Die Tauben. «»W uschen von Marlin Brusot, Als Joanna gähnend in der Tür erschien, von der langen, schlaflosen Nacht erschöpft, die sie am Kranken bette ihres Söhnchens zugebracht, stand Tiburcio, ihr Gatte, inmitten des Hofes, aus sein Grabscheit ge stützt und blickte unruhig nach dem Taubenschlag. Die Sonne begann langsam em porzusteigen und dos feuchte Laub zu vergolden. Am Ufer des Bächleins flatterten Turteltauben umher, und die Sanhassos erhoben zwischen den höchsten Zweigen der Bäume der Um gegend ein tolles Freudengeschrej. Der Caboclo blieb unbewHlich und wandte seine Augen nicht von dem Taubenschlag, der im Schatten eines dichtbelaubten Mangobaumes stand. Zuweilen runzelte er die düstere Stirn, die einen innerlichen Kampf verriet und auf ernste .Besorgnisse deutete, die seinen Geist beunruhigten. Eine Taube flatterte mk lauten Flii xclschlägen auf, sodann eine andere er wandte den Kopf und verfolgte si« mit den Blicken, bis sie seinen Au gen entschwanden, dann verfiel er unentschlossen die Flügel, als ob sie wieder schlössen. Andere stürzten zu- i rück, und der Rummel wuchs in der! ungestümen Aufregung der Vorbei«- ! kungen zur Abreise. Der Caboclo rührte sich nicht von > der Stelle und sah empor. Er war! überzeugt, daß hier das Leben seines Sohnes auf dem Spiele stand, daß es nur von dem Entschlüsse der Vögel „Wenn die Tauben entfliehen, bricht das Unglück herein", murmelte er vor sich hin ... Als Joanna ihn so stehen sah, fragte sie? „Was gibt es, Tiburcio?" „Wenn nur die Tauben bleiben „Ach, jetzt mit einemmal gibt's du auf so etwas? Seitdem der Ar me krank im Bette liegt ... Nein, denk' nicht daran und geh' deiner Ar- Wässerchen. das friedlich dahinfloß, Eule Nacht für Nacht heulen hören, das Nahen des Todes fühlten. Er wandte sich um und hob die Augen; die Tauben flatterten in großen Kreisen umher, während Jo anna auf der Schwelle der Cabana Als er den Stausteg passierte, pochte sein Herz so heftig, als hätte eine trübe Vorahnung es aufgeregt. Er hielt inne ... Das gestaute Wasser reflektierte sein Bild, und er sah hin ab, ohne es zu gewahren, denn er Fieberlirium daniederlag. Er gelangte zur Pflanzung. Das wogen Hirsefeld stand so hoch, daß be am liebsten herumgetollt. Er sah noch «in Bündel wildes Rohr, das ihm zum Spielzeug gedient; aber daS Gras begann bereits in die verlasse nen Schupfwinkel einzudringen, ob daß der Kleine den Ort nicht mehr betreten ... Als er zur Manioka pflanzung gelangte, ließ er gebrochen das Grabscheit niedergleiten, das wie eine schwere Last seine Schultern be drückte. Seine Beine waren schlaff und sein ganzer Körper war so er schöpft und ermüdet, als ob er von ei ner weiten Wanderung zurückgekehrt wäre. Er setzte sich auf einen Erd- Hügel nieder und begann, während er mit einem Reisholz in der Erde herumstocherte, mit düsterer Miene nachzudenken. Zuweilen schien es ihm, als hörte er das Echo der Stimme seiner Frau; er hob den Kopf, spitzte die Obren und horcht« in die Ferne. Doch ver nahm er nur das Knistern der Blät ter, die ein Lufthauch bewegte, und daS Gesumme der Insekten, die im Sonnenschein umherschwirrten. Die ! Erde dünstete aus; ein Dampf stieg ! zitternd vom durchwärmten Boden empor, die Blätter hingen schlaff her ab und am tiefblauen Himmel glit ten langsam Urubu dahin. Luft, dann andere und wieder an dere. Tiburcio sprang empor und > blickte ihnen nach ... Dort zogen sie j fort, dort flogen sie dahin! Neuerliche Flügelschläge wurden laut es wa ren andere! ... Die kehrten nicht wieder, niemals mehr! Sie flohen, von Schrecken erfaßt, denn sie fühlten den Tod, der schon nahe sein mußte! Er warf einen langen Blick rings umher und sah nur das üppige Grün, das im warmen Sonnenlicht unter einer leichten Brise wogte ... Er hätte den Kleinen nach der Stadt bringen sollen, sogleich nachdem er krank ge worden; aber wer hätte das erwartet? Dieses plötzliche Fieber, dieses gräß liche Delirium ... Was sollte er nun beginnen? ... Er hob die Augen zum Himmel empor und starrte geraume Noch eine Taube flatterte vorüber ... Er schüttelte entmutigt mit dem Kopse, schlug sich mit der Faust ge „Es war gut, daß du zurückgekehrt bist, mein Alter. Ich wußte schon nicht mehr, was ich allein beginnen soMe.'s T h schl " Schweig» ge Als der Abend hereinbrach, setzte derkehrten? vielleicht einen anderen Taubenschlag «funden? Wenn er nur die Richtung >l,r«z Fluges verfolgt haben würde ... sie alle kehrten nicht wieder ? .. ES begann finster zu werden. Jo anna zündete die Lampe an. Schon erhoben die Kröten in den Sümpfen ihr Gebriille. Ein Stern glitzerte am Himmel. Tiburcio richtete feine Au terbrochen, das unterhalb der Cabana, zwischen dem Gestein dahinfloß. Ti burcio seufzte, erhob sich und lehnte „Nun? .' „Immer gleich ... Er rührt sich > fast nicht mehr ..." i sie beide langsam durch den Hof !! schritten, der sich zu erhellen begann. ! Neben dem Stamm des Mangobaues, ! Neben dem Stamm desMangobaumes, ! blieben sie stehen und der Caboclo j:agte mit leiser Stimme, wie wenn er gefürchtet hätte, daß sein Sohn chn cernehmen könnte: das?" „Soll ich sie rufen?" „Ich gehe zu ihr." a tet du n t i füllte sie rufen?" „Willst du nicht gehen?" „Ich? Nein ... Dann glaube ich auch, daß es schon zu spät ist. Da sam durch den Hof. Der bleiche »Faß dich in Geduld, meine Alte. „Gott steh' uns bei!" scheinen würde, als mit einemmal ein gellender Aufschrei die Stille durch brach. Der Eaboclo stürzte zur Ea „Was gibt es, Joanna?" „Vorbei! .. Sieh her ..." Er bückte sich nieder. Sein Gesicht streifte ein brennendes Antlitz, feine „Vorbei . . I den Namen des Sohnes ausrief: „Mein Luiz! Mein Luizinho! So lieb und gut ... Mutterzottes im Himmel!" Tiburcio entfernte sich und blieb im Wohnzimmer neben dem Tische, verlorenen Blicken stehen. Seine Lip pen bebten, und die Tränen liefen in Strömen über sein knochiges Antlitz. Joanna trat aus dem Schlafgemach. sic den Gatten erblickte, warf sie sich an feine Brust. So blieben sie, ein düsteren Gemachs stehen, aus dessen Ritzen daS Gezirpe der Grillen er scholl. Dann kehrte Joanna in das Echlafgemach zurück. Tiburcio blieb an den Tisch gelehnt und sic-rrte auf das Licht der Lampe, das im Luftzug flackerte. Der Schimmer des Mondes drang langsam herein und stieg leicht die Wände empor. Da bewegte er sich, stieß einen tiefen Seufzer aus. ging bis zur Tür und fctzte sich auf die Schwelle; darauf zündete er feinen Eachinbo an und starrt« in die vom Mondlicht erhell ten Campos hinaus. Plötzlich schien der Bäume erstrahlten im Mondlicht ... War es Jlusion, war es Wirklich keit? „Jetzt ist es spät! Jetzt ist es Er stürzte in die Mitte des Hofes, warf noch einmal einen Blick nach dem Taubenschlag und ging dann entschlossen in die Cabana. Joanna schluchzte verzweiflungsvoll im Schlafgemach ... Er ergriff die LampO trat in die Küche, holte die Axt aus einem Winkel hervor und begab sich mit ihr in den Hof hin aus. Unter dem Mangobaum ange langt, stülpte er die Aermel seines rauhen Hemdes empor und schwang dann die Axt ... Als der erste Schlag gegen den Pfosten des Taubenschlages dröhnte, verstummten die Vögel. Ti burcio bog sich zurück und holte mit verdoppelter Kraft aus ... Ein neuer Schlag hallte, aber der Taubenschlag blieb fest auf seinem Unterbau. Da lehnte er die Axt gegen den Baum, stürzte.^ Zwei Tauben flogen erschrocken her vor, schwirrten eine Weile mit unsiche ren Flügelschlägen im Mondlicht um her und setzten sich schließlich auf das Dach der Hütte. Der Eaboclo sprang leichtfüßig vom Hütte und hasteten unstet umher. Als Tiburcio dann das Schlafge mach betrat, fand er Joanna ihren aufgelöst. Er blieb vor der Pritsche stehen und starrte vor sich hin. Plötz erbebte Frau und sprai^ horchen würde. „Was gibt es Joanna. Was hast Sie murmelte erschrocken: „Die Tauben, mein Alter. Hörst i du sie denn nicht?" .Sie sind zurückgekehrt. Wer kann da wissen? Er ist noch warm .. Und eine gewaltige Hoffnung er hierher ..." 2 - Und er zeigte ihr seine blutigen Hände. „Sie flattern umher, droben auf unserem Hausdach. Willst du sie se- Er ging hinaus und sie begleitete ihn. Darauf betraten sie den Hof. Tiburcio zeigte ihr den herabgefchleu dcrten Taubenschlag, dann las er die zerquetschten Körperchen auf. und starrte furchtsam auf den Gat! ten. dessen Augen wild funkelten. Tann bog er sich zurück und „Ist's nun gut?!" „Ist's nun gut?!" „Ist's nun gut?!" ausbrach. „Konim. mein Alter. Es war der Wille Gotte. Er ist im Himmel sich fort. Sie betraten die Hütte ... Und angesichts der Pritsche, aus der das tote Söhnchen regungslos dalag, bra- Der weihe Tod. Vor s«inen Blicke» lag die weiße ckveite Einsamkeit der Gletscherwelt. ES war das Land des weißen Todes, de! Schweigens und der Ein samkeit. Nun lehnte er dort, wand, auf dem Rücken den Rucksack, an dem der Bergpickel befestigt war, um den Leib daS Seil geschlungen und in der Hand den Bergstock. Er hatte die Einsamkeit vnd das Schwei ler, am frühen Morgen aus der Klubhütt« aufgebrochen. Die Laub» und Nadelholzwälder hatte er hinter sich gelassen, dann die grünen, bunt lachenden Matten zwischen dem Grau des Gerölles und der Felsen. Im mer höher empor, wo nur scheu«, frie rende Mose und Steinslechten erbeb ten, war er«geklommen, hinaus die starren, drohenden Flühe und Schrof fen, oft auf Händen und Füßen krie chend, sich mit den Nägeln ankrallend an das knirschende Gestein. Die en gen Kamine empor und dann wi«d«r auf schmalen, rauhen Vorsprängen dahin, über düster droh«nde, tückische Abgründe. Aber auch hier, im Reiche des To des, des Schweigens und der Ein samkeit konnte er sie nicht vergessen, um deretwillen er das Leben geflohen. Das Weiß der Gletscher scheint hm das Weiß ihres Angesichtes zu sew, Sonne, das Goldblau des Himmels lodert und jubelt, wie das Blau in ihren schönen Augen und jetzt! ist es nicht ihre weiche, berückend« Stim me, die spricht? oder ist es das Kni stern und Raunen des Firnschnees unter der Glut der Mittagssonne? Nein, er hört sie ganz deutlich reden, sein« kleine Alice, von ihrer Liebe und wie sie doch nicht zu einander kommen tonnten, zwei Königslinder, denn zwischen ihnen tobt« und schäumte ein tiefes, tiefes Wasser und kein Steglein führte hinüber. Sie hatte einen andern heiraten müssen, gezwungen durch ihre Eltern und durch ihre Verwandten, Und er, der arme Künstler, der sich erst eine Lebensstellung erringen sollte, er saß jetzt hier einsam und klagend in dem Reiche des weißen Todes, des Schwei gens und der Einsamkeit. Und da war es ihm, als bewege der weiße leuchtende Scheitel des Gletschers sich, als nicke er ihm zu und als forme sich aus den Eis- und Schneemassen ein weißes, ernstes Ge sicht. Die Haare und der lange Bart rinnen herab, wie funkelnde Eiskas kaden, ein Mantel von Eis und Schnee umhüllt seine rauhen, grauen Glieder und seine Augen funkeln, scharf und rot, wie zwei lodernde Blitz«. So tritt die Riesengestalt langsam näher und es dröhnt unter ihren harten Schritten, wie das Rol- len des Donners, oder wie das Schmettern einer Lawine es er zittern die Felsen und näher, nä her schreitet das furchtbare unheim liche Gespenst. Das ist der Berggeist, er wußte es, er schauerte und sein Herz wollte ihm fast stille stehen. Und da begann der Berggeist zu reden und es klang, wie das hohle Brausen des Föhns um die Gletscher und Schrof fen: „Erdenwurm, was hindert mich, ren Felsen zerschellt«? Doch dich trieb nicht der Uebermut zu mir, nicht der Sport und die Großtuerei der Verg nicht umsonst zu mir gekommen, ich werde dir helfen jetzt und ferner hin." Die donnernden Schritte ver hallten in der Ferne, der brausende Föhn schnob vorüber und still ward es um ihn still ganz still unheimlich still Dann kam ir gendwo weit, weit her «in schwacher Klang: „Hilfe! Hilfe!" Eine weiche Stimme ist es, die voll Angst und Entsetzen klagt, eine berückende Stimme, die er nie vergef fep kann in alle Ewigkeit nicht, ihr« Stimme, Alicens Stimme. Er taumelt empor und fährt sich über die Augen. Ja, wo ist er denn? Hat er denn geschlafen oder geträumt? Aber da da tönt ja die Stim- Tiefi^^Hilfe.^Hilse!"'' Er hastet über den Firn dahin, so schnell ihn Schnee und Eis vorwärts kommen lassen. Kletternd, gleitend den Bergstock und die ü?«rgschuh: in die weißen, blanken Flächen eindriik tend, dann wieder hinabsausend die Immer näher tönt der Klang >er Stimme. Es ist ihm, als müsse ihn nur noch ein Felsenvorsprung von der Geliebten trennen, aber stund-nwng Stimme nach, die so angstvoll klagte, lind jetzt mischt sich eine andere Stimme in dir Rufe der Geliebten, dumpf und hart klingt sie, und hallt weithin dttrch dit Schmchten und Ab gründe, schlafende ?cho in den fahren, die ihn umdrohen und jetzt lniet er am Rande eines Abgrundes, aus dessen Tiefe grellen Hilferufe Etwas tiefer, frei in der Luft schwe bend, erblickt er seine Alice, durch die um den Leib des Führers geschlun blutigen starren Leichnam eines Mannes, des Mannes, den man Alice zu heiraten gezwungen hatte, des rei ben, kleinen Hände empor und ju belte, alles vergessend, „Reinhold! Reinhold!" lomme, ich komme zu Dir!" Mit vor Aufregung fliegenden Händen schlang er seine Bergleinc in junge Mann endlich aus dem Reicht des Todes empor und es war ihm, als wären ihm übermenschliche Kraft« ! aeist" selber"°ihm geholfen. Jetzt nach Verlauf von einigen Stunden dann die Hilfsexpedition der Führer aus dem Tale an der Unfallstelle ge langte, waren schon die beiden Ueber lebenden des Absturzes gerettet, „Joseph! sakra!" sagte ein alter, wetterbrauner Führer zu dem geret teten Kollegen, ärgerlich den K-'Pf schüttelnd, „Hab' ich Dir's g'sagt! Sollst nöt gahn, 's ischt halt Freitag, und da fordert der „weiße Tod" sein Opfer. Schau abi, da liegt's!" Nun wurde auch die Leiche des Großhändlers geborgen men Winde wieijkn, und über ae türmte Felsmassen eines Bergsturz-s bis endlich gegen Abend das ein- Reinhold aber war «s, als habt ihm der Berggeist zugewinkt: „Ich habe dein Weinen gehört und ?>u dist nicht umsonst zu mir gekommen." Ritter- und Geister Ballade. Herr Ritter Rolf von Lanzenstoß > Wankt schwer bezecht ins Ahne»- Da nä tli -S im°^ dunkelt Und von des Ritters bleichen Nü stern Hört man entsetzt: „WaZ willst Du?" flüstern, .Ich bin der und 2önt's bald im Baß, bald im So .Bift Du nicht mehr? So bist Du minder!" Erleichtert spricht's Rolf: „Geh'zum Frau!" Ein Pfiffikus. Vater: „Sepp, hol' mir a Bier! Und wenn Du unterwegs fallen sollst, stell' mir fein den Krug zuvor weg!" Mit Einschränkung. .Sagst Du auch die Wahrheit, Häns chen?" .Gewiß, Mama bloß —> weißt Du: so ein bißchen, wie Onkel Oberförster!" Kleine Neugier. „Aber Fritzchen, Du hast ja beinah« den halben Kuchen aufgegessen!" „„Ach Mama, mir ist auch ganz schlecht! Aber ich wollt' doch nur f^ Tante: .Denke Dir. als ich gestern heit gemäß unters Bett leuchte, liegt wirklich einer drunten." „Und da hast Du natürlich sofort um Hilfe geschrien?" „Nein, er!" Stimmt. Mama, so häßlich is!" Aus der guten, alten Zeit. Hauptmann lzum Gardisten): Pannst du mir hier die Entfernung ibschätzen? Gerd ist: Du bist aber ein Alt gefcheiteri bist Hauptmann und kannst das nicht. Schäme dich! Verblüffende Logik. ler Geld bei sich und lassen sich Gän sebraten vorsetzen?" ! Zechpreller: „Aber. Herr Wirt, aus ... das einfachste Butterbrot hätte ich Ihnen ja auch nicht bezah len können!"