Das griine Anto. Spionagc-Noinan von August Wrihl. (8. Fortsetzung.) Agent Huber wurde auf den Bahn hof dirigirt. Er hatte die Aufgabe, der Baronin bis zum Coupö zu fol gen und bis zur Abfahrt des Zu ges von der Thür des Waggons nicht zu weichen. Kraft wurde zum Pa» lazzo beordert. Er sollte di« Abfahr? der Baronin signalisiren. Der Kommissar selbst wollte nals die Abfahrt beobachten und der Baronin auf dem Fuß folgen. Um halb acht Uhr stand jeder auf seinem Posten. Der Kanal lag schwarz und gäh nend da. Ein schwacher Viertelmond blinzelte durch Wollenschleier In dieser dunklen Stille spiegelten sich die snarmornen Paläste nur un deutlich im Wasser. Die mit dem Wappenfarben bemalten Pflöcke bil deten zittrige Linien. Von fern hall te der Gesang der Serenadengondel. Eine weiche Tenorstimme sang^das hörte die Ruderschläge der begleiten den Gondeln, in denen fast nur Eng länder und Engländerinnen saßen. Dann kamen die Lampions der Sere nadengondel in Sicht. Aus der Mariuskirche schlug es dreiviertel acht Uhr. Der Agent hat te die Abfahrt der Baronin noch immer nicht signalisirt. Da öffneten sich die Thüren zur Riva an der Front des Palastes. Der Diener rief die beiden Gon doliere an. „I>ronta la gonckola!" scholl der Ruf zurück. Vier Gestalten erschienen in der Vorhall«. Der Kommissar konnte sie genau unterscheiden. Es waren der alte Senator, die Baronin und zwei weiblich« Gestalten, von denen sich eine in respektvoller Entfernung hielt, offenbar eine Dienerin. ster. B 't t de T pp'ch über die grünlich schimmernden, feucht schlüpfrigen Stufen. Drei Personen nahmen in der Gondel Platz, die vi«rte verschwand im Hause. In einer Distanz von etwa dreißig Schritten folgte die Gondel des Kom missars, zu dem sich der Agent Kraft gesetzt hatte. Durch stille, dunkle Wasserstraßen glitten sie dahin. Nur die Ruder schläge hörte man und zeitweilig das melancholische, langgetxhnte „Stull!" der Gondoliere, bevor sie um «ine Ecke bogen. Als der Bahnhof sichtbar wurde, gab der Agent den Signalpfiff, den Huber vom Bahnhof aus erwiderte. Bei dem Pfiff glaubte Martens zu bemerken, daß sich die Baronin jäh umsah. Er befahl seinem Gondolier, lang sam zu rudern, da er ein Zusammen treffen auf der Landungsbrücke ver m«iden und der Baronin, die ja der Agent Huber ohnedies bewachte, Zeit lassen wollte, die letzten AbfchiedS wort« ungestört an die Ihren zu rich ten. Als die Gondel d«s Kommissars anlegte, stand der Senator mit den Ein flüchtiger Blick belehrt« den Kommissar, daß Huber Wache hielt. Doktor Martens trat auf den Perron; die Uhr zeigte acht Uhr fünf Minuten. Auf zwei Geleisen standen die Züge zur Abfahrt bereit. D«r nach Wien fahrende Zug war etwas vorgeschoben, ten. Doltor Martens stellte sich dem zur Abfahrt des Zuges fehlten, so Abfahrtszeit des Schnellzuges. Da trat die hohe Gestalt des S<- Ein Beamter führt« die kleine Ge sellschaft mit einem: „Bitte, schnell zu dem reservirten Coup«'-". Ohne Reiselleid und einen langen, dichten Schleier. Agent Huber postirte sich seinen Instruktionen gemäh sofort an den einen Ausgange des Durchgangswag- gons, Agent Kraft an dem anderen. Hinter den angelaufenen Scheiben, ss C dem Agenten Kraft vorbei und sprang vom Trittbrett. Im selben Augenblick schrillte die der Zug fuhr langsam aus der Halle. Doktor Martens ließ die beiden Agenten an den Ausgängen, trat lei- und klopfte an. Keine Antwort. Er versucht« die Thür zu öffnen. Sie widerstand seinem Drucke. Die Vorhänge waren zugezogen, doch durch einen kleinen Spalt konn te er in dem abgedunkelten Coup 6 die Umrisse der Frau wahrnehmen, die auf den Sammtpolst«rn lauerte und das Antlitz in den Händen ver barg. Auch etwas von ihrem roth goldigen Haar sah er undeutlich schimmern. An den Ausgailgsthllren standen die Agenten. Nach den Aufregungen der letzten zwei Tage konnte er endlich einmal eine Zigarre in voller Ruhe dahin lonnte er die Baronin sich selbst überlassen. Wozu ihr seine Gesell schaft aufdrängen? Ein Verhör hatte, den befanden, keinen Zweck. Doltor Martens durschritt noch mals den Gang, überzeugte sich, daß die Agentin Posto gefaßt hatten und warf noch einen Blick durch den Vorhangspalt auf di« regungslos da sitzende Frau. Dann schloß er sei ne Coupöthür. Es war eine für diese Gegend un gewöhnlich kalte Winternacht. Sie fuhren gerad« über die letzten Bogen der Brücke, welche Venedig mit d«m Festland verbindet. Rechts und links sah er noch die Ausläufer der todten Lagune, die im fahlen Licht d«s Mondes nur mehr Tümpeln gli chen. Das Geräusch der Räder ver änderte sich. Man hatte die Brücke verlassen und das Festland erreicht. Der Märchentraum Venedigs zer rann. Durch di« festgefrorenen Scheiben einige Bald störte nichts m«hr die Ruh« des Kommissars, der es sich in der Ecke bequem gemacht hatte und mit zusriedenemLächeln vor sich hinsah... In Treviso stiegen mehrere Perso nen zu ihm ins CoupS. Doktor Martens sah nach, wann der Zug in Pontasel eintreffen muß te, u»d beauftragte die Agenten, ihn S«ine Pflicht hatt« er ja erfüllt, die Baronin befand sich in seiner Ge walt. Doktor Martens schloß die Augen. In wenigen Minuten war er einge schlummert. Er wußte nicht, wie lange er ge schlafen, als ihn ein leichtes Rütteln an der Schulter weckte. „Es ist Zeit," raunte ihm der Agent Huber zu. „sie richtet sich auch schon zusammen." s da Rsi trat auf den Gang. Woher kam plötzlich diese Fremde? War die Baronin nicht allein gefah ren? Oder saß sie noch im Coupö? Di« Fr«mde war. ohne den Kom missar anzusehen, zur Thür gegang«n. Auf d«m Wege richtete sie a,i einen instündslos vorbei. Doltor Martens drängle sich durch die Passagiere zur Schiebethür des Coupös und riß sie aus. Das CoupS war leer. Die Koffer lagen geordnet auf den Sammtsitzen. Wie war das denkbar . . .? Di« Fremd«, die eben jetzt den Waggon verlassen hatte, war doch nicht die Baronin selbst . . .? Aber nein! Das war unmöglich! Er hatt« ihr Gesicht gesehen, ihre Stimme gehört! Es war gewiß nicht Der Kommissar rannte zur Thür. „Wo ist die Fremde hin?" „Welche Fremde, Herr Kommis sar?" fragte Huber. „Eine große, schwarz« Frau Mensch strengen Sie Ihren Kopf an wir sind ihr ja aufgesessen aufgesessen!" schrie der Kommissar. „Herr Doltor - da san lauter fremde Leut' ich weiß nicht, wen Sie meinen. Die Frau Baronin ist nicht vorbeigekommen." Der Kommissar eilte zum Zoll- Nichts! ab. Umsonst! Di« hohe schwarz« Frau war nicht zu finden. . . » » o Der Wiener Schnellzug hielt vier zig Minuten in Pontasel. Die Zeit bedeutete dem Kommissar «ine Z«it ohnmächtiger Wuth, beschämender De müthigung. , Daß er in der letzten Minute um den Erfolg einer dreiwöchentlichen, mühevollen Arbeit gebracht werden ionnte, hatte er wahrhaftig nicht vor ausgesetzt. Auf Schwierigleiten, auf Kämpf- war er gefaßt gewesen, aber auf eine solche Ueberrumpelung nicht. Was nun beginn«»? Jene Frau, die er von Venedig bis Pontafel so fürsorglich lxhütet hatt«, war eine Fremde, wahrschein lich eine erkaufte Person, die mit der Baronin im Einverständnisse gehan delt hatt«. Er kam sich unglaublich lächerlich vor. Aber wie war es nur möglich? Er hatte doch die Baronin in Venedig ganz deutlich am gese hen! Selbst dieser Fremden ionnte er nicht mehr habhaft werden. Die befand sich sicherlich schon wieder auf italienischen Boden, den sie ja von Pontafel aus in wenigen Minu ten erreichen konnte. Ganz hilflos war er. Aufgesessen einem Weibe, er, der erfahrene Kommissar, aufge sessen wie ein Neuling! Und die Baronin? Die saß wohl irgendwo und lachte ihn aus. D«r Kommissar knirschte mit den Zähnen. Was anfangen? . . . Di« italieni schen Behörd«n in Bewegung setzen? Jenen großen Skandal provoziren, den aus alle Fälle zu vermeiden, ihm von seinem Vorgesetzten eingeschärft Nach Wien fahren und vor den Polizeipräsidenten mit den Worten treten: „Ich bin von einer Frau du pirt worden, bitte, pensioniren Sie mich wegen meiner Unfähigkeit?" Die geballten Fäuste in die Taschen seines Winterrockes versenkt, schritt er auf dem Perron auf und ab. Da trat ihm ein Kondukteur in den Weg und fragte: „Bitte, mein Herr, sind Sie der Doktor Martens aus Wien?" „Ja." „Dann habe ich einen Brief sur Sie." dem Auftrag, ihn Ihnen erst in Pontafel zu übergeben." Der Kommissar erbrach rasch das Schreiben und las: Geehrter Herr Doktor! Es thut mir herzlich leid, Ihnen diese kleine und unangenehme Ueber raschung bereitet zu haben. Aber ich konnte nicht anders. Bei unserer letzten Unterredung habe ich um zwei Tage Frist gebeten, doch hatten Sie nicht die Liebenswürdigkeit, mir sie zu gewähren. So blieb mir kein anderer Ausweg, als, so sehr es meiner innersten Natur widerspricht, zu einer Täuschung Zuflucht zu neh ' 'ch ch Ich werde in zwei, längstens drei Tagen mit demselben Zug, in welchem Sie mich heute nicht fanden, in Pontafel eintreffen. Ich habe keinen Grund, die österreichischen Gerichte zu scheuen. Ich komme bestimmt. Ich komme, weil ich mehr Interesse an der Eru irung des Mörders habe, als Sie ahnen. Verzeihen Sie, daß ich zu Mitteln griff, die ich verabscheue, aber die Nothwendigkeit gebot es. Ihre ergebene l M.St. ch Jetzt hieß es rasch handeln. Ein zweite! Mal sollte es ihr nicht ge > Er eilt« ins Bureau, stellte sich . dem Stationschef vor und fragte: I „Wann passirt der nächste Zug nach Venedig die Station?" ! Fliße auf. Also zu sechs Stunden Unthätigleit war er jedenfalls ver dammt. Mit dem Wagen nach Ve nedig zurückkehren, daran war nicht "zu denlen. Die eine Nacht mußte er unbedingt in Pontafel bleiben. ! Und zwölf Stunden Vorsprung ! waren dadurch der Baronin gesichert. Es war ihr also ein Leichtes, irgend einen Haf«nplatz zu erreichen und sich einzuschiffen, ehe er sich von hier auch nur fortrühren konnte, i Der Kommissar erkundigte sich nach der Abfahrt überseeischer Dampfer. „Von Genua, V«nedig. Brindisi "und Triest gehen morgen früh nach allen Weltgegenden Schiff« ab," lau tet« die Antwort. Der Kommissar setzt« eine Depesche an alle Polizeileitungen der Hafen städte auf, in der er eine g«naue Per sonSb«schreibung der Baronin gab, ohne deren Namen zu nennen, und um sofortige AnHaltung der Frau er suchte. DaS T«legramm ließ er im Dienstwege durch den Polizeikom missar der Grenzstation expediren. > Dann ließ Doltor Martens das Gepäck der Baronin holen und durch koNegen. Außer Wäschestücken fand der Kommissar bloß eine rothblond« Perücke, einen Reisehut mit dichtem Schleier und ein« dunll«, englisch« Toilette, kurz jenes Kostüm, in dem er die Baronin mit eigenen Augen in Venedig in den Zug hatte steigen sehen. > Ehe der Kommissar sich nach einem Nachtquartier umsah, verfaßte er ei nen telegraphischen Bericht an Poli zeirath Würz, in welchem er nichts verheimlicht« und um weit«re tele graphische Instruktion bat. > Die beiden Agenten saßen indessen gedrückt neben den Koffern auf dem Perron. Der Wiener Schnellzug war schon abgedampft, als Doktor Martens sie heranwinkte und ihnen befahl, ihm zu folgen. Er begab sich in ein Hotel, das dem Bahnhof ge genüberlag und ließ zwei Zimmer .öffn«n. . . Lange währte es, bis «r in «inen ! unruhigen Schlummer verfiel. I Zeitig früh war er schon wieder aus den B«inen. Ohne zu frühstücken, «ilte «r ins Stationsgebäude. „Ich wollte eben zu Ihnen schi cken," «mpfing ihn der Stationsvor stand, „dieses Telegramm aus Wien , ist für Sie da." Mit bangen Gefühlen erbrach Dol» I tor Martens das Siegel. Die De pesche enthielt nur die wenigen Wor ! te: ! „War vorauszusehen. Bleiben Sie in Pontafel. Komm« morgen Früh ! zug. Sie Nxrden die Baronin frü her finden, als Sie glauben. Würz." Sprachlos starrte der Kommissar auf die Depesche . . . 11. Kapitel. Wo aber befand sich die Baronin? Wie war es ihr gelungen, di« Auf nierlfamkeit des Polizisten derart zu täuschen? Wie war sie entkommen? Während Doltor Martens darü ber in Pontafel sich den Kopf zer brach, saß Baronin Sternburg in ei nem dunllen Winkel eines CoupSs dritter Klass« des Römer Postzuges. Niemand hätte sie wiedererkannt. Eine schwarze Perücke über das gold ? blonde Haar gestülpt, das Gesicht verschminkt, in einfacher Kleidung, das Umhängtuch bis über die Ohren hinaufgezogen kein Mensch hätte geahnt, daß das die Frau war, die in ihrem Wiener Salon die vornehm ste Gesellschaft nach jener folgenschweren Unterredung verlassen hatte, war ihr erster Ge , danke: Flucht! j Aber sie erkannte auch, daß eine Flucht nicht leicht zu bewerlstelligen war, sie wurde ja bewacht und konnte keinen Schritt thun, ohne daß die Häscher ihr folgten. Nur große Kühnheit konnte zum Ziele führen. Sie zog ihr Kammermädchen, das ihr treu ergeben war, ins Vertrauen und fragte si«. ob sie bereit wäre, an ihrer Stelle nach Pontasel zu reisen. Die Frauen hatten ungefähr diesel be Gestalt. Ein« rothe Perücke und die Kleider der Baronin sollten die Täuschung vervollständigen. Das Mädchen willigte umso lieber ein, als ihr die Herrin die Gefahr losigkeit des Unternehmens klar zu machen verstand und eine schöne Aus- S«it« des von ihr g«liebten, im Dienste des Hauses Ca stellmari stehenden Gondoliers ge- Baronin Sternburg baute ihren Fluchtplan folgendermaßen auf: Sie wollte mit zum Bahnhofe, zu dem znxiten Zuge zu gelangen. Nachts wurde Marietta so hieß nommen, daß das Mädchen auf di« Straße geschickt wurde. romn, daß Polizisten Marietta sofort folgten. Eine Verwechslung M den Abendstunden war also nicht nur möglich, sondern bestimmt zu er- Den gcinzen Tag über instruirte sie das Mädchen, so daß dieses über alle Details genauestes insormirt war. Sie mußte, sobald sie im re servirten CoupS sich befand, die Thür absperren, lnapp vor Pontebba die Perücke ablegen und di« Kleider tau schen, unbemerkt an den Polizisten vorbeilommen, und ohne sich um et was weiter zu kümmern, sofort über den Cofinbach wieder auf italienischen Boden zurückkehren. Dort war sie geborgen. Endlich kam die schwere Stunde. Die Baronin wußte, was auf dem Spiele stand, und spannt« ihre ganz« Willenslraft an, die Täuschung durch zuführen. D«r Senator, Marietta und sie fuhren zur Bahn. Klopfenden Her zens warteten die drei auf d«n ent scheidenden Augenblick. Mit Rück sicht auf die grelle eleltrifche Beleuch tung des Perrons hatte di« Baronin ' ihrem Kammermädchen einen dichten Schon im Warteraum bemerkten die Frauen, wie ein Mann si« beobachtete. Doch di« Aufmerksamkeit, mit der er jeder Bewegung Mariet tas folgt«, sagte der Baronin, daß der Polizist jene sur sie hielt. Nur die Begegnung mit Doitor Martens fürchtete sie noch. Als sie auf den Perron hinaustrat, flog ihr Blick suchend die Reihen der Wartenden ab, um den Kommissar zu entdecken. Sie bemerlt« ihn erst, als sie inapp vor dem Waggon stand: denn Doktor Martens stand hinter einer Säule. l Rasch stieg sie hinter Marietta in den Waggon, um ihr Reisekorb und Plaid nachzutragen. Im CoupS riß sie die schwarze Perücke vom Kopfe, trat zum Fenster, nickt« dem Vater zu und hielt dem Blicke des Kommissars stand. Als sie sah. wie dieser auf den Wagen zueilte, stülpt« sie rasch di« Perücke wieder über ihr Haar, schlüpf te auf den Gang hinaus und verließ im Augenblicke, als Doltor Martens vorne aufstieg, rückwärts das CoupS. i Agent Huber, an dem si« vorbei mußte, hatte sie schon den ganzen Abend über für das Kammermädchen gehalten und ließ sie Passiren. Während sich der Zug in Bewegung setzt«, eilte die Baronin über das Ge leis« und verschwand in einem CoupS dritter Klasse des Römer Postzuges. In San S«bastiano. einem kleinen Städtchen, verließ sie den Zug unge fähr um die Zeit, als Marietta in Udine eintraf. Vorsichtig, um ja nicht aufzufallen, mengte sie sich unter die Reifenden und ließ sich vom Ge dränge bis zur Ausgangsthür schie ben. Der Portier sah gar nicht auf. als sie ihm die Karte reichte. Die Baronin ging ein Stück stadt einwärts, miethete dann «in Fuhrwerk und fuhr zur Station zurück, um mtt dem um zehn Uhr fünfzig Minuten abgehenden Zuge ihre Flucht fortzu setzen. Sie löste eine Karte nach Cincio, einem kleinen Nestchen an der von St. Sebastians abzweigenden Vi» dritten Klasse zwischen den Bauern Platz. Nach halbstündiger Fahrt hielt der Zug in Cincio. Der Bahndiener, der auf d«r klei nen Station die Karten hätte abneh men sollen, war nicht zu schen. Ver muthlich befand er sich in einem Wirthshause. So gelangte die Ba ronin, ohne mit jemand zusammen zustoßen, aus dem Stationsgebäude. Und ohne lange zu überlegen, stapf te si« muthig durch den Schnee den F«ldweg hinan, der nicht zum Ort, sondern in entgegengesetzter Richtung Nach einstündigem Marsche tauchte vor ihr ein grauer Komplex aus. In einem d«r Parterrefensterchen sah sie noch Licht. Sie schritt 'u „Wer ist da?" fragte leise: „Was wollen Sie?" Die Baronin neigte sich zum Ohr« „Ich bin's! Meta! Mach' rasch die schen!" bei der offenen Thür. In der Dunkelheit tappte die Ba ronin voraus, durch einen Gang einer hi«r nicht fremd war. Die Alte öffnete die Thür eines kleinen niedrigen Parterrezimmer- vom Felde auS nicht mS Zimmer sehen konnte. Dann riß sie die Perücke vom Kops und warf sich wie der aufseufzend in den Lehnstuhl. „Bring' mir warme Kleider und trocken« Schuh«. Mich friert!" Die Alte humpelte zur Thür. „Nicht von oben. Gib mir schnell einen alten Rock Mariettas; Schuhe von ihr werden wohl auch da sein." wollen Frau Baronin anziehen? Und mit den Holzpantoffeln werden Frau Baronin ja gar nicht gehen können! Ich mache ja nur einen Sprung hin auf, ich bin gleich wieder da." „Nein, bleib'" befahl Meta. „Ich will k«in Licht oben. Mach' nur rasch und bring', was ich gesagt ha be!" Mit Hilfe der Alten war die Ba- Ein paar Scheite Holz wurden aufgelegt. Im Kamin prasselte ein lustiges Feuer auf und warf seinen Schein über die alten Möbel, über l die kleinen angesammelten Heiligen bildchen und verbreitete wohlige Wär me. te Meta. Während die Alte auf einem Schnellsieder Wasser kochte, faß mand darf wissen, daß ich hier bin, verstehst Du? Halt Deine Zunge hübsch im Zaum. Wo wirst Du mich , unterbringen?" „Wollen die gnädige Frau Baro nin nicht in Ihr Zimmer?" ! „Wo denkst Du hin? Wenn Plötz lich im ersten Stock d«s Herrenhauses Licht würde, dann wüßte man ja aus Meilen, daß jemand hier ist. Nein, richt« nur Mariettas Kammer her. Ich bleibe nur ein bis zwei Tage da, wird si« schon irgendwo Platz finden." > „Marietta kommt morgen?" rief die Alte erfreut. „Ja, das heißt, ich hoff« wenig stens." Die Freude, ihr Kind wiederzuse hen, belebte die alte Brigitta sichtlich. Die Baronin begab sich sofort zur Ruhe. Das Bett war zwar etwas hart und ihr Kops voll schwerer Sorgen, aber die Müdigkeit überwäl tigte sie. Der einstündige Marsch durch den tiefen Schnee hatte sie zu st d sch hch reinen Mund halten sollen! Hat die Post etwas gebracht?" „Ja, einen Expreßbries an mein« zuge an." „Gott sei Dank!" rief die Baronin aus. les ganz glatt abgelaufen ist." Die Nachricht brachte der Baronin eine kleine Beruhigung. Dessenunge- Mädchen sofort ein. Was die zu be richten hatte, war nicht viel. Sie war von Pontafel sofort nach Pontebba zurückgeeilt, hatte sich in ei nem kleinen Wirthshaus« e^inquartirt Es lautet«: „Alles besorgt. F. verläßt mor gen abend Wien und bringt das G«< „Nun ist alles gut!" seuszte die Dann kamen wieder trübe Gedan ken. Fast d«n ganzen Tag saß di« schöne Frau in dem L«hnstuhl und brüt«te vor sich hin. lich um sie bemüht. Di« Herrin sie b«rte. Die Berufung eines Arztes l«hnt« sie jedoch entschieden ab. Am Abend nach dem Nachtmahl sagt« sie zur alten Brigitta: „Morgen nachmittag wird mit dem Zuge, mit dem Marietta heute gekom men ist, ein Herr eintreffen und nach mir fragen. Mach' in den obern, Zimmern Ordnung und führ' ihn in den kleinen grünen Salon. Am Abend reise ich dann ab. Du, Ma rietta, bleib' heute nacht in meiner Nähe, vielleicht brauche ich Dich. Ich fühle mich nicht ganz wohl." (Fortsetzung folgi.) Für die Küch». Geflügels chnitt«n. Leber, Magen und Herz von feinem Geflü gel, auch W'ldfUgel, werden mit et was geräuchertem, magerem Speck, Petersielie, Schnittlauch und einigen Wachholderbeeren fein gewiegt und unter beständigem Rühren in guter Butter abgedämpft. Erkaltet giebt man etwas geriebenen Schweizerkäs«, je nach der Menge ein bis zwei Eidot ter dazu und streicht diese Mosse auf in Butter geröstete Semmelscheiben, giebt sie mit der Fleischseite nach oben aus ein Backblech und läßt sie im Bratofen gelbbraun werden. Schmorgurken. Dieses wenig bekannte, sehr wohlschmeckende Ge müse wird folgendermaßen zubereit-t: Drei große Gurken werden geschält, der Länge nach durchgeschnitten unl> Stücke und blanchirt diese in kochen dem Essigwasser fünf Minuten, wor aus t.ian sie aushebt und erkalten hinzu, bindet dies« mit Pint Bur- Essig, läßt noch eine Viertelstunde Salz. Zucker und Psesser nach und servirt. Schweinefleisch - Ragout. Man schneidet die Reste von geloch« fertiggemacht hat. Dazu läßt man zwei bis drei Löffel Mehl in zerlasse- Einbrenne mit Wasser oder Brüh«, giebt Salz, etwas Pfeff«r und mil den Essig, kleine in feine Streifen ge schnittene Mirpickels und Kapern dazu, läßt Alles ein Weilchen durch- Apfel- und Brot-Pud d i n g. Man nimmt zu diesem äuß«rst wohlschmeckenden Pudding, trockneS Weißbrot, weicht es in Wasser ein. drückt es nach einiger Zeit aus. so trocken wie möglich. Man schält Aepfel und giebt je nach der Masse des Brotes, 2 bis 8 Tassen gehackte Aepfel darunter, sowie 2 ganze Eier, gut geschlagen und 1 bis zu Tasse Zucker. Di« Puddingmasse chene Form und wird im Backofen gebacken, bis die Aepfel gar sind. So wohl für den einfachen, wie bessern Mittagstisch zu empfehlen. Kartoffeln mit Schwei nefleisch. Man legt den Boden einer Kasseroll« mit gebröckeltem Rindsmark, schneidet rohe Kartoffeln in Scheiben, vermischt sie mit Salz. Pfeffer, etwas gewiegter Petersilie und Zwiebeln, legt di« Hälfte dersel» ben in den Tiegel, giebt dann unge fähr 1 — Pfd. junges, in kleine Stückchen geschnittenes Schweine fleisch aus die Kartoffeln und deckt das Fleisch mit der anderen Hälfte der in Scheiben geschnittenen Kartoffeln zu, gießt Pint gute-Fleischbrühe darüber und läßt das Ganze in ei ner Ro r« 1/. Sonnenschein - Kuchen. Man schlage das Gelb« von 7 Eiern mit I>/> Tasse Powder-Zucker etwas Mandelextrc.lt als Gewürz in den feinen Kuchen, der in einer hohen Tube Pan wie ein Angel Food-Ku chen gebacken werden muß. In die semßezept wird weder Backpulver noch Cream of Tartar gebraucht. D«r Ku chen ist von fein«m Geschmack und sehr zart und wird von Herren besonders gern gegess«». Reste von fettem Fleisch. Wenn in einer Familie wenig Fett gegessen wird, so lohnt es sich, die. Rest« an fettem Fleisch zu verwerthen. Man nehme Rind- und Schnxine fleisch, wie es eben da ist, allein oder mit einander, mahle «s fein auf der Fleischmllhle, mahle auch eine Zwie bel oder zwei mit durch, gebe dann Salz, Pfeffer, 1 Ei, hartes Weiß- Eier mit Käse. Man streicht eine Backschüssel mit Butter aus und streut geriebenen gelben Käse (Ameri» man behutsam frische Eier aus d«r Schal« in die Schüssel, eines neben, das andere, streut Salz und weiß«» Pfeffer darüber, giebt auf jedes Ei T Eßlöffel frischen, süßen Rahm, dann Backofen.