lichkeit nicht entziehen konnte. Um forscht, er vermochte keinen Berehrer zu entdecken, der von Estella beson ders ausgezeichnet worden wäre. Der deutsche Oberleutnant hielt sich, wie immer, in den strengsten Grenzen des ohnehin freien Verkehrs an Bord; es schien sogar, als ob er andre Da men bevorzuge. Frau Burmeister war wegen dieser Tatsachen weit mehr in Unruhe als der Amerikaner. Zwischen dem schönen Offizier, den sie schon sechsmal zu einem Besuch in Hamburg eingeladen hatte, und Estel la hatte sich gewiß nichts angespon nen, sonst würde sie es bemerkt ha ben. Der Amerikaner hatte den Laufpaß erhalten, das war nicht zu verkennen. Also blieb es dabei, Estella hatte sich auf Karl Kramer, der doch so gut wie für sie bestimmt war, besonnen. In das wöchentliche Damenkränzchen, das umging und bald an der Rothenbaumchaussee, balp am Haroestehuderweg und bald anderwärts stattfand, konnte man. also leider eine solche wundervolle Neuigkeit, wie es eine heimliche Ver lobung der Tochter von Konsul Mar tens gewesen wäre, nicht mitbringen. Sie beschloß aber doch, den Amerika ner noch auszuhorchen, der bis Port Said mitzureisen beschlossen hatte, um einen Abstecher nach Aegypten zu machen. An einem gliihheißen Morgen er schien also der Dampfer auf der Ree de von Colombo. Estella entschwand allen ihren Freunden sogleich. Kaum war der Anker gefallen, als ein Mo torboot, von dessen Heck die deutsche Flagge wehte, heranlief und am Fallreep festmachte. Zwei elegante Herren eilten die breite Trepp« em por, die Konsuln von Deutschland und Oesterreich und zudem Brüder. Beide waren Freunde der Familie Martens, und Estella sollte während ihres Aufenthaltes in dem wunder- Wohnung nehmen. Der Abschied von Frau Burmeister war herzlich, der von dem Amerika ner von einer etwas zweideutigen Hei terkeit. Der Arzt konnte sich aber noch nicht enthalten, beim letzten .Shakehand" auf deutsch zu sagen: „Auf Wiedersehen in Hämbörg." Hans Ladenburg wurde, nachdem er Brüder an Land zu gehen. Stew ards schleppten das Gepäck ins Boot, in dem auch schließlich der getreue lasse überhaupt zu sehen war. Am Lande versprach der Offizier, schon am Nachmittag bei den Kon dann bestieg die Gesellschaft Rickschas auseinander. Hans Ladenburg hatte sich als Wohnort das zauberhaft ge legene' berühmte „Gall Face-Hotel" ausersehen. Als Estella von einer Wegbiegung noch einmal aus der Paradies hineinführte. Vom ersten Augenblick an hatte er sich mit diesem Weibe seelisch verknüpft gefühlt, diese sich vertieft, und schon vermochte er ihr Wesen ohne das seine nicht mehr zu denken. Es war, wie wenn eine innere Verschmelzung stattgefunden hätte. Auch jetzt fragte er sich u. dachte darüber nach, wie diese zaulirische Welt wohl auf die Seele Estellas braune halbnackte Läufer, seine Füße wirbelten den Staub der Straße auf. Die Luft war so glutheiß, daß sie sich wie ein feuchter Mantel um den Körper zu legen schien. Nur farbige Menschen waren um Kiese Zeit auf di« sich hinauswagen mußten, husch ten in ihren Rickschas, geschützt von Tropenhelm und Sonnenschirm, gleich .Geistererscheinungen vorbei. . Nach färben« Indische Ozean wie ein wo gendes Gefilde von Blau und Gold und atmete ruhig unter den Flam- See der intensiv rote Ton des Bodens und mit diesem wieder das satte Grün der wollüstig wuchernden Pflan zenwelt. Landeinwärts lag für das SUige nur ein einziges tropisches Dick -eylonesische Leben neu. Die Vor der. Das Gall Face-Hotel wird auf gleich nachfolgenden Fritz Florfchütz seines Burschen kleidete der Offizier Jut." Der Offizier lachte. „Aber Aepfel alle schnell." beigeht?" benutzt und sich selbst als die höchste Kaste erklärt. Deshalb ist jeder Weiße hier ein Halbgott, mag er Fritz kopfschüttelnd, während er die wohlgeplättete Jacke dem Reisekoffer entnahm, „daß die Millionen, von Der Offizier erwiderte nichts. Fritz fuhr sort: darf natür- oder auf einen Haufen werfen» et jiebt auch 'ne janze Mass« anständig« Eng länder?" wohl auf jemand an?" -.Tu ick ooch, Herr Oberleutnant. Das Fräulein Martens hat eine Zofe bei sich, sie hört auf den komischen Mädchen verliebt haben, Mensch?" daß du nicht kleben bleibst." Der Bursche lächelte schlau, sah wachsenen Sahib ehrfürchtig an «in noch leeres Tischchen in der Mitte des Saales. Eine unendliche farbige Dienerschaft bewegte sich zwischen den Die weißen Götzen und Befehle in Empfang zu nehmen. Als Hans Ladenburg sich erhob und vor das Tor trat, um einen Blick auf den Strand zu werfep, be gann die kurze Dämmerung Lichtflut hing der Halbmond in grün licher Farbe. Der während des Tages unter der Sonnenglut wie tot durch Zauber mit einem märchen haften Leben gefüllt. Nur noch in der frühen Morgenfonne, gleich nach sam promenierten, denn schnelles Gehen setzt selbst in diesen kühleren Stunden das Herz heftig in Bewe gung. Auf dem Fahrwege fuhren» reichgeschirrte Karossen mit vornehm men Eingeborenen hin unb her, auf dem Kutschbock jedes Wagens thronte neben dem Kutscher ein beturbanter Estella entstieg. chend die Hände. „Ich bin durch gebrannt," rief sie, „um Sie abzu holen. Man erwartet Sie schon. .Das ist ja entzückend von Ihnen," sagte der Offizier herzlich, „aber wird man Sie nicht vermissen?" „Nicht, wenn wir gliich zurück fahren. Ich stand an der Garten pforte und schaute nach Ihnen aus. Eine Rickscha fuhr vorüber ich husch, hinein, und da bin ich." Der Offizier winkte zwei Rickscha läufer herbei und hieß sie folgen. Dann wandelte er mit Estella lang genossen verwundert das seltsame, nie vorher gesehene Treiben. Bald aber standen sie an einem Püntl des Strandes still und sahen nur noch aufs Meer hinaus, wo die Sonne umerging. Gleich einer kleinen gol denen Krone, die Funken sprühte, ruhte sie aus dem M««r, wenige Se- künden noch, und es war, als ob d»> Wasser sie jäh auslösche. wobei sie flammte. Beinahe gleichzeitig wurden am Himmel die goldenen Sterne sicht bar und über das weite Meer legte es sich wie ein purpurner Schleier. „Wie schön, wie herrlich, wie wun derbar!" rief Estella. „Ich kann nicht in Worte fassen, was ,ch fühle. Ich bin ganz voll Glück und Son nenschein." „Estella," sagte Ladenburg leise, „warum bist du gekommen?" „Ich hatte Sehnsucht nach dir." flüsterte Estella. durch die umbuschten Straßen nach Flower Road. 9. Kapitel. Wenn Indien der Kronjuwel in dem Indischen Ozean gefischt. Die Frucht zugleich. Ausblicke ins Tal eröffneten sich, hinführte und weit unten TiH« In einem Abteil dieses Zuges saßen einander Hans Ladenburg und Estella Martens gegenüber. Beinahe zwei Wochen innigen Naturgenusses, der in und kleineren Gescil- Jnnern des Landes veranstaltete John Hagenbeck zu Ehren seiner Lands männin eine richtige Elesantenjazv. indische Zauberer und Schlangen beschwörer hatten ihre Künste vorge führt die kurze Zeit des Besuches war dahingeflossen wie ein Märchen traum. Die Gesellschaft hatte sich außerdem noch um eine Persönlichkeit vermehrt, di« Ladenburg den ersten Platz an der Seite Estellas durch ältere und verwandtschaftliche Rechte streitig macht«. Aus seiner Garnison im Innern des Landes war ein eng lischer Vetter Estellas herbeigeeilt, Ach du liebe Jüte.... „Müllers sind auch wieder zurück aus der Sommerfrische? Was ma .Ach du liebe Jüte noch alle» trm en w s, > e sagst Der sechsjährige „Prosit!" Gedankensplitter. Blin» Im Wirtshaus. Wie geht Wirt?- 3 H Mensch zu schen: und des Nachts