Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 09, 1914, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der Solm aus kinerlkg.
Unter dem vollerleuchteten Luster
«xir der Tisch bei den RumplS festlich
gedeckt. Sieben Bischofsmützen er
hoben sich auf goldgeränderten Tel
lern, flankiert von einem einladend
blinkenden Gläser - Terzett, darunter
einer der trauten Römer und einer
jener ursprünglichen hochstieligen
Ehampagnerkelche, wie solche heute
«ur mehr in alten Bürgershäusern
Vewahrt werden. Die Kandidaten
der Couverts waren: die Eltern, die
älteste Tochter mit ihrem Mann und
zwölfjährigen Söhnchen, sowie die
jüngere, in Brünn verheiratete, die
eigens nach Wien gekommen war, um
die Begrüßung des Bruders mitzu
feiern, der nach vieljährigem Aufent
halt in Amerika das erstemal ins
Elternhaus herübersand.
Schon in frühester Zeit hatte zwi
schen Vater und Sohn kein gutes
Verhältnis bestanden, wiewohl oder
vielleicht gerade weil sie von sehr ähn
lichen Charakteranlagen waren. Der
Bub konnte dem Vater nichts recht
»richen, während jene wieder vor dem
«lten eine trotzige Scheu empfand.
Stach der Realschule studierte Karl an
der Technik, ohne jedoch, von der rau
hen, klobigen Art des Vaters mehr
gehemmt als gefördert, seine Studien
zu vollenden. Fortwährend gab es
zwischen ihnen heftige, sich mehr und
wehr verschärfende Szenen, bis es
endlich, da der Junge in drahrerische
Gesellschaft geraten war, ein leicht
artiges Liebesverhältnis angesponnen
und Schulden gemacht, zum katastro
phalen Bruch kam. Der Alte zahlte
wohl die Schulen, jagte aber den
Sohk in ziemlich brutaler Form zur
Tür hinaus. Dieser empfand die
Fahre lang herumgestapelt, kam er
«ndlich als Juspektor in einem Pitts
turger Eisenwerk unter, stand aber
Lbertragen, Nun erst zeigte Karl
Rumpl seine volle Kraft, Unter
nehmen mit ingeniösem Können und
obwohl er gut wußte, daß Mutter
tsrst als sich mit Karl der glückliche
sich gekehrter und nervöser.
Die Mutter war mit den Töchtern,
i>em Schwiegersohn und dem kleinen
Ziumpl hatte dies mit Rücksicht auf
seine Würde schroff abgelehnt. Nun
schritt er, die Arme über die Brust
Herrn schier neugieriger erwartete wie
sie Herrschaft selbst. „Gnä' Herr,
sie kommen schon ... ich hör' s' schon
„Schau die Leni lieber zu ihrem
Herd," fertigte Rumpl die sich schleu
nigst Salvirende unwillig ab und
«merikanisch zugestutzt, der Junge den
Alten etwas gebeugter und beträcht
lich ergraut, dagegen unverändert den
Äusdruck seiner Augen, deren eigen
scharfen, halb gedeckten 81ick....
Sinei, Moment schien es, als wollten
pm des Alten.
Vater, konnte ich unmöglich anders,
wie als gemachter Mann wieder vor
Dich hintreten," erklärte der Sohn.
Der Tonfall seiner Stimme llang ein
wenig fremd, und der Wiener Dialekt
Der Alte reckte sich höher. „De!
nem Vater zu schreiben, das ist Dir
nicht eing'sall'n. Hätt' vielleicht ich
Dir kommen soll'n?"
Die Mutter trat besorgt dazwi
schen, ihren Arm um den Sohn
legend. „Jetzt komm' Karl und
restaurir' Dich in Dein' Zimmer.
Der Hausmeister hat Dein' Koffer
schon herausgebracht."
Nachdem sich die beiden entfernt,
berichteten die Schwestern über den
Empfang im Bahnhof, wie sie Karl
trotz der Veränderung gleich am
Coupsfenster erkannten, wie Mutter
und Sohn sich lange wortlos um
sie, den Schwager und Rudi be
grüßt.
„Ein fescher Kerl ist er 'wor
den. konstatierte die alter- Schwe-
„Und so was Festes, Sicheres hat
Der Alte hob die Schultern.
„Ja, Papa, man kann Dir gratu
lieren," äußerte der Schwiegersohn.
„Macht einen höchst gediegenen Ein-
die Töchter. „Nichts Nachtrag'«,
Papa! Geh', sei gut zu ihm. Dum
me Streich macht bald einer. Am
„Laß doch den Onkel in Ruh'!"
„Auf Deinen Platz! Und daß
Du Dich nicht rührst," donnerte
Papa.
„Oh, ich laß mich nicht stören, gar
bin ich übermorgen Euer Gast, da
Als sich Rudi gesetzt, interpellierte
ich! kxix'tt.v. Will Euch den
„Daß Du Dich nur daran erinnert
Spott.
schäumenden Wein in die Gläser und
alle stießen zum Willkomm an. Als
der Bater und Karl die Kelche klin
gen ließen, harangierte man sie:
„Seid nicht gar so steif! Ein bisset
herzlicher! Umarmt Euch doch!"
Nun schlangen sie die Arme um
einander, ohne daß jedoch die Umar
mung besonders überzeugend geraten
wäre. Danach kam die Frage aufs
Tapet, wie lange Karl bliebe?
„Zwei Wochen," versetzte er. „Wäre
mein früherer Chef nicht bereit gewe
sen, mich zu ersetzen, hätte ich ohnehin
nicht abkommen können. Denkt, die
Fabrik in vollem Zug, vierzig Arbei
ter, sechs Bureauleute zugebaut
wird ...."
„Nicht länger?" klang es ihm halb
enttäuscht, halb protestierend entgegen.
„Das steht ja gar nicht dafür."
„Wir meinten, Du wirst vielleicht
ganz herüber bleiben?" bemerkte die
Mutter mit einem flehenden Blick.
„Unmöglich Mutter! Noch nicht....
Summe...."
„Wie rund muß denn die sein?"
fielen die beiden Schwestern fast
gleichzeitig ein
»Na, so 'ne Dollarfamilie, wie
Finger einen Einser gefolgt von sech»
Nullen in die Luft.
»Eine Million?"
„Wie viel macht denn die in unse
rem Geld
meint's Geld! Willst Du hoch Hin
ren kann ich überhaupt gut leiden."
„Verdientes Geld, Vater erwor
ben. ..."
den Tisch. „Oder «spekuliert
Die Mutter fand, daß es sich emp
vielleicht mlld' sein .... Ich glaub',
Kinder ...."
.Müd', nach der kleinen Spazier-
Sohn. .Wär' nicht übel! Das Müd
„Ja, sag' mir, bist Du, fühlst Du
Dich nicht mehr als Wiener?"
.Doch, Vater, ich hänge an meiner
lich ungeduldig auf seinem Stuhl
hin- und herrutschte: „Wenn's Dir
Vergnügen macht, Schwager, spielt
Dir Rudi was vor, was Wieneri
sches. Er ist sehr muskalisch und
kann alles auswendig."
„Ob's mir Vergnügen macht!" rief
Karl, sich rasch erhebend, „Ihr ahnt
ja gar nicht, wie wohl einem drüben
Schwestern stand. Rudi schritt, stolz,
sein Talent zeigen zu können, zum
Flügel, hob den Deckel und postierte
sich auf das Stockerl. Nachdem er
wie ein rechter Künstler einen prüfen
den Blick über sein Auditorium hatte
gleiten lasten, hub er alte und neue
Wiener Weisen zu spielen an, zart
piano die schmachtend schwermütigen,
prickelnd flott die übermütig aufjauch
zenden, sie mit erstaunlich musikali
schem Gefühl und feinster Inspira
tion potpourriartig ineinanderslech»
Und die Töne, in welchen Wien
sein Intimstes offenbart und hingibt,
schlichen in und um das Gemüt der
Zuhörer, bannten sie in jene eigen
heimatfrohe, dreiviertelselige Stim
mung, der sich kein Wiener so leicht
Lebhafter Beifall erscholl; Karl
sprang zu dem kleinen Künstler und
hob ihn hoch. „Wahrhaftig, Rudi,
Du hast wienerisches Klingen in Dir,
spielst famos!" apostrophierte er ihn,
ihm zur Erhärtung des Lobes einen
„Eagle" in die Hand drückend.
„Jetzt spiel' das Amerikanische,
das Du eigens sür'n Onkel studiert
hast," gebot die Mama, deren Gesicht
über Rudis Triumph schier feierlich
erglüht war.
unsere Musik verinternationalisieren."
Inzwischen war es weit über Mit
ternacht geworden, und die Schwe
nachdrücklich küßte.
Nächsten Vo«nittag rollte pünktlich
ein Auto vor, das jkumpl bestellt
hatte, damit der Sohn die Stadt vor-
Wien höchlich, als einzig schöne Stadt
d<-!>utik»l iuclvvck! Ihr sollt
entschieden mehr posaunen, das Flii-
Und Eure Untergrundbahnen?"
„Nur Geduld, so was darf nicht
überstürzt werd'n bei uns
wir..."
„Und da steht wahrhaftig noch das
Freihaus mit dem Naschmarkt davor,
wo ich mir längst ein modernes Vier
tel gedacht! War noch ein ganz klei
ner Bub, als es bereits hieß..
„Nur Geduld, sind grad dran.
Alles braucht seine Zeit, muß über
legt sein..."
„Bei Euch scheint das Erwägen
und Ueberlegen länger zu währen als
drüben eine Ausführung. Da gab's
in New Dork noch vor etlichen Jahren
den Zentralbahnhof mit unzähligen
anlagen flink grub man ihn zwei
Stock tief in die Erde, und heute er
hebt sich darüber ein neuer Stadtteil.
Alte. „Dazu gehört Geld, viel Geld,
hätt'n..."
chen, an der sicheren Autorität eines
imperativen Entschlusses! Auch klebt
noch viel zu viel Vergangenheit an
Euch in allem und jedem hemmt."
Der Alte, in dem es schon bedenk
lich zu brodeln begann, war im Be
sonst..." kollerte der Alte, dessen Ge
sicht sich tiefer gefärbt hatte. „Seit
fand, als das Auto vor ihrem Hause
stoppte.
flüchtig selber daran gedacht," erwi
derte Karl. „Aber ich fühle, daß ich
mich in den hiesigen Kurs, Euer Ge
leiten, Umständlichkeiten, mancher
Schematismus... Ehe ihr mich un
zufrieden sähet, sagt selbst, ist's da
nicht besser ..."
Woche zu," bat die Mutter.
„Gern, Mutter, sehr gern! Aber
Du selbst hast die Briese des Mannes
„Und wenn Du dann," grollte vor
wurfsvoll der Alte, .die Mutter nim
mer find'st mich..."
„Oh, so sollst Du nicht sprechen,
Vater, darfst Du nicht sprechen! Ihr
Alle drei schwiegen eine Weile, bii
der Sohn, der sichtlich unter dem
rechte Wort gefunden. Ich habe drü-
Der Alte rückte sein Haupt.
.Aha!"
»Sonst nichts? Prächtig sind s'
.Ohne das Kapitalste am Weibe,
und wäre sie auch die Schönste und
Reichste der Union ... Ich sah, wie
sie ihre halbgelähmte Mutter pflegt,
kehrt ..."
„Alles recht schön," bemerkte skep
tisch Numpl, „aber wenn zwei heira
ten ..."
Hand, während die Mutter ihm ihre
auss Haupt legte. „Daß Du nun
recht glücklich wirst! Sie wird's ge-
Der Alte fuhr auf. „Glaubst Du
vielleicht, daß ich auf die paar tau
send Kronen ansteh'!? Behalt' Dein
Geld. Das, was Du mir" er
tippte auf seine Brust „da ange
tan hast, das kannst Du mir nicht er-
s w D d s" ncht
Tasche.
Den letzten Abend umarmten sich
Vater und Sohn zum Abschied, dies
mal spontaner, ungezwungener als
bei der Ankunft. Die Mutter,
Schwester und der Schwager geleite
ten Karl zur Bahn, was Rumpl nicht
über sich gewinnen konnte. Allein
Hände vergrabend. Ein Zucken sei
ner Schultern veriet, wie nahe ihm
die Mutter ab, „uns a11en..."
So fand ihn seine zurückkehrende
Frau, die leise zu ihm trat ünd mit
linder Hand über seinen Scheitel
fuhr. „Laß gut sein, Alter! Auf
Wort heilig."
Sei«« verrückte Zäee.
Seit Jahren war es ein ständiger
Witz bei den alten Männern im Ar
menhaus. Jedem Neuling wurde er
Lachen auszuschütten. Daher vertru
gen sie sich alle so gut; sie hatten et
was was ihrem Leben ei
vorsteher dann stets, „wer heutzutage
Großgrundoesitzer ist, hat bloß Aerger
davon." Dabei lachte er in seinen
wurde still.
Sam Marshall, der Humorist des
Armenhauses, kam auf einen noch
zum besten gab. und daS den Refrain
haue:
„Wo er geht, wo er steht mit
hatte; daher schwieg er zu allem;
denn selbst die Armenbehörde hatte
seinem zu erwartenden Reichtum kei»
Erzählung nur gelacht.
Schlaflos lag er oft auf seinem
Bett und stellte sich vor, was sie alle
würden an dem Tag, an Wel
zen, bloß ruhig das Armenhaus ver
lassen. Am ersten Besuchstag wollte
er dann mit Paketen kommen und in
dem richtigen, herablassenden Ton ei
nes vornehmen Herrn sagen:
.Hier ist Tabak sür Sie, Miller,
ich hoffe, man behandelt Sie hier
gut!" Wie er sich darauf freute!-»
Hinter dem Armenhaus lag ein
großes freies Feld, Ivo die alten
Leute ihren Spaziergang machten,
und wo gleichfalls ihre Wäsche getrock
net wurde. Eines Nachmittags im
November saß Sam Marshall mit
seinem besten Freuned dort auf einer
Bank, als der alte Barton an seinem
anwalt komme.
Er hustete, putzte die Brillengläser
mit einem roten Schnupftuch, und
voll größter Wichtigkeit begann er
vorzulesen:
„Sehr geehrter Herr! Erlaube mir,
Ihnen hierdurch höflichst mitzuteilen,
daß ihr Bruder, der Großgrundbe«
fuhr Marshall fort:
„Ihnen die Summe von
Mark hinterlassen hat. Sollen wir
Ihnen das Vermögen in Noten oder
Sarg des alten Mannes in ein Mas
sengrab gesenkt hatte, erhielt der Ar
menvorstcher ein Schreiben aus Mel
bourne, in dem ein Rechtsanwalt
Barton das Vermächtnis seines Bru
der« ankündigte. Es war eine
Summe von oiermalhunderttausend
Mark.
Rock nicht so heftig aus! Du siehst
Kindermund.
Der Nelne Emil (alt Zwilling«
«lngetroffen sind): „Papa, das ist
wohl die sogenannte Duplizität der
Ereignisse?"
Der kleine Hans (zu seinem Onkel,
einem Seemann, der stark Tabak
kaut): „Aber Onkel, warum spuckst
Zds?"
Bitte.
Erster Gedanke.
Mutter: .Denke doch, Emil:
Der Storch hat Schwester Ella einen
kleinen Jungen gebracht! Nun ist
Papa Großvater, ich bin Großmut
ter, und Du bist Onkel!"
Emil: „Ich -Onkel? Muß
hen?"
Tut nichts. Sag' mal,
Emma, du heiratest den jungen
Schulze?
Wenn du nichts dagegen hast, ja.
Aber wie kannst du nur! Der
Mann hat ja abscheulich rote Haare!
Meine Mama sagt, das macht
nichts, die fallen mit der Zeit so wie
fort?"
Ein nobler Gast. A.:
„Bist Du verrückt? Gibst dem Kell«
Junge Gattin (von ihrer
Hochzeitsreise schwärmend): „Also,
erst haben wir Venedig, Rom und
Neapel genossen, und dann haben
wir denke Dir nur beinahe
Die Klatschbase. „Wie
gc"°""nen. liebe Freun
Empfindlich. Bekannter:
„An Ihnen kann man wirklich sehen,
daß man mit Fleiß und Jntelli
genz auch heutzutage noch zu etwas
kommen kann!"
Parvenü: „Zu etwas? Bitte, ich
habe drei Millionen!"