Ein puritanischer Heide. Bon Julie» Gordoa. (13. Fortsetzung.) „Aber Sie wissen doch, daß sie von ihrem Mann getrennt lebt?" „Ach ja! Von Norwood, dem gro ßen Patentanwalt." „Mein Mann hat ihn kennen ge lernt; es soll ein prächtiger Mensch sein." „Sie haben also demnach Ge schichten gehört?" „Nein, eigentlich nichs Persönliches gegen die Frau, es heißt, sie hätten Das ist ein sehr mildes Wort! Sie ist ihm einfach gerades wegs davongelaufen, weil er ihre Kokettieren nicht mehr ertragen hat. Ohne Feuer kein Rauch, darauf kön-, nen Sie sich verlassen, meine Beste," und so wurde wieder einmal dieses lose und törichte Welt so lange irr geführt hat, dazu verwendet, jemand einen sittlichen Makel auszudrücken. „Ich weiß nicht recht wahr scheinlich ist es richtig. Man sagt" die Sprecherin dämpfte ihre Stim me und deutete mit dem Kinn auf den Hausherrn, „er sei ganz vernarrt in sie." „Natürlich. Der alte Knabe schlägt immer über die Stränge, wenn seine Frau fort ist, aber das ist eine harm lose Kinderei im Vergleich zu den Belehrungen des Grasen Hartmann." „Was! Dieser greuliche Mensch?" rief die erste Sprecherin halblaut. „Ich finde sein« Erscheinung ein fach plebejisch." Sie halte sich monatelang verge bens abgemüht, den Oesterreich«! zu ihren Nachmittagen herbeizulocken, und der arme Graf mußte offenbar in diesem stummen Kamps seine Bor n«hmheit eingebüßt haben. „Er ist aber doch ungeheuer be liebt hier," versetzte die andere, „weit mehr als fein Vorgänger." Persönlich verfolgte sie selbst kein ehrgeiziges Ziel und sie fand es fast genußreicher, ihre Freunde zu sta cheln und zu reizen als ihre Feinde. „Um Damen, die er bevorzugt, reißt man sich immer; für seine Abendgesellschaften fischt er sich un fehlbar die hübschesten und feschesten heraus." „Ich würde meinen Töchtern nie mals erlauben, dort zu verkehren. Der Himmel weiß, wie es dort zugehen mag! Er muß ein Wüstling fein man braucht ihn ja nur anzusehen." „Ach! So strenge Sittenrichter dür fen wir nicht sein," hielt ihr die an dere mit einer gewissen .Härte im Ton entgegen. „Diese Ausländer müssen wir hinnehmen, wie sie nun einmal sind ihre Anschauungen sind eben grundverschieden von den unsrigen. Ich höre, alle Frauen sei en neidisch auf die Auszeichnung, wo „Jch will gerne glauben, daß die ihm gerade paßt," versetzte die Dame, die Schlußfrage umgehend, „aber ich bleibe dabei, daß keine anständige Frau, die sich selbst achtet, sein Haus besuchen wird." Wie sie samt ihren Töchtern hin- wäre, wenn die diplomati öffnen! „Die Art. wie die Frauen es heut zutage treiben, ist einfach gräßlich. batte, für immer aus de: Gesell schaft. Sie war von der Bildfläche weg gewifchtund ging nicht mit eher ner Stir»e herum, um am hellen Tag vor aller W«lt mit ihrer Schande zu prunken, wie sie es heutzutage tun. gesehn?" d-' D d' Wett spielt. De/ Erfolg beeinswßt mag ihr die Lüge in Anbetracht der menschlichen Schwachheit verziehen ha ben - „mir gefallen nur bescheidene, Gewißheit, daß ihre Nadelstiche in das Fleisch einer Mutter von drei unscheinbaren, unbeachteten Mädchen ihre Wirkung taten, das Gespräch aber erlitt diesem Augenblick eine Uaterbttchung. denn eine gewichtige und alle Blicke wandten sich den- Eingang zu. Eine halbe Stunde später trafen die Damen unter einer Tür wieder zusammen und konnten ihre Unterredung, die Teetassen in der Hand, in der Zugluft der Trep pe fortsetzen. „Da! Nun können Sie ihr Gesicht deutlich sehen! Was sagen Sie nach näherer Besichtigung? Von Frau Norwood, meine ich sie spricht eben mit dem Grasen Hartmann." „Ich finde," versicherte die erste Da me, „daß sie ein bösartiges Gesicht hat. Mir macht sie den Eindruck einer zu allem fähigen Person." Paula blickte in diesem Augenblick mit Haß auf Hartmann. Er hatte sich notgedrungen von ihr abwenden Worten, die von der andern Seite an ihn gerichtet wurde, und eine Se kunde lang hatte sich auf ihren aus drucksvollen Zügen die geheime Ab neigung gegen diesen Mann gespie gelt und hatte den wehmütigen Ernst ihres Ausdrucks in finsteren Groll verwandelt. Beim Nachhaufekommen von einem Frühstück in Fräulein Pipers Haus hatte Paula Briefe vorgefunden, und darunter wieder einen von ihrem Mann. Sie hatte ihm das nämliche Schicksal bereitet wie dem ersten. Dann hatte sie sich angekleide! und war zu diesem Empfang gefahren, aber in dem Augenblick, wo Graf Hartmann seinen Blick von ihr hatte abwenden müssen, war es ihr eine wirtliche Wohltat gewesen, diese ver räterischen Augen aussprechen zu las sen, was sie im Innersten empfand. Daß sie so scharf beobachtet wurde, ahnte sie nicht, und die vorüberge hende Freiheit war ihr eine Erleich terung. Jeder Befriedigung ihrer Rachsucht gegen Norwood folgte ein solch sonderbarer Rückschlag; seine Schuld schrumpfte zusammen, und alles, was ihr an andern zuwid«r war, erschien ihr greller und unleid licher als sonst. Sechzehntes Kapitel. Frau Heathcote verspeiste in dem ihre Wirtin ihr zur Verfügung ge stellt hatte, und von dem eine Türe in das fürstlich eingerichtete Schlaf zimmer führte, ein Tellerchen Hüh nersalat und im Gewächshaus ge triebene Erdbeeren. Sie war dasiir bekannt, einen sehr verwöhnten Ge schmack zu haben, und dieser Ruf si chert einem Gast unfehlbar die hüb schesten Zimmer, die weichsten seidenen Steppdecken, die feinste Teetasse und die aufmerksamste Bedienung. Es war zwölf Uhr; sie hatte an diesem Mor gen die Absicht ausgesprochen, bis zum Nachmittag in ihren Gemächern zu bleiben, wo sie in einem langen zobelverbrämten Morgenkleid aus weißem Kaschmir ihrer Haut und ei ner Anlage zu schwarzen Ringen um die süßen, nixenhaft kühlen Augen die nötige Pflege zu teil werden ließ. Diese Augen leuchteten aber in an genehmer Ueberraschung warm auf, als man ihr eine Visitenkarte brachte. „Ich lasse die Dame bitten, sich zu mir heraufzubemühen," sagte sie, und wenige Minuten später ging die Türe auf, und Frau Sorchan trat ein. „Wie ich mich freue, Sie allein zu treffen," sagte sie, „und Sie dürfen mir nicht böse sein, daß ich mich so früh bei Ihnen eindränge. Ich hätte Sie g«rn abgefaßt, ehe die übrige Welt Sie in Beschlag nimmt." bestimmten Zweck." „Wirklich? Das macht mich sehr „Ja, und der Zweck heißt selbst- Frau Heathcote legte ihre letzte Erdbeere weg, ohne sie gekostet zu haben, und war ganz Ohr. alles, was Sie an meiner Nichte ge „Jch? Ach, ich wüßte nicht, was ich für sie getan hätte!" lebhast sprach, löste sie das Schloß Bruch hetbeigefiihrl hat, weiß ich Mädchen." mal aufsetzt." „Mir gegenüber ist sie ganz lenk sam, aber ich fühle wohl, daß sie „Das ist ja schön und gut, aber wenn der Mann nach Hause lommt, will er kein finsteres Gesicht sehen. Ich bin überzeugt, daß sie sich un ang«nehm gemacht hat? wahrscheinlich ist sie immer schwerfällig und wichtig tuend gewesen, und die Männer wol len ein Nxnig unterhalten sein und .Sie sagen mit denselben Worten das nämliche, was Herr Ackley ge sagt hat; tr nennt sie .Tragödie'!" Da kommen wir gerade auf den Hauptpunkt. Ihr Mann schreibt an sie, und ich möchte, daß Sie mit ihr sprächen und sie überredeten, nicht hartnäckig zu sein." „Hat sie es Ihnen erzählt?" „Mir erzählt? Nein, sie erzählt mir ni« etwas. Paula ist die ver schlossenste Person, die mir je vorge kommen ist es ist geradezu driik kend. Aber Gestern gingen die Brie fe durch mein« Hände, und ich kenne „Wie interessant!" „Interessant oder nicht, aber sie ist im stände, ihm die Briefe uneröffnet zurückzuschicken, ja, ich habe sie be stimmt in diesem Verdacht. Sie ist sehr stolz, aber meiner Ansicht nach sollte etwas geschehen, um eine Ver söhnung anzubahnen, falls er sie sucht, und ich glaube, daß Sie der einzige Mensch sind, der Paula beein flussen könnte. Ich kann ja sterben, und dann stünde das junge Geschöpf, das so blutwenig Vernunft hat, mut terseelenallein in der Welt." Frau Sorchan wurde sehr ernst; das Herz wird uns immer schwer, wenn wir an die Möglichkeit unsres Todes rühren; der wahrscheinliche Hingang unsrer Freunde erschüttert uns weit weniger. Im ganzen fühlt« sie sich sehr wohl und behaglich auf dieser Welt und hatte, wie so manch« andre tugendhafte Matrone, vorder hand keine besondere Sehnsucht, sie mit dem Paradies zu vertauschen. „Was kann ich aber tun? Sie hat sich mir nie eröffnet." „Ihr eine Bombe ins Lager wer fen. Eine kühn«, unvermutete Frage hat schon manches Geheimnis offen bart." Frau Heathcote schüttelte den Kopf. „So lieb ich Paula habe sie ist nicht von dieser Art, und ich fühle mich ihr gegenüber nie so si cher, um sie mit Fragen zu quälen. Sie versteht es, auch ihre Freunde bis auf einen gewissen Grad fern zuhalten. Aber ich denke an einen, der uns helfen könnte, liebe Frau Sorchan." „Und wer wäre das?" fragte di« ältere Dame, ihr scharf ins Gesicht blickend. „Der wackere Ackley!" „Aber er kennt ja Norwood nicht, oder?" sich das zu nutze machen und, wenn es not tut und ich ihn darum bitte, sein Freund werden. Sie wissen nicht, wie »ug Herr Ackley ist und wie gut, ein zweiter Cavour." „Man erzählt sich, Cavour habe in einer halben Stunde eine Prin zessin zu einer Heirat überredet, die sie ein Jahr lang aufs schroffste von sich gewiesen hatte. Trotz den inni gen Bitten ihrer Familie und dem Befehl ihres königlichen Vaters hab« sie den Freier verworfen und damit den hochgespannten Erwartungen des ganzen politisierenden Europa eine bittere Enttäuschung bereitet. Lassen Sie mich zwanzig Minuten mit dem l Mädchen reden', soll Cnvour gesagt haben. Welche Kriegslist er anwen dete und was in dieser Unterredung zu sagen, aber das Ergebnis war, daß die Prinzessin sich dr«i Wochen daraus ohne Widerrede und Klage gewachsen." „Paula spricht oft von ihre: Gü " »Fi .Ich weiß wahrhaftig nicht," herkomme und Sie, die glänzende, ge feierte Frau, mit unserm Herzeleid belästige. Es ist eine verzwickte und unselige Sache, aber sie scheinen An teil an dem Kind zu nehmen und si« schwärmt für Sie." Frau Heathcote warf Paulas Tan te einen vorwurfsvollen Blick zu, sag te aber nichts als: „Oh!" „Ja, Sie haben recht, ich will mich nicht entschuldigen. Mir ist alles zu wider, was eitles Geschwätz und Phrase heißt, und ich glaube, Ihnen nicht minder. Mir ist der Kops ganz wirr von all den Sorgen, aber wenn Si« wieder in der Stadt sind, wer den Si« gelegentlich mit Herrn Ackley darüber sprechen, und für heute, le ben Sie wohl." Sie trennten sich, nachdem das erneute Bündnis wieder durch ein«n warmen Händedruck besiegelt war. Trotzdem sie Frieden und nicht Streit ausgeheckt hatten, war ihr Gespräch im leisesten Flüsterton geführt wor den. als ob sie schuldbewußte Ber- An diesem Ab«nd gab der öster reichische Gesandte der diplomatischen Körperschaft ein feierliches Mahl, und es war schon tief in der Nacht, als feine Gast« sich bis auf den letzten verabschiedeten. Dieser letzte Gast war der französische Gesandtschasts selretär. Die beiden H«rren waren vertraute Freunde und konnten sich nicht ausstehen; gelegentlich vertrau ten sie «inander ihre geheimsten Ge fühle an, was vermutlich die Ursache ihrer gegenseitigen Verachtung war. Heute nacht saßen sie unter dem ver brüdernden Einfluß von Wein und Nikotin auf einem verglasten Balkon, den Graf Hartmann, ohne den Staatsschatz anzugreifen, aus eignen Mitteln in ein Gewächshaus verwan delt hatte, das jetzt, mitten im Win ter, mit der Blumenpracht und den Düften des Hochsommers prangte. Di« beiden Männer gönnten sich ei nen Gedankenaustausch über den ab gedroschenen Gegenstand der ameri kanischen Frau. Der Dunst des Festgelages hatt« schon viele von ih ren Aeußerungen mit sich fortgenom men, und sie waren am Schluß ihrer Erörterungen angelangt. Der Fran zose, der L«on von Artige hieß, war ein Pessimist und war zu dem Er gebnis gelangt, daß die Amerikane rin ein Kieselherz und keine Sinn lichkeit habe, d«r Oesterreicher, der sanguinischer angelegt war, wiegt« sich in dem seinem Herzen teuren Glauben, daß kein Weib,einerlei, wel chen Landes, Ranges oder Vorlebens, geg«n die Angriffe eines Liebhabers stichfest sei. „Ist's nicht der dritte, so wird der zehnte siegen," sagte er, mit seiner wulstigen, vortretenden Unterlippe Ringchen blasend, die sich um das Gezweige eines blühenden Rosen bäumchens kräuselten, „es handelt sich nur darum dieser zehnte zu sein, das heißt, den richtigen Augenblick abzu passen. Aber das ist's, worin so viele Männer Mißgriffe machen; die Sache erfordert Geduld und Geschick lichkeit." „Ach, bei den Frauen des zweiten und dritten Standes könnte ich das nicht behaupten," entgegnete der Fran zose, „obwohl man einem auch da Schwierigkeiten genug macht, aber bei den Damen der großen Welt ist es geradezu ein Ding der Unmöglichkeit." „Sie kennen die Weiber nicht," warf der Oesterreicher hin. Das war verletzend, und Leon war kitzlig, aber er begnügte sich heute mit „Wer kennt sie denn? Sie etwa? Da f«hen Sie sich die Frau Heathcote an wie hat sie mich behandelt? Diese Frau! Was sagen Sie denn von „Frau Heathcote!" rief der Graf, einen leisen Pfiff hören lassend. „Sie pirschen auch auf Hochwild!" »Ich sage Ihnen, sie sind von Stein, eine wie die andere. Ich weiß nicht, ob es Tugend ist, oder ein« Folge des Eiswassers, das sie >n sol chen Unmengen zu sich nehmen," er widerte der Franzose verdrießlich, „aber es ist rein unmöglich, bei ih nen etwas zu erreichen." „Manche von ihnen mögen wohl auch ihre Liebhaber haben unter . . den Landsleuten," versetzte der Graf, um seinen Gast herauszulocken. „Landsleute! Männer, die sich da mit abgeben, Backfischen aufs dümm ste den Hof zu machen! Ich sage Ih nen, der Amerilaner würde seinen Kredit gefährdet glauben, wenn es ruchbar würde, daß er einer verhei rateten Frau ernstlich Aufmerksam keiten schenkt! Seine Geliebte ist das Geld, der jagt er nach und keiner „Sind Si« je »uf freundschaftli chem Fuß mit dem Heathcoteschen Haus gestanden? Der Mann sieht mir nicht danach aus, als ob er einem die „Ach, si« st ganz ihr eigner Herr das sind sie ja alle hier zu Lande, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, 'vas dabei für sie sie b«i diesem ewigen Liebäugeln mit „Ich glaubte, Sie bilden sich ein, für die Amerikanerin fei keine solch« „Nennen Si« es, wie Sie wollen. Frau Heathcote hat mich aufs herz- lichste aufgenommen, hat mich zu Tisch, ,»m Abendbrot und zum Tan zen, und ich weiß nicht mehr wo^zu naten . . ." „Nach zwei Monaten?" „War ich genau so weit, wie am redig sein, aber der Wein machte ihn immer wahrheitsliebend und trübse lig. „Sie sind einfach zu schnell vorge gangen," bemertte der Graf mit selbstgefälligem Lächeln, „und dann haben Sie Ihr Auge auf eine Göttin geworfen, die sich den Luxus gestat ten kann, launisch zu sein. Ihre eig nen Männer haben sie verwöhnt, Sie mögen dagegen einwenden, was Sie wollen, und Sie lassen sich gar zu leicht entmutigen. Warum machen Sie den Bersuch nicht bei einer an dern?" Leon schüttelte den Kopf. „Sie lachen nur sie haben ja kein Herz." „Zum Beispiel, Frau Norwood? Kommt die Ihnen nicht vor, als ob sie ein Herz besäße?" „Ja, ich gebe zu, daß sie etwas entzündbarer aussieht," sagte der Franzose. „Sie ist eine reizende Frau, ver setzte der Gesandte, „und Ihnen ge genüber, mein Bester, will ich kein Hehl daraus machen, daß ich in sie verliebt bin." „Das wäre der r«ine Zeitverlust" Gras Hartmann machte eine Be wegung der Ungeduld. „Einer ist nicht wie der andre," zischte er zwischen den Zähn«n. „Ich werde mich hüten, ein Esel zu wer den." „Dann li«ben Sie nicht," sagte Leon elegisch. „Ach, Liebe, Liebe! Ich bin kein Kind mehr. Aber ich weiß zwischen den Zeilen zu lesen. Ihr Herz ist tief verwundet worden, und jetzt be reit, sich heilen und trösten zu lassen. Das wird seine besonderen Reize ha ben. Ich mache mir nichts aus leich t«n Siegen." Leon sah seinen Freund an und fand ihn unausstehlich«! als je. „Meiner Ansicht nach hat nur ein träges, unbeschäftigtes Herz Zeit zur Liebe. Ein verwundetes, zerschmetter tes wird sich nie vollständig verschen ken, es ist viel zu viel von seinem Schmerz in Anspruch genommen und so ruhelos wie eine Kokette, die es nach neuen Eroberungen gelüstet. Die Frauen sind in ihren Nerven feiner organisiert als wir, und ihr Gefühls leben ist weniger vielseitig." „Sie hätten zur Zeit der Trou badoure leben sollen," bemerkte der Graf mit einem kurzen, verächtlichen Auflachen. „Frau Norwood dürstet nach Liebe, das spricht sich in jedem Zug, in jeder Bewegung ihrer Ge stalt aus, und sobald der richtige Zeitpunkt da ist, werde ich ihr geben, wonach sie sich sehnt." Während die Herren diese Betrach tungen austauschten, saß Paula auf Kissen gestützt aufrecht in ihrem Bett, und die Kerze flackerte in bedenkli cher Nähe der Vorhänge. Sie durch blätterte hastig die Spalten einer un bequem großen Tageszeitung. Es war ein Blatt, dessen politische Haltung ihrem Gatten genehm war, das ein zige, das er täglich bei seinem Mor genkaffee mit Aufmerksamkeit las. Aber sie verwendete nicht viel Zeit auf das Studium der auswärtigen Korrespondenzen oder die Berichte über parlam«ntarische Verhandlungen sondern drehte mit fieberhafter Hast Blatt »m Blatt, bis sie die „Plaude ihre Triumphe geschildert, sogar der besonderen Artigkeit, die der öster reichische Gesandte ihr erwies, war Erwähnung getan, und die Tatsache, daß sie in dem Haus der Botschaft gespeist hatte, gebührend verzeichnet. „Er wird es lesen," sagte sie laut, das ist recht." Dann bließ sie das Licht aus und sen war. Siebzehntes Kapitel. Norwood blieben die ersten Wochen nach der Flucht seines jungen Wei ein. lassen. Das Verhalten der uns Be- Der geisterhast blasse' Mann, der nit der Regelmaßigic,.' eines Uhr in unausgesprochenem Ueberein-!om men stellte das Stallpersonal sein fröhliches Pfeifen ein, sobald der Hausherr in Sicht kam. Nocwood Geld will ich geben." In ein paar Monaten hatte ihm das Unternehmen Tausende eingetra gen, und dasselbe widerfuhr ihm jetzt bei all seinen Kapitalsanlagen. Das Glück machte sich über ihn lustig und häufte ihm höhnisch eine Million an, und dabei hatte er es ganz aufgege» b«n, ein harter Schuldner zu sein. Er gab den Armen reichlich, ohne viel Aufhebens davon zu machen, in De mut und Trautigkeit, als einer, der tes Lebens Leid begreift und beklagt. ! Dem Mann, dem er einst so hohe Gebühren berechnet hatte, schickte er > sogar jetzt anonym eine hübsche Sum ! me. „Das ist wahrscheinlich, was die Leute Gewissensgeld nennen," sagte er sich ein wenig spöttisch. „Ich fan ge offenbar an, fromm zu werden." j Und «r ging in der Tat hin und wieder an einem Sonntag Morgen in die kleine Kirche auf dem Hügel, wo er getraut worden war, und setzte Winlelchen hinter einem Pfeiler. Die näselnde Stimme des alten Pfarrers tat ihm wohl; mitunter beugte er auch sein Haupt während des Gebets oder der Litanei. Einmal hatt« ihn der Gesang in Schlaf gelullt, und als er nach kurzer Frist aufwachte, hörte er ein leises Rauschen und Knistern neben sich und wähnt« einen Augen blick, es sei Paula Paulo, wie sie an ihrem Hochzeitstag ausgesehen hatte, als sie nebeneinander vor dem Altar gekniet hatten, um den Se ' gen zu empfangen. Aber ach, es einem niedlichen rosa Hütchen, die in die Bank getreten war und ihn auf geweckt hatte. ind«m sie seinen Hut und Stock hinunterstreifte, s Das war alles, aber fein Herz hat te sich bei dieser Täuschung zusam- mengezogen, und die Erregung sollte ! den ganzen langen Tag über nicht von ihm weichen. Er vermißte sie. Schlafen konnte er jetzt, und sein geklärter Geist zeigte ihm die Dinge wieder, wie sie wirtlich waren. Wo chen vergingen, und langsam lehne ihm die normale gesunde Männlich keit zurück; er sah sich, wie er war, und konnte ein Urteil fällen. Was? Er hatte das scheue, junge Geschöpf von sich getrieben, hinaus aus die Straße? Sein Weib? Die alte Ge wissensqual hatte jetzt einen neuen Untergrund, sie erstreckte sich viel wei ter zurück, bis zum allerersten An fang. Er hatte nie geliebt; hatte nie jemand außer sich selbst geliebt, niemals. Das war das ganze Ge heimnis; er erlannte jetzt alles deut lich. An «inem Abend in den ersten Herbstwochen wanderte er ziellos, eine umher und trat ohne besondere Ab sicht in das Zimmer, das Paula bis zu ihrer Hochz«it bewohnt hatte, ihr Mädchenstübchen. Es war noch ge rade so eingerichtet, nne es damals Frau gerne benutzt, wenn sie lese» cder schreiben wollte. Mit den Fa milienbildern und andern Wertsachen, alle hastig aus ihrem Pult zusammen gerasten Briefe und Papier« geschickt, und die Schubladen waren leer und ausgeplündert. Er stellte die Lampe auf ein in der Nähe stehendes Tisch deren Klappe er herunterließ, um di« Arme darauf zu stützen. Unwillkür lich er die Schublädchen und (Fortsetzung folgt.) _ Für dir Küche. Erbsen mit Nudeln. Man weicht 2 bis 3 Psund grüne oder gelbe Erbsen über Nacht ein, läßt sie unter Zugabe von einer Mes serspitze doppelkohlenfaurem Natron zehn Minuten kochen, gießt das Was ser durch ein Sieb ab, füllt neues heißes Wasser oder heiße leicht? Brühe (auch Schinkenbriihe, die aber nicht zu salzig sein darf) auf unt> läßt die Erbsen über gelindem Feuer gar und weich lochen. Hat man keine Brühe, so ist etwas Butter beizufü gen. Dinm rührt man sie durch ein Sieb verkocht die Suppe mit etwas in Butter gar gedünstetem Mehl und gibt nach Belieben Salz und Pfund für sich allein in Salzwasser gekochte, mittelfeine Nudeln dazu. Makronentorte auf ein. fache Art. Min rührt sieben fri sche Eiweiß mit '/.> Pfund feinem Hücker und dem Satt einer halben Zitrone zu einer steifen Masse, wo rauf man ein Pfund gebrühte, ab gezogene süße geriebene Mandeln, da runter etwa sechs Stück bittere Man deln, unter beständigem Rühren all mählich darunter mischt und die Masse in eine vorgerichtete flache Tor tenform füllt. Bei mäßiger Hitze bäckt man die Torte goldbraun und garniert sie nach dem Erkalten mit reichlich Johannisbeergelee. Hefenklößchen mit Bir ne n. In Quart lauwarmer Milch verrührt man 1 Quart Mehl, 3—3 Eier, 2 Eßlöffel voll gestoßenen Zuk ker, I Unze Stückhefe, die in etwas lauer Milch aufgelöst ist, und läßt dies beim warmen Ofen aufgehen. Dann knetet man den Teig, nimmt noch so viel Mehl dazu, daß es wie ein leichter Kuchenteig wird, setzt dar aus auf «in mit Mehl bestreutes Ku chenbrett kleine Häufchen und 'äßt diese nochmals ausgehen. Sie kom men in kochendes Wasser und werden hier 10 Minuten im Kochen erhalten. Steigen die Klöße in die Höhe, so wendet man sie einigemal um, nimmt sie dann heraus, reißt jeden sofort auseinander und gießt braune Butter darüber. Zu den Klößen werden in Zucker und etwas Rotwein gedämpfte, geschälte Birnen gereicht, auch extra noch etwas braune Butter. Heißes Gericht vonKalbS bratenresten. Man entfernt alle Haut oder Sehnen von dem ge bratenen Kalbsbraten und hackt das Fleisch fein. Auf 2 Tassen Fleisch würfel rechnet man 1 Eßlöffel But ter, die man in einer Schüssel schmilzt und mit 1 Eßlöffel Mehl verrührt, dann gibt man l Tasse süße Milch hinzu, eine Prise Salz, und wenn die Sauce gar ist. 1 Tasse trockene Weißbrotkrumen. Sind die Krumen gut eingerührt, 112» gibt man 2 gut geschlagene Eigelb und das Kalbfleisch hinzu und end lich den festen Schnee von 2 Eiweiß. Man füllt die Mischung in ein« gut mit Butter ausgestrichene Form oder Puddingschüssel, bäckt das Gericht 20 Minuten in einem heißen Back ofen. Nudelkuchen. Man kocht da zu Pfund gekaufte Nudeln in Wasser, ab, oder bereitet aus 4 Eiern selbst Nudeln und kocht sie dann ebenfalls ab. Nun gibt man sie auf ein Haarsieb zum Ab tlopsen, kann sie sogar nachher noch in einer Serviette gut ausschwenken. Dann bringt man Butter zum Stei gen, fügt einige gewiegte Mandeln, gebrühte Korinthen und gebrühte Sultaninen, sowie die gewiegte Schale einer halben Zitrone, ferner 2 Unzen Zucker hinzu, rührt dies aus dem Feuer gut durch und gibt die Nudeln in die schmorende Masse. Diese drückt man dann fest in einen tiefen, dick mit frischer Butter aus gestrichenen und mit Semmel ausge siebten Eierkuchentiegel und läßt sie N Stunde lang in einem mittelwar men Ofen backen. Dann stürzt man den Nudelkuchen auf eine flafche run de Schüssel und reicht ihn ohne Sauce. Nach einer sättigend«» Suppe genügt ein solcher Kuchen als einziges Essen, gibt aber vor allem einen äußerst schmackhaften Nach tisch ab. Eierfauce für Sülze. Man zerquetscht in einem Porzellannapf mit rundem Boden ein hartgekochtes Ei gelb, gibt 1 bis 2 rohe Eidotter dazu, verrührt alles sehr glatt nebst etwas Salz und einer Spur seinem weißen 3—4 Löffel Speiseöl und 4 Löffel laden. Man klopft das Fleisch. die man ebenfalls noch mit einem Klopfholz, nicht mit dem Messer, klopft, bestreut dieselben nicht z>» reichlich mit Salz, gestoßenen Nelken, etwas Muskatblüte und nach Ge schmack mit geriebenen Zwiebeln, Rouladen, mit Mehl bestäubt, darin herum und läßt sie dicht nebeneinan der und fest zugedeckt dämpfen.