Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 08, 1915, Image 3

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    Am ew Wort!
(2. Fortsetzung).
.Damals schon?"
Er nickte. .Damals schon. Oder
Bittend ruhte sein Blick auf ih-
Druck.
Cibylle, ihre Sibylle wollte heiraten,
wollte die Frau dieses alten, ernst
haften Herrn werden! Ihre schöne
Sibylle! Das war ja zum Lachen,
einfach zum Lachen und außerdem,
Sibylles Herz war doch nicht frei, sie,
<sva, wußte es ganz genau, daß Si
bylles Herz für einen anderen schlug.
Wenn Sibylle auch nie mit ihr dar
über gesprochen hatte, alles, alles
gen Bildhauer. Fritz Nessel, den
Stolz des Städtchens, dessen Vater
die große Gärtnerei dicht am Fried
hof befaß.
Eva war noch ein Kind von zwölf
Jahren, als sie das entdeckt hatte.
Damals schwärmte sie selbst in kin
discher Art für den jungen, schwarz
lockigen Bildhauer. Sie und alle ihre
c/ihr nicht entgehen, vaß Fritz Nessel
sich einzig um Sibylle kümmerie. Als
lie das heraus hatte, nahm sie ein
glühendes Interesse an diesem Her
zensbund, und bald entdeckte sie, Vaß
die Briefe, die Sibylle regelmäßig be
tam, seit der junge Bildhauer wieder
fort war aus dem Städtchen, von
» ihm kamen. Ansangs trugen diesel
ben ausländische Marlen, sie kamen
ous Italien, wo sich der junge Kunst
ler studienhalber aushielt, dann spä
ter kamen sie aus Berlin.
Jetzt aber, in diesem Augenblick,
huschte es Eva durch den Sinn, daß
» diese Briefe seit einiger Zeit ausge
blieben waren, aber vielleicht hatte
zeit der Mutter Tode.
Unwillkürlich schüttelte Eva den
Äops. Sie konnte sich das alles nicht
zusammenreimen. Nichts begriff sie
mehr, vor allem nicht, daß Sibylle
diesen Dr. Brand nich! einfach klipp
ünd klar abgewiesen hatte. Sibylle
gehörte doch ihr!
Leise schlich Eva hinaus, riß ihren
Hut vom Ständer draüßeii und lief
zornig aus die Schwester. Aus den
Kirchhof wollte sie, zur Mutter; die
war doch die einzige, die sie wirklich
griffen zu und bewahrten sie
selbst vor dem Fallen. Verwirrt sah
<Zva aus und starrte sprachlos in ein
derblickte.
„Potzblitz, da irre ich mich doch
mcht, das ist doch Eva v. Treubnitz,
die kleine Eva, die nun so groß und
Du» wür doch Fritz Nessel, der Bild
,Jch ich wollte Blumen kaufen".
Da hatte er ihr schon die Slaitilr
Ihnen junge, halberblühte Rosen; die
wie Sie selbst."
verlebtes Gesicht ernst Ein Laut, des
Mädchengestalt.
herbeigeeilt war, zurück und dann
griff er selbst in die Körbe mit Blu
men. Die schönsten und prächtigsten
Eva, nun wollen wir beide das Grab
Ihrer Mutter schmücken; ich war ihr
ja so noch diese Blumenspende schul
bylle.
tenden Bliitenpracht, die sich nun dar
aus ergoß.
So schön, so wunderschön erschien
»erden? Ein Gefühl des Neides,
Nur sie, sie war schlecht und gemein;
sie hatte die Schwester verraten und
dadurch vielleicht das Lebensgliick
zweier Menschen aus immer zerstört.
Oh, wie sie sich haßte! Wenn sie
Ruh« und Klarheit hatte sie drau-
Ben bei dem Grabe der Mutter fin
dm wollen, und nun kam sie nach
Aber diese achtete heute wenig aus
die kleine Schwester. Sibylles Hand
arbeitsschülerinnen hatten bereits Fe
sast unzsstllm beiseite schob, wurde
.Was hast du denn. Kleinchen?"
besorgt. „Bist du
' w "d
Geh' nur recht zeitig schlafen."
Diesen Rat besolgte Eva auch.
Jedoch sie suchte den Schlummer
bylle, aber Fritz Nessel wollte sie sa
gegenlächelte.
.Was steht zu Diensten, Fräulein
r. Treubnitz?"
verächtlich, halt höhnisch. Er nickte
Eva herablassend zu, ganz, wie ein
von feiner Wichtigkeit durchdrunge-
ner Mensch solch einem kleinen, UN«
bedeutenden Mädchen gegenüber tun
Da blieb Fritz Nessr! stehen, und
„Was ist denn? Was hast du
.Still, still, ganz Sibylle
Trotz Annes Verbot schlich Eva zu
konnte «was darinstehen, was Sibyl
le gekränkt hätte.
Zudem sah Eva das Grab der
Mutter. Niemand war dort, Si
bylle mußte doch wo anders hinge
gangen sein.
Da blickte sie sich scheu um und
öffnete dann den Brief. Die Buch
staben tanzten vor ihren Augen. Ein
paarmal mußte sie lesen, ehe sie den
Sinn der wenigen Zeilen verstanden
hatte.
Ich bin fort, kleine Eva, aber
ich ivieder. Bis dahin
gessen machen, du kannst ja gar
mir. zum Ersatz. Vergiß das
nicht!
Atemlos und blech b 11, s
war es nicht zu spät. Sie grüßte
Feuer. Die Mutter sollte sie nicht
hatte.
ruhig vorübergehen; Fritz war ja
fort. Der alte Nessel stand vor
mochte sie nicht zu dringen; die lagen
Gesicht. Ein stillzufriedener Aus
der zärtlich a»f lie niederlächelte.
Es war Dr. Brand.
Sobald Sibylle die Schwester sah.
»Nein, nein, das ist nicht wahr!
Sag', daß es nicht wahr ist! Es
der . . .
mußte unglücklich werden fürs gan
zer. den Sibylle in Wirklichkeit lieb
te. Fritz Nessel. Und der hielt sich
sie sich selbst opferte.
Schwester, die ihr Lebensgliick zer
stört hatte.
Dabei vermehrte die zärtliche Für
an der Seite des älteren ManiieS
Angstvoll spähte Eva nach Sibyl
les Mienen, und was sie da WS,
Fritz Nessels wilde Kusse denken,
ligkeit.
ders. als daß Eva, das so sehr ver
misch zugleich^
Einen Augenblick stand Sibylle
tester Wrise hatte Erich diese Ange-
Gleich vor der lurzen Hochzeitsreise,
(Fortsetzung folgt.)
Widerlegt. Handwerk!»
b^etteie?"^"
Pietätvoll. »Warum ist denn
so rührseligen Stimmung?"
.Ja, dem hat heut seine Wirtschaf
terin eine Mordswatschen gegeben,
und das erinnert ihn s» heftig a»
seine Verstorbene!"