Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 27, 1916, Image 3

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LS Ilmbe.
Roma» von H. CourthS-Mahllk.
(IK. Fortsetzung). '
Diese Zeit wurde dem Fürsten un
endlich lang. Er begann zu fiebern
leer. Selten wurde es einmal benutzt,
und der Fürst hatte dafür gesorgt,
daß es ihm für die nächste Stunde
Minute wurde ihm zur Ewigkeit und
fünfzehn solcher Ewigkeiten ließ ihn
Liam durchleben, ehe sie endlich er
zwei Flechten um den schmalen seinen
Kops gesteckt. Einige lose Löckcben
fielen auf die weiße Stirn, unter der
treffen/
Interesse dafür hatten, Durchlaucht/
Er faßt« ihre Hand.
»Das mußten Sie wissen. Liane
Ihnen."
Er bedeckt« ihre Hand mit Küssen.
'.Oh wie liebe ich Sie um die
sen Stolz, ich bete Sie an, Liane,
und ich will Ihnen den höchsten Be
weis meiner Liebe geben. Ich habe
hindern. Bleiben Sie noch, Liane
und gestatten Sie mir, Sie als meine
Braut zu betrachten. Sie sind es
wert, die Gemahlin des Fürsten Jr
low zu werden."
Es blitzte triumphierend in ihren
Augen auf. Ein tiefer Atemzug hob
ihre Brust. Diese Genugtuung war
ihr das Leben schuldig. Ein letzter,
großer Triumph ihrer Schönheit. Sie
wußte, was «s galt, diesen Schmet
terling einzufangen, der schon so vie
len geschickt gestellten Schlingen ent
gangen war. Und in diesem letzten
Sieg nahm sie Abschied von der gro
ßen Welt und schaffte sich noch
«ine Genugtuung ohnegleichen für
mancherlei Demütigung, die sie erlit
ten hatte.
Eine ganze W«ile zögerte sie mit
der Antwort und sah mit rätselhaft
grausamen Augen in das erregt zuk
kende Männcrgesicht. Endlich sagte sie
langsam, jedes Wort betonend:
„Aber Fürst Jrkow ist es
Sie lächelte seltsam.
mein« Werbung zurückweisen?" fragte
»r erregt, fassungslos.
„Allerdings das will ich damit
sagen."
"Mein Gott ich bin doch Wohl
nicht verpflichtet, Gründe anzugeben.
Durchlaucht wir haben uns nichts
mehr zu sagen."
Sie erhob sich, neigte leicht und an
mutig das Haupt und schritt zur
Tür.
Der Fürst sprang auf und vertrat
s>ch"
Da glühten ihre Augen auf wie in
Groll und Haß. In dem Fürsten Jr»
low schien ihr die ganze besitzenee,
vcm Glück begünstigte Menschheit ge
genüberzustehen, zu der si« und Ju^
»en Sie sich doch einmal von Ihrem
Fürstentitel und Ihrem Reichtum,
dann werden Sie sehen, was für ein
crmselig«r Mensch übrigbleibt. Und
dann werden Sie begreifen, daß Sie
einer Frau, wie ich es bin, nichts
gar nichts zu bieten haben. Und nun
lassen Sie mich gehen, wir sind zu
End«."
Mit stolz erhobenem Haupte und
flammenden Augen schritt sie an ihm
vorüber zur Tür hinaus.
Er stand wie erstarrt und sah ihr
nach. Lange verharrte er so, ein bit
teres Gefühl im H«rzen. Zum ersten
mal in feinem L-ben empfand Fürst
Jrkow das Gefühl grenzenloser De
mütigung. Und bis zu seinem Le
bensende v«rwand «r das nicht. Nie
mals vergaß er die Frau, die ihn so
stolz und verächtlich zurückgewiesen
hatte und niemals erfuhr er, wie
viel Komödie sie dab«i gespielt hatte.
Liane v. Brenken verschwand aus sei
nem Leben, er sah sie niemals wie
der, hörte nie wieder von ihr, und
doch vergaß er sie nie weil sie ihm
unerreichbar geblieben war. Daß sie
une Abenteuerin war, hat er nk er
fahren.
Liane v. Brenken trat mit einem
Aufatmen befriedigter Rachsucht wie
der in ihr Zimmer. Ihr Gatte er
wartete sie. Mit stolzem Lächeln er
zählte sie ihm die Unterredung mit
dem Fürsten. Er zog sie leidenschaft
lich in seine Arme und küßte sie wie
im Rausch, und sie vergaß in seinen
Armen allen Haß, allen Groll, und
war nichts als ein liebendes Weib.
Am Abend desselben Tages gegen
neun Uhr klingelte Liane dem Zim
mermädchen. Als dieses eintrat, frag
te sie dasselbe lächelnd:
„Wollen Sie sich schnell 20 Mark
Das Mädchen versicherte hastig sei
ne Bereitwilligkeit.
„Sie haben doch eine halbe Stunde
frei?"
„Gewiß, gnädige Frau."
„Wissen Sie die Wohnung der Grä
fin Eckhoff?"
„Ja. gnädige Frau, ganz genau,
die Zofe der Frau Gräfin ist meine
Freundin, ich besuche sie zuweilen."
Lianes Augen blitzten auf.
„Ah, das ist sehr gut. Also hier,
nehmen Sie dies kleine Päckchen und
gehen Sie damit zu Ihrer Freundin,
der Zofe der Gräfin Eckhoff. Und
sagen Sie ihr, sie möchte dies Päck
chen heute abend, ehe die Herrschaften
zur Ruhe gehen, auf den Schreibtisch
im Zimmer der Komtesse Buchenau
„Sehr wohl, gnädige Frau."
Das Mädchen verschwand. Und
kaum eine halbe Stunde später kam
Gatten zum Bahnhof.
Fürst Jrkow hatte sich in seine
Zimmer zurückgezogen. Am anSern
Tage reiste auch er ab.
Die große Saison in Baden-Baden
war vorüber.
Als Pia an diesem Abend ihr Zim
mer aufsuchte, trat Rosa, die Jungfer
der Gräfin, bei ihr ein.
„Gnädigste Komtesse verzeihen
ich wollte nur melden, daß aus dem
Schreibtisch ein Paketchen liegt. Es
ist aus dem Hotel geschickt worden,
von Frau v. Brenken, und es soll nie
mand darum wissen, da es sich um
delt," sagte sie schnell.
nicht, daß irgendein Geburtstag bevor
stand. Aber ein instinktives Gefühl
ist gut, Rosa, ich danke Zlh-
auf trat Martha, Pias Zofe, ein.
Adresse versehen. Pia fühlte es an.
Es schien nur Papiere zu enthalten.
„Vielleicht Aufschlüsse über meine
Stiefmutter," dachte sie. Und ein
seltsam banges Gefühl beschlich sie.
Einflechten ließ.
„So, Martha ich will noch ein
halbes Stündchen lesen, dann rufe ich
Sie."
Damit verabschiedete sie Martha
Als sie die erste Hülle entfernt hatte,
keltes Kuvert ohne Aufschrift.
Zuerst öffnete Pia das Briefchen
und las:
„Liebes Komteßchen! Es wurde
mir nicht vergönnt, Ihnen adieu sa
gen zu dürfen. Ihr Verlobter, Herr
v. Ried, ein alter Bekannter von mir,
menhalten, die Männer tun es ja
auch. Die Männer wollen jedes Fitti
chen in der Vergangenheit der Frau
Briefe Ihnen eines Tages als Waffe
sollte mich freuen. Ich rate Ihnen
jedenfalls in Ihrem eigenen Inter
esse, niemandem zu verraten, daß Sie
im Besitz dieser Briefe sind sonst
sind sie als Waffe wertlos. Da ich
ich mich Ihnen und wünsche Ihnen
viel Glück in Ihrer künftigen Ehe.
Ihre Lian« v. Brenken."
Betroffen sah Pia auf diesen Brief
herab. Mit einem Gefühl, als schlei
che etwas Unheimliches an sie heran,
löste sie das starke' Kuvert und nahm
die Briefe heraus. Vier Stück waren
es nur, von verschiedener Länge. Pia
nesherz in den Ausdrücken einer gro
ßen, gewaltigen Leidenschaft.
Wie Fieberschauer rann es über
Pias Gestalt. Zum ersten Mal ver
drücke eines heißen Empfindens.
Zitternd hielten ihre Hände diese
Briefe. Blatt um Blatt lief durch
haft in ihre Seele und erweckten doch
zugleich eine heiße Sehnsucht, daß
diese Worte ihr gelten möchten.
Aber dies alles hatte Hans Ried
war die schöne junge Witwe, von der
Exzellenz Rottheim gesprochen hatte,
und die er so wahnsinnig gelievt hatte.
Ach, wie anders sprach er zu dieser
Frau als zu ihr. Wie kalt und ruhig
hatten dagegen seine Briefe an sie
Also, das war die Liebe? 3a
Man sagte ja, sie würde die Braut
des Fürsten Jrkow.
Also deshalb hatte Hans Ried da
mals sein stilles Schloß ausgesucht
und sich mit Sehnsucht nach der uner
lieben vermochte.
Sie schauerte wie im Fieber zu
sammen und schlug die Hände vor das
Antlitz. Ach wie sie liebte,
dachte sie daran, daß er noch heute
bei seiner Ankunft sie in seine Arme
gezogen und sie hatte küssen wollen.
fort. Sie wollte heimreisen zu ihrem
Vater. Der durfte nicht erst nach Ba
den-Baden kommen, die Verlobung
Aber was sollte sie Tante Ma
plötzlich abreisen wollte? Tante Ma
»Was ist?" fragte sie geistesabwe
send die eintretende Zofe.
„Verzeihung ich glaubte, gnä
digste Komtesse feien eingeschlafen über
! licher Mantel.
> „Wahrscheinlich ja wahr
! scheinlich war ich eingeschlafen; eS
ist gut, daß Sie kamen, Martha,"
stammelte Pia verwirrt. Und dann
fuhr sie fort:
„Nun flechten Sie mir schnell mein
Haar ein. Es ist wohl schon spät?"
„Gleich ein Uhr. gnädige Komteß."
wecken Sie mich morgen früh
um sieben Uhr. Ich reise nach Hause
mit dem Neunuhrzug."
Martha war sehr erstaunt.
„Schon morgen früh? Soll ich da
nicht packen, gnädigste Komteß?"
„Nein das können Sie morgen
übermorgen nachkommen so so
habe ich es mit der Frau Gräfin be
sprochen. Ich wollte zwar erst um elf
Uhr fahren, aber ich habe mir über
legt, daß der Neunuhrzug günstiger
ist. Die Frau Gräfin darf aber kei
nesfalls in ihrer Morgenruhe gestört
Martha wunderte sich wenig. Sie
hatte bereits gehört, daß Komteß in
diesen Tagen nach Schloß Buchenau
reisen würde und daß sie ihr« junge
Herrin dorthin begleiten sollte. Es
kam nun freilich ein wenig plötzlich,
aber daß vornehme Herrschaften zu
weilen ihre Domestiken mit derartigen
schnellen Entschlüssen überraschen, war
Martha gewohnt aus früheren Stel-
Dann war Pia allein.
Fröstelnd und sterbenselend lag sie
im Bett. Schlafen konnte sie nicht.
Wie glatt ihr diese Lüge Martha ge
genüber über die Lippen gekommen
war! Ach Papa hatte recht, in der
großen Welt lernt man die Lüge ken
nen.
Sie hätte ja auch in diesem Falle
die Wahrheit nicht sagen können. Und
so viel wußte sie nun schon von Welt
und Leben, daß in diesem Falle jedes
Aufsehen vermieden werden mußte.
Die Dienerschaft durfte nicht wissen,
daß sie entfliehen wollte, ohne Vor
wissen der Gräfin; Tante Maria wür
de dann schon weiter sorgen, daß alles
ganz selbstverständlich aussah. Sie
war ja so klug, so gut und verständ
nisvoll. Ach ihr hätte sie alles sa
gen können, was ihr Herz bedrückte
wenn eben nicht Hans Ried ihr
Neffe gewesen wäre.
Nun überlegte Pia ganz ruhig
ihren Fluchtplan. Geld befaß sie
genug, um nach Hause zu kommen.
Vom Bahnhof aus wollte sie an den
Vater depeschieren, daß er einen
Wagen an die Station schickte. Der
Zug ging gleich nach neun Uhr ab,
das wußte sie, und Tante Maria
erhob sich erst um neun Uhr. Dann
war sie schon fort.
Sie mußte natürlich eine Nach
richt hinterlassen für Tante Maria
und auch für Hans. Und da
würde sie abermals lügen müssen,
weil sie die Wahrheit um keinen
Preis sagen durfte.
Ach, wie schwer, wi« furchtbar
schwer war das Leben doch für sie
geworden.
Als der erste Sonnenstrahl durch die
Vorhänge siel, erhob sich Pia und
schlüpfte in ein weiches, warmes
Morgenkleid. Es war ein japani
sches seidenes Gewand mit gestepp
tem Seidenfutter und daunenleicht.
Leise ging sie hinüber in ihr
Wohnzimmerchen und setzte sich an
die Hand gestützt, überlegte sie noch
ein Weilchen, was sie schreiben soll
te. Und dann flog die Feder hastig
über das Papier.
Erst schrieb sie an Tante Maria,
dann an HanS. Beide Briefe kuver
tierte und adressierte sie und steckte
sie in ein größeres Kuvert, das sie
an die Gräfin adressierte.
wachende Leben. So elend war ihr
zumute, daß sie gleich hätte sterben
mögen. Fröstelnd schauerte sie zu
sammen. Dann klopfte Martha leise
Pia ließ sich, äußerlich ganz ru
hig, ankleiden, und als sie fertig
begleiten. Martha. Aber, bittt, ge
sobald diese sich erhoben hat, damit
sie gleich erfährt, daß ich schon diesen
Zug benutz! habe."
Martha brachte Rosa den Bries,
und lehnte sich dann blaß und er
schöpft in die Kissen zurück.
Jetzt erst überfiel sie ein nervöse»
Zitiern, eine namenlose Angst, dak
ihre Flucht zu früh entdeckt werden
könnte. Wenn Hans jetzt plötzlich
sie laut aufgeschrien.
Martha sah plötzlich etwas ängst
lich in das blasse Gesicht ihrer ju»-
gen Herrin. Wie eine leise Ahnung
stieg es in ihr auf, daß bei dieser
s fds T /
tigkeit. Und wenn auch nicht -- sie
hatte sich an das zu halten, was ihr
besohlen worden war.
nach Hause zurück.
Pia aber faß in die Ecke gedrückt
in ihrem Coup 6 und atmete auf,
Zug- > st
Wuscheliopf an ihre Brust. Pia sah
sie nicht auch eine Mutter hatte, zu
der sie sich jetzt flüchten konnte.
Ihr Kopf schmerzte. Und je näher
sie ihrem Ziele kam, je mehr bangte
Zuges.
„Hans Ried Hans Ried wie
liebe ich dich wie namenlos liebe
So klang es dazu in ihrem Her
zen. Heiß stieg es in ihren Augen
auf.
(Fortsetzung folgt).
Helde?"^
Peperl: „Ausgezeichnet, Ontet, er
braucht sich dort tagelang nicht zu
s V " ch.
sicher einmal als Lesezeichen b.nut.