Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 16, 1915, Image 6

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    Der Kues Usnal.
Tie geplante De«,s»e
Von Wilhelm Kaufmann.
Dresden, im Oktober 1918.
Schon seit einem Jahr« spricht
man von unserem Feldzuge nach
Aegypten, um dort England» Ge
nick (so nannte Bismarck den Suez-
Kanal) zu brechen. Ansätze dazu
sind schon im Spätherbst 1914 von
> Seen..
unseren türkischen Freunden ge
macht und im Januar und Februar
wiederholt worden. Es gelang da
mals, die Briten zu überraschen
«nd den Kanal zu überschreiten, aber
dies« Maßnahmen trugen doch mehr
die Züge einer Rekognoszierung
größeren Maßstabes, nicht diejenigen
«ines Eroberungsversuchs. Ein sol
cher ist nicht möglich ohne Anwen
dung schwerer Artillerie, und diese
müßte auf dem Landwege durch die
fast 300 Kilometer brei»e Sinai-
Wüste herbeigeschleppt weiden. Zwar
könnte man den Kanal schon mit
leichter Feldartillerie schwer be
schädigen. welch« auf den Kameelen
herbeizuschaffen wäre. Die Bö
schungen des Kanals sind nicht durch
Mauern geschützt. Ein paar Tref
fer leichteren Kalibers,
oeniiqm, die Böschung so zu beschä
digen. daß Massen von Wüstensand
Nachdringen und den Kanal auffül
len und für die Schiffahrt sperren.
Doch könnten auch empfindliche
Schädigungen dieser Art, wenn
auch erst vielleicht nach Jahren, durch
die Baggermaschinen beseitigt wer
ken.
Immerhin würde schon eine Un
brauchbarmachung des Suez-Kanals
auf länger« Zeit die Engländer
furchtbar schädigen. Denn die bri-
Von London nach Bombay und Kal
lulla ist es um das Kap herum 20
bis 24 Tagreisen weiter, als durch
den Kanal. Der Kohlenverbrauch
doppelt so groß via Kap d«r Guten
Hoffnung, als über Suez. Die
Dampfer nicht alle zehn
Quantum Kohlen für die lange
Fahrt fassen, als sie jetzt für die
kürzere Fahrt brauchen, und deshalb
über die Hälfte ihres gegenwärtigen
Laderaums einbüßen. Dabei aber
kann keine Frachtlinie bestehen.
Sodann gibt es jetzt einen neuen
Seeweg nach dem fernen Osten, der
den Briten sehr unbequem ist, den
Panama-Kanal. Der kann jetzt
nicht in Wettbewerb treteii mit dem
Su«z-Wege. Aber er ist dem We
ge um Südafrika überlegen, weil «r
mehrere gute Kohlenstationen, Kuba,
Portorico, Euracao, Colon und Pa
samt und sonders die unangenehme
Eigenschaft haben, nicht unter
britischer Kontrolle zu stehen. Ein«
Störung des Suez-Verkeyrs würde
dem Panama-Kanal zugute kom
men, Onkel Sams gierige Taschen
füllen und dem Panama-Kanal eine
famose Einführung in den Weltver
kehr darbieten, waS ganz und g^ar
von den Briten widerrechtlich besetz
ten und befestigten Kanal seinem
rechtmäßigen Herrn, dem Türken,
serstraße unter internationalen
Schutz zu stellen. Diesen Kampf
kann nur Deutschland mit Hilfe der
Türken führen, und es wird ihn
führen, nichl allein im eigenen In
teresse, sondern zur Wahrung der
Rechte aller seefahrenden Völker.
Deutschland will kein Monopol an
der Straße zum Roten Meer, es
tonnte ein solches Monopol auch
nicht behaupt«», wenn es danach be
gehrte. Aber es ist sein fester Ent
schluß. in diesem Kriege das See
monopol Britanniens zu brechen, und
mit allen anderen Völkern die Vor
teile, welche jene Straße bietet, ge
meinsam zu genießen. Im Suez-
Berkehr steht England mit kl) Pro
zent an erster, Deutschland mit 17
Prozent an zweiler Stell«. Die
übrigen Anteile fallen aus alle an
deren seefahrenden Völker.
Um Aegypten den Klauen Eng
lands zu entreißen, müssen sehr iw.-
ke Heere aufgeboten werden. Der
Angriff kann nur vom türkischen Ge
biete aus erfolgen. Der Weg da
hin führt durch die Sinai-Wüste.
Das erste Erfordernis eines solchen
Feldzuges ist eine sichere Eisen
bahn durch jene Wüste.
Seit über Jahresfrist ist dieser
wie si/ die deutschen Eisenbahner
truppen in erstaunlich kurzer Zeit
herstellen können. Überfeine solche
Bahngesellschaft hat sicherlich nicht
beiseite gestanden in der Abgabe
von Schienen, aber aus dem Trau
me, schon im Frühling 1916 die
Bahn in Gang zu bekommen, ist
nichts geworden. Der Spätherbst ist
hereingebrochen, und noch immer
so dürfte ei doch nicht gesagt wer
den aus Gründen, die sich von selbst
v«rstth«N,
Das türkische Armeekorps, welches
vor einem Jahre die ersten Vorstöße
gegen den Suez-Kanal unternom
men hat, liegt noch immer in der
Sinai-Wüste, um den Bahnbau zu
schützen. Viele Brunnen sind gegra
ben und befestigt worden. Man hat
die Entdeckung gemacht, daß das
im Frühling vom Sinai in die
Wüste in Massen abfließende
Schmelzwasser an vielen Stellen als
Grundwasser angetroffen wird, und
damit ist eine der Hauptschwierig
keiten dieses Bahnbaus beseitigt.
Auch sind drei andere türkische Bahn
linien, welche als Zufuhrlinien für
Kanal durchaus nicht fallen gelassen
worden ist. Als Bauleiter fungiert
der schon seit Jahren in türkischen
Diensten steht und den Titel Meiß
ner Pascha führt. Meißner hat be-
der Hedschai-Bahn geleitet, der so
genannten Pilger-Bahn, welche von
Damaskus nach Mekka führt. An
der Station Afula der Hedschas-
Bahn zweigt die Sinai-Bahn in
stantinopel und nach Damaskus.
Beifolgende Karte zeigt an der
äußersten rechten Seite den Lauf
der Hedschas- oder Mekka-Bahn, die
verzeichnet. Zu suchen wäre sie wohl
im Süden etwa bei Ajasch. Es ist
anzunehmen, daß die neue Sinai
üixr die Sinai-Wüste hinweg nach
dem Busen von Akaba führt. Die
Sinai-Halbinsel liegt bekanntlich
zwischen den beiden vom Roten Mee
sich jetzt noch nichts sagen. Ob die
Bahn der alten Pilgerstraße westlich
folgen wird, ob sie weiter nördlich
Förderung weitgehender Pläne. We
nigstens ist das die Auffassung in
London. Als die ersten deutschen
der Sinai die dritte. Vielleicht
haben diese Propheten nicht ganz
unrecht. Sobald Deutschland die
Balkanbrücke beherrscht, kann die
Türkei ganz anders mit deutschen
Kriegsmitteln unterstützt werden.
Auch mit Mannschaften! Es ist ja
nur eine Strecke von 60—80 Kilo
metern, welche Bulgarien von dem
jetzt noch serbischen Donauufer
trennt. Nach Ueberwindung diese?
Hindernisses werden die Deutschen
bald in Konstantinopel sein, und
von dort könnte eine aus Eisenbah
nern bestehende Vortrupp« rasch ge
nug nach der Sinai-Halbinsel ge
langen, um sich an der Fortsetzung
de! Bahnbaus zu betätigen. Es ist
nicht möglich, die weiteren Ziele
genau zu bezeichnen. Daß England
am Suez-Kanal fast empfindlicher
getroffen werden kann, als selbst an
d«r eigenen Küste, ist gar nicht zu
bezweifeln. Ein paar hunderttau
send Deutsche neben «iner starken
türkischen Armee auf der Sinai-
Halbinsel. und das ganze britische
Weltreich zittert in allen Fugen.
Dieser Preis wäre schon jeder An
strengung Deutschlands wert. Aber
im Südosten winkt uns noch «in
anderer Preis. Die Türkei ist ein
großartiges Gebiet für die wirt
schaftliche Betätigung Deutschlands.
Ein reiches fruchtbares Land hart!
dort der Erschließung. Die' Deut
schen wußten sehr wohl, was sie
taten, als sie vor zwölf Jahren die
Bagdad-Bahn in Angriff nahmen.
Die größten dieser
Weltstraß« sind bereits überwunden.
Ein ungestörter Weiterbau wird
den Schienenstrang bald in die Ebe-
größte Kornkammer d«r damaligen
Welt war. Erneuerung des alten
Bewässerungssystems mit den Mit
teln der modernen Technik, und ein
zweites Indien wird dort rasch
erstehen. Vorbedingung dazu ist
aber die Beseitigung der englischen
Mitbewerber.
An demselben Tag«, an welchem
die Deutschen und Österreicher über
die Donau gingen, um den neuen
Balkanfeldzug anzutreten, am 6.
Oktober, hielt der türkische Kriegs
minister Enver Pascha seine, erste
KriegSrede in der türkischen Kam
mer. Er erklärte, sich davon über
zeugt zu haben, daß eine Expedi
tion nach Aegypten möglich ist und
daß sie vollen Erfolg haben wird.
Zu gleicher Zeit gab er die Erklä
rung ab, daß die Türkei über zwei
Leben chres Staates handelt. Auf
der bedeutendste Staatsmann, wel
chen die OSmanen seit Jahrhunder
len hervorgebracht haben.
Der Suez-Kanal ist ursprünglich
gegen den Wunsch Englands gebaut
worden. Er ist eines der Werke der
Grunde hohlen französischen Politik
der Mitte des neunzehnten Jahr
hunderts, deren Träger das Schwin
delkaisertum des dritten Napoleon
war. Ein Franzose, Lesseps, war
der Hauptpromotor und finanzielle
enger Verbindung mit d.er ägypti
schen stand, lag die Ausführung be
sonders am Herzen; hingegen such
te die englische Staatskunst, an der
Spitze Lord Palmerston, mit allen
denkbaren Intrigen den Bau des
dieser eine nicht mehr aus der Well
zu schassende Tatsache war, wurde
ei da» Ziel der englischen Politik,
sich seiner zu bemächtigen. Die Her
stellung des Kanals, der 400 Mil-
Ein Jahr »rleg.
lionen Mark an Baukosten ver
schlungen hatte, war 1869 beendet.
In demselben Jahre gab der Bau-
Mittelpunkt alles Glanzes bildete.
wurden; denn immer haben die Völ
ker des europäischen Festlandes,
voran die Devtschen, mit ihren
Kriegen und Siegen für die britische
Weltpolilik gearbeitet. Da also Ae-
ben unfehlbar kommenden Moment
abzuwarten, wo sich der absolute B«-
herrfcher des Nillandes durch seine
wahnsinnige Verschwendung vollend»
wehrlos gemacht haben würde. Da»
Lrich» gesagt, aber —l
Gib un» unser«
war schon wenige Jahre nach
Sedan erreicht. 1876 verschacherte
Khediv Ismail den gesamten Besitz
des ägyptischen Staates an Kanal
aktien an England, dessen Premier
minister damals der vielgenannte
Disraeli war. Dann begann filr
Aegypten die Reihe der qualvollen
und kostspieligen Einmischungen de»
Auslands in seine Finanzen, die da
zu führten, daß schließlich England
„im Interesse der europäischen Gläu
biger" 1882 das Land eroberte.
Seitdem ist, obwohl die alten Ver-
Kronprinzen an der Stripp«!"
Der Feldmarschall soll später de»
Strippt, woran mich der Graf Hae
seler hat. Wilhelm, Kronprinz."