Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 21, 1910, Image 7

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Die heilige Pflicht.
1. Kapitel.
Ben städtischen Krankenhauses, den
Nachtrapport des Assistenzarztes vom
Dienst.
„Hat der Privatier Wilberg, der
uns gestern abend durch die Polizei
als tobsüchtig eingeliefert wurde, sich
seither ruhig verhalten?" fragte er.
„Ganz ruhig, Herr Geheimrath.
Bis zum Morgen hat er unter der
gen, und als ich ihn vor einer halben
Stunde besuchte, machte er mir den
Eindruck eines zwar reizbaren und
Erkenntniß, seiner Freiheit beraubt
zu sein und sich im Irrenhause zu
befinden, hat ihn natürlich sehr nie
dergedrückt, und er bestürmte mich
mit Bitten um seine baldige Entlas
sung. Nun, das ist ja das gewöhn
liche Verhalten derartigen Patienten,
die es nicht begreifen können, daß
man sie für geisteskrank hält, sobald
sie ihren Anfall hinter sich haben."
„Gewiß. Aber hinsichtlich der
Geisteskrankheit dieses Wilberg hab«
ich doch meine Bedenken. Halten Sie
trinker?"
„Ich habe geglaubt, von einer ein
gehenden Untersuchung noch Abstand
heimrath nicht vorzugreifen. Jeden
falls aber täusche ich mich Wohl nicht,
wenn ich bei dem Patienten eine recht
ausgeprägte Vorliebe für geistige Ge
tränke vermuthe. Gestern bei seiner
suchtsansall mag darum zum guten
Theil auf Rechnung des Alkohols zu
setzen sein. Es würde mir leid thun,
Mensch."
„Ich btn vor Jahren wiederholt
bäuerlicher Tüchtigkeit in diesen Leu
ten. Für Geisteskrankheiten sind sie
im allgemeinen jedenfalls viel weni
gegenwärtigen Mißgeschicks hält."
„Wer weiß, ob er sich mit solcher
Annahme zu weit von der Wahrheit
entfernt! Nach Ausweis des Rapports
war es sein Schwiegersohn, der Re
gierungsbaumeister Nissen, der die
Polizei geholt hat, weil er in seiner
eigenen Wohnung von Wilberg thät
ten haben unseren Patienten denn
auch in der Nissenschen Wohnung
festgenommen, wo er in offenbarer
denen vermuthlich das Geld feine
Rolle gespielt haben wird. Ich bin
auf Grund meiner langjährigen Er
söhne, die einen unbequemen Erbos
ter im Irrenhause kaltzustellen su
chen. Nun, ich werde mich jedenfalls
sehr gründlich über die Verhältnisse
informiren, «he ich den Herrschaften
den Gefallen thue, einen vielleicht ge
rade durch sie auf das äußerste ge
reizten Mann für geisteskrank zu er
klären. Si« tonnen mir übrigens
sen, Herr Koller,«! Ich nehme an dem
Mann ein ganz besonderes Jnteres-
Geheimrath wünschen ihn
hat das wohl keine Gefahr."
Der Assistenzarzt empfahl sich, und
nach Verlauf von kaum zehn Minu
der Fünfzigerjähre stehen. Sein
kurzgeschnittenes, dichtes Haupthaar
war an den Schläfen ergraut, und
de über fein Gesicht, als er den
zu.
„Ist es menschenmöglich? Sie
sind's, Herr Geheimrath? Na, da
hat die Affenkomödie ja nun hoffent
lich ein Ende! Sie werden sich doch
Mit ruhiger Freundlichkeit legte
der Psychiater seine Hand in die
vertraulich dargebotene Rechte des
Patienten. „Gewiß, Herr Wilberg
ich erinnere mich Ihrer sehr gut,
und es war mir höchst unerfreulich.
Sie gestern als einen Gast dieses
Hauses empfangen zu müssen."
Sie, bitte, Platz! Sind Sie ge
„Natürlich, Herr Geheimrath? Aber
Verschwiegenheit bin ich schon durch
meinen Beruf verpflichtet. Bit
te, da ist Feuer. Nur eine Fra
ge vorweg: Sie fühlen sich doch jetzt
„So wohl, wie man sich eben in
einem solchen Hause und hinter
schwedischen Gardinen fühlen
d ß S'
daß ich mit Ihnen nicht wie mit
einem Verrückten verkehre. Für mich
sind Sie zunächst ganz der Alte, und
ich habe die feste Zuversicht, daß ich
mich in meinem Vertrauen auf Ihre
nicht, Herr Geheimrath!
Ich bin ja heilfroh, hier einen Men
schen gefunden zu haben, mit dem
Der junge Doktor, der heute morgen
bei mir war, hat auf mich eingespro
chen, wie auf ein kleines Kind. So
gestern einen Streit mit Ihrem
meister Nissen?"
Wilberg sog heftig an feiner Ci-
Kopfe habe, verliere ich leicht die
Geduld. Aber wenn man alle Leute
gleich ins Irrenhaus sperren wollte,
denen es so geht, dann —"
„Dann würden wir bald ein gan
zes Stadtviertel mit lauter Irren
häusern bebauen müssen!"
Diese Bemerkung mußte Wilberg
sehr gefallen, denn er schlug sich la
chend aufs Knie und erklärte: „Das
ist ein Wort! Aber ich Hab's im
mer gewußt, daß Sie ein kluger
Mann sind, der die Welt und das
Leben kennt, nicht so'n Besserwisser,
der schließlich alle seine Weisheit doch
bloß aus alten Scharteken hat. Es
ist doch, weiß Gott, kein Spaß, wenn
man sehen muß, daß man sich in sei
man ihnen wtiter nichts ist als eine
Geldquelle, der sie gar nicht schnell
genug auf den Grund kommen kön
die Schiffstaue haben, um dabei auf
die Dauer seine Ruhe zu behalten."
„Sie .zaben außer der Gattin des
„Noch einen Sohn ein mächtig
großes Thier, wenigstens nach seiner
eigenen Meinung. Einen, der sich
„Gar nicht übertrieben, Herr Ge
heimrath! Ich kenne den Jungen
wie meine Tasche und weiß sehr ge
— Mein alter Freund, der Justizrath
Below, hat neulich gesagt: „Wilberg."
hat er gesagt, „am Ende ist doch das
zu sein, mich von der undankbaren,
hochmüthigen Gesellschaft unter
kriegen zu lassen. Können Sie mir
habe?"
Ihren Kindern mit einem so harten
Urtheil nicht unrecht thun.
Aber wollen wir nicht zunächst von
Tages reden? Sie sagten, daß Sie
sich der Einzelheiten nicht mehr ge
nau erinnern können. Geschieht es
Geldstrafe."
milienvater, doch dahin bringen sol
len, sich etwas fester im Zügel zu
halten."
Besinnung kommen, ärgere ich mich
jedesmal schwer genug über mich sel
ber. Aber was kann man gegen
gar zu miserable Kreaturen.
Mein Herr Schwiegersohn zum Bei
spiel na, da könnte ich Ihnen
Schwelle gesetzt. Aber das Mädle
war ganz verrückt nach ihm. Der
Himmel mag wissen, was sie ihr
in der Schweizer Pension in den Kopf
gesetzt hatten, daß ihr das geschnie
gelte Jüngelchen mit seinen gedrech
selten Redensarten so Über die Ma
ßen gefallen konnte. Als ich ihr
klar machen wollte, daß es dem ge
riebenen Burschen ohne allen Zwei
fel viel mehr um ihr Geld zu thun
war, als um sie selber denn eine
große Schönheit ist meine Sidonie,
weiß Gott, niemals gewesen da
fing sie an, mir mit Ohnmachten und
Weinkrämpsen dermaßen zuzusetzen,
daß ich mir schließlich selber w» ein
und sie dem Menschen gab, um nur
endlich wieder Ruhe im Hause zu
haben. Wie ich mir's ganz richtig
gedacht, hatte der frischgebackene Herr
Regierungsbaumeister bombensicher
auf eine riesige Mitgift gerechnet
so um 'ne halbe Million herum oder
dergleichen. Aber so dumm ist Au
gust Wilberg denn doch nicht. Ich
sagte ihm rund heraus: „Hundert
tausend am Hochzeitstage und
nicht einen Pfennig mehr! Ist Ihnen
das zu wenig, so sehen Sie sich ge
fälligst nach einer reicheren Braut
oder nach einem dümmeren Schwie
gervater um!" Na, er zog ein
langes Gesicht, aber er war doch
schlau genug, sich scheinbar zufrieden
zu geben. Während der ersten Mo
nate nach der Hochzeit war ich denn
auch der liebe Vater hinten und der
liebe Vater vorne. Dann aber ging
es so sachte los. Der Mensch ist
in seinem Fach ganz tüchtig, und er
hat für die Regierung in verschiede
nen Städten Postgebäude hingestellt,
die sich sehen lassen können, aber er
ist der habsüchtigste, geldgierigste Pa
tron, der mir je vorgekommen ist, und
obendrein leidet er an einer Groß
mannssucht, die mir in tiefster Seele
zuwider ist. Da war von einem Be
gnügen mit seinem Gehalt und mit
den Zinsen der Mitgift natürlich nicht
>ie Rede."
„Wie verhielt sich denn dabei Ihre
Tochter?"
„Nun. mein schlaues Töchterchen
stand von Anfang an ganz auf seiner
Seite. Es dauerte nicht lange, bis sie
mich dahin gebracht hatten, ihnen
noch einen jährlichen Zuschuß von
dreitausend Mark zu versprechen, und
eines Tages eröffnete mir mein Herr
Schwiegersohn, daß er bei der Unzu
länglichkeit der von mir gewährten
Mittel genöthigt gewesen sei. sich zur
Vergrößerung seiner Einkünfte auf
Grundstücksspekulationen einzulassen,
die zwar sehr aussichtsreich wären,
ihn aber für den Augenblick in ein«
gewisse Verlegenheit gebracht hätten,
daß es da meine Pflicht und Schul
digkeit wäre, ihn daraus zu befreien.
Ich war wirklich schwach genug, ihnen
nicht bloß einmal, sondern vier- oder
fünfmal den Willen zu thun. Dabei
ließen sie mich immer deutlicher mer
ken, daß ihnen an dem persönlichen
Umgang mit mir nicht allzu viel ge
legen wäre. Zu den feinen Gesell
schaften, von denen sie jede Woche
wenigstens zwei gaben, luden sie mich
überhaupt nicht mehr ein, und wenn
ich zufällig mal in so einen vorneh
men Klimbim hineinkam, wußte mir
mein liebes Töchterchen gleich einen
Wink mit dem Zaunpfahl zu geben,
daß ich mich in meiner Stammkneipe
jedenfalls viel besser amüsiren würde
als bei ihr. Na, ich fiel ihnen denn
auch nicht weiter zur Last. Aber als
der Herr Schwiegersohn wieder mal
bei mir antänzelte, weil er so 'ne
Kleinigkeit von Fünfzigtausend
brauchte, da sagte ich seelenruhig: „Js
nich, mein Lieber! Laß Dir's von
den vornehmen Freunden geben, die
sich so oft auf meine Kosten bei Dir
satt gegessen haben. Bei mir ist's
jetzt vorbei mit dem Pumpen.
Schluß!" Er spielte den Beleidig
ten und ging. Eine Stunde später
aber rückte die liebe Sidonie an und
wollte es mit dem alten Rezept von
Ohnmachten und Weinkrämpsen Pro
biren. Aber das versing natürlich
nicht mehr. Ich stellte ihren norma
len Gesundheitszustand wieder her,
indem ich ihr ein gehöriges GlaZ
Wasser in's Gesicht goß und mein
Dienstmädchen nach einer Droschte
schickte. Seitdem aber haben mir die
beiden offen den Krieg erklärt. Nissen
hatte die Frechheit, mich in einem
Handlung seiner Frau zur Rede zu
stellen, und als ich ihm selbstver
ständlich noch gröber geantwortet,
noch anders als mit Ohrfeigen zu «r
-lennen geben, Herr Wilberg!"
toffelbuddeln geholfen hätte. Ich
wegen auch ein Rittergut. Aber der
bunte Rock und das flotte Leben sta
chen ihm in die Augen er mußte
erlaubte, als ob er Leibschmerzen
hätte. Wie das aber nichts half, ver
suchte er allen Ernstes, mich zu schul
so ist. Mit einem Male stößt m'ch
nären Kerlen?" sagt er. „Vater, um
Gotteswillen, wie kannst Du Dich
öffentlich in solcher Gesellschaft zei-
näre Gesellschaft blamier«?" „Ja,
auf meine alten Tage meine Ruh«
haben. War das vielleicht Verrückt
heit, Herr Geheimrath?"
Trottel, den man am besten in einer
Heilanstalt unterbrächte. Sie wissen
vielleicht, Herr Geheimrath, daß ich,
um nicht ganz müßig zu sein, hier
und da selber noch ein Geschäft in
Immobilien mache. Durch den Be
wie so manchmal dazu genöthigt.
„Sc unterhandelte ich auch", fuhr
Wilberg fort, „feit mehreren Wochen
mit einem hiesigen Institut wegen
Verkaufs einer Parzelle, und die
Sache schien reif zum Abschluß; aber
als ich gestern Vormittag zu dem
Leiter des Instituts kam, um mit
ihm zum Notar zu gehen, wie es
verabredet war, machte der Mann
allerlei Ausflüchte, die mir höchst
sonderbar vorkommen wollten. Als
ich ihm energisch auf den Pelz rückte,
gestand er mir kleinlaut ein, daß
wäre und ihn gewarnt hätte, ein
Geschäft mit mir zu machen, weil
ich doch wahrscheinlich nächstens we
gen Trunksucht und Geistesschwäche
entmündigt werden würde, und weil
meine letzten Geschäfte dann mög
licherweise von der Familie ange
fochten werden könnten. Na, das
schlug denn endlich dem Faß den Bo
den aus, und den möchte ich sehen,
Herr Geheimrath, der bei solcher
Nichtswürdigkeit und Hinterlist ru
hig bleiben tonnte. Wenn ich auf
der Stelle zu dem Nissen gegangen
wäre, so hätte ich ihn vielleicht wirk
erst beschlafen", warf der Geheim
(Forts«tzung folgt.)
Das Einzig«. Schriftstel
das Einzige?" Schriftsteller: „Ei hat
U e b e r t r u m p 112 t. A.: „Und
Sie söffen heimlich!" B.: „Aber nicht
Liebevoll. Junge Mutter:
„Um Gotteswillen, Karl, das Kind
hat seine Zahnkette verschluckt." Va
doch wenigstens, wo das Ding ist, und
Gedantensplitter. Daß
Geiz die Wurzel alles Uebels sei,
Räthsel. Man lößt es aber leicht, in-
Für die KLqe.
Frisches Rothkraut. DaS
mtt etwas Mehl in Butter 'ge!
werden. Nun läßt man in einer
Kasserole ein großes Stück Butler
zergehen und hellgelb werden, aicßt
<im Nothfall Milch), locht beiceS zu-
RusslscherEiersalat. Ein
Herren gern gegessen wird, aber auch
bei Damen sehr beliebt ist. Man
rechnet auf zwei Personen drei Eier,
schneidet diese in ebenso große Wür
fel. Eine mittelgroße Zwiebel wird
fein gehackt oder gerieben und mit den
Eier- und Wurstwürfeln vermischt,
mit Salz und Pfeffer überstreut.
Dann bereitet man aus gutem Wein
essig, Olivenöl und etwas Tafelsenf
eine Sauce, die man mit dem Ge
sel zu zerrühren. Der Salat darf
, nicht zu flüssig sein, sondern nur so
viel Sauce haben, daß er auf einer
Schüssel bergförmig angerichtet wer
den kann. Nach Belieben garnirt
man den Salat mit Scheiben von
kleinen Essiggurken, Salatherzen odcr
krausen Endivienblättern und Eier»
vierteln.
Gurken - Salat. Man schnei
det die geschälten, frischen Gurken in
! sehr dünne Scheiben und stellt sie auf
Eis oder an einen kalten Ort. Dann
! mengt man guten Essig mit einer
! Kleinigkeit Salz, etwas Pfeffer, auf
jede Tasse Essig EWffel^Zucker?
scheiden, die man sofort servirt. Die
ser süße Gurkensalat ist eine in Meck
lenburg beliebte Zugabe zu Brattar»
därllber.
Leberkäse oder Fleisch
käse von Leber. Man schabt ei
erkaltetem fetten Speck, I>/2 —2 ge
freiten, dann über dem Feuer zu Brei
gerührten Milchbroden. 1 bis 2 Un
zen gewässerten, entgräteten, feinge-
Butter gar gedünsteten Schalotte oder
kleinen Zwiebel, 3 Unzen geriebenem
Parmesankäs«, etwas feingehackten
Kräutern, Salz, Pfeffer und etwa?
geriebener Muskatnuß, giebt die Mas
se in eine mit Butter ausgestrichene
Pier, stellt die Form in den mäßig
heißen Ofen und läßt alles
Stunden backen. Der Leberkäse muß
in der Form erkalten. Dann taucht
giebt ihn zu Tisch.
Gedämpfte Hammelbrust.
Eine gut geputzte und gewaschene
Hammelbrust wird in Salzwasser
nebst Wurzelwert ziemlich weich ge
kocht, abgegossen und in nette Stücke
zerlegt. Nun bereitet man eine Ein
brenne aus 3 Löffeln in Butter ge
dünstetem Mehl, die man mit einem
Theil der vurch ein Sieb gegossenen
Brühe von dem Hammelfleisch ein
Weilchen gut verkochen läßt; dazu
fügt man ein Glas Weißwein <im
Nothfall milden Essig), Lorbeerblatt,
löffel voll gestoßenen Kümmel, legt
die Hammelbruststiicke hinein, läßt sie
i» der Sauce durcktochen und richtet