Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 02, 1916, Image 3

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    DK OMckm «um-
Venn es MW.
Roma» von H. 6ourthS-Mahl«r.
18. Fortsetzung).
„Unbesorgt, Herr <j>raf, ich werde
Leben. Ich habe es Ihnen schon klar
leichtern kann sprechen Sie bei
mir werden Sie Verständnis finden."
Hans v. Ried begann zu erzählen:
„Im letzten Winter hielt ich mich
in St. Moritz auf. Dort lernte ich
eine Frau kennen, die schon beim er
sten Begegnen einen großen, nachhal
tigen Einfluß auf mich ausübte. Sie
war blendend schön so schön, daß
atemlose Stille eintrat, wenn sie des
die Gesellschastssäle ein
gesehen habe. ch I
Eine heftige Leidenschaft für diese
Frau durchglühte mich von dem Mo
ment an, wo sie das erste Wort mit
mir sprach und mir das erste Lä
cheln spendete. Dies Lächeln machte
mich krank vor Sehnsucht ich
stand mir ein, daß sie schon dreißig
Jahre zählte und Witwe sei.
Was galt mir ihr Alter! Ich liebte
Hu regeln.
Ich war sehr glücklich.
Mit einem verwirrten Lächeln, das
mich um allen Verstand brachte, ge
weil sie die Absicht gehabt hätte, sich
«>ie wieder zu verheiraten, leichtsinni
t,crweise einen kostbaren Schmuck ge
tk'Ust hätte und das Geld dafür,
zwanzigiausend Mark, im voraus von
irren Revenuen abgehoben hätte.
D'tse zwanzigtausend Mark müsse sie
»un den Erben ihres Mannes zurück
zahlen.
Lächelnd gab ich ihr einen Scheck
Lbcr diese Summe.
Am andern Morgen reiste sie ab
nach Venedig, wo sie mit ihrem
Schwager zusammentreffen wollte.
soll" proklamier
Als sie abgereist war, sagt« einer
nitiner Freunde zu mir: Gott^ei
schlugen hat. Wir waren alle In
Sorge, daß du eine Dummheit ma
dtm sie mir erst Nachricht geben
wollte.
Ich reist« ab, nach Venedig, meinen
löschte zunächst nicht die Glut in mei
nem Innern. Ich starrte verzweifelt
vor mich hin. Aber so viel Kraft hatte
nedig, sondern nach Schloß Riedberg
abzureisen und ging hinunter, um
dem Portier meine sofortige Abreise
suchen wollte, kam mir ein elegantes,
stattliches Paar entgegen. Ich konnte
mich gerade noch hinter einer Blatt-
Frau, die ich so namenlos geliebt
hatte, am Arm ihres „Gatten" vor
übergehen. Er war ein schöner Mann
mit einem von Leidenschaften gezeich
neten Gesicht. Nie werde ich dies Ge
sicht vergessen. Wie ein Ekel schüttelte
es mich, daß ich solchen Menschen
in die Hände gefallen war. Und doch
das Lächeln, womit sie zu diesem
Manne aufsah, ließ mich erzittern.
Es war dasselbe Lächeln, das mich
schrieb ich auf eine Karte: „Adieu,
Madame ich war Ihr Zimmer
nachbar und habe alles gehört, was
Sie mit Ihrem Gatten besprochen.
Behalten Sie die zwanzigtausend
iclbst "und der Welt zerfallen. Meine
mir aufsteigen. Nur Komteß Pia und
ihre Eigenart, ihr ehrliches, ur
sprüngliches Wesen flößen mir Ver
trauen ein. Ihr kann ich sorglos die
sckossen hatte. Mit Freuden hatte sie
Die Entdeckung hatte ein Duell zur
Folge. Der Gegner des Grafen hatte
nur einen leichten Streifschuß am
sen müssen, die Scheidung war
schnellstens erfolgt. Si« hatte den Na
men ihres Gatten wieder ablegen
und sah den Grafen betroffen an.
„Was war das für ein Name?"
rief er erregt.
hieß sie als Mädchen."
„Und wie hieß der Verführer
Ihrer Gattin, Herr Graf?" stieß
Hans v. Ried mit blassem Gesicht
„Justus v. Brenken. Aber was ist
Ihnen?"
Briefschaften, die er für den Feuertod
bestimmt hatte. Mit zitternden Hän
den zog er eine Kabinettphotographie
das? Ist das Ihre geschie
dene Frau?"
Graf Buchenau starrte mit blassem,
verzerrtem Gesicht in das wunder
schöne, süß lächelnde Frauenantlitz.
„Ja sie ist es," kam es wie ein
Stöhnen über seine Lippen.
Hans v. Ried fiel wie kraftlos in
seinen Sessel zurück.
„Nun, wahrlich das ist ein selt
sames Zusammentreffen sie ist
und vor ihnen auf dem Teppich lag
das Bild der schönen Frau. Es lä
chelte süß zu ihnen empor.
Endlich raffte sich Graf Buchenau
aus und sagte voll bitterer Ironie:
„Da sitzen wir nun —wir beiden
fer fielen. Also so tief ist sie
d:e Frau des Mannes, der mich zum
Krüppel schoß. Wahrlich das Le
ben ist ein Gaukelspiel."
Hans v. Ried sah ihn besorgt an.
„Wir wollen nicht mehr daran den
ken, Herr Graf. Sie dürfen sich nicht
von neuem ausregen, von neuem nie
derdrücken lassen. Ich war zu sehr
überrascht es wäre bess«r gewesen,
ich hätte Ihnen diese letzte Erkennt
nis erspart."
Heftig schüttelte der alte Herr den
»iops.
„Nein, nein es war gut so. So
bitter diese Erkenntnis ist, so macht
sie mich doch innerlich frei von einem
hat."
„Darf ich wissen, was das für ein
Gedanke war?"
„Ja vor Ihnen habe ich jetzt
lein Geheimnis mehr. Ich glaubte,
ich sei zu hart mit ihr verfahren, re-
durch diese Eröffnung."
Langsam hob Hans v. Ried das
Bild der fächelnden Frau und
scherposten, ließ mich erkennen, daß er
seine Frau als Lockmittel benutzte,
um leichtgläubigen Toren das Geld
terhalt und für ein sehr verschwende
risches Leben brauchte. Anscheinend
machten sie beide die fafhionablen
Badeorte unsicher. Er war auch erst
mit in St. Moritz gewesen, hatte sich
ihr aber ganz ferngehalten, um lei
nen Verdacht zu wecken. Sie nannte
sich in St. Moritz Frau v. Lankow."
Der Graf starrte vor sich hin.
„Wie häßlich das alles ist wie
häßlich. Und diese Frau wollte ich
Hans v. Ried mußte noch ausführli
cher erzählen, und auch Graf Buche
nau berichtete noch allerlei Einzelhci-
H R' H , l
Der Graf drückte ihm fest die
Hand.
«Ja, Sie sollen es tun. Ich will
„Auf Wiedersehen, Herr Graf,
an Komteß Pia."
Der Graf lächelte.
„Den ich treulich bestellen, und
schast."
Hans v. Ried begleitete seinen Gast
bis zum Wagen.
mer zurückgekehrt war, fuhr er fort
in seiner vorherigen Beschäftigung.
Und che der Abend niedersank, war
über die glühenden Er
güsse, die er sehnsuchtstrunken zu Pa
pier gebracht hatte. Sicher hatte sie
kalt lächelnd dabei berechnet, wie hoch
sie ihre Forderungen an ihn stellen
Der Winter war fast vorüber, und
Hans Ried hatte noch nicht das ent
scheidende Wort mit Pia gesprochen,
kraf Buchenau fragte ihn nicht, er
ließ ihn ruhig gewähren. Der junge
Mann wartete noch immer auf eine
günstige Gelegenheit. Es drängte ihn
auch nichts, die Entscheidung herbei
zuführen. Sein Herz schlug ja nicht
unruhig und sehnsuchtsvoll der Stun
de entgegen, da er Pia sein eigen nen
nen tonnte.
Noch öfter als sonst war er mit
dem Grafen Buchenau und seiner
Tochter zusammen. Der Besuch des
Grasen in Riedberg hatte sich einige
Male wiederholt und zuweilen hatte
ihn Pia begleitet. Sie kannten nun
Hans Rieds interessante Rcisesamm
!ung ganz genau.
Auch das WeihnachtSfest hatten die
drei Menschen gemeinsam verlebt und
war eine sehr behagliche, stim-
«nngZvolle Feier gewesen. HanZ v.
Ried und Pia hatten selbst die Tan
etwas von dem alten traulichen Weih'
nachtszauber aus seiner Kindheit er
wachen. „Dornemännchen" versank
bedingt von ihrem mißratenen Back
werk essen und Pia beobachtete sie da
bei erwartungsvoll und kontrollierte
genau, ob man auch aufgegessen hatte.
Als der erste Schnee gefallen war,
hatte Hans Ried einen eleganten Bob
sleigh kommen lassen. Das, was ihm
Pia unter dieser Bezeichnung als ihr
Eigentum vorgestellt hatte, war von
ihm scherzend verworfen worden.
Nun fuhren sie beide fast täglich,
wenn das Wetter günstig war, den
Riedberg hinab.
Hei! War das eine prickelnde Lust
ftk das Kointeßchen! Da jauchzte sie
Hellauf, wenn es pfeilgeschwind zu
Tal ging. Und lachend und übermü
tig ging es dann wieder bergauf.
Hans Ried freute sich an Pias
frischfroher Art und konstatierte doch
zufrieden, daß sie das allzu Wilde,
Jungenhafte langsam abstreifte.
Ein passendes Sportkostüm hatte
sich Pia nach seinen Angaben bestellt.
Und sie sah in dem weißen Flausch,
der sehr elegant und fesch war. ganz
reizend aus, trotzdem sie auch dazu
eine weiße Mütze trug, die wenig von
ihrem Haar sehen ließ. Aber ein
schmales Strcifchen Gold lugte doch
über dem von der frischen Winter
teniperatur geröteten Antlitz unter der
weißen Flauschmütze hervor.
Wenn sie dann auf dem Heimwege
waren zuweilen im Schlitten, zu
teilen zu Fuß —. dann erzählte
wohl Hans Ried von dem Leben und
Treiben der großen, eleganten Win>
tirsportplätze. Er kannte sie alle und
wußte gut und anschaulich zu bericht
ten. Pia sah dann mit großen, stau
nenden Augen zu ihm auf und
zuweilen entfloh auch wohl ein ganz
leiser, sehnsüchtiger Seufzer ihrer
Brust. Papa hörte es ja nicht.
Eines Tages, der Januar war fast
zu Ende, gingen sie wieder nebenei
nander her durch den verschneiten
Wald. Sie hatten während der frü
hen Nachmittagsstunde gerodelt, und
Hans Ried begleitete die Komtesse
nun nach Buchenau, wo der Graf sie
i emann schon leckere Toasts und kleine
knusperige Kuchen ber«itete, die zum
heißen Tee sehr beliebt waren.
Hans v. Ried erzählte eben von
einem großen Wintersportfest und
rvn dem geselligen Treiben in den
Absicht. Da er sich. vorgenommen
hatte, Pia einige Zeit unter die Ob
hut seiner Tante zu geben, die in
Baden-Baden wohnte, so hielt er es
sür angebracht, in ihr selbst den
Wunsch zu wecken, einmal hinaus in
fragte der junge Mann lächelnd
Pia schüttelt« den Kopf.
„O nein, ich würde mich immer
immer im lauten Treiben der Welt,
sten. Oder nicht?"
Riedberg?"
Er hielt ihren Blick fest.
wenn ich Sie nicht mehr, wie jetzt,
olle Tage sehen könnt«. Was sollte
denn aus Papa und mir werden
schnell, daß es nicht Ihr Ernst ist,
und zwang ihn, stillzustehen. Und dii
Er fühlte etwaS Warmes, Weiches
Sie schluckte krampfhast, um nicht
in Tränen ausbrechen zu müssen.
»Freilich würde ich Sie halten wol
len, so fest ich könnte. Das Leben ist
doch erst so schön geworden, seit Sie
heimgekehrt sind. Aber wenn Sie
sortwollen dann kann ich doch
nichts tun, um Sie zu halten." ant
wortete sie ganz verzagt, und nun
Komteßchen k" len
tun?"
»Ihre Frau ich Ihre Frau?"
stammelte sie ungläubig. .
Kopf.
„Aber das geht doch nicht."
Pächter Reichels Tochter sich verhei
tleid mit langer Schleppe und eine«
Schleier. Und sie hat furchtbar ge
weint, und alle machten so feierliche
er von ihr wollte.
»Das ist alles gar nicht so schlimm.
Komteßchen," , sagte er lächelnd.
„Traurig ist man bei einer Hochzeit
nicht, das sind nur Freudentränen ge»
vergnügt. Das gerade brauche ich ia.
Und das mit der Schleppe da»
lernt sich ganz leicht. Immer brauchen
Sie eine solche nicht zu tragen, nur
zuweilen bei festlichen Gelegenheitpi. »
Uiid alles was
Sie be"i"mk
ben?"
„Nein, Kointeßchen, es wäre bes
ser, Sie würden einige Zeit sage»
wir ein halbes Jahr^ — ganz allem
Frau."
Dornemann sagt, eine Frau miiffe
alles besser verstehen als ihre Dienst
boten, sonst ginge es im Hause drun-
Händen an sich heran.
„Das lernt sich alles, Komtetzchea.
Die Hauptsache ist, daß Sie wollen,
daß Sie mich lieb genug haben, um
»Ach, daran fehlt es nicht. Ich bin
>,m liebsten immer bei Ihnen und
habe Sie sehr lieb," gestand sie Harm»
lc? ein.
„Also willigen Sie ein?"
Sie seufzte.
„Erst müssen wir doch Papa fra
gen, ob er nichts dagegen hat."
„Das ist nicht mehr nötig, ich hab»
ihn schon gefragt, und er hat nicht»
dagegen "
(Fortsetzung folgt).