Tor»enr«ölci«, Ach ja, das Leben war schön! Mit, Lochenden Augen sah Hurt Heyden Lder das Meer. Langsam schlenderte der junge Oberleutnant, dahin, freute sich über Luft und Sonne, kaufte einem kleinen HOrangenhändler einige Früchte ab. Hörte' lächelnd dessen Wortschwall an «nd blieb schließlich mit einem leisen Mus des Entzückens stehen. Vor ihm, auf einer Ausbuchtung Z»es Gestades, stand ein Wartthurm. Jahrhunderte alt schien das Gemäuer, malerisch hob sich das gelbe Gestein »om blauen Himmel ab. Eine Bank lud ringsherum zum Sitzen ein Hier war gut Apfelsinen essen. Vergnügt ließ Kurt Heyden sich nieder, reckte die Arme und athmete tief. Ja, hier war es gut sein! Den «Strohhut legte er neben sich, und be gann seine Früchte zu schälen. Da hörte er Tritte von der ande ren Seite. Schad-, dachte Heyden, das Allem sein war gerade so schön! Aber sein vnmuth währte nicht lange. Um die je sie sein, mit graziösen Gliedern vnd einem schmalen, reizenden Gesicht, Zias dunkle Haare umrahmten. Im Eilschritt kam sie heran. Und dann ein plötzliches Hemmen des schnellen Laufes ein zorniger Blick «ins funkelnden, schwarzen Augen. „M e i n e Bank!!" Grenzenlose Entrüstung klang auL Ziem kaum unterdrückten Ausruf. Augenscheinlich betrachtete sie die Wank als ihr alleiniges Eigenthum. Er freute sich innerlich. Das war gerade sein Typ, diese schlanken Ge stalten mit den rassigen Bewegungen. Eben wollte er aufstehen und ihr mit «inigen liebenswürdigen Worten die Mank überlassen, da traf ihn von Neuem ein böser Blick, der hübsche Zkopf flog in den Nacken, und sie schritt eilig an ihm vorbei. „Kleines Hexlein," murmelte er vergnügt, „hättest mich wohl am lieb sten aufgespießt." Aufmerksam sah er ihr nach. „Schick, reizend," dachte der junge Leutnant, „das wird ein Vergnügen sein, das stachlige Röslein wiederzu sehen. Und dazu wird in dem kleinen Nervi ja reichlich Gelegenheit sein. Auf dieser Strandpromenade kann man sich ja gar nicht entgehen." Gemächlich verspeiste er, feine Jrüchte und begann wohlig zu träu men. Wirklich, das Leben war schön, wenn man gesund, wohlha ibend und jung war. Es hatte bisher «ine Fülle von Freuden für ihn bereit gehabt. Nichts war ihm sehlgeschlagen, selbst mit seiner Karriere hatte der Mater sich ausgesöhnt. Sein lieber, «lter Herr! Schwer genug war es ihm geworden, ihn Offizier werden zu lassen, viel lieber hätte er den einzi gen Sohn als 'seinen Nachfolger in dem großen Handelshause gehabt. Nur ein einziges, kleines Unbehagen hatte in letzter Zeit seinen Frohsinn gestört. Die immer dringlicher wer denden Mahnungen des Vaters, nun bald zu Heirathen. den. Aber der Vater wollte ihm ge wissermaßen seine Zukünftige aussu «hen, und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Wieder und wieder priesen ihm dir Eltern die Vorzüge einer Verbindung mit Fräulein Marieluise Hentschel an. Das war die einzige Tochter von des Vaters Geschäftsfreund, einem rei chen Kaufherrn im gesegneten Köln. Beide Väter wünschten diese Ver- Hindung ihrer Kinder; aber Kurt wollte sich seine Frau selber wählen, bevormunden ließ er sich nicht. die ungewöhnlich dringende Bitte sei nes Vaters zu erfüllen, die Rückreise Wer Köln zu machen. Nein, er spürte gar kein Verlangen danach, diese Nun, vorläufig hatte es ja mit dem Heirathen noch keine Noth. Jetzt war er in dem vielgepriesenen Nervi und Röslein. Mit entzücktem Blick beobachtete er die lässige Grazie, mit der sie in den Rissen lehnte. Im Vestibül seines Hotels trat dei Portier aus ihn zu und überrnchte ihm einen Brief .Vom Vater", dachte er erfreut und begann, langsam die Trepp« hinan- Aber sein frohes Gesicht wurde beim Lesen immer ernster. Was war dtnn das? Der allezeit heitere Vater schrieb in einem ganz ungewöhnlich .Mein lieber Kurt! Deine Mutter und ich ersehen mit Freuden aus jedem Deiner Briefe, welchen Genuß Dir Deine italienische Reise bereitet. Darum wird es mir' doppelt schwer. Dir Dein Vergnügen mit einer Nachricht zu stören, die Dir höchst unwillkommen sein wird. Ich muß Dich bitten, mir die letzten acht Tage Deines Urlaubs zu opfern. Es handelt sich um Deine Heirath, und die Sache ist zu wichtig, als daß ich sie brieflich abmachen könnte. Nur so viel: Ich will Dich zu nichts zwingen, dazu habe ich Dich zu lieb. Aber ich hdbe starke Verluste gehabt in der letzten Zeit. Noch ist mein Kredit un geschmälert, und Du weißt, das ist die Hauptsache für einen Kaufmann. Tochter aus dem großen Kölner Han delshause könnte ich die Krise über winden. Denke darüber nach. Wenn ich mich insolvent erklären müßte es ginge mir ans Leben. Willst Du nächste Woche bei uns eintreffen? Deine Mutter und ich umarmen Dich. Dein treuer Vater." „Aber das ist ja ganz unmöglich, das kann ja nicht sein, der Vater am Bankerott!" stöhnte Kurt Heyden. Aufgeregt lief er in seinem Zimmer auf und ab. Der Vater schrieb so ernst na türlich mußte er als Sohn alles thun, um zu helfen. Aber Heirathen? Und nun gar ein Mädchen, das er vielleicht gar nicht mochte? Um des Geldes wil len? Er stampfte heftig mit dem Fuß auf. Nie würde er das thun, nicht einmal sehen wollte er diese gräßliche Marieluise. ' G sch ck Es litt ihn nicht lange im Hause. Der Wunsch, seine reizende Unbe kannte zu sehen, trieb ihn an den Strand und in die Berge, überall suchte er sie, aber das Glück war ihm nicht hold, er fand sie nicht. Schon in aller Morgenfrühe des nächsten Tages ging er wieder die Strandpromenade entlang. Den Brief aus der Heimath hatte er ganz verges sen. - Ties athmete er die köstliche Mee resluft. Frohsinn und Jugendlust wa ren übermächtig wieder da, übermü thig grüßend schwenkte er seinen Hut, als er vor dem alten Thurm stand. Der kleine Obstverkäufer fand sich wieder ein, zog grinsend mit einem reichlichen Trinkgeld ab, und voll fro her Erwartung ergriff Kurt Heyden Besitz von der umstrittenen Bank. Mit Herzklopfen lauschte er. Und richtig, da nahten sich wieder die eili gen Schritte da war das reizende Gesicht unter dem Florentinerhut, da blitzten die schwarzen Augen böse ach, so böse! Ganz sprachlos über so viel Ver wegenheit blieb sie stehen. Und seine sonnigen Augen begegneten den ihren, und sein ganzes Gesicht strahlte und lachte. Er erhob sich und zog sehr höflich den Hut. „Gnädigste lieden auch den alten Thurm? Es ist doch das schönste Plätzchen an der ganzen Promenade, nichl wahr?" Ueber ihr junges Gesicht huschten in deutlichem Wechsel allerhand Em sie zu stören, sie anzureden, leises Staunen und heimliches Begehren, mit'dem Fremdling, der so strahlend und glücklich aussah, zu sprechen. „Es ist am schönsten, wenn man allein hier ist." Sie hatte schon wieder ihre hochmüthige Miene aufgesetzt. „Ach, es kommt immer auf die Ge sehr nett." Erstaunt sah sie ihn an. Sehr nett? Dieser dreiste Mensch fand es nur scllschaft befand? „Wollen Gnädigste vielleicht Platz „Danke sehr. Ich sehe, Gnädigste anderes, oder ich reite oder segle. Gnä digste lieben das Segeln?" „Nein." „Aber reiten?" „Nein." aen dunklen Augen darunter zum verlieben. Wenn sie ihn doch noch einmal so >ornig anblicken wollte! „Dürfte ich Ihnen nicht eine von diesen herrlichen Früchten anbieten?" fragte er liebenswürdig. Da hatte er den gewünschten Blick! „Danke!" Ein Bluigenverkäufer ging vorbei. Geschwind hatte er zwei herrliche Ro sen gewählt. „Aber ich darf dem Dornenröslein zwei Schwestern ohne Dornen rei / 'e/ , " Ein leichtes Roth färbte ihre Man sch danke/ t t sch auf. „Adieu!" Ein kaum merkliche? Nicken, und da ging sie schon. Kaum daß ihm Zeit geblieben war, emporzu schnellen u. ihr seinen schönsten Die ner zu machen. Nun, am Nachmittage sollte sie ihm nicht wieder entgehen! „Ist heute nicht irgend etwas Be sonderes los, wo man hingehen kann?" fragte er eifrig den betreßten Hüter seines Hotels. Heute haben wir großen Concert im Eden-Hotel. Spielen die Bersaglieri aus Genova, oh bellissimo serr gut." „Bellissimo, serr gut", copirte Kurt fröhlich. Dann sah er sie dort gewiß am Nachmittag. Darum sorg fältig Toilette gemacht und vorwärts zur Attacke. zen dckorirten Vestibül um. Da fuhr am Portal eine Equipage vor. Ein kleiner Freudenschreck durch sich in einen der umherstehenden Ses sel fallen und betrachtete anscheinend eines der ausliegenden Albums. Da traten die beiden Damen in die Halle. Aber sie durchschritten sie nicht, wie Kurt erwartet hatte, um in blau jetzt das Meer ist", bat das rei zende Mädchen mit so zärtlich schmei chelnder Stimme, daß er kaum seinen konnte die kleine Kratzbürste sein? Da traf ihn ihr Blick, und hui! ganz deutlich aus ihnen, „und über haupt, was willst Du hier?" „Kindchen, es ist eigentlich zu keines Blickes mehr würdigend, sagte sie zärtlich: „Jetzt führe ich Dich ganz geschwind nach oben," Und Kurt Heyden ljeß mit einer matten, kleinen Bewegung das Buch auf den Tisch fallen. ihm auf einmal so fremd; ganz gestoßen kam er sich vor. Gewaltsam gab er sich einen Ruck. Was fiel ihm denn ein? Braucht« er sich etwa von eimr Durchlaucht imponiren zu las. Er. ein preußischer Oberleutnant? Gewiß nicht! Aber der dberleutnant hieß Kurt Heyden. Und Kurt Hey „Pardon, wem gehört der Wagen?" Der Diener war augenscheinlich iete er sich straff auf, „Zu B«fehl, Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin von Waldenberg-Senn hcim." »Aus Hannover?" „Zu Befehl, nein, aus Nassau." „Danke." ja auch genug. Er machte einen lan gen Spaziergang und zwang sich ge waltsam, an gleichgültige Dinge zu denken, ab«r er wurde «in schweres Gefühl in allen Gliedern ncht los. War die Nacht läng gewesen! Noch nie hatte Kurt Heyden so unruhig Stunden so langsam vergangen. Endlich war es Tag geworden, und mit befreitem Aufathmen eilte er dem an. „Ihre Durchlaucht sind vorgestern bereits abgereist," sagte er kurz. „Ab — »gereist? Wohin denn?" gen?" dch schwer in der Brust, jeder Athemzug „Was ich nun thun, Vater?" und faßte seines Sohnes Hand mit festem Druck. „Mein guter, lieber Junge. Ich melde dich sofort in Köln an. Laß Vat». Konnt« «r ihn im Stich las Ganz sachte fühlt« er all die quälen- Da klopfte es. feierlichem Besuch zu bemühen. Als Sohn seines lieben Geschäftsfreunde« bäte man ganz zwanglos um s«in Er -1 Uhr zu Tisch. Kurt Heydens Hand zitterte leicht, als er den Brief auf die Tischplatte fallen ließ. Mechanisch öffnete er den zweiten sehr schwer, nein zu sagen, wenn Papa etwas will. Aber wenn es sein muß, kann ich auch meinen Willen j^g^.utnlt"'wl!' ausge schwenkte den Brief, und viel hätt« nicht gefehlt, so hätte er seine Lippen darauf gedrückt. erfüllte ihn mit Herzensfreude. In Hast ergriff er einen Briefbogen und schrieb: „Mein verehrtes, gnädiges Fräu lein! Ich danke Ihnen sür Ihre Auf- Jhren Wünschen richten. Und Ver lieb eine ander«, lieb« sie auch über alle Maßen! Dies Geftändniß hätt« ich Ihnen sicher bei unserem ersten Alleinsein gemacht. Nun brauchen Sie auch nicht „gräßlich" zu mir zu sein, sondern wir wollen morgen gute Freundschaft schließen, nicht wahr? Bis dahin habe ich di« Ehre, zu sein Ihr ganz ergebener Kurt Heyden, Oberleutnant." Dann klingelte er dem Kellner und ließ das Briefchen durch einen Boten eiligst besorgen. Nun litt es ihn nicht mehr in d«m engen Hotelzimmer, er mußte hinaus, Altären knieten die Andächtigen, Weihrauch durch di« Luft, ein Prie ster im starren Ornat ging vorüber er. Vor der Gestalt der Gottesmutter kniete ein junges Mildchen in dunklem Gewände. Sie hatte d«n Kopf tief gesenkt, und ein großer, schwarzer Hut beschattete di« Züge. Er sah nur die schwarzen Flechten und ein zier- bis sie ihr Gebet be endet hatte. Still setzte er sich in eine Bank. Zum erstenmal spürte sein junges, leichtsinniges Leutnantsherz die Schauer, di« uns «rzittern machen, w«nn uns «in Hauch aus jener ande ren, höheren Welt streift. war die schwarze Gestalt vor dem Muttergottesbilde verschwunden. Sonntagmorgen! frohem Klang und verkünden den Tag des Herrn. Und froh waren sie alle, die dort rheinauf, rheinab zogen und einer der frohesten war Kurt Heyden. Ganz übermüthig die Glocke Breite Fenster führten fast bis auf t«n. Thür aufgerissen und wieder zuge klappt. Der Hausherr! Schnell drehte er Flechten umrahmten ein liebe's, gelieb tes Gesicht, und schwarz« Augen blitz ten ihn an, gar nicht böse, wie «r es „Sie hier, Prinzessin" Ein Helles, jubelndes Mädchen lachen. „Prinzessin? „Ach, wie himmlisch! Wieso denn?" „I bewahre. Ich bin bloß die Marieluise Hentschel. Die Fürstin ist boren wurde, hat sie sich als meine Pathin angesagt. Ich bin alle Jahre zu Besuch auf dem Schloß, und dies- und er brauche sie nur aufzuheben. Ein Jubelruf kam aus seiner Brust. „Keine Prinzessin! Gott sei Dank, „Was machen Sie d«nn auf einmal für «in wüthendes Gesicht?" fragte Marieluis« spöttisch. ganz demüthig in mädchenhafter Scheu die Lider. Die Sonne wollte nun sinken. „Ihre Bank?" fragte Heyden mit habe!" „Wie heißt der Mann, den Sie lie ben?" „Das sag' ich Ihnen im Leben nicht! Sie sind indiskret! Wenn wollte!" „Dann sagte ich es gleich. Sit dich" Wründliche Abfertianiig. Der bekannte Klavierfabrikant F., der sich nach und nach ein bedeuten des Vermögen erworben hatte, wußte sich mit viel Anmaßung upd jener Arroganz, die den Emporkömmlin gen eigen ist, selbst in verschiedene di plomatische Cirkel einzuschleichen. bekannten Finanzgröße gewaltig mit seinem Gelde und warf mit den Hun derttausenden nur so herum. Da klopfte ein Diplomat, welcher zufäl lig hinter ihm stand, dem unver- > schämten Fabrikanten auf die Schul ter und rief ihm mit sarkastischem Lächeln zu: „Piano, Pianissimo, lieber Freund, Sie haben hier kiinen Grund zum Forte." I» der Gemälde-Ausstellung. - j Diener: Können Sie denn nicht lesen? Hier ist das Rauchen verbo ten. Es steht doch angeschrieben. Frechdachs: In der Vorhalle, nichts! Wenn D» ein schönes Mädchen küßt, Wird's stille sein und schwelgen Und Dir durch heimlich süßen Blick ins Bein gebissen): Herrjeses, haben Sie aber e Glück, daß Sie falsche Wadl haben! Nicht eingegangen. „Sa gen Sie mal, Herr Professor, es ist es kommt ihnen bloß länger Wie steht mir der neue Hut, Baron? Entzückend! Gnädigste sehen au«, —Zweierlei Beleuchtung. Fräulein Lenchen hat ihrem Verehrer einen Korb gegeben. Ein Jahr spä ter begegnet sie ihm zufällig auf der Straße. Mit weit geöffneten Au gen sieht er sie einen Moment lang an, zieht dann feieklich den Hut und geht weiter. „O Gott", denkt Len chen, „wie sah der arme Mensch aus! Ich Pitte doch nicht gedacht, daß es ihn so schrecklich mitnehmen würde!". Wenn ich mich nur darauf besinnen könnt', wer es eigentlich war!"