Der Angeber. ES läutete; die Stunde war zu "Ende. Von den Schülern der un tersten Klaff hatten einige die schlech teste Nummer für lateinische „Voka gebet gehalten, und nun stürmten sie aus der Klasse. Alle waren fröhlich. Nur Sapla- Die Sache verhielt sich so: Gestern, während der „großen Pau se", entstand eine furchtbare Hauerei bei der großen Klassentase!. Petrosf und Grigorjesf prügelten sich. Petrosf stellte Grigorjesf ein Äein und wars ihn hin. Irgend jemand ries in dem Augenblick „Draus los!" und bald verschwanden die beiden Kämpfer un ter der Masse der aus sie sich wälzen den Schüler der Sexta. Einer ries voller Eifer aus voller Kehle „Hurra" und die anderen fielen ein . . . Sso toloss geriet sogar in solche Erregung, daß er nicht mehr an sich halten konn te, sondern den Lappen, mit dem die Kreide von der Tafel gewischt wurde, nn das Fenster schlug. Die Scheivei, flogen mi! lautem Klirren in Split stellen. sen, indem der nasse Lappen, bevor er das Fenster traf, ihm über das Ge sicht fuhr. Er selbst hatte sich aber weiter an nichts beteiligt . . . Aber „der Ziegenbart" schrieb auch Sapla halbgeöffneten Mund, sich nicht von Der Direktor betrat die Klasse. Er rief alle an der Katastrophe Schuldi „Wirklich, Alexander Andrejewitsch, ich war es nicht!" „Du warst es nicht? ... Ich frage „Ich nicht!" .... „Warum siehst Du zur Seite? Sieh nicht! . . . Ich sah es nicht .... Ich „Hm! . . . Und Du, Petrow, standst zn sich halten und begann zu stöhnen. „Warst Du auch „hinten"?" fragte ihn der Direktor erzürnt. murmelte Saplatins Iwan stotternd... „Also vorn warst Du?" „Nein . . . ich . . ich . . . stand. Ich war es nicht!" „Nicht vorn, nicht hinten ... Ich will Dir mal was sagen, mein Sohn, „Wofür denn? ... Ich war es widerspenstig. Der Direktor entschied sich aber nach seiner Ueberzeugung dafür, daß „Bis vier Uhr, Bübchen! Ihr aber" soll, ohne Mittag ..." Der Direktor nahm seine Zuflucht zum letzten Mittel; er wandte sich an die ganze Klasse und erklärte ihr, daß sie alle einen Vermerk über ihr Betragen auf den Zeugnissen erhal len würde-?, falls sie den Schuldigen nls Anstifter. „Ich es nicht Ssokoloss ein: ' schleudert. Alexander Andrejewitsch!' Der Direktor ließ den Held bis ? Uhr nachsitzen und außerdem mußt« der Mutter und bohrte mit den Fin gern in dem Polster des türkischen Sofas .... Die Mutter war im Begriss, in den Klub zu fahren. Sie stand vor herum. Dazwischen unterhielt die Mutter sich mit Iwan. Gruscha! . . . Hier! . . . Ach. Du . . . Ach, Du dummes Ding . ~ sagte die Mutter bald zu Wanja, bald zum Hausmädchen. nu soll ich schuld sein .." „Nun. hättest Du es nur gesagt . . . ! Gruscha, bespritze mich von hinten auch! . . . Man muß stets die Wahrheit sagen ... Man darf nie Du denn? . . . Ach, Du mein Gott, ist das eine Plage! Es fließt ja in die Bluse!" „Soll ich auch den Nacken be spritzen?" „Nichts verstehst Du! Es ist schreck lich!" „Ich habe es ja gesagt, aber nun zanken sie mit mir . . . und sie höh „Ach, Iwan, es ist genug! . . . Wie Du mich langweilst! Und immer ge . . . Du siehst doch, daß ich beschäf tigt bin? Kannst Du nicht später . . . Gruscha hier noch! . . ." Iwan schwieg. Er bohrte noch eine Zeit lang mit dem Finger im und verließ nachdenklich und geräusch los das Boudoir . . . Iwan wollte sehen, was der Vater machte . . . Leise öffnete er die Tür zu des Va recht". Er hatte ein gutes, freund liches Gesicht. Der Vater war offen bar mi! sich zufrieden. Er stand vo> Iwan trat ins Arbeitszimmer ein. „Nun, Iwan Petrovitsch, was bringen Sie Gutes?" sragte der Va ter sreuudlich scherzend seinen Sohn, indem er vom Spiegel sorttrat und liebevoll dem Knaben über den Kops „Äist Du fertig?" sragte Iwan Petrowitsch traurig. ling." „Mama ist auch bald fertig . . ." Seufzer. „Hast Du. Iwan Petrowitsch, am Ende das Unheil angestiftet?" „Nein . . . Papa ... Es war . . . Ssotoloss. der das Fenster zerschlug . . . Und mich wollte der Direktor unschuloigerweise nachsitzen und ohne Mittag lassei.." In den Augen Iwan Petrowitschs blitzten Tränen, so schwer war die Erinnerunz an die erfahrene Unge rechtigkeit. „Nun, nun, Iwan Petrowitsch! Was ist d'.nn jetzt noch weiter los? Die Sache ist doch klar gestellt? Du sagtest doch, vaß Du es nicht warst?" „Ja, ich sagte es, Papa! Sie schimpfen mich aber jetzt . . . Petzer „Wer sind denn diese „sie"? Wer, mein liebes Kind?" „Die Schüler . . . Ich habe die Wahrheit gesagt und sie . . . wollen nicht mehr . . . mit mir reden!" mit ibuen! Nun worüber weinst Du denn, Junge? Du hast doch die Wahr heit gestanden? Die Wahrheit geht stets voran, mein Freund!! 2)u sollst nie lügen das ist die Haupt sach- , . . Du bist ja mein fixer Jun ze! Nun also, was ist denn weiter „Wir sind nicht zu Hause! Wir Du!" ' dem Vater eine Visitenkarte. Er las „Nicht eine Minute Ruhe! Sie te der Vater. las: „Vater, wenn er nun aber stirbt?" „Misch' Dich nicht in Angelegen heiten, die Dich nichts angehen" Klub gefahren sei wenn man Dich fragt, in welche», dann sage, Du wüßtest es nicht! Geh doch zusam men mit Gruscha!" Jetzt betrat die Mama das Ar beitszimmer, königlich stolz, mit strah lendem Gesicht, Hände und Nacken von Edelsteinen und Gold blitzend, einen seinen, zarten Hauch von Mai iind der Vater war nicht mehr är gerlich. Gruscha ging fort, aber Iwan Äl'.eb. Er tonnte sich nicht entschließen, in das Entree zu gehen, er wollte bei den Eltern bleiben. „Bist Du fertig, Pierre?" fragte „Ich bin fertig . . . Man schickte Morgens war ich da und nun sol! ich wieder hin . . . Ich glaube es ihnen doch deutlich genug gesagt zu haben, daß sie sich nicht so geberdeu sollen." „Nun, Du ließt doch sagen, daß Du nicht zu Hause bist! Also Schluß damit! ... Es lohnt nicht, sich darü ber aufzuregen!" bemerkte die Mutter fröhlich. „Ich ließ es wohl sagen, aber sie glauben es nicht, sie schickten noch eine Karte herein! . . . Sie glauben wohl, daß ich sür 25 Rubel monat lich zweimal täglich zu ihnen hinrei „Nun also ich denke, der 'Weg ist frei? Komm jetzt." Der Papa küßte die Mama, wah rend Iwan Petrowitsch darüber an fing nachzudenken, warum der Vater log, daß er nicht zu Hause sei? „Es ist doch nicht recht, zu lügen?" Seine Grübeleien wurden durch die Mutter unterbrochen. „Nun, Jwanchen, leb' wohl! . . . Betrage Dich ohne uns tadellos! . . . Hast Du alle Ausgaben gemacht?" „Ich habe nur noch „die Rose" zu deklinieren. Die erste Deklina tion . . . „Nun also, lerne Deine Rose und lege Dich dann schlafen . . . ." Die Mutter erklärte Iwan ganz umständlich, was und wie er sich in ihrer Abwesenheit betragen sollte und was er nicht tun dürste . . . Dann küßten Vater und Mutier den Sohn und fuhren fort. Im Eßzimmer, am runden, inn einem Wachstuch bedeckten Tisch, sa ßen die alte Wärterin n.'hmtnd, die Stricknadeln, Iwan lernte seine Deklination der Rose... Uebrigens ging das Ueben lang holte mechanisch Fall sür Fall. In Wirklichkeit legte er sich immer wieder die Frage vor: Hatte er schlecht ge handelt, Ssotoloss auszuliefern, ode! ben? „Michejewna, lügst Du?" M«N>einals. Kem einzige» „Lügt der Vater?" „Ach, ach! Darfst Du denn so llbei Deinen eigenen Vater sprechen!" „Du sollst es sagen lügt Papa niemals?" „Aber Iwan, was redest Du nur für Zeug! Das ist nicht reckt!" „Hör doch aus! Lern' mal lieber Deine Ausgaben ..." Hause . . . Also?" nichi davon ... Er war aber doch zu Hause? . . .' „Nun, und es war nicht möglich—' „Wieso denn?" „Wann?" „Damals! ... Du sagtest, Papa sei fort und dabei war er zu Hause!" „Was qeht's mich an! Was man mir befiehlt, sage ich. Mit der Wahr- Jwan. „Was ist Deine Ansicht? und ick> nannte ihn!" „D.is war nicht recht . . ." „Die Freunde muß man nicht aus er las ohne jede Aufmerksamkeit und behielt nichts im Gedächtnis. Nach der Grammatik nahm er die biblische Geschichte vor und wollte sie wiederholen. „Papa sagt, daß man nicht lügen darf und lügt selbst. Die Wärterin und Gruscha meinen, er sei ein Angeber..." Und er selbst fühlt jetzt, daß er schlecht gehandelt hat, als er Ssokolossf anzeigte, obgleich er die Diese Gedanken und Gefühle be ihrem quälenden Rätsel. Iwan Pe trowitsch legte sich auf den Rücken und schloß die Augen. Das Gewissen „Was machst Du, Jwanchen?" gar, er ist eingeschlafen." „Iwan Petrowitsch Du, Iwan Petrowitsch!" Die Wärterin berührte Iwans Hand. wird die gnädige Frau wieder böse sein" sagte die Alte laut. Er konnte sich nicht mehr verstel len, und die Wärterin war höchst er staunt. als Iwan Petrowitsch wii „Jch werde mich selbst ausziehen! Scher' Dich fort!" „Ich dachte, Sie seien eingeschla fen . . ." „Nicht die Ahnung!" Die Wärterin, ging hinunter, und an ihrer Stelle erschien bald darauf das Hausmädchen Gruscha im Kin derzimmer. „Iwan Petrowitsch, werden Sie sich nicht ausziehen?" „Pack' Dich fort!" „Das geht doch nicht . . . Herr schaften schlafen nicht in Beinkleidern . . . Wenn die Gnädige nach Hause Petrowitsch. Stiefel aus!" „Ich will nicht!" Herrn" seiner Stiefel und Hofen zu entledigen Aber Iwan Petrowitsch wehrte sich eigensinnig dagegen und schrie! „Geh doch, Gruscha' Ich rühre Ben, wozu stickst Du Dein Gesicht dachte er darüber nach, seufzte von Zeit zu Zeit und kratzte sich den Kopf . . . Endlich aber, zum Entsetzen der Die Linde. Bald schaukelten die entfalteten Blät den dunkler, ernster und härter, wie es so die Art von Herzen ist. De: luftige Baum rundete sich zu einer neu das Dunkelgrün der Blätter fast verschwand. Ein Helles, festliches Aussehen hatte der Baum dann, und Er wußte ganz genau, wenn es Herbst werden wollte. Wenn die Lust auch noch sommerlich warm war. ein nes, halbhclles Gewölk hinter dem naßglänzenden schwarzen Geäst stand: und am allerschönsten war die Lince Linde; zu jeder Tagesstunde, bei je der Beleuchtung. Ohne die Linde wären die Tage ihm wohl sehr lanz geworden. Gute Menschen gaden ihm zwar schöne Bücher, aber er konnte nicht viel lesen. Gesunde Menschen können sich nicht denken, wie anstrengend das Lesen ist. Denn wenn die lesen, schwingt das eigene starke Leben immerfort mit, oder es leistet Widerstand: der Kranke aber hatte den Eindrücken nichts entgegen zusetzen. und was aus den Blättern aufstieg an Freud und Leid, da» te es ihn an, und oft ließ er es seuf zend sinken, und nahm Zuflucht zu seinem Baum. hinauszukommen ins Freie. Sie nah men einen Wagen. Vettern und Basen fuhren mit. und es war ein recht'« Fest. Aber der Kranke wurde nicht froh dabei. Es wurde ihm alles z» Es war Wohl schön, aber verwirrend, schmerzend schön, so wie die Bücher voll große, Handlungen und leiden schaftlicher Gefühle. Mitten in der stillen Zimmer Im grüngoldenen Dämmerlicht, nach seiner Linde. Er ging nicht wieder hinaus. Ich habe ja die Linoe vorm Fenster" te er. Die andern lächelten mitleidig über den Armen, der sich mit eineni Baum begnügte. Er aber lächelte heimlich über die andern, die so viele Bäume nötig hatten. Ja. ob die in der Fülle der Natur wohl so die We'delust und -Qual des Früh lings. das geruhsame Gluck des Sommers, die Melancholie des Herb stes und die Majestät des Winters Linde? Natur, ja, mehr als irgend ein Mensch. Die Menschen waren staunte Augen. Aber der Baum hatte immer Zeit für ihn. Und all seine Träume, dir nes ungelcbten LebenS verwob der Mann in die grüne Fülle des Bau mes. Und der Baum nahm alles ernst und gütig und verstehend aua, wie ein guter Freund. Er kannte verkümmerte Menschenleben in sein starkes, gesundes, schönes Leben hin ein und gab es verklärt und erlöst „Das Leben ist schön, auch hier in der Hohenstraße. Es ist schön, wenn die Sonne glutet,, und wenn der Re gen rauscht; im kühlen Schauer des Frührots ynd wenn die Blitze flam men! Es ist süß, die linde Luft ei auch, den Stößen des November sturms Stand zu halten. Es ist so gut, Narben zu tragen wie Blüten, dafür zu sein. So stand der Kranke zu seinem Baum. Er war sein bester Freund. » « » Eines Morgens erwachte der Mann von einem befremdenden Lärm unter ein Schleifen und Zerren von Sei-i len, wie Hiebe von Aexten. Beunru higt stand der Mann auf, warf sich einen Rock über und lief ans Fenster. Da sah er, und das Herz stand ihm beinahe still vor Entsetzen! wohl ein halbes Dutzend handfester Leute mit Aexten, Sägen, Stricken und Leitern um den Baum befchäf den Stamm gelegt wie eine mörderi sche Schlinge. Ein voller grüner Ast lag schon am Boden und, wo er ge sessen, klaffte eine tiefe Wunde. Und hinein. Allerhand neugieriges Volk Hai» sich angesammelt. Einige meimen senseele zu erregen pflegt. Der Kranke riß das Fenster aus und rief mit vor Erregung langloser Stimme hinab: „Hört auf! Laßt den Baum in Ruhe! Hört auf! Die Leute sahen in die Höhe. „Was „Laßt! Hört Ihr! Es ist mein Baum! Wie könnt Ihr Euch an biete es Euch!" ! „Wieso ist denn das Ihr Baum?" riefen die Leute. „Haben Sie uns vielleicht etwas zu sagen? Wir sind vom Magistrat angestellt. Der elende Schmerz und Wut. Ihr seid Elen de!" „Oho! Der will schimpfen!" Die Leute riefen ihrerseits kräftige Wor- Solange es Trichinen