DerßauervomWald. (6. Fortsetzung.) Der Salon bei Allinger war be reits dicht gefüllt. Da waren wacke lige Gutsbesitzer aus der Umgegend, die man nicht aus den Augen verlie ren durfte, Architekten mit Frauen und Töchtern, Geschäftsfreunde, die sich verständnisvoll zunickten, sogar einige Künstler fehlten nicht, junge Leute, weiche um ein Glas Cham neigung. Während Polentz seine Gattin vor stellte, schweifte das Auge das Gra „Wo ist denn der Vater Ihres Wald?" fragte jetzt der Minister. überragte. Johannes zu, reichte ihm die Hand und ließ sich seine Frau vorstellen. „ES freut mich sehr, Sie hier zu verzehrt haben. Nun, die Hauptsache ist ja der Boden! Der Boden bringt auch wieder Wälder. Und dann die Früchte nicht beklagen, die er ge tragen hat. Sie haben es verstan dn, sie gut Sagen rasch bei uns eingewöhnen könnten." Johannes wurde es heiß. Der Mann wühlte mit den wenigen Wor ten sein ganzes Innere um und weck te sei» Gewissen. Nicht gedacht hatte er seit Monaten an den dankbaren Boden, nicht einmal hatte er ihn auf gesucht trotz aller Briefe und per sönlichen Bitten Rosls. und stotterte einige allgemeine Re densarten. Jr. seinem Alter tauge man nicht mehr zur Landarbeit und sei am Ende überall zur Last. Dieser Bemerkung widersprach Herr Polentz so laut und energisch, daß dem Grasen nichts mehr übrig blieb, als mit feinem Lächeln feinen Eifer zu mäßigen. Plötzlich ergriff er mit einer raschen Bewegung Jo hannes am Arme und entfernte sich mit ihm in einer Weite, die keinen Zweifel zuließ, daß er von nieman dem gestört sein wollte. rauschte der Wald zu ihm herauf, wogten die Felder; und er sprach von des Bauern Leid und Freud, von al lem, was ihn bedrückt, von allem, waS er sich oft ausgedacht wenn er durch seinen Wald ging, wie es sein sollte und könnte, und der Graf hörte ihm schweigend zu, und nickte nur ernst mit dem Kopfe. Plötzlich intonirte das Orchester einen Marsch. Johannes erwachte wie aus einem Traume. „Aber was red' i denn da, Ex cellenz. I bin ja kein Bauer mehr. Wia nur grad so ein hoh'r Herr sc, mag, der sein Grund und Bod'n verlass'n und in der Stadt fau lenzt . Allerdings, da gebe ich Ihnen Recht, Sie hätten bleiben sollen, was Sie waren," entgegnete der Graf. „Gerade um solche Leute, wie Sie, ist es schade. Was aber Ihre weitere Bemerkung betrifft Sie arbeiten ja eigentlich mehr wie früher, Sie sind ja, wie ich höre, die Seele des Geschäftes hier." I" S ' wirken sür Ihren Stand," suhr die ser fort, „Warnen, helfen, raten! Die Leute sind ja gewöhnlich allen sagen. Wie mir Herr Polentz be richtet hat, leisten Sie bereits er sprießliches in dieser Richtung. Ja, offen gesagt, Ihnen gegenüber ich bin fest entschlossen, bei der Fra ge der Ringbahn, welche ja sehr ein braver Mann, ich verlasse mich auf Sie." Johannes vergaß jede Verbeugung und blickte starr dem Grafen nach, welcher sich zur Gesellschaft zurllck- Also darum hatte er ihn geholt, der schlaue Fuchs darum diese Komödie mit der Bauerntracht! Er. die Seele des Geschäftes, die Stütze feines Standes! Der ver lotterte Johannes, der auf den Vier te. den braven Mann zum besten zu halten. wollte er dem Grases nach llWWUhw. olles gestehen, - d» , kam ihm plötzlich ein anderer Gedanke. machte, wenn er wirklich das würde, sür was ihn der Gras hielt, der Hel fer seiner Landsleute! Wenn er die sem Polentz besser auf die Finger sähe, sich mit aller Kraft jedem Un echt widersetzte, all' die zweideutigen „Ihr Vater ist ein trefflicher wittert, zugleich aber etwas wie Dan kesgefühl gegen Johannes. Er eilte auf ihn zu und drückte ihm die „Brav haben Sie Ihre Sache ge macht. Famos! Der Graf schwört auf Sie. Aber jetzt kommen Sie mir Geschäftes müssen Sie werden." Johannes, der schon eine zornige Erwiderung auf den Lippen hatte über das freche Spiel, das man mit ihm getrieben, sah sich entwaffnet. Seine Sinne verwirrten sich. Nie wird er diesen Mann verstehen, der sich unter seinen Händen in alles Er denkliche verwandelte. „Jawohl, schauen Sie nur so er staunt. Die Seele des Geschäftes! Die Gesellschaft, die bei lautem Zurufe. Das Gebahren des Ministers hatte allgemeines Aufsehen erregt. Großes bereitete sich offen schien. Polentz wurde als alles Erdenk liche gefeiert, als Hort der Kirche, Arbeiter, als „Mann der Zeit." Das i,Mann der Zeit," derselben Zeit, der man sich ungestraft jeden Scherz er laubte. Auch die Bäuerin hatte ih ren Groll und ihr Bedenken über den schwamm mit in dem Strome, dessen gleißendes Spiegelbild sie schon ein mal verlockte. Den Höhepunkt erreichte der Abend, als Herr Vigo, von Frau Wanda feurig begleitet, jene charakteristischen Lieder einer in wilden Genußfiebern sich schüttelnden Zeit sang. AlleS drängte sich mit erhitzten Auf Johannes wirkte diese Musik Späße waren ihm von jeher in die Seele hinein verhaßt; selbst in der Verfassung, in der er sich augen blicklich befand, kam er nicht darüber hinweg. Jetzt träumte er nicht, jetzt war er wach, „Was sträubst Du Dich, schöne Dich über alles liebe? Ich, Vigo, den Bauernjungen weichen?" Der Sänger flüsterte diese Worte. Wanda Wohl eine Einwen- flüsterte er. „,n unserer Noch inniger umarmten sie sich, dann legten sie die Finger auf die Lippen, und Beide verließen Arm in Arm den Raum. Faust. Da vernahm er wieder das seltsame Geräusch. Jetzt klang es fast wie damals, als die Milliarden von Raupen seinen Wald auffraßen, felte. Er stürzte nach der Tür. Bunte Paare drehten sich im Tanze, Seide knisterte. Fächer wehten, und in dem Augenblicke flog die Moni an ihm vorbei in den Armen eines Mannes, das Antlitz erhitzt, das Krönchen von Perlen schief im halbgelösten Haare und dicht hinter ihr her walzte Wan da mit dem Sänger, Matthias mit einem halben Kinde, zu dem er wohl ähnliche Worte flüsterte, wie eben der Sänger in das Ohr seines Weibes geflüstert hatte, dem häßlichen La chen nach auf feinen Lippen, dem hei ßen Blick seiner Augen. Der dicke Polentz im Arme einer Schönen, die ihm verständnisvoll zu lächelte dann verwirrte sich alles wieder im bunten Kreisel. Johannes trat mitten hinein. Er rief zornig nach seinem Weibe. Man lachte über den trunkenen Bauern, umtanzte ihn noch toller, zog ihn am Rocke, bis die Bäuerin selbst sich seiner annahm, ihm zu flüsterte, er solle sich doch schämen und sie nicht vor allen Leuten zu Schanden machen. Doch er faßte sie mit eisernem Griffe bei der Hand. „Wir geh'n, Moni!" te sie schon lange nicht mehr gehört. Noch einmal versuchte sie, unterstützt von den Umstehenden, welche die Sa che scherzhaft aufnahmen, schwachen Widerstand, ein. Blick des Bau- Benehmens Ech er das Lüh!! merkte sie das Verstörte seines gan zen Wesens; das sonst tiefgerötete Gesicht erschien jetzt grau, jede Spur jetzt is." des Geschäftes! Grimm! Grimm! Schuft! Torheit! In unserer Zeit! Genießen! Genießen!" als der letzte Gast das Palais Po- Vigo. 6. Kapitel. Die Presse brachte lange Artikel Hauptmitarbeiter an dem Auf schwung« der Stadt. Der Minister Graf Waradin und der würdige bahn erledigt. Sie ging mitten durch den Grund des Polentz. Die Bureaus wurden nimmer leer, ein Menfchen- Und überall wurde er mit Freu den begrüßt. Da» Glück faß hinten auf dem Radkasten. günstigen Verkäufen und raschem Em porkommen. Ein Narr, wer sich da noch abplagen will mit dem kargen Boden. war der, der e» machte, Polentz' rech te Hand! er war selbst Bauer und wußte, was dem Bauern wohl und der ihm vertraute. Er schätzte gut ein, zwackte nichts ab, und im Handumdrehen hatte er ' ein „hinterfassiges" Anwesen bereit, das, dem Verkehre entlegener, von Der Rest des Kaufpreises, welcher dem Bauern in der Hand blieb, wan- ' derte zu Polentz und trug seine schönen Prozente, wie ste keine Bank ! der Welt zahlte. Man hätte ja am liebsten den , ganzen Kaufpreis dahin getragen, ' aber das paßte dem Johannes nicht, ' ja, er weigerte sich entschieden, in diesem Falle den Handel abzuschlie- , Ben. „Ein Bauer soll Bauer bleiben, er taugt zu nix anderem. Ich Hab's an , mir selb'r erfahr'n!" war fein Wahl- ' fpruch. Johannes war den Tag nach dem , Feste entschlossen gewesen, schleunigst ! mit seinem Weibe zu fliehen aus der vergisteltn Luft. Eine unbändige , Sehnsucht erfaßte ihn nach der Hei- , mat. Dann aber dachte er wieder der Worte des Ministers. Nein, es ! wäre eine feige Flucht, jetzt zu gehen. Dann rief ihn Polentz zu sich in 5 das Komptoir. Das war ein ganz ' anderer Mann, der da am Schreib- . tische saß mit seinem ernsten, fast , sorgenvollen Gesichte, nicht mehr zu kennen, gegen den Polentz von gestern t abend. Und wie er ihm das alles i auseinandersetzte, das ganze Ge- t schästsgebahren, welche Rolle er, Jo- s Hannes ,von nun an darin zu spie- Z len habe. Alles so gediegen, so h durch und durch rechtlich. Nur ängstlich wagte er sich ganz Z zuletzt mit seiner Beobachtung betreffs s der Schwiegertochter hervor, mit der t Szene im Vorzimmer, die er de- ! 5 lauscht, seine Besorgnis ausfpre- chend. Polentz hörte ihm ruhig zu, mit einem fast schmerzlichen Ausdruck um die Mundwinkel. „Ja, die Jugend!" sagte er dann Ihr Matthias in diesem Punkte auch ner Tochter sehe, wohlverstanden! in deß ich will Ihnen was sagen, Johannes, mischen wir uns nicht ten," recht geben. Er hatte einmal kein Urteil über diese fremde Welt und sah wohl alles in zu düsteren Farben. Was kümmerte sie ihn auch weiter? Sein neuer Wirkungskreis führte ihn ja auf daS Land zu feinen Be rufSgenossen, noch einen kurzen Abstecher nach dem Hofe zu Ferl und RoSl. Es war ihm. als müsse er erst dort die rechte Kraft schöpfen zu dem neuen, ver antwortungsvollen Werke. Pflanzen versehen, anderwärts schloß sich bereits wieder der bei dem gro ßen Neuhieb verschonte Unterwuchs Wald und Verdruß über sein feiges aller Liebe Rosls, trotz aller Erin- Wirtfchaft da. das langsame Ad der schmutzig-gelben Landschaft. Der Wind fuhr stoßweise in die halb wüchsigen Föhrendickungen, über das fast horizontalen Strichregen, der ihm das Antlitz peitschte. Unter dem blauen Mantelkragen stahl sich schnee- Der schwere Körper drückte die Federn bis auf das Wagengestell herab. Und wie stolz und frei war er grüßend Gesicht. Wer hätte daS noch vor einem Jahre gedacht! Mit einem Schlage aus, radikal aus mit dem ganzen ten. Die Zeitungen vertuschen und vertuschen, sprechen höchstens von augenblicklicher Krisis ohne weiteren Belang. Alles schweigt und wartet auf et was Besonderes, etwas besonders Freudiges, oder etwas Furchtbares man weiß es selbst, nicht, ver meidet darüber zu sprechen. Der Polentz tut auch gar nicht dergleichen, im Gegenteil, er protzt jetzt mit seiinni Schwiegersohne um die Wette, ladet die ganze Stadt in sein Haus oder verbringt ganze hoch httzeht. Komptoir. so erschrickt man vor dem sorgenvollen, jetzt ganz ausgemergel ten Gesichte, über das gar oft, wenn Schatten der Angst fliegt. > Lange war es schon nicht mehr j richtig mit ihm. Das ist alles nur > letzten Jahre? Mals „Sie fund ein braver Mann, ich verlasse mich auf Sie!" Müßte er nicht bis in sein Innerstes hinein die er dazu gebracht ja" er, nur er allein! Seit Jahren schleppte er sie ja von weit und breit herbei. Sie sprach ihre Sprache. Heiliger Gott! Wenn die alle dann vor ihn hinträten. die Fäuste gegen alte Besitzer des Anwesens- hatte es dem Abschlüsse, der Alle tat ihm Holzstofffabrik. Seine Erregung fiel ihm auf, sein Hasten, War eS doch sonst seine Art Narr! Als ob der Haufen Geld Mensch. möchte tel Unzen fein würfelig geschnittenen mageren Speck dazu, tut ihn zu den Gurlcnstücken und überfüllt alles mit