?ir Ttilndc des Serrn Archibald Merkel. Novclctte von Paul Hermann Die Schreibstube der Abteilung für laufende städtische Angelegenheiten war kabl und häßlich, dabei von je ner Raumverschwendung nach der Höhe zu, die für Bureauräume meist charakteristisch ist und die beleidigende Nüchternheit noch deutlicher hervor treten läßt. Nur auf dem Fenster brett lieben dem Pult des jüngsten Schreibers stand ein kleiner Blumen topf, in dem ein paar eingesenkt« Bohnen schüchterne Versuche machten, Ranken um die schmalen Stäb« zu schlingen. Der kleine Schreiber hatte goldfarbenes Haar und war wenig tauglich für den künftigen Beruf ei nes Stadtfchreibers, zu dem ihn sein Bormund bestimmt hatte. Aber «s kommt hier nicht so sehr auf den lernenden Jüngling William Ban derheid an, als auf den Schreibstu benvorstand Herrn Archibald Merkel. Bon den Pulten der sieben Schrei ter flogen über den weißen Foliobo gen hinweg ab und zu Blicke zu dem Herrn Vorstand, dessen unzugängliche, herbe Persönlichkeit und knappes, kurz ongebundi-n-f- Wesen genügt hatten, die Schreibs'ube der Abteilung sür lausende stäaüsche Angelegenheiten zum Muster aller Schreibstuben im Rathc.use zu machen. Er selber war im Dierst Io.,'I: und peinlich bis fallen hatte, als ihm der Rat ohne sein Ansuchen die Mitteilung seiner bevorstehenden Pensionierung machte. Tätigkeit bei Ablauf des Quartals ins Blut. Aber Herr Archibald Mer in diesen Tagen die geringste Berän- Heuie war der letzte Tag. Mit dem Glockenschlage zwölf würde er die -B'.iihaunjZN jnv u^ Mij der scharfe Bttck des Vorstandes, refpekt vor dem Alten, selbst jetzt Schreiber William Banderheid stockte Jüngling war die Röte der Scham brennend i,s Gesicht gestiegen, aber Worte der Verteidigung hatte er nicht gefunden. Herr Merkel konnte fei ner ganzen Anlage nach wenig gün stig über einen Schreiber denken, der städtisches Eigentum zu Allotria be nutzte, aber er unterdrückte doch die Wallung, ihm beim Abschied ein kur zes freundliches Wort zu sagen. Es wäre eine Auszeichnung gewesen, die der Jüngling wahrlich nicht verdient hatte. Langsam schritt Herr Merkel die steinernen Stufen hinab, über die ihn mit Ausnahme kurzer Urlaubs- und Festzeiten sein Fuß lange, lange Jahre hindurch tagaus tagein gesübrt hatte. Mechanisch erwiderte er den Gruß des diensttuenden Schutzman- Untergebenen geachtet wurde heute zum letzten Mal. Wenn er jetzt auf die Straße trat, war alles zu Ende, ' Was war feine fünfundvierzig ' Die schwere Metalltür fiel hallend drei Jahrzehnten nach dem Tode sei ner Mutter sein einfaches Mittags mahl einnahm, war in Sonne geba det, die Ueberfülle von Licht und Wärme empfand er als belästigend, überhaupt den Frohsinn und das La chen nicht, das.Leben war doch wahr haftig ernst genug. Das Mahl, das ihm eine alle, schweigsame Kellnerin reichte, mun dete ihm nicht wie sonst. Wie es wohl die anderen in den Ruhestand Versetzten trieben? Er wußte ja, daß es Kollegen gab, die das Ausruhen für den einzig erstrebenswerten Zu stand hielten, aber die hatten Fami lie, Weib, Kinder und Enkel oder allerlei Liebhabereien. Was hatte er? Weshalb sollte er sich von einer be- Tier. Es war schrecklich zu denken. Hastig sprang er auf, zahlte schnell und ging. Die brave Kathinla, der dert nach. Herr Archibald Merkel bog von der lärmenden Berkehrsstraße in das es ihnen zeigen, dem Bürgermeister, dem Rat, der ganzen Sippe, umsonst sollten die geheimen laufenden An gelegenheiten der Stadt nicht durch seine Hände gegangen sein. Ein ,'ätte er sein ganzes ehrenhaftes Le ben auslöschen sollen. Er fühlte sich plötzlich sehr elend, ein Bedürfnis nach Ausruhen überkam ihn. Seine schlecht. Herr Archibald Merkel ent behrt« nichts. Wenn er das Bedürf nis nach Unterhaltung verspürte, las Im Gegenteil, die Menge der be- siel wieder auf die Handschriften, die peinlich in blaue Aktendeckel geordnet in den Fächern eines großen Regals aufgestapelt lagen. In dieser Stim mung erschien ihm die Sammlung als der Gipfelpunkt der Lächerlich keit in seinem Leben. Die Woge Heid. „Mein Klopfen überhörten Sie, suchen? Gehen Sie!" men seine Haltung wiedergewonnen hatte, sah mit wachsender Bewunde rung auf den jungen Menschen. „Woher wissen Sie das?" „Das fühlt man im Innern, ich sehe es den Traurigen an, wenn sie traurig sind, auch wenn sie ihr All tagsgesicht Ei war Freundlichkeit im Ton, das Erscheinen des kleinen Schrei bers gerade in diesem Augenblick war ihm merkwürdig bewegend. William Banderheid trat einen Schritt näher. „Darf ich Ihnen sagen, was ich noch gedacht habe?" Herr Merkel nickte. lich^iebt." das Licht suchte. Banderheid?" „Es ist kein Geld da. Anfangs Ich habe Lieblinge. Jean Paul, oh, „Jean Paul —" „Oh, das dürfen Sie nicht sagen. Das Allerbeste kann doch jetzt erst tominen. Daran muß man jeden Allerbeste kann doch jetzt erst Als sich der Jüngling zur Tür reift. fer Empfindung stellte sich das Be- Herr Archibald Merkel setzte sich Begleitbrief fix und fertig mit der Adresse seines Rechtsanwalts vor sich sah, hatte er zum ersten Male in sei- Er sollte aus dem Schlafe, der sich nach den bewegenden, aufrührenden Ter lel)te Trachcu'icrl. Herbststurm pfiff und tobte heute wie seit Jahren nicht m«hr. Trotzdon schloß der alt« Baron Tra chenberg die Finster seines Arbeits zimmers nicht. Di« Schöße seiner lo sen, grünlichen Joppe wurden hin und her geschwenkt. Durch sein lan ges, weißes Haupthaar fuhr der starke Luftzugs. . dsll s 'cht Ruhig, jeden einzelnen Schein zwi schen Daumen und Zeigesinger hin und h«r schiebend, zählte er umständ lich die Hund«r>e, die ihm soeben der Verwalter für die letzt« Spirituss«»- dung abgeliefert hatte. „5672 Mark! Es stimmt. Breit l«r.". . . . Der Mann an der Tür tat einen halben Schritt ins Zimmer hinein. „Noch «ine Frage, Herr Baron." „Fragen Sie schi.ell. Ich erwarte nämlich in «in«r eiligen Angelegenheit Sie kosteten allemal die besten jun gen Milchkühe aus dem Stall oder die stärksten Eichen. Denn d«r junge Herr Leutnant Weddo war ein gar lustiger Herr, dem das Geld ent glitt, sobald es in sein« Hand kam. . . Aber auch ein schöner und lieber Herr! Mit Augen wie die liebe Sonne und mit einem Herzen wie Gold, Nur zu viel F«uer viel zu vi«l Feuer. . . sagte hastig: „Ich trau' dem Jungviehstall nicht länger, Herr Baron. Der Sturm tun?" Er hatt« plötzlich das Geld, das Großvater. Ein letztes Mal. ... Es sind slX)v Mark!. . . Gegen Mittag er festbleiben! Wenn er nur erst da wäre, dcr Enkel! Alles, was «r in dieser lan gen, schweren Nacht durchlitt, wollte ch d sd« St llt^ Ein verstärktes Sausen zitterte durch die Lüste. Dick« Wolken sinstert. ken. eine Stunde!" „Ich konnte nicht. Großvater." Da sah der alt« Mann, daß d«r Bnkel geweint hatt«. Und «r sagte tonlos und heiser: „Gib dir keine Mühe. . . ich tana dir kein Geld geben, keinen Pfennig." ..... Den schlanken, geschmeidigen Kor per schüttelt« es wie ein Krampf. „Ich brauche kein Geld mehr. Großvater.". . . „Um so besser.". . . „Kann ich ein wenig schlafen. Großvater? Ich bin die ganze Nacht umhergeritten. Der Gaul ist laput.". . . „Ja, schlaf nur, und nachher. . . . wollen wir zusammen reden." „Das wollen wir. Großvater!" Daß dies ein Gespräch werde, wel ches über Leben und Tod entschied, ahnten st« in diesem Augenblick b«ide nicht. Aber sogleich, nachdem die ersten Worte gefallen waren, fühlten sie Eine Stunde später war's! Der alte Trachenberg riß den En kel aus dem toknähnlichen Schlaj stieß ihn vor sich her schleppte ihn mit schier übermenschli cher Kraft ans Fenster und schrie ihm entgegen: „Warum brauchst du plötzlich kein Geld inehr? Warum nicht?" „Ich kann noch nicht darüber spre chen, Großvater." „Ab«r ich kann es tun! Als ich hereinkam hattest du dich näm lich schon selbst versehen. Meine 5672 Mark, die auf dem Schreibtisch liegen blieben, als das Unglück draußen geschah, sind ver schwunden. Du warst im Zimmer. Du allein! Alle wenn auch nicht. Ihnen trau« ich.". . . Weddo von Trachenberg war lei chenblaß geworden. „Was sagst du da. . . Großva ter?" „Daß du ein Dieb bist!". . . „Ein Schur!«!". . . . ".Ruh«! Es li«gt allrs zu sonnenklar auf der Hand. Sieh' einmal her, was ich hier für dich habe. Ich spreche jetzt zu d«m letzt«» Tra chenberg, außer mir nicht zu m«in«m Enk«l! Diese Pistol« bringe ich dir. Hast du nicht gestoh len wird si« dir nichts schaden!" Der alte Trachenb«rg saß dies« i Nacht in seinem Stuhl. Er hi«lt die I Aug«n geschlossen, ab«r er schlief nicht, Er'hörte deutlich, wie der Krümper wagen den. . . Dieb fortbracht«. . . «r hörte auch, lange nach Mitternacht, jenes leise, surrend« Geräusch, das vielleicht von einer Fledermaus, die der Sturm hereingetrieben hatt«, her rühren mochte. . . Schwersällig erhob «r sich und ent zündete die dick«, bereitstehende Kerze. . . . Eine Fledermaus war das nun ge rade nicht! Ein heftiger Luftzug trieb etwas vor sich her über den Fußbod«n ihm entgegen. . . - Es waren die Scheine, dit der En kel gestohlen haben sollte. Auch nicht einer fehlte. Der Sturm hatte sie von dem Arbeitstisch herab in einen Winkel gefegt. . . Nun, da es Nacht und stiller ward, kamen sie hervorgekro- D«r alte Johann mußte aus dem tiefsten Schlaf heraus, die jungen, wilden Goldfüchse einspann«». Im Galopp ging es nach der kleinen Gar nison, in der Weddo von Trachenberg bei den Husaren stand. Der Großvater fand aber keinen Einlaß. Der Bursche mochte sich wohl Er laubnis für «in«n langen Aus gang erbeten haben. Aber der Herr hätte doch «igentlich hören müs sen! Es half nichts. . . ein Schlosser mußte Rat fchaff«n. Er schläft nach all' diesen Aufre gungen ti«f, dachte der alte Tra chenberg mit einem Lächeln, das frei von aller Angst war, und fügt» in Gedanken weiter hinzu: „Nun. . . nun. . . er war ja auch todmüde. . .. Ja, er schlief f«hr tief, d«r junge Leutnant Weddo von Trachenberg! Größvater sprechen: „Ich schwöre, daß ich unschuldig bin. Die lautere Wahrheit ist: Ich bin! Es war still an dieser Stätte Todes. Nur dcr Herbst ten. . . Die gnthernge Schlange. Auf der Straße fand ein Bauer eine Schlange. Sie war vor Kalt« ganz starr. Er hatte mit dem armen Zier Erbarmen, hob es auf und steck tc es in den Busen. Hier erholte sich die Schlang« rasch, und als sie merk te, daß draußen die Sonne zu schei nen begann, spintisierte sie: „Wenn ich jetzt dem armen Mann in die Brust beiße, stirbt er sofort N«in, ich tue es nicht, das wäre eine un edle Handlung." Und sie kroch vorsichtig heraus und liß ihm in den Fuß. „So bleibt er wenigstens am Le ben, w«nn sie ihm auch seinen Fuß abschneiden müssen," sagte die gut mütige Schlange und eilte davon. TaS berittene Echo. Fremder: „Im Hirschgrun» war doch früher ein so wunderbares Echo?" „„Dös is a schwerer Reiter wor d'n!"" Im Zorn. Direktor zu ei nem Angestellten: „Sie sind doch der größte Esel des Jahrhunderts!" Buchhalter: „Herr Direktor Sie vergessen sich!" Bom Drillplatz. Leut nant: „Es ist nur gut, Müller, daß Sie das Pulver nicht erfunden ha thur! Seildem du der Liedertafel bei getreten bist, tneipst du viel mehr, als sonst! Gatte: Trinke, wem Gesang ge geben! Der junge Arzt. Ach, Sie dichten ja so himmlisch, Herr Doktor!" „Ja, wissen Sie, Fräulein Lilli. irgendeine Beschäftigung muß man Beschauliches Alter. Also 40 Jahre war't Ihr Berg führer. Habt Ihr denn jetzt noch alle Tag' da auf an Stoan in d' Widerlegt. Ein Bat«: sab seinem Sohne Lehren und tadelt« ches die Borteil/ des Fleißes sind. war, fand mitten auf der Straß« eine Börse voll Geld." „Aber Papa," bemerkte der Knabe, l..derjenige, welcher sie verlor, war > noch vor dem Finder aufgestanden."