Das Wasscrmädchcii. In dem geräumigen Wohnzimmer der Frau Bürgermeister Staats glüh ten die alten Mahagonimöbel am Fenster rot auf in der mählich vor deigleitenden Nachmittagssonne. Alle halbe Stunde verkündete der wohllau tende Schlag einer vergoldeten Pen düle über dem Schreibtisch den Ver lauf der Zeit, auf den niemand achte te. Die Kaffeetassen klapperten, die Äuchenplatten gaben ihren duftigen Aufbau her, und Milli, das zierliche Zimmermädchen, hatte vollauf mit der Wersorgung der Damen des Kaffee kränzchens .Frohe Zuversicht" zu tun. das heute bei der Frau Bürgermeister tagte. Es waren ungefähr zehn Ho rioratiorensrauen der kleinen Stadt. Die Referendare des Amtsgerichts nannten die würdigen Damen boshaft .die Gottesmühlen".... Man stichelte mit Herz und und Hand, doch kam das erstehe weniger mern und Kissenplatten zugute, a!S dem lieben Nächsten. Unterhal ts laut, doch hatte sich der Damen allmählich eine gewisse Nervosität be mächtigt. denn man stand unmittel bar vor dem Ausbruch des Hauptthe mas, das alle gefühlsmäßig auf die ungeschriebene Tagesordnung gesetzt "hatten. Und so erhob sich denn auch als bald Fräulein Viktoria Dwr, die ihrem Namen alle Ehre machte, ver senkte die duftige Häkelpasse eines DecolletShemdes in ihren Arbeitsbeu tel. der ihr als Vorsitzender des Kränzchens auch gleichzeitig als Ak ienbewahrer diente, und begann: „Verehrte Damen! Ja, es muß doch einmal ausgesprochen werden: Unsere liebe Frau Oekonomierat Knorr ver nachlässigt uns in einer ganz unver zeihlichen Weise. Ich habe leider zu konstatieren, daß sie zum zweiund ,zwanzigsten Male heute abgesagt hat. Ich frage: Wer hat das Kränzchen ins Leben gerufen? Wer hat sich noch im letzten Winter am eifrigsten um die Auffindung von Weihnachtspa tienten bemüht? Wer widmet unseren «dlen Bestrebungen die höchsten Dota tionen. die. wie es unsere Satzungen gerechterweise bestimmen, von jedem nach seinen mehr oder minder reichen Mitteln" hier schlug Fräulein Dürr errötend die Äugen nieder .geleistet werden? Unsere hochverehrte Frau Oekonomierat. Aber, werte Damen, wer entzieht sich in unbe greiflicher und fast verletzender Weise unserer Gesellschaft? Frau Knorr. Tlnd als die Reihe an ihr war, vor sechs Monaten, die „Frohe Zuver sicht" zu empfangen, tat sie es mit sauersüßer Miene und mit ossen zu sage tretender Unruhe und Be sorgnis." Alle nickten. Die Arbeiten waren beiseite gelegt! der Kaffee verduftete sein köstliches Aroma ungenossen. richtet. Frau Apotheker, die eleganteste Frau des Städtchens, das Wort. „Wir illustren Kreis. Jugendgespiclinnen entwickeln lon» »Sehr richtig!" bestätigt« Frau Rentier Niedlich. Jawohl, so war es, das wußten alle. Doktor Ludwig sollte im Städt chen nicht „hängen" bleiben. Obwohl sich alle Damen im gehei men schon immer auf das heftigste be fehdet hatten, wenn jede von ihnen den Versuch machte, Herrn Dr. Lud wig Knorr, die beste Partie des Städtchens, als Schwiegersohn zu er ringen, so standen sie jetzt doch gegen den gemeinsamen Feind auf wie ein Mann. Ja, es wurde furchtbar im Reiche der Mütter.... „Diese Absperrungspolitik ist schändlich!" Viktorina ihrem Gegenüber zu. „Mein Malchen hat dem jungen Mann selbstverständlich niemals Hoff nungen gemacht!" brauste Frau Fe derte auf. „Abgesehen von der ideellen hat die Sache auch eine praktische Seite, sie wird ihren Sohn direkt ins Unglück treiben!" „Hier, wo eine der anderen klare Verhältnisse kennt, wo sie sozusagen in den Seelen unserer Mädchen lesen kann!" sagte F«m Oberlehrer Al rune mit Haltung. „Sie scheint nicht zu wissen, was auch eine Freundschaft für's Leben bedeuten kann." seufzte die Oberpost sekretärin a, D. „Das einzige, was man hört, ist, daß Dr. Ludwig Knorr mit dem schüchternen Mädchen musiziert, der Amalie, Frau Kanzleirat wissen ja, ziehen lassen, diese entfernte Ver wandte. Freilich, die ist in ihrer Unanfehnlichkeit nicht gefährlich," warf Frau Bürgermeister ein. benden Freundschaft, rief man schlacht wieder auf. Als Milli eine hastig und mit rotem Kopf. „Aber wo bleibt denn unsere ver ehrte Gastgeberin?" sagte Frau Apo melte die Stücke auf. „Meine Damen!" rief Frau Bür germeister Staats mit schluckender Schicksal! Wir sind gerächt! Ach, Es ist eine honnette Person, und sie Ach, das Unglück! Denken Sie, Dr. Ludwig Knorr gibt seine Staatskar „Wassermädchen!" „Ist es die Möglichkeit!" „Arme Knorr!" So schwirrte es durcheinander. „Gott behüte!" „Dann ist's ja gut!" sagte das Tierarztsrauchen. „Seit einem Jahr unterrichtet er sie in Französisch- und Mathematik." „In Mathematik?!" wiederholte Frau Federle ganz entgeistert. „Seit dem 1. Juni ist sie in einer vornehmen Pension in Lausanne, um den letzten Schliff zu erhalten." „In Lausanne!" Frau Apotheker Reich griff nach dem Herzen. „Sie soll sehr schön sein und ist schon einmal gemalt worden." Totenstille trat ein. Man war bleich geworden bis unter die mehr oder weniger künstlichen Stirnlöckchen. Dann erhob sich ein Sturm. Kaffeetassen wurden umgestoßen, silberne Löffel klirrten zu Boden. .Die Wasserjungfer die Wasser jungfer!" Man sah sich gegenseitig an befreiendes Lachen. „Dr. Ludwig ist gestern aus Mün chen zurückgekommen und hat sich sei nen Eltern offenbart." Kaum ver mochte die Stimme der Bürgermeiste rin sich Gehör zu verschaffen. .Ja, das wußte ich," sagte das Tierarztsrauchen. Die Frau Bürgermeister war zu Ende. Jemand schob ihr einen Ses sel zu, in den sie erschöpft sank. .Die Wasserjungfer!" .Die Was serjungfer!" „Wir sind gerächt l" „Mein armes, betrogenes Malchen! Jawohl, er hat ihr Hoffnungen ge macht schluchzte Frau Kanzlei rat. .Ein Maler, das ist eine unsichere Existenz! doch hat ja der Alte ge nug." „Jetzt sitzt die Knorr schön in der Patsche, aber das gönne ich ihr," sprudelte die Niedlich grimmig. .Um dem Wassermädchen die Beute abzujagen, sollen wir jetzt einspringen. Ha, ha, ha!" .Halb zog sie ihn, halb sank er hin und ward nicht mehr gesehen!" rief Fräulein Dürr, halb erfreut und halb ergriffen. „Empörend! Das ist sein bürgerli cher Tod!" prophezeite Frau Alrune. „Aber so sind die jungen Leute, keine Moral und keine Religion „Niemand geht zum Fest! Ich sage niemand!" ermannte sich Fräulein Dürr mit durchdringender Stimme zu rufen. Nein, niemand wollte gehen. Man versprach es sich hoch und heilig. Und während die goldene Pendüle mit ihrer hellen Stimme siebenmal in das kaffeedurchduftete Zimmer rief, verab redete man bei Händeschütteln und Danksagungen für den reizenden Nachmittag eine kühle Absage an Oekonomierats, die jeder für sich ab geben wollte. Die Folge davon war, daß am nächsten Sonntag alle Mütter der „Frohen Zuversicht" mit ihren Töch tern in nagelneuen Kleidern und mit den entzückendsten Schuhen und Fri suren von der Welt erschienen. Jede hatte heimlich gehofft, die einzige Zu sagende zu sein, um so dem jungen Doktor ihre Tochter allein präsentie ren zu können. Jede wollte den Kampf mit dem Wassermädchen be stehen. Nur Fräulein Dürr war ferngeblieben, ebenso die kleine Frau Tierarzt. Man begrüßte sich gegenseitig mit zurückhaltendem Lächeln, in das sich die Feindseligkeit des Selbsterhal tungstriebes mischte. Die Unterhaltung berührte die ver schiedensten Gebiete, nur von Malerei sprach man instinktiv nicht., Man war bestrebt, den jungen Mann der sicheren Staatskarriere zu erhalten. Ach, wie reizend schwatzte Grete Reich heute Französisch, wie sachver ständig sprach sie von den Rezepten des Brillat-Savarin. Marianne redete von Justinian und dem römischen Recht, Malchen von ihrer Verehrung für Pythagoras. Fräulein Kleinentine versuchte es mit Nietzsche und Käthchen Unbewußt mit den Grundlagen des 19. Jahr hunderts. Lieschen Taub, die Tochter des Musikprosessors, sprach von der lydi schen und phrygischen Tonleiter der mer, nur schön, während Johanne Wahnschaffe so tat, als wenn sie es lichte Mädchenblüte lest ans Herz Mütter stahl sich das Bild des be- Lergauell«. Das Bild hieß: .Das schon glückliche Frauen und Mütter, die im Kreise der „Frohen Zuversicht" saßen und Politik und große oder germeisters Ella fehlte. Sie hatte nach auswärts geheiratet. Marianne und Kleinentine und die unscheinbare Nichte von Oekonomie rats waren noch zu haben. Da meldete eines schönen Nachmit tags die NLHfriedel, die ein altes, runzliges Weiblein geworden war, und die schüchterne Amalie gebeten hätte, sich seiner kleinen Tochter an zunehmen. Man rümpfte die Nase, sah sich bedeutungsvoll an, und von Mund zu Mund klang es spöttisch: .Das Wassermädchen!" „Die Wasserjung fer!" Marianne und Kleinentine aber, die als ältere Mädchen schon der .Frohen Zuversicht" angehörten, er- Persönlichkeit. Jawohl, nur die Gat tin, die Ludwig Knorr sich gewählt hatte, war die Frau, die einzig zu ihm gehört hatte. Ach. und wie freu ner Nichte ein Mitbringsel schenkte, Bas« ein lustiges Reiseerlebnis, und weißt du, wie sie's fand?" „Na lustig eben, oder komisch?" „Nein, Gewonnenes Tpirl. Heute war sie besonders entzückend. Sie hatte alle Lichter ihres Frohsinns angesteckt und ließ alle Funken ihres Geistes sprühen. Wie sie lachen traulichen Heim seine Abende verbrin seit drei Jahren, seit sie Witwe war, so fort. Er war der Vormund ihres gen keinen Gefallen fand. Ihr Heim, ihr Kind, die Plauderstunden mit dem guten Freund genügten ihr. Au ßerdem nahm die Erziehung ihrer Tochter sie sehr in Anspruch. Die Uhr schlug zehn, und er er hob sich. Als er ihr zum Abschied die Hand küßte, hielt sie die seine ei nen Augenblick fest und sagt« mit leiser, belegter Stimme: „Ich muß Sie bitten, Ihre Besuche bei mir einzustellen. ES muß dies heute der letzte Abend sein. Daß ich Ihnen das >n der letzten Minute sa> gab ihm den Abschied? Er sollte sie Warum nur? Was war geschehen? War sie ihm böse? Seiner überdrüs sig? Hatten gut« Fr«unde über diese Plauderstunden sich Bemerkungen er laubt? Nein, das war es gewiß nicht. Blöder Klatsch würde sie nie zu dieser ihn aufs tiefste treffenden Maßregel v«ranlassen. Was also war es nur? „Warum? Warum?" stammelte er darauf. Er bat, er beschwor sie: Sie schwieg. Er machte ihr Vor würfe, wurde heftig bis zur Unhöf- Was sollte dieses lächerliche Aus weichen? Klarheit wollte, mußte er haben. Er faßte sie nochmals an ihm zuzuwenden. Er sah in ein tieferblaßtes Ge sicht, in ihren Augen glänzten Trä brach sich an diesen Tränen und mach te einer Weichheit Platz, die er kaum zu beherrschen vermochte. Es war beleidigt?" Sie schüttelte den Kopf. Natürlich nicht! Wie töricht war Mütter sah, sollte sie beleidigt ha ben? Selbstbeherrschung festhielt. Er hätte herzlos und grausam. Sie sah still vor sich hin. Was diese Stille si« kostet«, ahnte er nicht. Daß Stille nicht immer Ruhe, daß nen, und wortkarg saß er am Adeno in der einsamsten Ecke des Restau rants. Man war erstaunt, ihn wieder in über das mürrisch - unfreundlich« Wesen des sonst so liebenswürdigen Mannes. Er sah elend aus, hatte leinen Ap petit, leinen Schlaf, selbst das Rau^ abends die mit Zigarrendampf ge tränlte Lust in dichtbesetzter Kneipe. Wie tonnten die Menschen darin nur atmen, lachen, plaudern, sich wohl fühlen? Daß er selbst sich jahrelang darin behaglich gefühlt Hatte, daran daß er so nicht weiterleben konnte. Sie fehlte ihm überall, keine verstand so zu plaudern, zu lächeln, das Le- Er ging zu ihr, sie wies ihn ab. Er schrieb an sie, sie antwortete höf lich, aber ablehnend. Er war der Seinen Freunden tat «r leid. Si« fühlten, daß er litt. Und eines Tages sagte Assessor Werner aus dem Bestre ben heraus, ihm zu helfen, ohne Ein- nicht!" war die barsche Ant ,.Wieso nicht? Du verkehrst doch „Nicht? Habt ihr euch gezankt?" Norbert sah seinen Freund mit leidig an. „Gezankt! Als ob man sich mit dieser Frau zanlen könnte." „Ah, Du bist der Sache wohl überdrüssig geworden? Der Tee mit Ethil wurde Dir wohl langweilig?" Norbert zweifelte an dem Beistän de seines Freundes. Dann sagte „Warum denn? Man sprach in der Gesellschaft davon, daß —" bert höhnisch seinen Freund. „Da haben wir des Pudels Kern. Die lieben Mitmenschen hatten wieder muß ich büßen." Er schlug mit der geballten Faust auf die Tischplatte, daß sie dröhnte. „Aber ich will nicht so »miterleben, ich kann nicht ent- Eint Pause entstand. Der Asses» „Wenn Du Nichts olhne sii brauchte nie mehr von ihr fortzuge hen, kein Gerede der Welt konnte ih nen mehr etwas anhaben. Ihr Herz war frei, das wußte er, es verkehrt! te. Der Freund hatte recht. Ju belnd fiel er ihm um den Hals. l'ef geraden Weges zu ih Es dunkelte bereits. Die Pen braiinten schon, sie faß einsam „Margarete!" „Was soll das?" fragte sie bebend. .Ja, ja, aber es geht nicht. Ich Ich liebe Dich, ich bete Dich an. Du mußt mich heiraten." zurück, nicht als Freund als Ge liebter. Sie hatte ihn nicht verlo ren, sondern für immer gewonnen. Wortlos sank sie an seine Brust. fori?" „Weil ich Dich liebte." „Weil Du mich liebtest?" er terbrach er sie. „Sieh mal, wie schlau. Du spieltest also va ban que?" iZu unser beider Glück." Der Tiroler im Flach land. „Sakra, is dös a Gegend: 's oanzig Bucklige is no mei' > Klopf!" i Reinfall. „Donnerwetter, ein Trag krrb und lein Mensch weit und breit . . Teufel, ist das Ding schwer!" StoH""suchmd Mr — Ausnützung de? Gegebene». .Nanu, Paul, ich denle. Du soll test Barbier werden, und jetzt seh' ich Dich hier als Kellner?" «Ja, Vater hatte seinen Hochzeits da hat er sich's anders überlegt." Kindermund. Mutti er zählt die Schöp .Aber Mutti, wann schuf er denn die Schokolade?" Ein ganz Schlauer. Diener: Warum er nu' par tout wissen will, wie hoch das Baro meter steht!" Großartig. Maler: „Mißt Du, mein neuestes Bild „Hase im Lager" ist mir großartig gelungen . . . mein Dackl sitzt den ganzen Tag dabei und paßt auf, daß er nicht wegläuft!" Auf d»r Jagd. ein Hase aufspringt): „Jetzt, Meiste, Lampe, mach dein Testament!' (Schießt und fehlt.) „Teufel noch mal, läuft die Bestie davon! Ich glaub', der nahm's wörtlich und Holl erst einen Notar!"