Vem nie durch Liebe Neid geschah! (14. Fortsetzung und Schluß.) Sie hatte gehofft, Trost in dem Be wußtsein zu sinden, daß all diese melsauge schaute unbehindert bis auf das MooS des Waldbodens. Gertrud umkreiste die Villa, sie Gertrud schüttelte über sich selbst den Kopf. Was war mit ihr? Sie tonnte weder Trauer noch Freude hatte. " Gertrud trug ein weißes Kleid und zum ersten Male seit dem Tode ihre» Gatten einen farbigen Gürtel und Mädchen halten, so keusch und lieb lich war der Ausdruck ihres Gesichts, so schlank und anmutig ihre Ge- Patt. W d k 'h die Augen niederzuschlagen in heimli chem Schuldbewußtsein, die Ehre sei nes Freundes und dessen Gattin war ihm heilig gewesen, er hatte sie mit keinem Hauch getrübt. Jetzt hatte er Gertrud bemerkt, er stutzte, dann eilte er mit langen Schritten auf sie zu. »erhoffte Freude! Ich fand zwar die frischen Kränze auf Kamills« Grab, aber Ihnen selbst hier zu be gegnen, davon hatte ich keine Ah- Sein Gesicht war ernst, doch die Augen blickten fröhlich, die Kraft und ruhige Heiterkeit, welche von ihm Frau und schmolzen langsam die Rinde von Bitterkeit und Härte hin weg. die sich da gebildet hatte. fremo fast hochmütig, nur flüchtig ruhte ihre Hand in der seinigen, sie fand kein einziges Wort bei diesem ernsten Wiedersehen. Heibert war sehr betroffen. Als «r Gertrud zuletzt gesehen, war sie eine geistfprühende, siegessichere Welt dame gewesen, nun stand vor ihm ein fchUchtcs, liebliches Weib. Wie über gefallen. So, wie er sie jetzt sah, war sie früher, ehe sie Kamills heiratete, ge bescheidene Bild stets durch da» d« gefallsüchtigen Weltdame verdrSngt ihr Atem fast aussetzte. ftchV'Wo Swlz?^Es"hatte Verständnissen und Schuld, konnte ein einziger Blick das alles aus der Welt schaffen? der zentnerschwer auf ihrem Le daß Bornstädt sie verschmäht hatte? verstorbenen Vaters vor, dem ein ver siegelter Brief, den mein Bater selbst geschrieben, beigelegt war. Aus bei« Freunde verdankte. Jener hatte seine Tochter Alice, als sie noch zur Schule ging, zu meiner Frau be- Der Brief damals kam von Alice, sie schrieb mir in höchster Not. Ihr Vater hatte all sein Geld verlo ren. Alice war verarmt, sie klam merte sich wie eine Verzweifelte an meine Person. Ich heiratete sie." Cr atmete schwer. »Wenn Sie Ihr» Handlungsweise nur durch eine kurze Erklärung moti viert hätten, wäre mir viel bikleres welches ich für sie bestimmt, festgehal ten. hätle sie mich an den Z>tte!swb gebracht. Ihr Tod war meine Ret tung.' . den. Jetzt verstand sie erst die er staunten Blicke, mit denen er sie oft angesehen, als sie selbst das Geld mit vollen Händen ausgab für Gold und Perlen. Seide und Flitter, uner» sattlich war in der Jagd nach Zer streuung. „Kamillo hat mir von all dem nie ein Wort gesagt," stammelte sie, „erst auf feinem Sterbebett« macht« er An deutungen." »Dann hat er es Ihnen mit voll ster Absicht verschwiegen. Ich hatte ihn in meinem Schr«io«n ausdrücklich gebeten, Ihnen den Brief zu zeigen, damit Sie für meine überstürzte Ab reise ein« Erklärung hatten." „Ich glaubte bis zu dieser Stunde, Sie hätten mich ixrschmäht." „Gertrud, das konnten Sie? Für einen so kleinlichen Egoisten haben Si« mich gehalten?" Sie zuckte die Achseln, doch der steinerne Ausdruck war nun völlig van ihrem Antlitz gewichen. „Es war der einzige Grund, den ich für Ihr Ver halten finden konnte." Er nickte in ernstem Nachdenken. „Ich hätte es Kamillo nicht zugetraut. Aber er harte Sie über alles lieb und fürchtete wohl mit Recht, Sie nie mals zu erringen, wenn Sie alle» ge wußt hätten. Es ist so leicht begreif lich und verzeihlich, daß er schwieg." Gertrud dachte anders darüber. Ihr wäre schier unerträgliche Qual er spart geblieben, wenn sie niemals das Gefühl k«nnen gelernt hätte, zurückge setzt, tödlich beleidigt worden zu sein. Aber sie wollte dem Schatten ihres verstorbenen Mannes nicht zürnen. Sie schwieg, aber es war ein liebes, seliges Schweigen. Was sie an Schwerem, fast Uner träglichem durchlebt, konnte doch nur ein böser Traum gewesen sein, denn in Wirklichkeit ruhte sie an Herberts Brust, fühlte seine heißen durstigen Küsse, vernahm seine Liebesworte, die noch ungeschickt von seinen Lippen ka men und ihr doch verrieten, daß sie sein alles war. Wie das gekommen, sie wußte es nicht, daß sie nun aber endlich ihren Frieden, ihre Heimal gesunve», em pfand sie mit wonnesamer Klarheit. Arm in Arm schritten sie durch den knospenden Wald, ohne sich nur ein mal nach der Villa umzusehen, dem Ort ihrer Leiden. Aber die Kämpfe waren vorüber; dem Licht, der Sonne schritten sie entgegen. Und da sagte si« «s Her bert auch, daß Kamillo in letzter Stun de durch die Worte „Werdet glück lich!" den neuen Bund gesegnet hatte. Kein Schatten trübte das neue, schwer errungene Glück. Ob-rst v. Selnow war mehrere Mo nate nach Gertruds Hochzeit zu sei nen Vätern eing-gangen. Bis zu sei fernzuhalten, zu Ediths schmerzlichem Daß ihr lieber Papa, den sie so zärtlich liebte und verehrte, nur selten die Schwelle ihres Hauses überschritt, wollte ihr durchaus nicht in den Sinn. Sie ahnte natürlich, daß an Viesen, geflissentlichen Fernbleiben nur Oberst v. Selnow schuld war, aber es gelang ihr nichl, auch nur das ge ringste an diesem kühlen und unna türliche» Verhältnis zu ändern. Als der Oberst auf seinem letzten Lager ruhte, kam Wernicke. Und in den Ernst, mit dem er auf den nun wehrlosen Feind niederschaute, misch te sich em leises, Lächeln. meines Töchterch«ns teilzunehmen. Jetzt darf ich, so oft ich will, meine Edith besuchen, und wenn erst Enkel- Und die Enkelchen waren gekom men, erst ein prachtvoller Jung- und zwei Jahre später ein zierliches Mäd chen. Das waren Jahre des reinsten sonnigsten Glückes, welche durch kei nen Mißton getrübt wurden. Armin und Edith waren beneidens wert, zwischen ihnen war jenes tiefe innige Verstehen, das den Rausch der Leidenschaft nicht lennt, aber um so tiefer wurzelt, weil es aus der gegen seitigen Hochschätzung hervorgeht. Da mit soll aber nicht gesagt sein, daß diesem Bündnis die Liebe fehle. Im Gegenteil. Edith hatte sich mit 'hren digeii Gemüt so tief in Armins Herz eingeschmeichelt, daß eine Venus sie nicht hätte daraus verdrängen kön- Freilich, der Neider und Stören fried befand sich noch immer im Hau- begegnete, sein« Hetzereien len doch. Als Bruno nach dem Tode seines Vaters die Auszahlung seines Erb teils verlangte, willfahrte man ihm ohne weiteres, trotzdem Armin peku niäre Opfer dabei brachte. Bruno, welcher an dem Kleinstadt leben längst keinen Gefallen mehr fand, ging ins Ausland, und keiner hielt ihn zurück. Armin und Edith wußten, daß Gertrud auch an Kamillos Seite kein Glück gefunden hatte, und Armin maß seiner Schwester die Hauptschuld an dieser verfehlten Ehe zu. Er zürnte ihr ernstlich, daß sie es nicht verstanden, einem so grundgütigen, großartigen Menschen wie Brenken das Glück zu bereiten, nach welchem seine heiße Künsllerseele lechzte. nur von tiefstem Mitleid erfüllt an Gertrud denken. Sie befaß volles Verständnis für Gertruds Schicksal. Ja, Edith litt im tiefsten Herzen in diesem Falle unbedingt mein ar mer Freund. Gertrud ist eine Egoi stin, unfähig, einen Mann zu be glücken. Zwei hat sie bereits unglück lich gemacht, es wäre mir unerträg lich, wenn nun Bornstädt an die Reihe käme. Hoffentlich bleibt er ferne. Sollte er aber doch blindlings ich auch noch da und werde es mir angelegen sein lassen, ihm die Augen zu öffnen." Edith schüttelte lächelnd den Kopf. wenn sie eine oberflächliche, selbstsüch tige Frau wäre? Du beurteilst deine Schwester ganz falsch, das wirst scher Spieler ist unheilbar seinem La ster verfallen, auch die edelste, selbst loseste Frau könnte ihn nicht retten. der Hand, daß die Aermste Betäu bung suchte, daß sie auf der Flucht war vor ihrem eigenen Herzen. Ich bin überzeugt, daß sie Bornstädt liebt." tastereien!" »Nein, so ohne weiteres kannst du das Herzensleben einer Frau nicht abtun. Drum bitte ich dich auch, sei Lebens. geliebte Frau zu finden, die bald nach jenem Wiedersehen seine Gattin geworden war. sen. Wenn du meine Rechtfertigung gelesen hättest, wärst du nicht ver zweifelt und hättest auch wohl den Mann nicht geheiratet, welchen du doch nicht lieben konntest, weil dein das Glück harren müssen, ohne die Hoffnung hegen zu dürfen, daß es überhaupt jemals unsere Wege noch rmd eine tiefe, machte Ironie des Schicksals. »Ist der Drogist Müller aber grau »Geschäftliche Fehlschläge!" färbemittel verbuttert!" Sicherer Beweis. Russe (in Gefangenschaft): Brüderchen, denn bemerkt? Russe: Na, er hat einen Flucht- „Der Lancier Griesbach aas Colmar". Achtziglausend Mann, Infanterie und Kavallerie, Artillerie und Genie, feld des berühmten UebungslagerS von Chalons vor Napoleon 111. Der große Vorbeimarsch ist im besten Gange; alles folgt ihm mit gespannler Aufmerksamkeit. Plötzlich stutzt die Kaiserin; ihr scharfes Auge hat mit- unter den weißgrünen Dragonern fragt sie ihren Gemahl. „Richtig", erwidert Louis Napo leon. „das habe ich garnicht bemerkt. Marschall!" serin?" Und der Marschall Randon galop piert, galoppiert zu dem Marschall Baraquay d'Hilliers, dem Komman danten der Kaiserlichen Garde. „Lieber Marschall, der Kaiser sen det mich zu Ihnen, um zu erfahren, ner der Kaiserin geraten ist". »Verehrtester Freund, ich muß of fen gestehen, nicht minder erstaunt zu sein als seine Majestät, den Lan cier dort zu sehen. Ich eile, Erkun »Sacrebleu, General, erklären Sie mir doch gefälligst in drei Teufels Namen, was dieser Lancier unter den hat? Seine Majestät ist sehr unge hat?" fäll? dieses Vor ,O —berst! O —berst! Der Kai- Der Oberst sieht sich um und sieht »Ich bitte Sie, den Kommandanten der zweiten Eskadron des Garde- DragonerregimentS im Namen Ihrer gonern einherzot!elt." Der Ordonnanzoffizier salutiert und rast ab. „Mein Kommandant, Ihre Maje stäten wollen wissen, was der Lan der Kerl? Ich kann nicht von mei nem Posten ... aber ... der Rittmei ster dort ... der Rittmeister Poilen- Rittmeister! Auf Befehl des Kaisers! Weshalb haben Sie einen «Wie, was? Einen Lancier? Bei mir? Wie ist das möglich? Aber tuieren! Er galoppiert zum Zuge des Leut nant Grandebiche. Wo ist Leutnant Grandebiche?" „Ich nehme Ihren Platz ein. Su den Leutnant Grandebiche und sagen Sie ihm, daß Ihre Majestäten im höchsten Grade ungehalten sind, daß falls." ES vergeh» zehn, zwanzig Minuten, taucht er wieder auf: In Schweiß gebadet, mit Staub bedeckt. .Mein Kapitain! Melde gehor samst, daß der Leutnant Grandebiche Logis Oeuilenverre sein. Leutnant gen!" Alles wartet, die Truppen defilie «Melde gehorsamst, daß der Wacht »Bitte gehorsamst, mein Kapital»", meldet sich da schüchtern der tleine Unterleutnant zum Wort, „wenn wir »Nicht übel! Nur verstößt es ge gen den vorgeschriebenen reglements mäßigen Dienstweg. Aber der kai serliche Befehl wird ein Abweichen wohl entschuldigen. Leutnant Gran debiche. ordnen Sie an, daß der Lan cier vernommen wird." „Unterleutnant Casquentair", läßt sich nun Grandebiche vernehmen, „ich bitte, sich über das Erscheinen des Lanciers unter den Dragonern der Kaiserin bei dem Schuldigen selbst zu informieren." ' Casquentair im Galopp zu dem Lancier. „He. Sie da, der Lancier! Sie da, wie heißen Sie?" „Griesbach aus Colmar, mein Leutnant!" „Wie, des Teufels, lommen Sie in die>er Uniform zu uns?" „Ich bin gestern zu den Drago nern versetzt worden und habe noch keine neue Uniform gefaßt." „Und da erlauben Sie sich, in die sem Zustand mitzureiten, bei einer Parade vor Ihren Majestäten? ... Zwei Tage Kasernenarrest!" Casquentair im Galopp zu Gran debiche. „Herr Leutnant! Der Lancier Griesbach aus Colmar ist gestern zu uns versetzt worden und noch nicht „Dacht ichs doch! Der Elende! Acht Tage Einzelarrest!" Meldung des Leutnants Grande biche an den Rittmeister Poilengris: „Herr Rittmeister, der gestern bei uns eingereihte Lancier Griesbach aus halten! —" »Als ob ich'S nicht längst erraten hätte. Zum Profoh mit dem Kerl!" Der Rittmeister erstattet nun dem Kommandanten der zweiten Eskadron die Meldung. afrikanische Strafkompagnien mit dem Kerl!" Sehr empört reitet nun der Divi- Lancier?" ihm?" Meldung. »Seine Majestät ist De »Da der Kaiser wissen wollte, was .Euer Majestät." lieber Marschall?" »Ganz gut! Geben Sie ihm di« Tapferkeitsmedaille!" Und so kam es, daß auf der Brust des »Lancier Griesbach aut Colmar" ein« Auszeichnung für Tapferkeit prangt«.