Km stammt«Riesel Erster Teil. 1. Kapitel. Auf halber Höhe des berühmten Victoria Peak lag das Haus versteckl im tropischen Buschwerk, aber von lichste Aussicht der Welt; aus die wortsstr«benden Berges, auf die Ge fchäftsstadt der lebensprühenden eng lischen Kolonie Hongkong tief unter. lrönzend«n Bergen. Der Besitzer dieses Juwels von einem Hause saß mit einigen Gäslen Filzsohlen lautlos ab und zu. trugen der Pünktlichkeit von Maschinen.^Die penanzüge gehüllt. Durch die weit geöffneten Fenster und Balkontüren strömte eine feucht-heiße Lust herein. Fritz Krüger, Vertreter einer großen deutschen Schiffahrtsgesellschaft, von den Chinesen ob seiner Würd« ehr furchtsvoll „Tai Pan", der „große Mann", genannt, durfte sich, zumal ols Junggeselle und mit einem rei bietet. Sein gastliches Haus war ct sucht, seine Tafel, der ein chinesi einem der Aerzte der Kolonie, d«:n wegen seiner scharfen Zunge gefürch teien Doktor einem auf der Offizier. Der Doktor goß einen kräftigen Schluck Whiskey in fei» Glas, tat nur wenig Sodawasser dazu und wen dete sich scherzend gegen den Schrift steller. „Prost, Doktor Dührkop! Auf glückliche Heimkehr! Wenn Sie Ihr Buch schreiben, schelten Sie nicht zu sehr auf uns hier draußen. Sehen Sie, kürzlich war so ein Flachkopf von Parlamentarier hier bei uns, der nach her die Keckheit hatte, so etwas in die Zeitungen zu schmieren, als söf fen die Auslandsdeutschen zu viel! Whiskey und Soda sei Gift, und ganz besonders gefährlich in heißen Ländern. Nehmen Sie's nicht übel, oder das ist Quatsch, ausgekochter Quatsch. Der Mann hatte keine Ahnung. Der Alkohol ist nötig in büßen Gegenden, schadet gar nichts, ist Medizin, hält das System in Ord nung, solange man bloß trinkt zu sausen braucht man ja nicht." Der Schriftsteller, ein kleiner, be weglicher Herr, schmunzelte und stieß an. „Ihnen, lieber Doktor, schadet das sagen wir Trinken jedenfalls nicht, man sieht's Ihnen an, Sie find trotz Ihres langen Aufenthalts in Hongkong so gesund wie ein Fisch im Wasser. Im übrigen ist das Ganze nach meiner Ansicht nichts als «ine Frage der Leistungsfähigkeit. wag fein Quantum trinken; wem's schadet oder wem's nicht schmeckt, der soll's bleiben lassen. Was sagen Sie, ln den blauen Augen des Angere deten tauchte ein ferner, träumerischer Glanz auf. „Ein ähnlicher Gedanke ist mir gekommen," sagte er langsam, hat Ihnen denn Japan gefallen?" rief der Tai Pan. „er zählen Sie uns von Ihren Eindrill ten; haben Sie auch die große Ve resterung mit sich genommen, die Land und Volt in fast jedem Rei senden aus dem Westen «rweckten?" „Nee, nee," fuhr der Arzt dazwi schen. „erst soll er sich mal darüber ausspreche», welche Gedanken ihm über das Trinken gekommen sind." „Das ist leicht gesagt," erwiderte der Offizier, „ich wollte an den klu gen Ausspruch unsres Zeitungsman nes hier anknüpfen, daß vieles auf oie Frage der Leistungsfähigkeit hin ausläuft. Ich hab- noch kein Voll tcnnen g«lernt. das. summarisch ge sprochen, in punlto Alkohol so ver dammt wenig vertragen lann wie die Japs. Sie daben einen Reisbrannt wein, heißt, wie Sie wissen, Sal6, ein ziemlich widerliches, fades Zeug, das warm aus kleinen Tassen getrun icn wird. Na, diesen sogenannten Eckmaps können wir Europäer trin tcn Wasser, aber die w^rst Mischen Getran n werden s g „Bleiben Sie mir bloß mit solchen Kcrls vom Leibe." rief der Arzt ver ächtlich und goß voll Grimm den Liest seines Whisleysodas hinunter. man nicht trinlt, gibt's kein Genie und Feuer Wasser saufen 110 ß die Wiederkäuer, sag' ich. Die Japaner sind eine Nation von Wie- irgend etwas geschaffen, he? Ihre Schrift haben sie von den Cinesen, Kleinkunst Pfeif' ich. Eine Art den Arm des Aergerlichen und unter drach den Redefluß. „Einen Augen blick, Doltor! Lassen Sie erst mal a«n Herrn Oberleutnant sprechen, der seil." Der Schriftsteller nickte lebhaft. „Wann kommt !>«r Dampfer?" fragt« der Arzt. „Er soll um sechs Uhr etwa her „Prinz Ludwig" gehört zu den be gehrtesten Schiffen des „Lloyd"; im mer voll besetzt. In einer halben Stunde ist's soweit. Ich bin ge spannt aus die junge Dame, die sich sieller. Tai Pan, „das heißt, der Etikett« gangen. Ich verkehrte damals in der Familie Konsuls Martens in klug und lebhaft." Der Schriftsteller lächelte. .Hab« „Das geht Sie an. li«ber Freund," lachte der Tai Pan, „sie reist, wie Sie, zunächst nach über- Hanseatin Ihrem männlichen Schütze an. Und damit gesegnete Mahlzeit." Die Herren gaben einander die Turm schaute man hinab aus den Fuß des Victoria Peak, den die Europäer sich zum Wohnhiigel er koren. Der ganze Berg, so weit man ihn übersehen konnte, glich einem grü nen Wald, aus dem die schimmernden Villen und blinkenden Fenster gleich winkend«» Augen hervorlugten. Zur Rechten, wo das Deutsche Klubhaus wie ein großer weißer Würfel auf ragte. kroch die Zahnradbahn ihren steilen Pfad zum Gipfel des Peal empor. In der Tiefe gewahrte man die Straßen der europäischen Ge schäftsstadt, zur Linken und Rechten die wimmelnden Ameisenhaufen der Chinesenviert«! mit ihren bunten Bauten und Fahnen und dem krib belnden Verkehr. Die Augen der vier Deutschen auf dem Ballon wurden aber von einem andern Schauspiel ge fesselt; wohl einer von ihnen ver mochte seine Blicke w-gzuwenden von dem lebenden Bilde des Hafens, dessen Wasser in der Tiefe funkelten. Mit ihren Felseninseln, mit ihren großen Schiffen, den braunen Mattensegeln der Sampans, die über das Wasser hinflatterten, den unzähligen Fisch adlern, die wie große Feuerfunk«n aus den Lüften niednschwebten, lag die Bucht da wie ein« Feerie. W«it drüben, auf der andern Seite des Hafens, schimmerten di« Werftanla gen der Halbinsel Kaulun, wo der „Mein Glas," rief der Tai Pan. „Ich glaube, der Dampfer ist in Sicht." Schweigend relchte einer der Chi nesen das Glas heraus. Krüger hielt es nur einen Augenblick vor die Augen und gab es weiter. Alle er kannten den großen, aus zwei Schorn steinen qualmenden Dampfer, der in der Tiefe der Bucht aufgetaucht war und sich rasch Kaulun näherte. Von den Masten flatterte die deutsche Reichsslagg« und die Flagge des „Lloyd" es war der erwartete „Prinz Ludwig". „Nur gemach, meine Herren," sagte der Tai Pan, „wir kommen jetzt gerade noch zurecht." 2. Kapitel. Vor der Tür der Villa standen geben. Dieser Tragstuhl war das private Gefährt des Arztes. Auf den steilen Peak gelangt man m:r Hasen' zu. Aus dem Anlegesteg von Kaulun, lang und breit, wie eine großstädtische Geschäft des Aus- und Einladens zu Riefendampser vor der Werft auf; über das Wasser hin, „Welch «in Schauspiel," sagt« der Offizier, „immer wiel'er neu, immer regend. Sehen Sie nur, wie der Gigant von hundert Zwerg«» um schwärmt wird, auf Sie er stolz h-r -abzuschauen scheint ein Bild ge waltigster Ztrastentfalaing." Ueberwältigend war in der Tat ten. um unmittelbar nach der Lan dung ihre mannigfachen Geschäfte be ginnen zu können. Der Koloß legte sich quer in den Strom und steuerte dann ganz langsam auf den Sieg zu. Als das Schiff etwas nähergekom men war, lösten sich dem Auge Hin derte von Gestalten los, die längs der Reling des Ob«rdecks versammelt waren und d«n Anlegesteg nach har renden Bekannten absuchten oder dcis ganze fremdartige Treiben auf der Werft bewundernd betrachteten. Nicht minder lebhaft war die Erwartung der versammelten Europäer aus der Landungsbrücke. Krüger suchte mit Hilfe seines Fernglases gespannt und etwas auf geregt das Verdeck ab. „Ob ich sie wohl wiedererkenne?" sagte er. „Das Kind habe ich so klar vor mir, als ob ich's erst gestern verlassen hätte, aber aus Kindern werden Leute. Viele Frauen- und Mädchengesichter sehe ich, aber kein bekanntes darunter." Der Oberleutnant nahm ihm daZ Glas aus der Hand und richtete e? «inige Sekunden auf das Schiff. Plötzlich setzte er ab und ein feines Rot huschte über sein schönes, männ liches Gesicht, als er ruhig sagte: „Ich sie gesunden. G«rade un- Der Arzt ergriff den Offizier scher- Puls zu fühlen. „Mensch, Kriegs leutnant, „ich bin aber ganz sicher. Es ist so etwas wie Gefühlssache." Inzwischen hatte der Tai Pan an reiht. Sie könnte es sein." Als der Dampfer nahte, schob die Menge auf dem Steg sich mehr zu- Jntelligenz, Vornehmheit, Wohlwol len und Kraft. Beklemmend begann das Bild des Kommandobrücke sah man empor wie äußersten Spitze des Vorderschiffes dunkler Qualin und legte sich als breites Band über den Hafen. Die Reliyg des Promenadendecks war m't Genuß des Reifens und des Wechsels tun?" „Nee, lassen Sie nur, ich werde Der Tai Pan setzte sich in Bewe gung, trat aus der Menge, begleitete einigt Sekunden das sich vorbeischie- Die junge Dame mit dem bläuli chen Schleier richtete sich schnell auf und sah gespannt hinab. Sie erkann te, wer gerufen hatte, schien aber ih ren Augen nicht zu trauen. Auch Krüger sah jetzt, daß der Offizier recht gesehen hatte. „Sind Sie es, Fräulein Mädchen übermütig, und in dem erstaunten Lachen lag nicht di« ge ringste Schmeichelei. „Wenn der Dampfer fest ist, kom me ich sogleich hinauf," rief Krüger noch und trat mit erneutem Hut schwenken zurück zu seinen Freunden. „Leiden Sie häufig an solchen Ah nungen oder hellseherischen Anfäl len?" sagte er zu dem Oberleutnant. „Die Dame ist wirklich Fräulein Martens. Sie ist weit schöner ge worden, als ich mir's vorgestellt hat te." „Hossenlich hat sie dasselbe von Ihnen gedacht," rief der stets zum Hänseln aufgelegte Arzt. Krüger sah mit tomischer Be trübtheit an sich herab. „Das lann ich leider nicht annehmen. Sie rief mir schon zu, ich hätte mich sehr verändert das sollte wohl auf deutsch heißen: Mensch, wie bist du Der Offizier blieb schweigsam, sei ne Augen folgten dem Schiffe und dem sich über die Brüstung neigen den Mädchen, das er auf so geheim j nisvolle Weise erkannt hatte, ohne Jetzt lag der Koloß still, Kom mandoworte ertönten, der riesige Anker rasselte in die Tiefe, mächtige Stahltrossen wurden um stämmige menadendeck verbunden. Sturmar tig fegte gleich eine Anzahl von Men schen die Stufen meistens unter ihnen der Tai Pan mit sei nen Freunden. Die Hamburgerin wartete schon oben an der Treppe. Die Art, wie sie den alten Bekann zeigte schon, welch ein freier, lieber, natürlicher Mensch sie sein mußte. Beide Hände streckte sie dem Tai Pan entgegen und zog ihn aus dungsbrücke fort auf ein ruhiges Plätzchen. „Wie ich mich freue, Sie ! zu sehen, lieber Herr Krüger!" rief t sie. „Seit der Einfahrt in den Ha ! fen habe ich mich fortwährend ge- dererkennst. Ich bin fast beschämt, ! ten." j „Es ist sehr gütig von Ihnen, so etwas zu sagen," erwiderte der ! Tai Pan. „Ich weiß wohl, daß ein halber Junge. Zu jener Zeit gegnen." „Ich hätte mir manches nicht träumen lassen," sagte Krüger und ließ seine Blicke respektvoll, aber auch mit unverhohlener Bewunde gleiten. „Meine kleine Estella ist Spur von Geziertheit: Ich freue mich, daß ich Ihnen gefalle. Aber mehr kommt es auf den inneren Menschen an. Doch sagen Sie, Herr Krüger, sind die Herren dort drüben, die uns beobachten, nicht Ihre Freunde? Ich meine, Sie schon auf dem Steg beieinander ge „Weiß Gott," lachte der Tai Krügers traten die drei Herren b«ran. Der Tai Pan stellte vor. „Herr Oberleutnant Hans Laden- nehmen müssen, denn er studiert als Arzt nicht nur cm allen Menschen herum, sondern ist auch das bissig ste Mitglied der deutschen Koloni« in Hongkong," Fräulein Martens reichte dem Schriftsteller zuerst die Hand, „Die se Begegnung kommt mit roter Tin te in mein Tagebuch, Zu Haust habe ich immer gewünscht, dem Ver fasser so vieler schöner Bücher ein mal zu begegnen! bah es nun hier in der fernen Fremde geschieht, macht das Zusammentreffen für mich um so reizvoller. Ich weiß mich überhaupt mit all den neuen Eindrücken noch gar nicht auseinan derzusetzen." Auch die beiden anderen Herren wurden eines Händedrucks gewür digt, Der Oberleutnant fragte, wo die Hamburgerin sich zuletzt aufge halten habe, Sie berichtete, daß sie einige Wochen bei einer verheiratete» Freundin in Tsingtau geweilt habe. „Und sind Sie etwa auf dem Landwege über Sibirien nach Ki autfchou gereist?" fragte der Offi zier. Die junge Dame bejahte. „Dann," fuhr der Oberleutnant fort, während seine Augen strahl ten, „stehen Ihnen noch die wunder loren geglaubte Paradies erschlie ßen," Ehe die Hamburgerin antworten etwas kaltes Wasser aus Ihre Be höchste Zeit. Da ich die Absichten Hotel zu belegen. Haben Sie et- Fräulein Martens frühlich. „Mir ist 3. Kapitel. Der Schriftsteller lächelte. „Ich „Das Mädel gefällt mir auch," sagte der Arzt. „Hübsch, klug und Der Tai Pan lachte. „Ja, j.l. nen die Reisegefährtin recht?" Der Oberleutnant sah den Tai Pan ernst und sinnend an, „Die Menschen verstehe, ein Wesen voll Innerlichkeit, das sich nicht leicht er wollen, sie gefällt mir außerordent lich. Es ist etwas in ihrer Art, das Achtung und Vertrauen erweckt." (Fortsetzung folgt).