Ter Sträfling. Silbernes Mondlicht huschte über die dumpfbrausenden Wogen, glitzerte gleich Millionen sprühender Diaman ten in dem Schaum d«r Überköpsen dcn Se«n, und glitt verwundert über Deck und Bordwände eines düsteren, stillen Schisses, welches einsam auf dem w«iten, endlos scheinenden Ocean feinen Weg suchte. Ja düster genug sah die „Anja" fchon von auß«n aus. Aber, waS wollte das besagen gegenüber der Fin sterniß, der Verzweiflung, welche ihr Inneres schloß? Ein Verbrecher - Transportschiff war «s, das seine bunt, gemischte Fracht dem „Kirchhof der Lebendi gen", der „Insel der Verdammten", dem berüchtigten Sachalin zuführte, der dunkelsten Stell« des dunklen Rußland. Sachalin! Welch «ine Unsumme von Elend, namenlosem, unfaßbarem Weh umschließt nicht das eine Wort. Ist die Weltgeschichte das Weltge eingang in unsichtbaren Lettern zu lesen steht: „Wanderer, so Du hier einkehrst, laß alle Hossnung fah ren!" Geräuschlos, als fürchteten sie schlummernde, zerstörungslüsterne Dämonen zu weck«n, glitten die Ma trosen das Deck entlang. Gleich Bildern von Stein, mit einem Arse sen müssend Und die an der Kimm aufsteigend« dunkle Wolke kündete «ine schauerlich« Nacht an. als die Glocke am Steuerhäuschen die sechste Abendstunde verkündete. Etwas schwankend und heftig flu dem wachthabenden Offizier das Gesicht, ehe er begriff, was dieser Ibm meldete. Dann lallte er «inen Befehl. Ein schriller Pfiff ertönt«, dem .ebendig würd« plötzlich an Abstand mittschiffs Ausstellung. also: nen, männlich schönen Gesicht, daS ictncn slawischen Typus z«igte. Er war ein Kurländer, d«n «in finsteres Geschick :n den russischen Dienst ge wirbelt hatte. In der Hand den scharfgeladenen Revolver, betrachtete er mit düsteren Blicken die Gesichter der einzelnen Verbrecher, die langsam in der Luke auftauchten, langsam, mechanisch das Deck entlang schlichen, und sich ne beneinander. inmitten der Doppelreihe von Kosaken und Matrosen ausstell ten. Nur aus wenigen Gefangenen be stand dieser Transport. Und er schien ausnahmslos Menschen zu umfassen, denen kein Laster der Erde fremd sein mochte, welch« ihr Schicksal reich lich verdient hatten. Kerle mit den ausgeprägtesten Galgenphyfiognomien waren darunter, denen man ungern an einsamen Stellen ohne Waffe be gegnet wäre. Nur ein einziger machte eine Aus nahm:, der letzte. Nummer Einund zwanzig. Wer vermochte zu sagen, wi« s«in Name lautet«? In d«m Augenblick, in wemchem er die Planken dieses Schiffes betrat, war der ausgelöscht. Ausgelöscht für immer, und nur noch eine Nummer lebte fortan den länge ren oder kürzeren Rest eines Men schenlebens,' — starb. Und nur ein« Nummer stand auf einem kleinen, schwarzen Holzpflock inmitten eines melancholischen Erdhügels in einer vergessenen Ecke, über den der Wind strich, leise, träumerisch. Der Hauptmann stutzte, als dieser Unglückliche an Deck erschien. Diesen Gesungenen hatt« er noch nicht zu Gesicht bekommen, da er krankheits halber sich den bisherigen Theil der Reise im Lazarett befunden hatte, und Baron Fre«se in Odessa erst zu d«m Kommando g«stoß«n war. Forschend hafteten seine Blick« aus der hohen, schlanken Gestalt, welch« ein schönes, von einem dunklen Vollbart umrahm tes Gesicht krönt«. Auf der mächtigen Stirn thront« hohe Intelligenz. Untrer Bem Zern. Und nun streiften die Blicke des Gefangenen zufällig das Gesicht des Offiziers Heftig zuckte er zusammen und wandt« den Kopf. Ein unsäglich gequälter Ausdruck irrt« über das bleiche Gesicht, wäh ren die schmalen Hcnde nervös an blitzte jäh das Erkennen auf. Das war ja. . . Du lieber Gott! Erschüttert blickte er dem Unglück an seinem Bestimmungsort in der Mehrzahl zu Gefährten haben würd«. Blick der di« hohle schlanke Gestalt lief^geneigt. ',-efseln. „Feuer!" Mit «inem wilden Satz prellte ein Bootsmann aus der Mittschiffsluke hervor und taumelte mit stieren, fast mast mit seinem theerdurchtränkten Takelwerl auf, und schon griffen die gierigen Flamm«nzungen nach dem Befan. arbeit von vornherein als los «rive'.fen. Das Schiff schien ver loren. Minutenlang stand alles an Bord starr vor Entsetzen. Aber dann brach ein Heulen, Brüllen und To- Jm Nu waren allc Bande der Dis ziplin zerrissen. Der Mann atn Steuer ließ das Rad fahren und ichend das Deck und nahm mit, waS richt fest stand. Eine zweite, eine dritte folgt«. Ab.r der Todetschrel der übe« Mit satanischem Geheul hatten sich schaften aus die vier Boote geworfen. Und hier, unter d«m Brüllen und Donnern der See, unter d'M Heulen VerzweMungSkampf der durch die Todesangst zu rasenden Bestien ge wordenen Menschen um das einzige Mittel zur Rettung. Vergebens warfen sich der Kapi tän und der erst« Offizier dem fürch terlichen Anprall entgegen. Im Au genblick lagen sie aus den Planken und verröchelten, zerstampft unter den Fußtritten der Rasenden. Hin und her wälzte sich der wüst« Knäuel. Schüsse knallten, Messer und Säbel blitzten. Dämonisches Ge heul, Stöhnen, Röcheln, dampfendes Blut —. Und über dem Gräuel der Verwü stung das Pfeifen des Sturmes, das Knattern und Prasseln der rapide um sich greifenden Flammen Unter dem Triumphgeheul der sieg reichen Bestien und dem Verzweif lungsgefchrei der Umerlegenen schwangen die überladenen Boote aus und sausten zu Wasser. Von einer schweren See getroffen zerschellten zwei davon sofort an der Bordwand des Schisfes. Das dritte kenterte. Die heulenden Insassen ver sanken in der Tiefe, ebenso wie noch viele nachgesprungene Wahnsinnige. Dem vierten Boot gelang es, von der „Anja" abzukommen. Aber, überladen, wie es war, stört« «iner den andern bei der Handhabung der Rie men. Dennoch war es gelungen, di« Gefahr des Kenterns momentan ab zuwenden. I Da wälzte sich ein« riesige, schaum gekrönte Woge heran. Das leichte Boot wurde hoch emporg«riss«n, um im nächsten Augenblick in einen Ab grund zu versinken, über den die fast höhnisch brüllende See hinweg ! In dumpfer Betäubung, an irgend seinen Halt angeklammert, stierten die an Bord der „Anja" Zurückgebliebe nen auf das Drama, das sich da vor ihren Augen abspielte. Grausig genug. !um auch di« stärksten Nerven zu er schüttern. ! Es waren ihrer nicht viele. We , nige, noch immer gefesselte Verbrecher, der Schiffsoffizier Bogdanoff, Baron Freese und drei Matrosen. Alle an deren hatte die tosend« See verschlun gen. Ein«n Augenblick schwieg jetzt der rasende Sturm, gleichsam als wolle er frischen Athem zu einem letzten mörderischen Angriff auf das steuer lose, dem Verderben geweihte Schiff sammeln. Dann warf er sich erneut mit einem gellenden Pfiff in di« knat ternde, sprühende Lohe. Di« den Großmast haltenden Stahltrossen, von der Gluth zerfres sen, brachen sofort. Alle Verbindun gen lösten sich. Mit Donnerkrachen stürzte die sprühende Feuersäule in sich zusammen, Deck und See weithin chen Element bei der Vernichtung des Gebildes der Menschenhand beistehen, brauste gleichzeitig eine gewaltige Wo ge über daS Deck der „Anja" und riß in Lee «inen Theil der Schanzverklei- Diefe Sturzf«e hatte die wenigen noch an Bord befindlichen Menschen zusammengerissen wie ein Stück Bal last, über das Deck gerollt und gegen das Geländer der Brücke geschleudert, wo sie nun, halb erstickt, in einem loü süi? das in allen Fugen ächzende Schiff, von den Wellen zerschmettert zu werden. üoff. Auf allen Vieren kroch er zu Freese und schrie diesem ins Ohr: helfen!" ' fach, aber «ndlich kam der Baron damit doch zustand«. Die Leute wurden an die Fallen s ihn plötzlich. Das Steuer! ! > Schiff und Mannschaft waren verlo- Der stark Mann schwankt«. Ein > dunkler Schleier legte sich momen zu. „Es nützt nichts mehr", preßte er mühsam hervor. „Wir können nicht mehr an das Steuer, sind verlo ren verloren! Gott sei unseren Seelen gnädig!" Wild aufschluchzend schlug er di« Hände vor das Gesicht: „Arme Helena, arm« Kinder!" Der Baron schauderte. Sein fah les Antlitz zuckte. Fast irr flackerten seine Augen über das Flammenm««r auf dem Hinterschiff, über die in wil der Wuth donnernden Wogen. . . Nur ein einziger aus dem ganzen Schiff hatte bei allem und allem In nen Augenblick seine Ruhe verloren, Nummer Einundzwanzig! Mi! dem rechten Arm das Gelän der der Brücke an sich pressend, kalt und ruhig stand die hohe Gestalt mit ten in dem Gräuel der Verwüstung. Mit einem fast befriedigten Ausdruck glitten die Augen d«s Gefangenen über di« prasselnden Flammen, die rollenden, schäumenden Wasserberg« ringsum, und hasteten endlich auf schen. 2 Da irrte plötzlich ein Zucken über das steinerne Gesicht. Der Sträfling hatte vorhin Bogdanosfs Gespräch mit Freese halb gehört, halb errathen. aus dem Boden gewachsen, stand der Mann plötzlich vor den beiden Offi zieren: „Geben Sie mir den Kurs an, ich ren schien. Bogdanoff prallte zurück. Steu ern, da, du, in der Hölle? Das war ja unmöglich, Wahn sinn, sicherer Tod! Keine zehn Minuten tonnte ein Mensch in der Gluth aushalten! Aber doch zog so etwas wie «ine vag« Hoffnung in „Du, Du wolltest?" würgte er „Ja! Ich werde steuern!" Kurz „Ja. ja aber, verstehst Du ich stets selber steuerte! Bitte, ! den Kurs!" ! Eisern«, unbeugsam« Energie schlug Mit festem Druck faßte Baron Qualm verschwinden. Mit übermenschlicher Anstrengung war es Bogdanofs gelungen, die Lein pellt waren. Knatternd blähte sich die Lein wand. Einen Augenblick schien es, als Licht zu. Fahrt zustrebte. Die Matrosen und di« beiden Of fiziere brachen in ein Jubelg« schrei mehr zu hallen vermochten, an Deck. Ein Funkenregen überschüttete den Mann am Steuer. Ein herabfallen des, brennendes Holzstück streiste sei nen Kopf, so daß Blut über die blei chen Wangen floß. Die Planken un ter feinen Füßen fchwälten bereits, obfchon Bvgdanoff zwei Sträflinge an di« Spritze gestellt hatte, die fort während Wasser auf die Füße des Steuernden schleuderten. Brennendes der das Alles, wis an Deck ging und stand, schmettert« zu Boden. Fock und Klü ver brachen ab. als wären sie von Glas. Ueberall splittert«, glüht« und war, b«kam das Feuer seine ganze Kraft. Auf all«n Seiten schössen jetzt reit. stand er an einem frischen Grab«, dessen schwarzer Pflock in weißer In schrift di« Nummer Einundzwanzig gen Oberarztes Dr. Wernherr, der bedenklich d«n Kops schüttelte, als er d«n Körper sah. d Kl h t Hofgefellschaft, der Günstling Alexan ders 111. Ihn, der es gewagt, die Au gen zu der Schwester seines Kaisers Tie Stiefel. Gegen August Werner, der als Navigationsoffizier das große Schul schiff „Kalliope" in daSMittelmeer be gleit««. konnte man «ig«ntlich nichts Mannschaft«» sehr beliebt war, er steht sich daher von selbst. Daran änderte auch nichts, daß er nebenbei w«nn er nach anstrengendem Dienste ermüdet auf s«inm Schwingebett saß, glitt sein Blick liebevoll zu den Stiefeln, er nahm sie dann wohl vom das sich eingeschmuggelt hatte, sehr zum Verdruß seines Burschen, dem es die Stiefel angethan hatten, und der sie heimlich, so oft er konnte, immer noch blanker putzte. Di« kleinen freundlichen Hänsekien seiner Kame raden steckte Leutnant Werner mit Gleichmuth ein; es war ja nur der Neid d«r besitzlosen Klasse. Eines Mittags die „Kalliope" war an, Morg'n von Kadix aus in See gegangen bemächtigte sich Plötzlich der beim Essen in der Messe versammelten Offiziere eine lebhaft« Aufregung. Man hörte Leutnant Werner ganz gegen sein« sonstige Ge wohnheit in seiner Kajüte einen Hei denlärm schlagen und sah ihn gleich darauf äußerst zornig aus d«r kleinen Schiebeihür kommen. „Mein Stiefel ist weg: damit Jhr's wißt, ich kann solche Witze nicht lei den, wer hat den Stiefel?" Di« ganze Messe schien perplex? «ndlich sagte d«r „Erste" mit Würde: „Na, lieber Werner, Sie glauben doch hoffentlich nicht, daß sich «iner von uns den Spaß gemacht hat, Ihnen die Stiefel fortzunehmen. Das ist wohl «in kleiner Irrthum?" „Es handelt sich hier nicht um ge wöhnliche Stiefel", brummte > zornig 5 der Angeredete, „sondern um einen von meinen neuen gelben Reitstiefeln. Wenn Ihr ihn nicht habt, dann hat ihn eben einer von d«n Mannschaf ten." Nach Beendigung der Mahlzeit wurde sofort der Bursche des Leut nant Werner geruf«n. Aber txr be theuerte, nichts über d«n Verbleib des Stiefels zu wissen, und man sah dem ehrlichen Jungen an, daß er die Wahrheit sprach. Es folgten scharfe Verhör« der Mannschaften, dann eine Schiffsourchfuchung. indessen ohne Erfolg. Am Nachmittag gesellte sich zu dem Aerger, den Werner über das räthselhafte Verschwinden seines Stiefels empfand, noch das lebhafte Unbehagen darüber, daß er fortdau ernd die Zielscheibe der Hänseleien seiner Freunde war. Man erkundigte sich alle halbe Stunde theilnehmend, ob sich d«r Stiefel noch nicht gefunden habe, man half an den unmöglichsten Orten suchen, wobei ganze Flulhen verkappter Witze sich über den un glücklichen Verlierer «rgossen. Aber der Siesel fand sich nicht. Als auch am Abend die Sticheleien nicht aufhörten, lief Leutnant Werner endlich in di« Kajüte, holte das Meer. Darauf verbot sich Wer ner energisch all« weiteren Spitzfin digkeiten und Hänseleien und verließ das Deck. D«r Abend war herrlich; di« Sonne sank, «in feuriger Gluth. ball, in das spiegelglatt« Meer. Das gemeinsame Abendbrots ein« improvi^ starrte. fwg- fein Buch „Les Miserables" gefun einen Zettel, worauf weiter nichts stand als „?". Als Antwort kam ein ähnlicher Zettel: „!" war daraus zu Worte., Durchschaut. Gal.'in: „Höre Gatte (unterbrechend): „Thut mir leid, ich bin jetzt schlecht bei Kasse." «c Leiten. ilde h ch d ' d P" h' mehr Lärm gemacht, als ich?" Wirth: „Der hat noch nicht be zahlt!" Ganzwiebeiuns. Häupt ling (zu den Kannibalen): „Die Weißen haben furchtbar in unserer Gegend abgenommen, wir müssen eine Auch ein Leidtragen der. Sonntagsreiter (verzweifelt): „Ob der Gaul den Todten vielleicht gekannt hat?... Jetzt trabt er schon eine halbe Stunde hinter dem Leichen zug her!" Tiirch die Blume. Kellnerin: .Heut Abend giebt es Hasenbraten!" Gast: „Schon wieder? Da wer den aber' die Mäuse schön überhand Feinfühlig. Vorsitzender: klagter, warum Sie nur Waaren näh men, die volle Kasse aber unberührt ließen? Angeklagter: Ach Gott, Herr Prä die dicke Schauspielerin, da muß man schon das Opernglas verkehrt halten, um die auf einmal betrachten zu kön nen." Mißverständnis Stu dent: „Wie stehts mit meinem Onkel, Herr Doktor?" Arzt: „Schlecht, Sie dürfen auf alles gefaßt sein!" Student: „Die Hälfte hab' ich schon, Herr Doktor!" Nie verlegen. Gast (der ein nicht mehr ganz frisches Fleisch bekommen Hai): „Sie. Herr Wirth, das Karbonudl ist nicht ! srisch!" Wirth (erstaunt): „So da