Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 09, 1910, Image 6

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    Und ginne die Welt iii
?!och trinken vorm vorm
Da fuhr ei» wild durch'!
durch da»
Der Wurstkessel.
Ich weiß nicht, wie viele Würste
während der Berlin« Ausstellung in
i>en berühmten großen Wurstkessel ge
wandert sind mag die Zahl dersel
ben noch so groß sein, sie ist ein Nichts
im Vergleich mit der Zahl der Offi
ziere, die sich schon einmal im Wurst
kessel befunden haben.
Wer sich in Gefahr begiebt, kommt
darin um.
Wenn man als Schüler der Tertia
«inen deutschen Aufsatz die lateini
schen sind ja nun Gott sei Dank abge
schafft über ein Sprichwort zu ma
chen hatte, begann man regelmäßig mit
dem schönen Satz: „Von allen Sprich
wörtern, an denen unsere deutsche
Sprache so reich ist, ist jeines sg wahr
und zutreffend wie das vorliegende."
Wörter die wahrsten, obgleich sie doch
eigentlich alle eine große Unwahrheit
«nthalten: die wenigsten Menschen sind
ihres Glückes Schmied, fast niemals
ifällt der Apfel nicht weit vom Stamm,
«nd wer sich in Gefahr begiebt, kommt
Schlacht von Gravelotte 219,152
ixn Tod, und von diesem Gesichts
punkt aus wollen wir das Wort gelten
lassen: „Wer sich in Gefahr begiebt,
aktiver Offizier stirbt bitte, die Sta-
"Wurstkessel.
Ja, wenn es keinen Wurstkessel gäbe;
ist beinahe so, als wenn man
gäbe!
Die Vorgesetzten können alle sterben,
der Dienst kann ausfallen, der Wurst
kessel bestehen.
kommst."
Fast scheint es, als ob der Häupt
ling den stillen Rath seines Leutnants
Ach L t "lich kö t^^
„Daß Du die Genickstarre bekämest,'
stöhnt der Leutnant aber man mag
«ur: „Zu Befehl!"
Eine Viertelstunde später steht der
Leutnant Rekruten und in
soll ein Fisch kaltes Blut behalten
Faden ab nicht den LebenSfaden,
wohl aber den Jnstruktionsfaden er
sitzt fest er macht seinem Namen alle
Ehre, er heitzt Festersen er kann
weder vorwärts noch rückwärts auch
Erhitzt im Wurstkessel drinnen.
„Schweinehund" macht, als wäre sein
armer Leutnant Raubmörder, Brand
stifter und Falschmünzer in einer Per
son:
„Und damit Sie sich daran gewöh
nen, vorzuinstruiren, mein sehr verehr
ter Herr Leutnant, werde ich von jetzt
an jeden Tag zu Ihrer Instruktion
kommen ein derartiges ckösastre
wie heute möchte ich aber nicht weder
erleben. Sie haben mich doch verstan
den, Herr Leutnant?"
Der Leutnant schäumt vor Wuth;
würde er den Mund aufmachen, so
würden ganz andere Worte heraus
kommen als: „Zu Befehl!" So kneift
er denn die Lippen zusammen und legt
nur einen Finger an die Mütze. Das
kann alles heißen: „Bleib' mir gewo
gen, schreib' auch mal, wenn möglich
lante Handbewegung den» auch ganz
richtig: er holt noch einmal tief Athem
und pfeift seinen Leutnant dann noch
mit dem der Deckel des Wurstkessels
Der Hauptmann will nach Haus ge
hen in dem Bewußtsein, ein großer
Mann zu sein, da stürzt sein Feldwebel
auf ihn los. Die Mutter der Kompag
nie ist eben auf Kammer gewesen, und
da hat sie durch Zufall eine Entdeckung
gemacht, die schauriger ist, als der
ungefähr sechzig Hosen.
Und dabei ist die Vorstellung der Re
kruten in der dritten Garnitur.
Wie ist diese, Unterschlagung mög
lich? Wer ist der Schuldige? Wie
Aber, Herr Hauptmann!
Nun sitzest Du drinnen im Wurst
kessel, und der Deinige tst viel größer
hineingepackt hast.
Eine halbe Stunde später steht er
vor dem Herrn Regimentskommandeur,
um diesem den Vorfall zu melden.
Der Herr Oberst ist starr einfach
starr obgleich er wie ein Hampel
der Schuldige ist, na, kurz und gut,
über alles, alles, sonst —"
lange Pause.
Während dieser Pause steht der
Häuptling sein Abschiedsgesuch nach
oder einen blauen Cheviot sich bestellen
Obgleich er im Wurstkessel bratet,
und der Herr Oberst ist Mittags, als
Er muß aber kommen, sonst haben wir
ja keine L'hombre Partie. Der muß
kommen, ich werde ihm sofort ein paar
Armer Leutnant Destein, mit wel
chem Donnergepolter fällst Du beim
Empfang Deines oberstlichen Briefes
in den Wurstkessel hinein!
Willst Du mir nicht einmal Deinen
Bruder zeigen? Wo ist er?
alles, alles aber fertige Brüder ha!
!ein Mensch auf Lager, die müssen erst
eslellt werden und so lange kann
wachsenen Bruder haben, wenn er nicht
in seinem Wurstkessel ersticken soll.
Wer kennt nicht au» seiner Jugend
selbst die heutige Jugend war ein
mal jung das schöne Räthsel: „Ein
Hase sitzt in einem Loch vor diesem
Loch stehen zehntausend Jäger jeder
dieser zehntausend Jäger hat zehntau
send Flinten, und alle Flintenläufe
sind auf das eine Loch, in dem der
Hase sitzt, gerichtet. Wie kommt der
Hase lebendig aus diesem Loch her
aus?"
Und die geistreiche Antwort auf
diese geistreiche Frage lautet: „Das ist
seine Sache."
Hat dies Räthsel etwas mit dem
Wurstkessel zu thun?
Im Manöver war es.
Der Herr General hatte mit seinem
Detachement einen Höhenrücken besetzt
und eine Beriheidigungsstellung einge
schritten und abgeschätzt, Schützengrä
ben waren theils wirklich ausgehoben,
theils markirt, alles war vorbereitet,
um den Feind zu vernichten, sobald er
käme.
Aber er kam nicht und doch
mußte er kommen, das Norddetache-
Gestern hatte die Nordpartei ange
griffen, heute mußte daher die Süd
partei angreifen. Das geht immer um
im Manöver: einmal mit Rücksicht auf
die Schonung der Leute, dann aber
auch deswegen, weil die höheren Borge
fetzten beide Parteien besichtigen wollen
und müssen. Den einen Tag wird das
eine Detachement bei einem Angriffs
gefecht bewundert, am nächsten Tage
Aber sie kam nicht.
Der Herr General wurde ungedul
dig, und sein Adjutant suchte ihn ver
gebens dadurch zu beruhigen, daß er
ihm die ältesten Manövergeschichten
erzahlte, die zu jeder anderen Zeit un
fehlbar als bestes Schlafmittel prä-
Miirt worden wären.
Der Herr General wird immer un
gnädiger, der Adjutant muß ihn unter
allen Umständen bei guter Laune er
halten.
„Da habe ich gestern eine famose
Geschichte gehört, Herr General."
„Na, dann erzählen Sie einmal,
aber fassen Sie sich kurz."
„Da in Dingsda, Herr General, bei
dem feudalen Leibregiment, haben sie
vor einiger Zeit einen neuen Etatsmä
ßigen bekommen, der, der Herr General
verzeihen das harte Wort, ein ziemli
ches Rauhbein fein soll und im schärf
sten Gegensatz zu dem Kommandeur
steht, der in jeder Beziehung ein seiner
und vornehmer Herr ist. Natürlich
lieben die beiden sich nicht der eine
ist in den Augen des andern ein eitler
Geck, und der andere in den Augen des
einen ein, Verzeihung, Herr General,
ich hätte beinahe gesagt, ein Ferkel.
Bei einer Felddienstübung kam es
zwischen beiden zum Klappen. Bei ei
ner Garnisoniibung führte der Herr
Oberst selbst das Detachemep'., und als
sich das Gefecht entwickelt hatte, rief er
seinen Etatsmäßigen heran-und sprach
zu ihm: Obe stle t t,
aus die Höhe und überzeugen Sie sich
durch persönlichen Augenschein davon,
ob das Nachbar - Regiment den kleinen
Bach in seiner Front bereits über
schritten hat. Wenn dies der Fall ist,
bitte, dann winken Sie mit mit Ihrem
Taschentuch, dann werde ich die weite
ren Befehle geben."
Der Etaismäßige setzt seinen Gaul
in Trab aber als er sich etwa hun
dert Meter entfernt hatte, hörte er sich
angerufen.
Er wendet sein Roß und sieht nach
dem Kommandeur hin.
Der hat sein Monocle eingeklemmt,
und, die auf dem Pferde doppelt
traurige Figur seines Etatsmäßigen
musternd, spricht er mit beißendem
Spott:
„Sie haben doch ein Taschentuch,
Herr Oberstleutnant?"
Der Etatsmäßige hat sich über sei
nen Kommandeur beschwert, ist aber
mit seiner Beschwerde abgewiesen
worden, weil er nicht beschwören
kolinte, ob er an dem fraglichen Tage
wirklich ein Taschentuch gehabt hätte,
und so ohne Weiteres wollte man es
ihm nicht glauben."
Der Adjutant schweigt.
„Nun und weiter?" fragte der
General.
„Weiter?" fragt der Adjutant ver
wundert hat die Geschichte denn
hört?
„Weiter?", wiederholt der Adju-
G l
„Gegen wen? Doch höchstens gegen
Ihre faulen Witze und Ihre schon zu
AdamS Zeiten antiken Geschichten
ihm schon zeigen, was eine Harke ist.
Das Detachement tritt an; erst die
Kavallerie und dann die anderen
durcheinander, wie sie bei dem Ge
fecht in Thätigkeit treten sollen.
DaS Detachement ist im Bormarsch
gegen den Feind.
Der Feind ist auch im Vormarsch,
nur nicht gegen den Feind, das heißt
nicht gegen dessen Front, sondern ge
gen dessen Seite und Rücken. Mit
vieler List und Tücke hat er eine Um-
Und das Nord - Detachement mar
schiert immer ruhig weiter, die Tete
immer langsam voran, damit das an
dere nachkommen kann.
Da fällt ein Schuß, und da noch
einer der Herr General bekommt
vor Schrecken beinahe einen Hexen
schuß, und dann ist das Unglück da.
Er sitzt mitten drinnen im Wurst
kessel., Von allen Seiten wird auf
ihn geschossen wohin er sich auch
wendet, überall starren ihm Flinten
läuse und Kanonenrohre sowie spitze
Lanzen entgegen.
Wie kommt er da lebendig heraus?
Das ist seine Sache.
Hilfesuchend blickt er sich im Kreise
um: Wer hilft, wer räth ihm?
Seine Untergebenen kann er nicht
um Rath fragen, das verbietet die
Disziplin. Und seine Vorgesetzten
um Rath zu fragen, verbietet die
Hilf, Samiel, hilf!
Aber kein Samiel ist da wohin
er sieht: Nur lachende Gesichter!
Jeder gönnt ihm den Wurstkessel,
in den er gerathen ist warum blieb
er nicht da, wo er war; wäre er da
geblieben, wäre er nicht in den Wurst
kessel gerathen wäre er aber dort
in den Kessel gerathen, so hätte er
dem dadurch entgehen müssen, daß er
vorging nun ist er vorgegangen
und sitzt doch im Wurstkessel drinnen.
Das ist die Logik, Mit der man ein
soeben geborenes Kind zum Selbst
mord, eine Kuh auf einen Telephon
draht hinaufjagen kann die Men
schen rasend, die Thiere wüthend
macht selbst die ältesten Stabs
offizierspferde, schlagen bei solchen
Kritiken hinten aus, weil sie in ihrer
langen Dienstzeit diese Redensarten
nun schon zur Genüge kennen gelernt
haben.
Der Befehl zum Rückzug befreit den
General aus seiner verzweiflungsvol
len Lage, und dann heißt es: „Ja,
Herr Genetal, in Wirklichkeit wären
Sie ein todter Mann!"
Das ist er nun auch nur, daß
er, offen und ehrlich gestanden, diesen
zieht. Er geht, und ein anderer
nimmt seine Stelle ein wie wird
e. ihm gehen gut oder schlecht
das wissen nur die Götter. Aber in
den Wurstkessel kommt er auch
früher oder später abgeschlachtet
wird auch er, und wenn er eines
Morgens auswacht, sagt er zu seinem
Kammerdiener: „Ist doch ganz merk
würdig, Johann gestern Abend,
als ich mich schlafen legte, habe ich
doch noch den Helm neben mein Bett
gestellt, und nun steht auf einmal ein
Cylinder da. Wissen Sie nicht, wo
Wurstkessel schuld, dessen Arten na
. ?'t' ''^-
sident ebenfalls einen Kuß geben .1"
Der Geizhals. In einem
kleinen D?cfe wird eine Cvllekte zur
Die Himmelsleiter.
bot, dem Festgottesdienst des
Jungen und deren Hauslehrer, Dr.
Werner Fliest, an den Ort der stille»
Erbauung gebracht. Hilde Seeberg,
war daheim geblieben. Und das ver
dunkelte der besorgten Mutter all«
junge Maifröhlichkeit dieses Jubelta
ges! Während der langen Wagen
elend und angegriffen?" wandte sie
sich an ihren Mann. Der sah gerade
so recht wohlgefällig zu seinem Wei
zum Morgenhimmel emporblickte.
.Keine Ahnung," lachte er. „Zahn
schmerzen sind doch keine Staats
aition."
„Warum hast Du dann aber ihrer
Bitte, zu Haus zu bleiben, sogleich
mit der größten Bereitwilligkeit ent
sprochen?"
„Solche Schmerzen aber können
wirklich nach meiner eigenen Erfah
rung zu allerlei Unertriiglichkeiten
führen," mischte sich Dr. Fliest jetzt
in das Gespräch.
„Da hörst Du's doch," freute sich
der Oekonomierath, von Herzen froh
darüber, einer langen Verantwortung
überhoben zu sein; „wie sollte sie
wohl dabei andächtig sein?!"
Durch die dichtesten Parkanlagen
des elterlichen Besitzes schlich zur
nämlichen Zeit Hilde Seeberg, und
zwar tiesgeneigten Kopfes. ES war
deutlich zu merken, sie dachte ange
strengt nach. Dabei liefen ihr un
aufhaltsam helle Thränen über die
zarten, weichen Wangen. Das Räth
sel, das sie um jeden Preis jetzt
in dieser Zeit seiner Abwesenheit lö
sen mußte erpreßte sie ihr. Sie
wiederholte sich zur Sicherheit das
gestern hinter der Tannenhecke von
ihr belauschte Gespräch, das ihre
Mutter mit Dr. Fliest gehabt hatte.
„Warum zeichnen Sie jetzt eigent
lich so überaus eifrig, Herr Doktor?"
„Ich möchte noch nicht darüber
sprechen, Frau Räthin."
nen Sie mir wirklich verrathen."
„Es wird ein Geburtstagsgeschenk
für meine alte Mutter."
„Vorläufig, ja! Eines Tages sol
len Sie als Erste Alles erfahren.
ter schon jetzt erwerben möchte, weil
ich sie selbst sehr, sehr lieb gewonnen
habe."
sen, wer von all den jungen Mädchen
der Nachbarschaft es war. Sie
gönnte ihm die Häßlichst«, Dümmste
und A«rmste von allen. Ja wohl,
das that sie! Denn sie haßte ihn
mit aller Kraft ihres trotzigen Her
zens, wie sie ihm das ja auch seit
lig unbeobachtet wähnte, ganz sonder
bar über sie hin. Sie erzitterte
dann wohl über so viel aufgespei
gelrunden Tropfen vom Gesicht. Al
lein es half nicht viel. Immer neue
fanden sich ein, die alle das nämliche
Dr. Fliest hielt sein kleines Wohn
zimmer im Obergeschoß ängstlich ver
schlössen und bewahrte noch zum Ue
bersluß den Schlüssel in seiner Brust
tasche. Sie stand jetzt gerad» unter
seinem Fenster und sah sehnsüchtig
hinauf. Plötzlich ihre
chen Sperlingen das Nestbauen vor
Dr. Fliests Nase unterbunden hatte.
Und das kleine Fenster selbst stand
Neben ihr wurde die Stimme deS
Gärtners laut, der ebenfalls der Kir
che ferngeblieben war, weil ihm das
Gotteswort ja doch nicht zu Gehör
kam. Er lachte sie aus allen Falte»
feines freundlichen Gesichts an:
„Wollen Sie mal mit mich zu de
Frühbeeten?" Sie schüttelte energisch
den Kopf.
„Wohin denn?" Ihre Hand wies
dorthin, wo der kleine Parksee mit
dem alten Kahne lag. Der Alte
verstand und humpelte eilig von dan
nen, denn er wollte es doch nicht
verstehen, weil der Herr Rath das
Fahren mit dem Kahn ein für alle
stand unschlüssig und schaute die Lei
ter an. Auf Dr. Fliests Schreib
tisch würde die Zeichnung ganz sicher
zu sehen sein. Aber die Leiter war!
schrecklich hoch. Sie hatte 6S Spros- !
fen, und einige sahen recht morsch
und altersschwach auS. Trotzdem
mußte sie es versuchen. Sprosse für
Sprosse erklomm sie mit zunehmendem
führt hätten, und sie stand auf dem
schmalen Fensterbrett. Im Zimmer
herrschte die peinlichste Ordnung.
Nichts lag Kerum. Keine Zeichnung
kein Stift ja, nicht einmal
enttäuschtes Gesicht. Endlich
fiel ihr Blick auf den Kleiderschrank.
Der Schlüssel steckte. Er war so
ne Liebste trotz des Abschließen? der
steckt hatte. Ja, das hatte er wirk
ter.
für dich
Und feierlich sank aus blauer Fer
ne die Stimme einer Himmelfahrts
glocke: Bist du jetzt glücklich. Kleines,
sprich?"
Hilde Se«berg aber fühlte nichts
von alledem. Sie hatte das Bild
längst wieder an seinen alten Platz
ne tiefe Röthe über ihr junges Ge
sicht. Sie sprang auf und stürzte
an das Fenster. Sie' mußte schleu
nigst zurück, denn die Kirch« war
wohl schon zu Ende. Aber o
Schrecken und Graus. Sie mutzte
gewahr werden, daß der alte, taube
Gärtner inzwischen die vergessene Lei
ter fortgeschafft hatte. Alles Ru
fen und Flehen blieb vergeblich. Sie
kauerte sich also in eine Ecke det
Zimmers und lauschte hinaus.
Zwei Stunden mochten vergangen
sein, als sich ein rascher Schritt hö
ren ließ. Ihr Herz drohte zu ver»
aber durfte sie hier nicht finden. AIS
der Schlüssel sich in sein Haus schob,
stürzte sie in den Kleiderschrank und
hielt die Thür von innen krampfhaft
zu. Er riß etwas von der Wand
herunter und ging wieder von ban
nen. Mit einem Satz war sie auS
dem Schrank heraus und jagte die
Treppe hinunter durch die Thür, die
er diesmal abzuschließen vergessen
hatte. Sie verkroch sich in den
dunkelsten Winkel des Eßzimmers,
den die dichten, hereinnickenden Zwei
ge der Linden beinahe dunkel mach
ten. Hier wollte sie warten.
Nach einer Viertelstunde ging leise
die Thür. Ihr jüngster Bruder kam
herein, sah sich scheu nach allen Sei
ten um, pirschte sich an die für den
Nachtisch bereitstehende Baisertorte
und streckte gerade den Zeigefinger in
nicht mißzuverstehender Begehrlichkeit
aus, als er seine Hand ergriffen fühl
te: „Na, warte, mein Leckermäulchen!"
Da schrie er laut und stürzte wie
der hinaus, zu dem kleinen Parksee
ren. Mit vollen Lungen schrie er
seine Empörung über das vereitelte
Atentat hinaus: „Unsere Hilde iS ja
nich vertrunken, sie sitzt bei der Tor
te." Und so war es denn auch wirk»
lich.
denn wenn man die ganze Nacht
Zahnschmerzen gehabt hat, ist solch
ein tiefes Nickerchen schon erlaubt!
Nur Dr. Werner Fliest sagte im er
sten Augenblick des Alleinseins zu ihr:
„Es war hart von Ihnen, uns so
zu ängstigen." Und obwohl er ganz
den alten vorwurfsvoll belehrenden
Ton einschlug, widersprach sie ihm
zum erstenmal doch nicht; sie flüsterte
nur in heißer Scham: »Ich thue ei
Er starrte sie an, als sähe er ein
Wunder. Noch begriff er diese
Wandlung ja nicht. Kein Gedanke
«am ihm, daß sie sein Geheimniß ent
deckt hatte, daß sie gesehen, wie er
mit den Augen der Liebe ihr Köpf
chen für sein« Mutter festgehalten
hatte Nur eine selige, wun
dervolle Hoffnung stahl sich in sein
Herz. Er strickte die Hände auS und
empfing die ihrigen; dieser herrliche
Feiertag hatte ihn geradeswegs in
den Himmel des Glückes hineinge
führt.
Nobel. Chef: (nachdem er
seinem Volontär eine Weile prüfend
in's Gesicht geschaut hat): „Sie ha
ben jetzt vier Jahre unentgeltlich bei
mir gearbeitet, Müller?" Volontär
(erwartungsvoll): „Jawohl!" Chef:
„Hm, hm, Sie bekommen schon einen
(die einer armen Mietherin sür ihren
kranken Mann das Mittagessen gibt):
„Na, wenn Ihr Mann jetzt noch vier
Zweckt, desto weniger denkt der an'»
Gcsundwelden!"
Die drei Wünsche.
Herr Harmlos faß Abends mit
Gattin und einigen befreundeten Fa
rafch drei Wünsche auszusprechen; na
türlich: recht viel Geld, Gesundheit,
langes usw. Herr Harmlos
und zweitens noch einmal ein solches,
und drittens noch eins!" Patsch!
patsch! patsch! hatte er drei sitzen, Wi
ek sich'S nicht besser wünschen konnte,
und: „Wart, Du elendiger Türk!"
erscholl die Stimme seines lieben net
ten Weibeils.
Mann (feinen neuen Cylinderhut
unter die Wasserleitung haltend):
„Siehst du Gottlieb, ich habe
Achtel ist noch lange nicht leer!"
Ersatz. „In Ihrer Stube
..." „Als ich noch reich war,
ging ich stets ins Ballet! Nun ich
Verfehlter Beruf. Un
— Maßstab. Fritzchen (auf
Eduard hat wohl viel Geld?"
Begreiflich.
„Ich verstehe nicht, Cousinchen, wie
du einen Mann mit rothen Haaren
Nette Vorsätze. Freund:
„Du bist glücklich verheirathet, alter
Junge?" »Glücklich? Sieh Dir
doch diesen Möbelkram an; was wird
man dafür mal im Versatzamt krie
gen?!"
Bettlerhumor. Spazier
gänger (ins Portemonnaie schauend):
„Bedaure; habe lein kleines Geld bei
mir." Bettler: „O bitte, Sie dür
fen mir ruhig großes geben; was