Orplid, mein Land. (11. Fortsetzung. Almut blühte in stiller, aber heite rer Lieblichkeit. Blatt auf Blatt herben Knospe entfaltete sich zur Freude am Lernen, am Leben ob auch zur Liebe? Sigrid spürte ihren Seelenregun gen mit der treuen Anteilnahme von früher nicht nach eigene Herzens kämpfe machen neben aller Pein auch noch egoistisch. Sie wußte auch nicht, wie Thor dikken sich zu dieser Neigung seiner Tochter stellen würde. Jedenfalls hatte sich Hollmanns weiche Träumernatur in der Luft dieses Hauses zu ruhiger, männli cher Sicherheit gefestigt, die schließ lich alle Garantien bot, die ein Vater vom Gatten seiner Tochter fordern mochte. Ach, alles war auf dem Wege har monischer Entwicklung wer ent behrte sie noch? Sie wollte aufstehen, im Hause irgendeine ablenkende Beschäftigung vornehmen, aber eine Mattigkeit, die wohl nur seelische Ursachen hatte, hielt sie in ihrem Stuhl fest. Den Kopf gestützt, sah sie vor sich hin auf den Platz, auf dessen wei ßem Sand die Kastanienzweige spie lende Schatten malten. Und plötzlich fiel von der Seite her in diese »einen ein großer Schat ten und über den Rasen des Rondells kam Thordikken heran. Sigrid richtete sich empor. Schnell Teemaschine in Gang zu setzen. Aber Thordikken wehrte ab. Er müdet setzte er sich in einen Rohr s-ss«l. Genau wie er sich vorgestellt, fand er es hier, hatte sich danach gesehnt schluß fest? „Du fragst sie heute. Und den Anfang soll Damners Werbung bil den. Es ist völlig natürlich, daß ich davon weiß. So befreundet, wie wir sind." te sich ihr Gesicht. Thordikkens Blicke hafteten an den reizvollen Zügen. Sein Herz kl^pf doch zu wenig freundlich. Bildeten nicht Geschäftssorgen die Ursache und das war schwerlich der Fall, so konnte sie sich mit Recht verletzt fühlen. richtet mit einem Ausdruck Ganz still blieb sie. Minutenlang Alles Sausen legte sich, alles ternder Musik, de. Er liebte sie! Nun wußte sie's. Er liebte sie! heimatlos, nicht länger eine Mutter ohne Kinder war. Daß ihr Sehnen nicht mehr zie'.los, ihre Wünsche kei ne nebelhaften Träume bleiben soll ten. Daß es noch Tag für sie war da draußen, und daß die Welt, schö- Sic atmete tief. Ihre Brust Sonnengold war um sie. Warme, warm« Sommerluft. Wachsen und Blühen und Reifen. Erkenntnisse waren in ihren Mil len und ein einziges großes Geständi nis. Verwehrt der Zweifel, fort Angst und Traurigkeit. Und der Mann neigte sich vor, seine Hand streckte sich aus, die der Frau zu erfassen Da zerriß ein Schrei die Stille! Sie schraken zusammen, blickten wirr um sich, konnten den Weg aus höchsten Höhen nicht gleich zurückfin den und steckten doch schon mitten drin in der Angst des Alltags. „Das war doch Almut" stam melte Sigrid. „Wo denn? Wo sind sie denn?" „Bei der Mühle! Sie sind nach der Mühle! Sie sind nach der Mllh- Durch den sonnendurchwärmten Staub liefen sie denselben Weg Hin unter, den die drei vor kurzem so Blicken nach dem schäumenden Bach, Gischt aufpeitschten. stützen. Abgerissene Worte, unablässiges, leises Wimmern kam von ihren Lip- Wasser. künden obenauf brachte, schickte er dem nahenden Retter seinen flehenden, angstvollen Blick entgegen, einen herz mer nicht die rettende Böschung? Durch die Anstrengung des Wer fens war er vom Ufer wieder weiter Thordikken rief ihm etwas zu das Rauschen verschlang die Worte. Jetzt -- Herrgott, jetzt packte ihn rissen^— In seinem Zimmer hatten sie ihn auf sein Bett gelegt, spät abends, als sie die Leiche drunten am Wehr ge» gestreckte Gestalt bis zu dem Antlitz. Friede. flüstern. und mit Lächeln sagen: „Folget mir nach! Zur Küste des leuchtenden Eilands! Folgt mir nach!" Nie waren Paul Hollmanns Lippen Thordillen vom Rande des Mühl lnit unsäglicher Mühe zum Bewußt sein und dann durch Schlafmittel zur Ruhe gebracht hatten, so rief sie schon größere Gefahr an Karstens Lager. Der unglückliche Knabe, an seinen Platz gebannt, hatte von weitem dem Schrecklichen zugesehen, starr und ver stummt in Entsetzen. Wagen gehoben war, begannen schwer« Nervenkrämpfe den gebrechlichen Kör per zu schütteln. Der Diener raste mit dem Auto zum Arzt. Bis zum späten Abend währte der Kamps um das schwache Lebensfünkchen. Schmerz hinaus. Immer in den paar Worten: „Mein Freund, mein nen Hund, um einen Hund!" Was konnte es diesen Armen, sei nes Besten Beraubten trösten, daß ein und daß Paul Hollmann, sein Freund, eines schönen Todes gestor ben war. Nach Mitternacht trat Sigrid blaß und erschöpft in das . große, kühle Gartenzimmer. Der Arzt war fort, die Kranken schliefen, und an Paul Hollmanns stillem Lager brannten still die Kerzen. Langsam kam Sigrid an den gro ßen Mitteltisch, über dem grünverhan gen das Gaslicht glühte. Ihre Füße trugen sie kaum noch, jedes Glied ihres Körpers war schwer, wie zerschlagen. Sie sah Thordikken nicht gleich. Er stand in der geöffneten Terrassentür. Der flackernde Schein von Windlich tern lief über sein blasses Gesicht. Ihr elendes Aussehen schnitt ihm ins Herz. Mit unendlicher Liebe sah er ihr entgegen. Und wie sie diesen Blick auf sich gerichtet fühlte, brach ihre Fassung: sie weinte bitterlich. Da war er an ihrer Seite. Fest und schützend legten sich seine Arme um ihre wankende Gestalt. Und in einer Willenlosigkeit, die Erlösung, in einer Schwäche, die Wonne war, ruhte ihr müder Kops an seiner Brust. „Sigrid, wirst du nun endlich deine Kinder rufen?" Wie aus einem Traum heraus sprach sie: „Alles, was du willst. Nichts in der ganzen Welt, als was du willst." Draußen dunkelte und duftete die flohene Seele? Wo unter der Pracht des Nachthim- Wie zur Antwort auf stumme Frage flüsterte Sigrid: „Dort, wo die ewige Liebe lebt." Leise schloß Thordikken die Tür Schweigen, das um Tote ist. Die Fenster in Frau von Beekens Wohnung waren verhängt, die Zim mer standen leer Malve und ihre Mutter waren nach Berlin gezogen. Das Glück war endlich gekommen! Endlich, nachdem selbst Malvens Mut ward in Angst und Sorge. Das war die Zeit gewesen, als sie die verzweisclnde Adelheid geholt, tod sllr sich selbst braucht. Nur der Schwester wegen litt sie. Und als alle Stadien der Krankheit Tages: ! N ' gegen? „Sie ist noch da, Malve! Sie ist neuer, verheißungsvoller Zukunft ent gegengefahren. Sie hatte sich in unaufhörlichem gen die Macht der Fieberkrankheit an sich, mehr noch Tag für Tag in auf reibenden Versuchen, Adelheids leiden schaftliche Verzweiflung einzudämmen, sei ftder Tropfen des Lebenssaftes innen heraus durchglüht von Arbeits- Die aber, die sie gepflegt, saß in dem verlassenen Stuhl' am Fenster und sah in das Gold und Rot des Himmels, und wie sich der Sonnen glanz übcr alles in der Welt breitete, und wie schön es war nein, wie schön es sein könnte. Malve Beelen hat keine Zeit. geworden ist, nie Zeit und das ist gut. Wenn sie am müs- Sei tapfer, Malve! Bleibe tapfer! den Damen nicht irgend etwas besor- Malve dankte. Sie wußte, oft hielt unten sein Wagen, weil er sich Adelheids Pflege gehäuft. Malve doch die Schwester nicht ohne einen Pfennig ziehen lassen. Grabauer spürte das alles. Viel leicht übertrieb er in seiner Besorgnis Eine selbstlose Liebe trieb ihn. „Wie können Sie von Undankbar dig? Bitte schön! Umgekehrt doch wohl. Uebrigens kann ich das Wort und nun noch traurig mache. Verzeihen Sie mir, Malve! Und las sen Sie's alles wieder wie früher zwl ein Schuljunge. „Das also ist nun ein Korb! So 'n kleines, dummes Ding! Und so Und weiter gingen die Tage. Ueber den Straßen glühte die Juli sonne. Alle Gärten standen voll Rosen. Welt trunken schien von de! Som mers Allmacht, war Malve hraußen gewesen sie mußte sich ein Stück- Heute saß sie im Zimmer. Ihr des Zeichenbretts bedeckten ihn Mosen nichts als weiße Rosen. Zu ei mit starkem, schwerem Dust. In Malves Schoß lag ein ange fangener Kranz und langsam fügte Blüte in die Reihe. Ihr Antlitz war weiß wie die Blu das Leben nicht für ihn besessen. , Die Rosen dufteten so stark. Die Luft war ganz schwer davon.' Es war Malve, als müsse sie lau schen. d ftbl d ihm geleuchtet? er's jetzt in aller Herrlichkeit von Angesicht zu An wie vom Himmel gefallend Zuerst die Botschaft von Sigrid: „Ich und die Knaben, wir. haben Und dann ein Brief! Weither! Und als Malve den gelesen, stand sie plötz lich kerzengerade im Zimmer, die die Arme schlangen sich um deren Leib, und aus Malves Brust brach ein Schrei hervor, so laut, so erschütternd „Er kommt! Er kommt! Mutter! Wohl und gesund ist er. Er will mich holen! Ach, Mutter! Mutter!" alte Frau. Die Mutter konnte nichts anderes, als immer nur über den blonden Kind so in Verschwiegenheit getra gen. . Ich glaubte, liebe, liebe Malve, ich Aber sie richtete sich gleichsam Ihr Herz klopfte angstvoll zu- dann stark in We^n blonde Flechten drückte, ließ sie sich Sie merkten nicht, wie lange sie so saßen. Das alte Herz war glücklich mit len ein paar zögernde, ängstliche Schläge tat, wo jenes das Blut in vollen, atemraubenden Wogen durch pulste. nichts mehr" Aber Malve fiel ihr gleich ins aus denen das Glück wie blaue Fun ken sprühte. »Er schreibt doch, er liebt das Land da drüben. Und seine Arbeit > dort. Heimweh hat er gehabt, aber ter! Wie lange schon! Wo Ha rald ist, da ist meine Heimat." Die alte Frau schwieg. Sie fühlte Malves Herz stark an ihre Brust klopfen und wußte, halten Es ward beschlossen, Malve sollte So viel stand schon fest: Nach Malves Abreise wollte Frau von Beeken nach Berlin zu Adelheid zie- Hans-Gebhard bedurfte der Psle- Mit Frau von Beelens Uebersied lung nach Berlin erfüllte sich Adel große Sorge fiel von ihr ab. Sie und Diethers Mutter wür den friedlich beifammensitzen der Welt zu offenbaren. Sie hatte sie ganz, die geliebte Kunst. Sie trug sie, füllte sie ganz. Schöner und schöner klang ihre Stimme. Oft erzitterte sie bis ins Herz vor dem Jubel ihrer Töne, vor der Macht, die ihr gegeben war. der. Und Diether? Die Erinnerung an die holde Zeit ihres Liebesglücks war ihr rein und licht wie ein Kinderpa- Phantasie los. Ruhe segte, grüßte Diethers Anttitz mit Friidenslächeln in ihrem Troum. Ueber Malve lag das Glück wie glühende, reifende Julisonne. Sie stand wie auf Bergesgipfel nichts aus den Tälern konnte mehr die Augen. Jeder Atemzug schien Dank, jeder Pulsschlag seliges Vorausgeni-Ben, gläubige Hoffnung. Wer sie sah, fühlte sich zu einer Höhe erhoben/ Drunten wallen Nebel hier oben glutet die Sonne, ist ein neuer, klarer arbeitsfroher Tag heraufgezo gen. Sigrid Thordikken wanderte auf dem Bahnsteig hin und her. Sie erwartete den Zug von Hannover, der nach kurzem Aufenthalt weiter fuhr nach Bremerhaven. Ihr Mann hatte sie begleiten und selbstverständlich auch Malve begrü ßen wollen, aber pötzlich war Sigrid der Wunsch gekommen, sie mochte die Schwägerin lieber allein Haben, nicht die knappen Minuten zwischen Aus- und Einsteigen mit Frage und Ant wort zersplittern. verstand die Empfindung feiner Frau sehr gut. Sie wollte heute ganz nur für der Geschwister Glück da sein ihr ei genes sollte völlig in den Hinter (Schlvß folgt.) Verdächtiger Gegen beweis. Gatte: „Was sagst Du: se Nacht aus 'm Wirtshaus lam? Da Fiik